Undertale/Deltarune: Wie die Kult-RPGs zusammenhängen und was du wissen musst!

Die Indie-Game-Szene wurde in den letzten Jahren von wenigen Titeln so nachhaltig geprägt wie von Undertale und seinem mysteriösen Nachfolger Deltarune. Beide Rollenspiele, aus der Feder des visionären Entwicklers Toby Fox, haben Millionen von Spielern weltweit in ihren Bann gezogen. Sie sind bekannt für ihre einzigartige Erzählweise, unvergessliche Charaktere, tiefgründige Themen und natürlich ihre ikonische Musik. Doch seit der Veröffentlichung von Deltarune im Jahr 2018 stellen sich Fans immer wieder die gleiche brennende Frage: Wie hängen diese beiden Kult-RPGs wirklich zusammen? Ist Deltarune ein Sequel, ein Prequel, eine Parallelwelt oder etwas ganz anderes? Tauchen wir ein in die faszinierende Welt von Toby Fox und entschlüsseln wir die Geheimnisse dieser beiden Meisterwerke.

Ein kurzer Rückblick: Die Magie von Undertale

Im Jahr 2015 eroberte Undertale die Herzen der Spieler im Sturm. Als winziges Indie-Projekt gestartet, wurde es schnell zu einem globalen Phänomen. Spieler schlüpften in die Rolle eines Menschenkindes, das in die Welt der Monster fällt und dort gefangen ist. Das Spiel brach mit Konventionen: Statt zu kämpfen, konnte man sich entscheiden, mit Monstern zu reden, sie zu schonen oder sogar Freundschaften zu schließen. Diese „Pazifisten-Route” ermöglichte ein einzigartiges Spielerlebnis, das von den schwerwiegenden Konsequenzen jeder Entscheidung geprägt war. Die Themen von Freundschaft, Vergebung, der Natur des Bösen und der Macht der Entscheidungen standen im Mittelpunkt. Undertale ist ein Spiel, das seine Spieler wirklich herausfordert, über die traditionellen Grenzen von Gut und Böse nachzudenken und die Definition eines „Videospiel-Endes” neu zu überdenken.

Deltarune: Vertraut und doch so anders

Drei Jahre nach dem Hype um Undertale überraschte Toby Fox die Welt mit der kostenlosen Veröffentlichung von Deltarune Chapter 1. Die erste Reaktion vieler war ungläubiges Staunen: Hier waren vertraute Gesichter wie Toriel, Sans, Papyrus, Undyne und Alphys, aber in einer völlig neuen Umgebung. Das Spiel begann mit einer ominösen Warnung: „Willkommen zurück. Es gibt viele Enden in dieser Welt. Aber Eines davon ist das Wahre. Du hast die Kontrolle über diese Welt… aber deine Entscheidungen spielen keine Rolle.” Dieser Satz setzte sofort den Ton für eine Erfahrung, die sich von Undertale fundamental unterscheidet. Deltarune präsentiert sich als ein episodisches Rollenspiel, in dem wir Kris, einen Menschen in einer Welt voller Monster, auf einem Abenteuer im „Dark World” begleiten, zusammen mit dem „Monster-Prinz” Ralsei und der Rebellen-Kriegerin Susie.

Die offensichtlichen Verbindungen: Vertraute Gesichter in neuen Rollen

Die auffälligsten Verbindungen zwischen Undertale und Deltarune sind zweifellos die wiederkehrenden Charaktere. Fast jeder wichtige NPC aus Undertale hat ein Gegenstück in Deltarune, oft mit einem leicht veränderten Charakter oder einer neuen Rolle im Leben von Kris.

• Toriel: In beiden Spielen eine mütterliche Figur, in Deltarune Kris’ Adoptivmutter und Lehrerin.
• Sans: Der humorvolle Skelettbruder ist in Deltarune ein Nachbar, der einen Hotdog-Stand betreibt und scheinbar noch mehr weiß, als er preisgibt. Seine Präsenz und oft kryptische Andeutungen lassen Fans über seine Verbindung zu den verschiedenen Realitäten spekulieren.
• Papyrus: Sans’ Bruder ist auch in Deltarune da, wenn auch noch nicht so prominent. Er ist immer noch enthusiastisch und freundlich.
• Alphys und Undyne: Die Wissenschaftlerin und die Heldin sind in Deltarune Lehrerinnen an Kris’ Schule und scheinen eine vorsichtige, aufkeimende Romanze zu haben – ganz anders als in Undertale, wo ihre Beziehung bereits etabliert ist.
• Asgore: Der ehemalige König ist in Deltarune ein Florist, der Schwierigkeiten hat, über die Runden zu kommen, und von Toriel geschieden ist.
• Temmie: Die kultigen Temmies kehren als Dorfbewohner und Ladenbesitzer zurück, mit ihrem typischen Sprachfehler und Charme.

