Investment oder nur Spielzeug? Wir klären die Frage: Lohnt sich LEGO noch?

Die bunten Steine von LEGO sind für viele von uns untrennbar mit Kindheitserinnerungen verbunden. Ganze Welten wurden erschaffen, Abenteuer durchlebt und der Kreativität freien Lauf gelassen. Doch in den letzten Jahren hat sich um das dänische Unternehmen ein faszinierendes Phänomen entwickelt: LEGO-Sets werden nicht mehr nur als Spielzeug betrachtet, sondern zunehmend als potenzielle Geldanlage. Die Preise für bestimmte, nicht mehr erhältliche Sets erreichen auf dem Sekundärmarkt schwindelerregende Höhen, und so mancher vergleicht die Renditen mit denen von Aktien oder Gold. Doch ist LEGO wirklich ein solides Investment oder am Ende doch nur ein teures Hobby, ein teures Spielzeug? Wir tauchen ein in die Welt der bunten Steine, beleuchten beide Seiten der Medaille und klären die Frage: Lohnt sich LEGO noch als Investition?

Vom Kinderzimmer an die Börse: Der Aufstieg von LEGO als Investment-Trend

LEGO, 1932 gegründet, hat sich über Jahrzehnte hinweg als Inbegriff von Qualität und Kreativität etabliert. Doch der Wandel vom reinen Kinderspielzeug zum begehrten Sammlerobjekt und potenziellen Investment ist ein vergleichsweise junges Phänomen, das sich in den letzten 10 bis 15 Jahren massiv beschleunigt hat. Was einst nur Liebhaber und Enthusiasten interessierte, rückt heute immer mehr in den Fokus von Menschen, die auf der Suche nach alternativen Anlagemöglichkeiten sind.

Dieser Paradigmenwechsel ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen. Zum einen spielt Nostalgie eine immense Rolle. Erwachsene, die selbst mit LEGO aufgewachsen sind, suchen nach den Sets ihrer Kindheit oder wollen ihren eigenen Kindern die Faszination der Steine näherbringen. Zum anderen hat LEGO selbst durch die Einführung komplexerer, erwachsenerer Themenreihen wie der Creator Expert-Serie, Technic oder der Ultimate Collector Series (UCS) von Star Wars den Grundstein für diesen Trend gelegt. Diese Sets sind oft detailreich, anspruchsvoll im Aufbau und weniger als reines Spielzeug, sondern vielmehr als Ausstellungsstücke konzipiert. Studien haben sogar gezeigt, dass der Wert von LEGO-Sets im Durchschnitt traditionelle Anlagen wie Gold oder den Aktienmarkt übertreffen kann – zumindest bei der richtigen Auswahl und Strategie. Doch welche Mechanismen stecken hinter dieser Wertsteigerung?

Warum LEGO-Sets im Wert steigen: Die Magie des Zweitmarktes

Die Wertentwicklung von LEGO-Sets auf dem Sekundärmarkt ist kein Zufall, sondern das Ergebnis eines komplexen Zusammenspiels aus Angebot und Nachfrage, Exklusivität und dem Zustand der Ware. Hier sind die Haupttreiber, die ein LEGO-Set zum potenziellen Investment machen:

1. Limitierte Editionen und Exklusivität

LEGO ist meisterhaft darin, eine künstliche Verknappung zu erzeugen. Ob durch exklusive Sets, die nur in den eigenen Stores oder online erhältlich sind, durch limitierte Auflagen für besondere Anlässe oder durch die sogenannten „Gift with Purchase“ (GWP)-Aktionen, bei denen man kleine, einzigartige Sets zu einem bestimmten Einkaufswert dazu erhält – diese Strategie fördert die Sammelleidenschaft. Sets, die von vornherein nur in geringer Stückzahl oder für einen begrenzten Zeitraum verfügbar sind, haben ein hohes Potenzial für eine Wertsteigerung.

2. Das End of Life (EOL) – Das Ende der Produktion

Dies ist der wohl wichtigste Faktor für die Wertentwicklung. Sobald ein Set von LEGO offiziell eingestellt wird und nicht mehr produziert wird – das sogenannte „End of Life“ (EOL) –, beginnt der Countdown. Die verfügbare Menge auf dem Markt nimmt mit der Zeit ab, während die Nachfrage, insbesondere von Sammlern und Späteinsteigern, oft bestehen bleibt oder sogar steigt. Der Preis steigt in der Regel exponentiell, sobald ein Set EOL erreicht hat und die letzten Exemplare aus den Regalen verschwunden sind. Geduld ist hier ein entscheidender Faktor, da die höchsten Wertzuwächse oft erst Jahre nach dem EOL zu verzeichnen sind.

3. Zustand und Originalverpackung: Neuwertig ist Trumpf

Für Sammler und Investoren zählt vor allem eines: Der Zustand „Neuwertig“ (NIB – New In Box). Ein ungeöffnetes, versiegeltes Set mit einer makellosen Verpackung ist Gold wert. Jede Beschädigung der Box, jeder Riss in der Versiegelung oder gar ein bereits aufgebautes Set mindert den Wert erheblich. Dies bedeutet, dass ein potenzielles Investment sorgfältig gelagert werden muss, geschützt vor Staub, Feuchtigkeit, Sonnenlicht und mechanischen Beschädigungen.

