Die Ankündigung eines neuen Assassin’s Creed-Spiels ist für Millionen von Spielern weltweit immer ein Ereignis. Seit seiner Einführung im Jahr 2007 hat die Serie sich immer wieder neu erfunden, uns in unzählige historische Epochen entführt und dabei gleichermaßen geliebt und kritisiert worden. Nun steht mit Assassin’s Creed Shadows der nächste große Titel in den Startlötern, und die Gemüter sind erhitzt. Setzt sich der Hype durch, oder droht eine Welle der Enttäuschung? Was ist unsere Meinung bis jetzt zu AC Shadows? Tauchen wir ein in die Debatte, die die Gaming-Community spaltet.
**Ein lang ersehnter Schauplatz: Feudaljapan**
Bevor wir uns den Kontroversen widmen, müssen wir eines festhalten: Das Setting von Feudaljapan ist ein absoluter Traum für viele Fans. Seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten, stand Japan ganz oben auf der Wunschliste der Assassin’s Creed-Community. Die Ästhetik, die reiche Geschichte, die Mythen und Legenden – all das schreit nach einem Spiel dieser Art. Die ersten Trailer und Gameplay-Szenen versprechen eine atemberaubende Welt, die detailreich und atmosphärisch gestaltet ist. Von majestätischen Burgen über blühende Kirschgärten bis hin zu geheimnisvollen Wäldern – die optische Pracht scheint unbestreitbar und nährt den Hype immens. Allein die Möglichkeit, als Shinobi über Dächer zu schleichen oder als Samurai durch Reisfelder zu reiten, ist für viele schon Grund genug zur Vorfreude.
Die detailverliebte Darstellung der Architektur, der Landschaft und der kulturellen Elemente Japans scheint Ubisoft mit großer Sorgfalt angegangen zu sein. Fans erwarten nicht nur eine schöne Kulisse, sondern eine interaktive Welt, die zum Entdecken einlädt und in der jede Ecke eine Geschichte erzählt. Das Potenzial, in die Rolle von Naoe zu schlüpfen und die vertikalen Möglichkeiten der japanischen Bauweise für Parkour und Stealth zu nutzen, oder als Yasuke durch weitläufige Landschaften zu ziehen, ist immens. Hinzu kommen die angedeuteten jahreszeitlichen Wechsel, die die Spielwelt dynamisch verändern und sowohl Gameplay als auch Ästhetik beeinflussen könnten. Eine mit Schnee bedeckte Burg oder blühende Kirschbäume am Berg Fuji versprechen unvergessliche Momente.
**Zwei Seiten einer Medaille: Die Protagonisten Naoe und Yasuke**
Eines der zentralen Features von AC Shadows ist die Möglichkeit, zwischen zwei Hauptfiguren zu wechseln: Naoe, einer erfahrenen Shinobi-Assassine, und Yasuke, einem historisch belegten afrikanischen Samurai. Diese Dualität ist nicht neu für die Serie (man denke an Syndicate), aber die Wahl der Charaktere hat eine hitzige Diskussion entfacht und ist ein Kernpunkt sowohl für den Hype als auch für die Skepsis.
* **Naoe: Die Rückkehr zu den Wurzeln?**
Naoe repräsentiert für viele Fans die traditionelle Assassin’s Creed-Erfahrung. Sie ist agil, auf Stealth und Präzision ausgelegt. Ihre Gameplay-Abschnitte versprechen Parkour-Elemente, das Verstecken in Schatten, den Einsatz von Werkzeugen wie dem Hakari-Kabel für vertikale Erkundungen und klassische Attentate. Dies befeuert die Hoffnung auf eine Rückkehr zu den Stealth-Wurzeln der Serie, die in den RPG-lastigeren Titeln wie Odyssey oder Valhalla oft in den Hintergrund geraten waren. Fans, die sich nach dem Gefühl der frühen AC-Spiele sehnen, sehen in Naoe das Potenzial für genau das. Sie ist eine Assassine im wahrsten Sinne des Wortes, und ihr Spielstil dürfte viele Anhänger der alten Schule ansprechen. Die Entwickler haben explizit erwähnt, dass Naoe in der Lage sein wird, Lichtquellen zu manipulieren und sich unbemerkt durch feindliche Gebiete zu bewegen, was für eine immersive Stealth-Erfahrung spricht.
* **Yasuke: Held oder Fehlbesetzung?**
Hier entzündet sich der Großteil der Kontroverse. Yasuke ist eine faszinierende historische Figur, ein afrikanischer Mann, der im Japan des 16. Jahrhunderts lebte und als Samurai dem Daimyō Oda Nobunaga diente. Seine Einbeziehung ist ein mutiger Schritt von Ubisoft, der jedoch unterschiedlich aufgenommen wird.
