In der Welt der digitalen Bildbearbeitung hat sich Affinity Photo als ernstzunehmende Alternative zu etablierten Größen wie Adobe Photoshop etabliert. Mit seiner einmaligen Kaufoption, leistungsstarken Funktionen und einer intuitiven Benutzeroberfläche hat es sich schnell eine große Fangemeinde aufgebaut. Doch dann kam V2 – und stellte viele Nutzer vor die Frage: Lohnt sich das Upgrade von Affinity Photo V1 auf V2? Was sind die tatsächlichen Unterschiede und welche neuen Möglichkeiten eröffnen sich?
Dieser umfassende Artikel nimmt Sie mit auf eine detaillierte Reise durch die Evolution von Affinity Photo, beleuchtet die Kernunterschiede zwischen Version 1 und Version 2 und hilft Ihnen bei der Entscheidung, ob der Wechsel für Sie sinnvoll ist. Machen Sie sich bereit für einen tiefen Einblick in die Welt der kreativen Bildbearbeitung!
Affinity Photo V1: Ein Rückblick auf das Fundament
Bevor wir uns den Neuerungen von V2 widmen, werfen wir einen kurzen Blick zurück auf das, was Affinity Photo V1 so erfolgreich gemacht hat. Es war eine Software, die von Grund auf für Geschwindigkeit und Präzision entwickelt wurde. Mit seinem vollwertigen, professionellen Funktionsumfang bot V1 bereits alles, was man für Retusche, Bildkomposition, RAW-Entwicklung und digitale Kunst benötigte. Nicht-destruktive Bearbeitung, Live-Filter, Persona-basierter Workflow (Photo, Liquify, Develop, Tone Mapping, Export) und eine beeindruckende Performance, selbst auf älterer Hardware, machten V1 zu einem echten Preis-Leistungs-Wunder.
Die größte Stärke von V1 war seine Zugänglichkeit: Ein einziger Kauf pro Plattform (Windows, macOS, iPad) und keine laufenden Abonnementgebühren. Dies lockte unzählige Kreative an, die sich von den monatlichen Kosten der Konkurrenz befreien wollten. V1 legte das Fundament für die Akzeptanz von Affinity Photo als professionelles Werkzeug.
Die Evolution zu V2: Mehr als nur ein Facelift
Mit der Veröffentlichung von Affinity Photo V2 im November 2022 machte Serif, das Unternehmen hinter der Affinity Suite, deutlich, dass sie nicht nur inkrementelle Updates, sondern eine echte Weiterentwicklung anstrebten. V2 ist nicht einfach nur ein „Update“, sondern eine eigenständige, überarbeitete Version, die auf dem bewährten Fundament von V1 aufbaut und es um essenzielle neue Funktionen und Optimierungen erweitert.
Der Fokus von V2 liegt auf einer noch tieferen nicht-destruktiven Bearbeitung, verbesserter Flexibilität im Workflow und der Einführung von Werkzeugen, die zuvor nur durch Umwege oder gar nicht möglich waren. Auch die Benutzeroberfläche erhielt ein subtiles, aber wirkungsvolles Upgrade, das sie moderner und noch intuitiver wirken lässt. Doch die wahren Stars sind die neuen Features.
Die Schlüsselfunktionen von Affinity Photo V2 im Detail
Hier tauchen wir tief in die wichtigsten Neuerungen ein, die Affinity Photo V2 von seinem Vorgänger abheben:
1. Nicht-destruktive Entwicklung von RAW-Bildern (Neu entwickelte Engine)
Dies ist eine der größten und bedeutsamsten Verbesserungen. Während V1 eine „Develop Persona” für die RAW-Entwicklung hatte, war die Umwandlung des RAW-Bildes in ein Pixel-Layer nach der Entwicklung ein destruktiver Schritt. V2 revolutioniert dies durch die Möglichkeit der nicht-destruktiven RAW-Entwicklung. RAW-Dateien können nun direkt als Ebenen in ein Dokument geladen und ihre Entwicklungseinstellungen jederzeit angepasst werden, ohne das Originalbild zu verändern oder die Pixelinformationen zu „brennen”.
Das bedeutet: Sie können Farbkorrekturen, Belichtungsanpassungen, Rauschunterdrückung und Schärfung jederzeit neu einstellen, selbst nachdem Sie andere Bearbeitungen am Bild vorgenommen haben. Dies bietet eine unübertroffene Flexibilität und ist ein Game-Changer für jeden, der regelmäßig mit RAW-Dateien arbeitet.
2. Live Mesh Warp (Lebendiges Gitterverzerren)
Das Mesh Warp-Tool in V2 ist ein Traum für alle, die Präzision beim Verzerren von Bildern benötigen. Stellen Sie sich vor, Sie möchten ein Logo auf eine gekrümmte Oberfläche montieren oder ein Bild an eine unregelmäßige Form anpassen. Mit dem Live Mesh Warp können Sie ein Gitter über Ihr Bild legen und dessen Knotenpunkte ziehen, um das Bild in Echtzeit zu verzerren. Das Besondere daran: Es ist eine Live-Filter-Ebene, was bedeutet, dass die Verzerrung nicht-destruktiv ist und jederzeit angepasst oder entfernt werden kann. Dies spart enorme Zeit und Nerven im Vergleich zu den destruktiven Methoden in V1.