4. Beliebte Themen und Lizenzen

Einige LEGO-Themen sind von Natur aus begehrter als andere. Reihen wie LEGO Star Wars, Creator Expert, Technic, Architecture oder Ideas haben eine riesige und loyale Fangemeinde. Insbesondere lizenzierte Themen wie Star Wars, Marvel oder Harry Potter profitieren von der Popularität der jeweiligen Franchises und sind oft gefragte Sammlerstücke. Ein Set wie der „UCS Millennium Falcon“ (75192) ist ein Paradebeispiel für ein Set, das sowohl durch sein Thema als auch durch seine Komplexität und Größe einen hohen Wiederverkaufswert erzielt.

5. Die Macht der Community und des Sekundärmarktes

Die riesige globale LEGO-Community, die sich auf Plattformen wie BrickLink, eBay oder spezialisierten Foren austauscht, kauft, verkauft und handelt, treibt den Markt an. Transparente Preisdaten und die Möglichkeit, weltweit Käufer und Verkäufer zu finden, tragen maßgeblich zur Etablierung von LEGO als Anlageobjekt bei. Der sekundäre Markt ist die Lebensader dieses Investments.

LEGO als Investment: Chancen und Risiken genau beleuchtet

Die Vorstellung, mit bunten Steinen Geld zu verdienen, klingt verlockend. Doch wie bei jeder Geldanlage gibt es auch hier Chancen, aber auch erhebliche Risiken und Herausforderungen, die man nicht unterschätzen sollte.

Die Chancen:

• Attraktive Renditen: Ausgewählte Sets können tatsächlich beeindruckende Wertzuwächse von 10-20% pro Jahr oder sogar mehr erzielen, insbesondere in den ersten Jahren nach dem EOL.
• Sachwert: Im Gegensatz zu rein digitalen Anlagen oder Aktien handelt es sich um einen physischen Sachwert, der eine gewisse Absicherung gegen Inflation bieten kann.
• Leidenschaft und Hobby: Für viele ist das Sammeln und Investieren in LEGO eine Passion. Man beschäftigt sich gerne damit, was den Prozess angenehmer macht.

Die Risiken und Herausforderungen:

• Hohe Einstiegskosten: Hochwertige, potenziell wertsteigernde Sets sind selten günstig. Ein „UCS Millennium Falcon“ kostet neu weit über 800 Euro. Um ein Portfolio aufzubauen, ist ein erhebliches Startkapital nötig.
• Lagerung: Dies ist oft der größte Stolperstein. Investition in LEGO bedeutet auch Investition in Lagerplatz. Die Sets müssen trocken, lichtgeschützt, staubfrei und bei konstanter Temperatur gelagert werden. Große Sets benötigen viel Raum. Schäden an der Verpackung mindern den Wert drastisch.
• Nicht jedes Set steigt im Wert: Es gibt keine Garantie. Viele Sets stagnieren im Wert oder verlieren sogar an Attraktivität. Die Auswahl erfordert Fachwissen und Recherche. Ein Fehlkauf kann teuer werden.
• Geringe Liquidität: Im Vergleich zu Aktien oder Anleihen ist der LEGO-Markt weniger liquide. Es kann dauern, bis man einen Käufer für ein bestimmtes Set findet, und der Verkaufsprozess (Verpacken, Versenden, Kommunikation) ist aufwendig.
• Konkurrenz und Nachbau: LEGO selbst könnte ähnliche Sets neu auflegen oder es könnten Nachahmerprodukte auf den Markt kommen, die die Preise beeinflussen.
• Verfallsdatum der Leidenschaft: Trends ändern sich. Was heute begehrt ist, muss es in fünf Jahren nicht mehr sein.
• Marktplatzgebühren und Versand: Beim Verkauf über Plattformen fallen Gebühren an, und der Versand großer, empfindlicher Pakete ist kostspielig und birgt Risiken.

Die Freude am Bauen: LEGO als Spielzeug und kreativer Ausgleich

Bei all dem Gerede über Renditen und Wertsteigerung sollte man den eigentlichen Kern von LEGO nicht vergessen: Es ist in erster Linie ein Spielzeug. Und zwar ein fantastisches! Das Zusammenbauen eines komplexen Modells, das Ertüfteln eigener Kreationen, das Spiel mit den fertigen Figuren und Fahrzeugen – all das bietet einen unermesslichen immateriellen Wert.

LEGO fördert die Kreativität, die Feinmotorik und das räumliche Vorstellungsvermögen. Es ist ein wunderbarer Stresskiller, eine Möglichkeit, dem Alltag zu entfliehen und sich ganz auf eine Aufgabe zu konzentrieren. Viele Erwachsene finden im Bauen von LEGO-Sets eine meditative, entspannende Beschäftigung. Es ist eine Aktivität, die man alleine genießen oder mit Familie und Freunden teilen kann, eine Quelle des gemeinsamen Lachens und Staunens. Wer ein Set kauft, um es sofort aufzubauen und sich daran zu erfreuen, trifft eine Entscheidung für den reinen Spielwert – und gegen den potenziellen Investmentwert. Beide Wege sind legitim und haben ihren eigenen Reiz.