Für Befürworter ist Yasuke eine willkommene Ergänzung, die Diversität in die Serie bringt und eine einzigartige Perspektive auf die japanische Geschichte bietet. Sein muskulöser, kampforientierter Stil verspricht brachiale Action und direkte Konfrontationen, eine Abwechslung zu Naoes heimlicher Vorgehensweise. Das Potenzial für dynamische Kämpfe und eine starke Präsenz im Nahkampf ist groß. Die Idee, einen Charakter zu spielen, der aufgrund seiner Herkunft und seiner Rolle in Japan einzigartig ist, könnte eine frische narrative Ebene bieten und die komplexen sozialen Dynamiken der Zeit beleuchten.
Die Kritik an Yasuke ist jedoch laut und vielfältig. Ein Hauptpunkt ist die historische Genauigkeit. Während Yasuke existierte, ist seine genaue Rolle und sein Status als „vollwertiger Samurai” Gegenstand wissenschaftlicher Debatten. Viele Kritiker werfen Ubisoft vor, die Geschichte zu verbiegen, um eine politische Botschaft zu senden oder aus Gründen der „wokeness” eine bestimmte Agenda zu verfolgen. Für sie passt ein nicht-japanischer Samurai nicht in die traditionelle Vorstellung eines Assassin’s Creed-Protagonisten, zumal die Serie in der Vergangenheit oft mit historischen Figuren jonglierte, aber selten eine derart zentrale Figur kreierte, die so stark von der Erwartungshaltung abweicht.
Eine weitere Sorge ist, dass Yasuke nicht direkt in die Assassin-Bruderschaft passt. Wenn die Identität der Serie davon abhängt, einen Attentäter in ihren Reihen zu haben, dann sehen viele in einem kriegerischen Samurai, der offen kämpft, einen Widerspruch zur Kern-DNA von Assassin’s Creed. Dies verstärkt die Befürchtung, dass die Serie ihre Identität verliert und nur noch ein generisches Open-World-Spiel mit Japan-Setting ist, anstatt ein echtes Assassin’s Creed. Die Debatte ist hitzig und zeigt, wie sensibel das Thema kulturelle Authentizität und Geschichtsdarstellung in Videospielen sein kann.
**Gameplay-Versprechen: Stealth und brutaler Kampf im Einklang?**
Die Entwickler versprechen eine klare Trennung der Spielstile: Mit Naoe erleben wir die Wiederbelebung des Stealth-Gameplays, das Fans seit langem fordern. Sie kann sich in hohen Gräsern verstecken, die Umgebung zu ihrem Vorteil nutzen, Lichtquellen manipulieren und Feinde lautlos ausschalten. Sogar das Abenteuer im Dunkeln spielt eine Rolle, da sich die Schatten mit der Tageszeit ändern und neue Möglichkeiten eröffnen. Der Einsatz von Werkzeugen wie Shuriken und der ikonischen versteckten Klinge soll ein authentisches Shinobi-Gefühl vermitteln. Missionen könnten sogar komplett unentdeckt abgeschlossen werden, was Hardcore-Stealth-Fans erfreuen dürfte.
Yasuke hingegen steht für das offene, direkte Kampfsystem. Seine Rüstung und Waffen deuten auf eine robustere Vorgehensweise hin. Wir können uns auf epische Schwertkämpfe, blocken, parieren und mächtige Hiebe freuen, die das Gefühl eines echten Samurai-Kriegers vermitteln sollen. Das Gameplay wirkt dabei dynamisch und gewaltvoll, möglicherweise inspiriert von Titeln wie Ghost of Tsushima oder Sekiro, jedoch mit dem unverkennbaren AC-Touch. Die Möglichkeit, verschiedene Waffen wie Katana, Kanabō und Arkebusen zu meistern, könnte für eine große Vielfalt im Kampf sorgen.
Die große Frage ist: Wie gut werden diese beiden Stile miteinander harmonieren? Wird der Wechsel zwischen den Charakteren organisch wirken und die Story vorantreiben, oder wird es sich wie zwei separate Spiele anfühlen, die in einer Kampagne zusammengezwungen wurden? Das Versprechen, dass beide Charaktere entscheidende Momente in der Geschichte haben und ihre Stärken ergänzen, klingt vielversprechend, muss aber in der Praxis noch bewiesen werden. Es bleibt abzuwarten, ob die Spielmechaniken derart tiefgreifend sind, dass beide Spielstile gleichermaßen belohnend und ausgefeilt sind, ohne dass einer davon als „zweite Wahl” empfunden wird.