Auch die Orte spiegeln sich wider: Eine kleine Stadt, eine Schule, ein Krankenhaus, die alle ein Gefühl der Vertrautheit vermitteln, aber mit neuen Details und einer leicht anderen Atmosphäre aufwarten. Selbst die Musik beider Spiele teilt sich viele Leitmotive und Melodien, die in unterschiedlichen Kontexten neu arrangiert werden und so ein Gefühl von Nostalgie und gleichzeitig Neuheit erzeugen.

Die tieferen Lore-Verbindungen: Ein Netz aus Theorien und Andeutungen

Über die offensichtlichen Charakter- und Standort-Parallelen hinaus weisen Undertale und Deltarune eine Vielzahl von tieferen, oft mysteriösen Verbindungen auf, die die Community seit Jahren beschäftigen.

1. Die Macht der Entscheidungen vs. „Deine Entscheidungen spielen keine Rolle”

Dies ist der größte thematische Kontrast und gleichzeitig eine der wichtigsten Verbindungen. Während Undertale seine Spieler dazu ermutigt, jede Entscheidung abzuwägen und mit den Konsequenzen zu leben, erklärt Deltarune explizit, dass die Entscheidungen des Spielers irrelevant sind. Dies hat zu unzähligen Theorien geführt:

• Spieler-Agentur: Ist Deltarune ein Kommentar auf die Illusion der Spieler-Agentur in Videospielen?
• Vorbestimmung: Ist die Welt von Deltarune vorbestimmt, und der Spieler wird nur durch sie hindurchgeführt, ohne echten Einfluss zu haben?
• Kris’ Rolle: Ist Kris (der Spieler-Charakter) tatsächlich derjenige, der die Entscheidungen trifft, oder ist der Spieler nur ein Gast in Kris’ Körper, wie am Ende von Chapter 1 und 2 angedeutet wird, wo Kris seine Seele (die der Spieler kontrolliert) herausreißt? Dies deutet darauf hin, dass Kris eine eigene Identität und Handlungsfähigkeit besitzt, die der Spieler möglicherweise unterdrückt.

Diese Diskrepanz zwischen den Spielphilosophien ist der Kern der Verbindung und deutet auf eine tiefere Erzählung über Kontrolle und Freiheit hin.

2. W.D. Gaster: Der übergeordnete Strippenzieher

Keine Diskussion über die Verbindung zwischen Undertale und Deltarune wäre vollständig ohne W.D. Gaster, den mysteriösen ehemaligen königlichen Wissenschaftler aus Undertale. Obwohl er in Undertale kaum sichtbar ist (abgesehen von versteckten Easter Eggs und Datamining), ist seine Präsenz in Deltarune unüberhörbar:

• Einführung: Der Deltarune-Demo-Startbildschirm mit den seltsamen Geräuschen und der Fähigkeit, eine „Sprachprobe” zu erstellen, wird weithin als Gaster zugeschrieben.
• „Entry Number 17”: Ein geheimnisvoller Eintrag in den Undertale-Dateien in Gastonschrift, der über Experimente und das Zerbrechen von Dingen spricht, wird von vielen als Schlüssel zur Gaster-Lore angesehen.
• Sound Design: Viele der düsteren und unheimlichen Soundeffekte in Deltarune werden Gaster-Themen zugeordnet.
• Der „Mann, der hinter dem Baum spricht”: In Chapter 1 kann man einen versteckten Charakter finden, der in seltsamer Schrift spricht und als Gaster-Follower oder Gaster selbst interpretiert wird.

Gaster wird oft als eine Art interdimensionaler Beobachter oder Schöpfer vermutet, der die Fäden der verschiedenen Realitäten zieht. Seine Fragmentierung und sein Verschwinden aus der Undertale-Zeitlinie könnten ihn befähigen, Brücken zwischen Welten zu bauen oder sie zu manipulieren.

3. Die „Roaring”-Prophezeiung

In Deltarune Chapter 1 wird eine alte Prophezeiung von Ralsei enthüllt, die vom „Roaring” (Brüllen) spricht – einem Ereignis, das eintreten wird, wenn das Gleichgewicht zwischen Licht und Dunkelheit gestört ist und die Dunkelheit die Welt verschlingt. Die Prophezeiung spricht von drei Helden (ein Mensch, ein Monster, ein Prinz der Dunkelheit), die die Welt retten müssen. Dies erinnert an die Apokalypse-Erzählungen in Undertale und könnte ein übergeordnetes Schicksal oder eine kosmische Bedrohung darstellen, die beide Welten betrifft.

4. Das Konzept der Seele (SOUL)

Die SOUL (Seele) ist in beiden Spielen zentral. In Undertale repräsentiert sie die Essenz eines Wesens, die Entschlossenheit des Spielers und die verschiedenen Farben, die verschiedene Eigenschaften symbolisieren. In Deltarune wird die rote Seele, die der Spieler kontrolliert, physisch aus Kris herausgerissen, was Kris’ mangelnde Kontrolle über seinen eigenen Körper und die Präsenz des Spielers als externen Einfluss betont. Dies könnte bedeuten, dass der Spieler in Deltarune nicht Kris ist, sondern eine externe Entität, die Kris manipuliert.

