Tauchen Sie ein in die actiongeladene Welt von Call of Duty (CoD), einem Franchise, das seit über zwei Jahrzehnten Millionen von Spielern weltweit fesselt. Von den rauen Schlachtfeldern des Zweiten Weltkriegs bis hin zu den psychologischen Intrigen des Kalten Krieges und den hochmodernen Konflikten der Gegenwart hat CoD eine Fülle von Geschichten, Charakteren und Zeitebenen geschaffen. Doch für viele Fans stellt sich die Frage: Wie passt das alles zusammen? Gibt es ein einziges, zusammenhängendes CoD-Universum, oder sind wir Zeugen mehrerer, voneinander unabhängiger Erzählstränge?
Dieser Artikel nimmt Sie mit auf eine Reise durch die verworrenen Pfade der CoD-Geschichte, entwirrt die Verbindungen zwischen den beliebten Sub-Franchises wie Black Ops und Modern Warfare und erklärt, wie Activision und die Entwicklerstudios (hauptsächlich Infinity Ward, Treyarch und Sledgehammer Games) über die Jahre hinweg ein komplexes, manchmal widersprüchliches, aber stets fesselndes Geflecht aus Geschichten gesponnen haben.
### Die Anfänge: Einzelne Schlachtfelder
Bevor wir uns den komplexen Verflechtungen widmen, ist es wichtig zu verstehen, dass die ersten Call of Duty-Spiele (CoD 1, CoD 2, CoD 3 und sogar World at War) hauptsächlich als eigenständige Erfahrungen im Zweiten Weltkrieg konzipiert waren. Sie legten zwar den Grundstein für das intensive Gameplay, das wir heute kennen, hatten aber nur geringe oder gar keine direkten narrativen Verbindungen untereinander, abgesehen von der gemeinsamen historischen Kulisse.
**Call of Duty: World at War** verdient hier eine besondere Erwähnung. Obwohl es ein WWII-Spiel war, führte es Charaktere wie Viktor Reznov ein, dessen Erfahrungen in Stalingrad später eine entscheidende Rolle in der Geschichte von **Call of Duty: Black Ops** spielen sollten. Dies war eine der ersten bewussten Brücken zwischen scheinbar separaten CoD-Titeln.
### Die Geburtsstunde der Hauptsäulen: Modern Warfare und Black Ops
Die eigentliche Aufspaltung und gleichzeitig die Schaffung der „Säulen” des CoD-Universums begann mit zwei entscheidenden Titeln:
#### 1. Die Modern Warfare-Trilogie (Original): Realismus am Rande des Dritten Weltkriegs
Mit **Call of Duty 4: Modern Warfare** (2007) schlug Infinity Ward einen neuen Weg ein. Das Spiel verließ die historischen Schlachten und stürzte die Spieler in einen fiktiven, aber beängstigend realistischen Konflikt der Gegenwart. Dies war der Beginn einer Trilogie, die für viele Fans bis heute als das Nonplusultra der CoD-Erzählkunst gilt.
Die originale Modern Warfare-Trilogie (CoD 4, Modern Warfare 2, Modern Warfare 3) erzählt eine durchgehende, chronologische Geschichte über den globalen Krieg gegen den Ultranationalismus. Im Mittelpunkt stehen ikonische Charaktere wie Captain John Price, John „Soap” MacTavish, Ghost und Captain MacMillan. Die Handlung dreht sich um den russischen Terroristen Imran Zakhaev und später seinen Schüler Vladimir Makarov, die einen globalen Konflikt vom Kalten Krieg über terroristische Anschläge bis hin zu einem ausgewachsenen Dritten Weltkrieg anzetteln.
Diese Trilogie war bemerkenswert für ihre filmische Präsentation, ihre schockierenden Wendungen und ihre Fähigkeit, den Spieler in einen Konflikt zu ziehen, der sich global und existenziell anfühlte. Sie war in sich abgeschlossen und bildete ein klares, eigenständiges CoD-Universum.
#### 2. Die Black Ops-Saga (Original): Kalter Krieg, Verschwörungen und Psychologie
Parallel dazu entwickelte Treyarch seine eigene, einzigartige Vision des CoD-Franchise. Mit **Call of Duty: Black Ops** (2010) wagten sie sich in die Ära des Kalten Krieges, garniert mit Elementen der psychologischen Kriegsführung, Verschwörungstheorien und historischen Ereignissen.
Die originale Black Ops-Saga (Black Ops, Black Ops II, Black Ops III, Black Ops 4) ist eine weitere, weitgehend eigenständige Erzählung, die sich über mehrere Jahrzehnte erstreckt. Sie beginnt mit den Erlebnissen von Alex Mason, Frank Woods und Jason Hudson während des Kalten Krieges, ihrer Jagd nach dem sowjetischen Agenten Perseus und den Geheimnissen hinter den „Numbers”. **Black Ops II** springt in die nahe Zukunft (2025) und führt den Antagonisten Raul Menendez ein, während es auch Rückblenden in die 1980er-Jahre bietet. **Black Ops III** tauchte tief in eine dystopische Zukunft ein, die sich stark von den vorherigen Teilen abhob und das Universum in eine Science-Fiction-Richtung lenkte. **Black Ops 4** verzichtete auf eine traditionelle Kampagne zugunsten eines Battle Royale-Modus (Blackout) und von Spezialisten-Missionen, bot aber dennoch Lore-Hintergründe, die sich in die Zukunft der Black Ops-Reihe einfügten.