**Die Schattenseiten der Erwartung: Ubisoft-Müdigkeit und technische Bedenken**
Der Hype um ein neues Assassin’s Creed wird oft von einer gewissen Skepsis begleitet, die sich aus Ubisofts jüngerer Vergangenheit speist. Diese Bedenken sind nicht unbegründet und prägen die Diskussion um AC Shadows maßgeblich.
* **Open-World-Formel-Müdigkeit:** Viele Spieler haben das Gefühl, dass Ubisofts Open-World-Spiele oft unter einer überladenen Karte, repetitiven Nebenquests und einem generischen „Sammel-alles”-Ansatz leiden. Titel wie Assassin’s Creed Valhalla oder Far Cry 6 wurden dafür kritisiert, zwar riesige Welten zu bieten, diese aber mit zu vielen Füllmaterialien zu überladen, die schnell zu einer Ermüdung führen. Die Befürchtung ist, dass auch AC Shadows in diese Falle tappt und trotz des fantastischen Settings eine letztlich redundante Spielerfahrung bietet. Die Angst vor „Ubisoft-Formel”-Müdigkeit ist real und kann selbst die aufregendsten Settings trüben. Fans wünschen sich mehr Qualität statt Quantität und bedeutungsvolle Inhalte, die über das bloße Abarbeiten von Checklisten hinausgehen.
* **Technische Probleme beim Launch:** Es ist fast schon eine Tradition, dass große Titel von Ubisoft, insbesondere Assassin’s Creed-Spiele, mit technischen Problemen, Bugs und Performance-Schwächen zum Start kämpfen. Spieler befürchten, dass ein hochglanzpolierter Trailer nicht die Realität eines potenziell fehlerhaften Spiels widerspiegelt. Cyberpunk 2077 hat gezeigt, wie verheerend ein unfertiger Release für den Ruf eines Spiels sein kann. Die Community hofft, dass Ubisoft aus Fehlern der Vergangenheit gelernt hat und AC Shadows in einem stabilen und optimierten Zustand veröffentlicht wird. Dies ist entscheidend für die erste Spielerfahrung und die langfristige Akzeptanz.
* **Monetarisierung und Live-Service:** In Zeiten von Battle Passes, Ingame-Shops und ständigen Erweiterungen ist die Sorge groß, dass auch Assassin’s Creed Shadows stark auf Monetarisierung setzt und das Spielgefühl dadurch beeinträchtigt wird. Werden kosmetische Items oder gar Gameplay-Vorteile hinter Bezahlschranken versteckt? Die Implementierung von Live-Service-Elementen muss sorgfältig abgewogen werden, um das Hauptspiel nicht zu entwerten oder den Eindruck zu erwecken, dass essenzielle Inhalte nachträglich verkauft werden. Transparenz und ein fairer Umgang mit den Spielern sind hier entscheidend, um Vertrauen aufzubauen.
**Die Balance finden: Zwischen Innovation und Identität**
Assassin’s Creed Shadows steht vor der immensen Aufgabe, ein Gleichgewicht zu finden. Es muss genug Innovation bieten, um sich frisch anzufühlen und sowohl alteingesessene Fans als auch neue Spieler anzusprechen. Gleichzeitig darf es seine Kernidentität nicht verlieren. Die Serie hat sich immer wieder weiterentwickelt, aber die Frage, was Assassin’s Creed wirklich ausmacht, wird durch Shadows erneut aufgeworfen. Ist es die versteckte Klinge? Der Kampf für die Freiheit? Oder einfach nur das Eintauchen in historische Epochen mit einem Parkour- und Kampfsystem?
Das Gameplay-Material, das bisher gezeigt wurde, legt nahe, dass Ubisoft versucht, beides zu bieten: eine zugänglichere, action-orientierte Erfahrung mit Yasuke und eine tiefere, stealth-fokussierte Option mit Naoe. Das ist ein ambitioniertes Unterfangen, das bei Erfolg die Serie auf ein neues Level heben könnte. Scheitert es jedoch, könnte es die Spaltung der Fangemeinde nur noch verstärken. Die Kunst wird darin liegen, diese beiden Welten nahtlos zu integrieren und eine Kohärenz zu schaffen, die über die bloße Koexistenz hinausgeht. Das Narrative muss beide Charaktere und ihre Perspektiven sinnvoll verknüpfen, um ein rundes Gesamterlebnis zu gewährleisten.