Der Hybrid-Ansatz: Leidenschaft trifft Investment

Muss man sich zwangsläufig zwischen Investment und Spielzeug entscheiden? Nicht unbedingt. Viele LEGO-Enthusiasten verfolgen einen Hybrid-Ansatz. Sie kaufen bestimmte Sets doppelt: Eines zum Aufbauen und Genießen, ein zweites, das versiegelt und unberührt als potenzielle Wertanlage LEGO eingelagert wird. Dieser Ansatz ermöglicht es, die Freude am Hobby zu behalten und gleichzeitig von möglichen Wertsteigerungen zu profitieren. Voraussetzung hierfür ist natürlich ein höheres Budget und ausreichend Lagerplatz.

Es ist entscheidend, sich klar darüber zu sein, welche Motivation im Vordergrund steht. Wer primär ein Investment sucht, muss bereit sein, auf den Spielspaß zu verzichten und die Notwendigkeit der makellosen Lagerung zu akzeptieren. Wer primär spielen und bauen möchte, sollte nicht mit einer Wertsteigerung kalkulieren, denn ein einmal geöffnetes und aufgebautes Set verliert sofort einen Großteil seines Sammlerwertes.

Tipps für angehende LEGO-Investoren

Wenn Sie ernsthaft darüber nachdenken, LEGO als Investment zu nutzen, sollten Sie die folgenden Punkte beachten:

1. Recherche ist alles: Informieren Sie sich über die Marktpreise, die Beliebtheit von Themen und die EOL-Daten von Sets. Nutzen Sie Plattformen wie BrickLink, um Preisentwicklungen zu verfolgen.
2. Kaufen Sie zum richtigen Zeitpunkt: Halten Sie Ausschau nach Sales, Rabatten und Aktionen. Der günstigste Einkaufspreis maximiert Ihre potenzielle Rendite.
3. Fokus auf Exklusivität: Konzentrieren Sie sich auf limitierte Editionen, exklusive Sets und solche aus populären Lizenzthemen, die eine hohe Nachfrage versprechen.
4. Der Zustand zählt: Kaufen Sie nur makellose, ungeöffnete Sets (NIB). Achten Sie auf den Zustand der Verpackung bei der Lieferung.
5. Sichere Lagerung: Investieren Sie in Regale, Kartons oder Folien, die Ihre Sets vor allen äußeren Einflüssen schützen. Trocken, dunkel und stabil ist die Devise.
6. Diversifizieren Sie: Legen Sie nicht alles auf ein Set. Verteilen Sie Ihr Investment auf mehrere vielversprechende Modelle.
7. Geduld: LEGO ist eine Langzeitinvestition. Die höchsten Wertsteigerungen werden selten über Nacht erzielt, sondern erst Jahre nach dem EOL.
8. Kalkulieren Sie Nebenkosten: Bedenken Sie Lagerkosten, Marktplatzgebühren und Versandkosten beim späteren Verkauf.
9. Verstehen Sie den Markt: Der LEGO-Investmentmarkt ist Nische und unterliegt eigenen Regeln. Tauschen Sie sich mit anderen Sammlern aus.

Fazit: Ein bunter Baustein im Portfolio oder doch nur ein teures Vergnügen?

Die Frage, ob LEGO ein Investment oder nur ein Spielzeug ist, lässt sich nicht mit einem einfachen Ja oder Nein beantworten. Es ist beides – abhängig von der Intention und dem Umgang des Einzelnen. Für diejenigen, die bereit sind, die Regeln des Sekundärmarktes zu lernen, die Risiken zu akzeptieren und die notwendige Geduld und Lagerkapazität mitbringen, kann LEGO tatsächlich eine lukrative alternative Anlageform sein. Ausgewählte Sets können beeindruckende Renditen erzielen und das Portfolio auf interessante Weise ergänzen.

Doch man sollte sich stets vor Augen halten, dass LEGO in erster Linie ein Produkt zur Unterhaltung und Kreativitätsförderung ist. Der Reiz der bunten Steine liegt für die meisten Menschen im Bauen, Spielen und Gestalten. Wer seine Kindheitserinnerungen aufleben lassen, Stress abbauen oder gemeinsame Stunden mit der Familie verbringen möchte, der findet in LEGO ein unvergleichliches Vergnügen – unabhängig von jeglicher potenzieller Wertsteigerung LEGO. Es ist wichtig, eine realistische Erwartungshaltung zu haben und nicht blindlings in jedes Set zu investieren, das gerade angesagt ist.

Am Ende des Tages ist LEGO, ob als Wertanlage oder Spielzeug, eine Quelle der Freude. Ob diese Freude durch materielle Rendite oder durch das Lächeln beim Bauen eines neuen Modells entsteht, ist eine ganz persönliche Entscheidung. Wichtig ist, dass die Freude am Stein erhalten bleibt – in welcher Form auch immer.