Die Black Ops-Spiele waren bekannt für ihre komplexen, oft surrealen Geschichten, ihre moralisch ambivalente Grauzone und ihre Bereitschaft, in dunklere, psychologische Themen einzutauchen. Sie repräsentierten ein weiteres, eigenständiges CoD-Universum.
### Die Ära der Reboots und „Shared Universes”: Wie Warzone alles veränderte
Für viele Jahre existierten diese beiden Hauptsäulen – Modern Warfare und Black Ops – weitgehend nebeneinander, mit einigen anderen CoD-Spielen (Ghosts, Advanced Warfare, Infinite Warfare, WWII) die ebenfalls ihre eigenen, separaten Geschichten erzählten. Die Idee eines umfassenden, durchgängigen CoD-Universums im Sinne eines Marvel Cinematic Universe schien weit entfernt. Doch das sollte sich ändern.
#### 1. Modern Warfare (2019 Reboot): Eine frische Perspektive
Mit **Call of Duty: Modern Warfare** (2019) entschied sich Infinity Ward für einen kompletten Reboot der populären Serie. Dies war *keine* Fortsetzung der originalen Trilogie, sondern eine Neuauslegung der Charaktere (ein jüngerer Captain Price, neueren Interpretationen von Soap, Ghost und Farah Karim) und der geopolitischen Konflikte. Das Spiel legte großen Wert auf Realismus, moralische Ambiguität und die Grausamkeit des modernen Krieges.
Dieser Reboot schuf eine neue, eigenständige Zeitlinie, die von Grund auf neu erzählt wurde. Er diente auch als Startpunkt für den Battle Royale-Modus Call of Duty: Warzone, der sich als zentraler Knotenpunkt für das zukünftige CoD-Universum erweisen sollte.
#### 2. Black Ops Cold War: Die Brücke zur neuen Zeitlinie
**Call of Duty: Black Ops Cold War** (2020) war der erste große Schritt, um die verschiedenen CoD-Geschichten auf eine bedeutsame Weise miteinander zu verbinden. Das Spiel war eine direkte Fortsetzung des originalen Black Ops, angesiedelt in den 1980er-Jahren zwischen Black Ops 1 und Black Ops II. Es brachte Charaktere wie Mason, Woods und Hudson zurück und vertiefte die Mythologie um Perseus.
Das Besondere an Cold War war jedoch seine Integration in Warzone und damit die explizite Verbindung zum rebooteten Modern Warfare-Universum. Operator und Waffen aus Cold War wurden in Warzone integriert, und die Story-Elemente von Warzone begannen, Brücken zwischen den Zeitebenen zu schlagen. Plötzlich koexistierten Operator aus den 1980ern mit denen aus der Gegenwart im selben Battle Royale-Szenario von Verdansk.
#### 3. Call of Duty: Vanguard: WWII im Warzone-Kontext
**Call of Duty: Vanguard** (2021) wagte sich erneut in den Zweiten Weltkrieg, doch mit einem entscheidenden Unterschied: Es war nicht nur ein eigenständiges WWII-Spiel, sondern explizit als Prequel und Origin-Story für die Task Force One konzipiert, deren Mitglieder später als Operatoren in Warzone und damit im übergeordneten CoD-Universum auftauchten. Das Spiel erzählte die Entstehungsgeschichte einiger der wichtigsten WWII-Helden, die dann in der Warzone-Meta-Erzählung eine Rolle spielten und den Grundstein für die Nachkriegsoperationen legten, die sich bis in die Modern Warfare-Zeit erstrecken könnten.
#### 4. Modern Warfare II (2022) & Modern Warfare III (2023): Die Fortsetzung des Reboots
Die jüngsten Titel, Modern Warfare II (2022) und Modern Warfare III (2023), setzen die Geschichte des rebooteten Modern Warfare-Universums fort. Sie bauen auf den Ereignissen des 2019er Titels auf, bringen neue und bekannte Bedrohungen mit sich und vertiefen die Charakterentwicklungen von Task Force 141. Diese Spiele sind ebenfalls eng mit dem jeweils aktuellen Warzone-Iteration (Warzone 2.0 / Urzikstan) verknüpft, was die Konsolidierung des „Shared Universe”-Ansatzes weiter vorantreibt.