**Was wir uns von Assassin’s Creed Shadows erhoffen**
Damit AC Shadows als Erfolg gewertet werden kann und den Hype rechtfertigt, wünschen wir uns Folgendes:
1. **Eine fesselnde Geschichte:** Die Charaktere von Naoe und Yasuke müssen gut ausgearbeitet sein und ihre individuellen Geschichten organisch miteinander verweben. Die Handlung sollte die Spannung und Intrigen des feudalen Japans voll ausschöpfen und dabei sowohl persönliche Dramen als auch die größeren historischen Konflikte überzeugend darstellen. Eine narrative Tiefe, die zum Nachdenken anregt und Emotionen weckt, wäre ein großer Pluspunkt.
2. **Sinnvolle Charakterintegration:** Der Wechsel zwischen Naoe und Yasuke sollte sich nicht erzwungen anfühlen, sondern spielerische und narrative Vorteile bieten. Ihre unterschiedlichen Fähigkeiten sollten für verschiedene Missionstypen oder Lösungsansätze sinnvoll sein. Idealerweise sollte es Momente geben, in denen nur einer der beiden Charaktere eine bestimmte Aufgabe bewältigen kann, was den Wechsel natürlich und strategisch erscheinen lässt.
3. **Eine lebendige, atmosphärische Welt:** Das Setting ist ein Geschenk. Es gilt, diese Welt mit Leben zu füllen – mit einzigartigen Nebenquests, interessanten Charakteren und dynamischen Ereignissen, die über bloße Checklisten-Aufgaben hinausgehen. Die jahreszeitlichen Wechsel, die angedeutet wurden, könnten hier eine große Rolle spielen und nicht nur visuell, sondern auch spielmechanisch relevant sein. Eine Welt, die sich echt anfühlt und auf die Aktionen des Spielers reagiert, ist essenziell.
4. **Polierte Technik:** Ein reibungsloser Start ohne größere Bugs und Performance-Probleme ist heutzutage wichtiger denn je für die Akzeptanz eines Spiels. Stabile Frameraten, schnelle Ladezeiten und eine geringe Anzahl von Glitches tragen maßgeblich zur Immersion und zum Spielspaß bei. Ubisoft muss hier beweisen, dass sie gelernt haben.
5. **Respekt vor der Intelligenz der Spieler:** Weniger Füllmaterial, mehr bedeutungsvolle Inhalte. Ein Open-World-Spiel muss nicht gigantisch sein, um großartig zu sein; es muss tiefgründig und belohnend sein. Das bedeutet gut geschriebene Dialoge, anspruchsvolle Rätsel, abwechslungsreiche Missionen und ein klares Ende ohne das Gefühl, dass nur der nächste Content-Drop wartet.
**Fazit: Vorsichtiger Optimismus trifft auf skeptische Erwartung**
Ist Assassin’s Creed Shadows nun Hype oder Enttäuschung? Die Antwort ist komplexer als ein einfaches Ja oder Nein. Der Hype ist real, genährt durch das lang ersehnte Japan-Setting und das Versprechen einer Rückkehr zu Stealth-Elementen. Die atemberaubende Optik und die Aussicht auf zwei unterschiedliche Spielstile sind verlockend und wecken die Hoffnung auf eine frische, aber dennoch vertraute Assassin’s Creed-Erfahrung.
Doch die Enttäuschung und Skepsis sind ebenfalls spürbar, vor allem durch die Kontroverse um Yasuke und die wiederkehrenden Sorgen um Ubisofts Open-World-Design und technische Probleme. Die Fans sind in dieser Hinsicht vorsichtig geworden und wollen nicht erneut eine auf den ersten Blick beeindruckende Welt erleben, die bei näherer Betrachtung repetitiv oder unfertig wirkt. Es ist eine Mischung aus großer Vorfreude und tief sitzendem Misstrauen.
Im Moment schwebt AC Shadows in einem Limbo zwischen diesen beiden Extremen. Es hat das Potenzial, ein herausragender Titel zu werden, der sowohl neue Wege beschreitet als auch die Essenz der Serie einfängt. Es hat aber auch das Potenzial, die Community weiter zu spalten und die fortwährende Diskussion über die Identität von Assassin’s Creed neu zu entfachen.
Die endgültige Antwort auf die Frage nach Hype oder Enttäuschung wird erst die Veröffentlichung des Spiels liefern. Bis dahin bleibt uns nur, die Trailer zu analysieren, die Diskussionen zu verfolgen und mit einer Mischung aus Hoffnung und kritischem Blick auf den Herbst zu warten. Möge die versteckte Klinge uns den Weg weisen – oder die Katanas der Samurai.