5. Parallele Realitäten und Toby Fox’s Statements

Toby Fox selbst hat sich vorsichtig zu der Beziehung geäußert. Er betonte, dass Deltarune keine Fortsetzung von Undertale ist und in einer anderen Welt spielt. Er sagte jedoch auch, dass die Charaktere, obwohl sie vertraut sind, andere Leben in dieser anderen Welt führen. Er erklärte zudem, dass die Enden von Undertale „final” sind und er diese nicht durch eine Fortsetzung untergraben wolle. Dies unterstützt stark die Theorie einer Parallelwelt oder eines Multiversums, in dem die Charaktere und Grundkonzepte existieren, aber ihre Geschichten und Beziehungen anders verlaufen sind. Es ist denkbar, dass Gaster eine Rolle dabei spielt, wie diese Welten miteinander verbunden oder voneinander getrennt sind.

Die Bedeutung der Namen: DELTARUNE = UNDERTALE

Ein einfacher, aber mächtiger Hinweis ist das Anagramm: DELTARUNE ist ein Anagramm von UNDERTALE. Dies ist kein Zufall und deutet auf eine absichtliche, tiefe Verbindung hin, die über oberflächliche Ähnlichkeiten hinausgeht. Es impliziert, dass die Spiele zwei Seiten derselben Medaille sind oder verschiedene Perspektiven auf ähnliche Kernthemen bieten.

Thematische Überschneidungen und philosophische Fragen

Abgesehen von den spezifischen Lore-Punkten teilen beide Spiele tiefe philosophische und thematische Überschneidungen:

• Bestimmung vs. Freier Wille: Besonders in Deltarune wird die Frage aufgeworfen, ob wir wirklich frei in unseren Entscheidungen sind oder ob ein Schicksal, eine Prophezeiung oder eine externe Macht (der Spieler) unsere Wege lenkt.
• Gut und Böse: Beide Spiele hinterfragen die binäre Natur von Gut und Böse und zeigen, dass auch Monster liebevoll sein können und Menschen zu Gräueltaten fähig sind.
• Einsamkeit und Freundschaft: Die Entwicklung von Beziehungen und die Überwindung von Einsamkeit sind zentrale Elemente in beiden Geschichten.
• Das Spiel als Metapher: Toby Fox nutzt das Medium Videospiel, um über das Spielen selbst, die Rolle des Spielers und die Konventionen des Game-Designs zu reflektieren.

Diese übergeordneten Themen sind der Kitt, der die beiden Spiele zusammenhält, auch wenn ihre narrativen Rahmenbedingungen sich unterscheiden.

Was du wissen musst – Eine Zusammenfassung

Die Verbindung zwischen Undertale und Deltarune ist kein einfaches „Prequel” oder „Sequel”. Es ist ein komplexes, vielschichtiges Geflecht aus Theorien, Andeutungen und bewusst platzierten Parallelen.

1. Keine direkte Fortsetzung: Toby Fox hat bestätigt, dass Deltarune in einer anderen Welt als Undertale spielt, obwohl die Charaktere dieselben sind. Betrachte es als eine Art Paralleluniversum.
2. Charaktere sind vertraut, aber anders: Bekannte Gesichter haben neue Rollen, Persönlichkeiten und Beziehungen, die oft subtile Anspielungen auf ihre Undertale-Gegenstücke enthalten.
3. „Deine Entscheidungen spielen keine Rolle”: Dies ist der zentrale narrative Kontrast zu Undertale und der Schlüssel zum Verständnis von Deltarunes Philosophie und möglicher Meta-Ebene.
4. Gaster ist entscheidend: Seine kaum spürbare, aber allgegenwärtige Präsenz in beiden Spielen deutet darauf hin, dass er der Schlüssel zur Verbindung der Welten oder zur Manipulation der Realität ist.
5. Die Rolle des Spielers: In Deltarune scheint der Spieler eine externe Entität zu sein, die Kris’ Körper kontrolliert, was die Meta-Ebene des Spiels auf eine neue Ebene hebt.
6. Thematische Kohärenz: Trotz unterschiedlicher Erzählungen teilen beide Spiele tiefe philosophische Fragen über Schicksal, freiem Willen, Gut und Böse und die Natur des Spielens.

Deltarune ist nicht einfach nur ein Fan-Service; es ist eine Erweiterung von Toby Fox’s kreativer Vision, die die tiefgreifenden Fragen aufgreift, die Undertale aufgeworfen hat, und sie in einem neuen, faszinierenden Kontext erforscht. Es ist eine Saga, die sich noch entfaltet, und jeder neue Teil verspricht, das komplexe Netz der Verbindung zwischen diesen beiden Kult-RPGs weiter zu entwirren und gleichzeitig neue Geheimnisse zu offenbaren.

Während wir auf die nächsten Kapitel von Deltarune warten, bleibt die Diskussion in der Fangemeinde lebhaft. Eines ist sicher: Toby Fox hat mit Undertale und Deltarune nicht nur Spiele geschaffen, sondern interaktive Kunstwerke, die uns zum Nachdenken anregen und uns immer wieder in ihre mysteriösen Welten zurückziehen.