### Wie hängt alles zusammen? Das Warzone-Nexus-Prinzip
Die Antwort auf die Frage, wie alles zusammenhängt, ist komplex und hat sich über die Jahre entwickelt:
* **Separate Erzählstränge:** Die originalen Modern Warfare- und Black Ops-Sagas waren lange Zeit *getrennte* Universen. Die WWII-Spiele davor waren ebenfalls meist eigenständig, mit kleinen Ausnahmen wie Reznovs Auftritt.
* **Der „Reboot”-Ansatz:** Modern Warfare (2019) startete eine komplett neue Zeitlinie.
* **Die „Brückenbauer”:** Black Ops Cold War und Vanguard waren Versuche, die Geschichten der Black Ops-Saga und des Zweiten Weltkriegs *nachträglich* in die neue, rebootete Modern Warfare-Zeitlinie und insbesondere in das Warzone-Universum zu integrieren.
* **Warzone als Meta-Ebene:** Der entscheidende Faktor für die Verknüpfung ist Call of Duty: Warzone. Es fungiert als eine Art „Multiversums”-Plattform, auf der Operatoren aus allen CoD-Ären (von WWII über den Kalten Krieg bis zur Gegenwart) zusammenkommen können. Während die Kampagnen der einzelnen Spiele weiterhin in ihren jeweiligen, oft getrennten Zeitlinien spielen, bietet Warzone eine spielerische und lore-basierte Schnittmenge, in der scheinbar unzusammenhängende Elemente zusammengeführt werden.
* Die wechselnden Karten (Verdansk, Rebirth Island, Caldera, Al Mazrah, Vondel, Urzikstan) sind oft mit narrativen Elementen verbunden, die Brücken zu den verschiedenen Spielen schlagen.
* Die saisonalen Geschichten und Events in Warzone erzählen eine übergeordnete Meta-Geschichte, die Charaktere und Bedrohungen aus allen Epochen miteinander verknüpft. So konnte Captain Price aus dem rebooteten Modern Warfare mit Agent Russell Adler aus Cold War interagieren, auch wenn ihre Ursprungsgeschichten Jahrzehnte auseinanderlagen.
* **”Gameplay-Canon” vs. „Story-Canon”:** Es ist wichtig zu unterscheiden. Der Story-Canon der einzelnen Kampagnen bleibt oft mehr oder weniger intakt und in seinen eigenen Zeitlinien verhaftet. Der „Gameplay-Canon” oder Meta-Canon, der durch Warzone geschaffen wurde, erlaubt es, Charaktere und Elemente aus verschiedenen Zeitlinien in einem gemeinsamen spielerischen Kontext zu präsentieren, oft durch erzählerische Kniffe, die eine gewisse Suspension of Disbelief erfordern. Manchmal wird dies durch Verweise auf geheime Organisationen, globale Schattenmächte oder sogar temporale Anomalien erklärt, die die verschiedenen Zeitebenen miteinander verbinden.
### Warum diese Komplexität?
Die Gründe für dieses verworrene Netz sind vielfältig:
1. **Verschiedene Entwicklerteams:** Infinity Ward, Treyarch und Sledgehammer Games entwickeln CoD-Titel abwechselnd, oft mit eigenen Visionen und Erzählansätzen.
2. **Kreative Freiheit:** Reboots ermöglichen es, beliebte Konzepte und Charaktere neu zu interpretieren, ohne sich an frühere Geschichten halten zu müssen.
3. **Monetarisierung und Fan-Service:** Die Möglichkeit, ikonische Operatoren aus verschiedenen Epochen in Warzone zu verkaufen, ist ein riesiger Anreiz. Ein „Shared Universe” schafft eine Plattform dafür.
4. **Weiterentwicklung des Mediums:** Das Storytelling in Videospielen wird immer ambitionierter. Der Versuch, ein kohärentes (oder zumindest plausibel verbundenes) Universum zu schaffen, spiegelt diesen Trend wider.
### Fazit: Ein Universum in ständiger Entwicklung
Das CoD-Universum ist kein einfaches, linear aufgebautes Konstrukt. Es ist eher ein Mosaik aus eigenständigen Erzählungen, die durch Reboots, Cross-Overs und insbesondere durch die zentrale Rolle von Warzone nachträglich miteinander verknüpft wurden. Die originalen Modern Warfare- und Black Ops-Trilogien bleiben als eigenständige Meisterwerke bestehen. Doch die „neue Ära” der CoD-Spiele, beginnend mit Modern Warfare (2019), Cold War und Vanguard, strebt eindeutig danach, eine umfassendere, wenn auch manchmal lose verbundene Meta-Erzählung zu schaffen, in der alle Fäden zusammenlaufen.
Es ist ein sich ständig entwickelndes Universum, das darauf abzielt, sowohl Nostalgie zu bedienen als auch neue Geschichten zu erzählen, während es die Spieler immer wieder in den globalen Konflikt von Call of Duty hineinzieht. Und genau diese Dynamik, dieses Spiel mit den Zeitebenen und Charakteren, macht das CoD-Universum zu einem einzigartigen und faszinierenden Phänomen in der Gaming-Welt.