3. Nicht-destruktive Verflüssigung (Liquify)
Das Liquify-Tool (Verflüssigen) ist ein mächtiges Werkzeug, um Bildbereiche zu verzerren, zu verschieben oder zu vergrößern – perfekt für Retuschen oder künstlerische Effekte. In V1 war die Anwendung jedoch destruktiv, d.h. die Änderungen wurden direkt auf die Pixel angewendet und konnten nicht mehr ohne Weiteres rückgängig gemacht werden, sobald man die Persona verlassen hatte. In V2 ist die Liquify-Funktion nun nicht-destruktiv als Live-Filter verfügbar. Sie können das Verflüssigungsnetzwerk jederzeit bearbeiten, die Stärke anpassen oder sogar ganz deaktivieren. Das ist ein immenser Vorteil für die iterative Bildbearbeitung und kreative Experimente.
4. Compound Masks (Kombinierte Masken)
Compound Masks sind eine Weiterentwicklung der Maskenfunktionen in Affinity Photo V2. Sie ermöglichen es Ihnen, mehrere Masken zu gruppieren und miteinander zu kombinieren – sei es durch Addition, Subtraktion, Schnittmenge oder Exklusion. Dies eröffnet völlig neue Möglichkeiten für komplexe Auswahlen und Maskierungstechniken, die in V1 nur durch aufwendiges Verschachteln und Pixel-Masken-Manipulationen möglich waren. Für fortgeschrittene Retuscheure und Compositing-Künstler ist dies ein enormer Workflow-Beschleuniger.
5. Layer States (Ebenenzustände)
Stellen Sie sich vor, Sie arbeiten an einem Bild und möchten verschiedene Versionen der Bearbeitung speichern, um sie später zu vergleichen oder zu präsentieren, ohne mehrere Dokumente anlegen zu müssen. Genau das leisten Layer States. Mit dieser Funktion können Sie den Zustand bestimmter Ebenen (Sichtbarkeit, Deckkraft, Mischmodi etc.) als „Zustand” speichern und später jederzeit wiederherstellen. Dies ist unglaublich nützlich für A/B-Tests, das Erstellen von Varianten oder das Vorbereiten von Exporten für verschiedene Zwecke. Ein wahrer Segen für effiziente Workflows.
6. Normals Adjustment (Normalen-Anpassung)
Für Anwender, die im Bereich 3D-Rendering, Game-Design oder der Erstellung von Texturen arbeiten, ist die Normalen-Anpassung (Normals Adjustment) eine willkommene Neuerung. Sie ermöglicht die Bearbeitung von Normalenkarten, die Informationen über die Oberflächenausrichtung eines 3D-Modells enthalten. Dies ist eine spezialisierte Funktion, die jedoch für die entsprechende Zielgruppe von unschätzbarem Wert ist und die Integration von Affinity Photo in 3D-Workflows verbessert.
7. Messwerkzeug und Skalierung (Measurement Tool)
Das Messwerkzeug in Affinity Photo V2 erlaubt es Ihnen, präzise Entfernungen, Winkel und Flächen auf Ihrem Bild zu messen. Dies ist besonders nützlich für technische Illustrationen, Architekturfotografie oder für alle, die genaue Dimensionen in ihren Bildern benötigen. Gepaart mit den neuen Skalierungsfunktionen ist es ein Muss für präzise Design- und Dokumentationsarbeiten.
8. Weitere Workflow-Verbesserungen
- Verbesserte Makro-Funktionen: Die Automatisierung von Aufgaben wurde in V2 weiter optimiert, was insbesondere für repetitive Prozesse eine enorme Zeitersparnis darstellt.
- UI-Anpassungen und Personalisierung: Die Benutzeroberfläche wurde subtil modernisiert und bietet nun noch mehr Anpassungsmöglichkeiten, z.B. bei der Anordnung von Panels.
- Stapelverarbeitung: Verbessertes Export- und Stapelverarbeitungssystem für große Mengen von Bildern.
- Optimierungen für iPad: Die iPad-Version von Affinity Photo V2 hat ebenfalls signifikante Verbesserungen erhalten, die das Arbeiten unterwegs noch flüssiger und leistungsfähiger machen.
Performance und Stabilität: Unter der Haube optimiert
Neben den neuen Funktionen hat Serif auch erheblich in die Performance und Stabilität von Affinity Photo V2 investiert. Die Software ist noch besser für moderne Hardware optimiert, insbesondere für Apple Silicon (M1/M2 Chips) und aktuelle Windows-Systeme. Dies führt zu schnelleren Ladezeiten, flüssigeren Zooms und Schwenks sowie einer insgesamt reaktionsfreudigeren Benutzeroberfläche. Auch die Stabilität bei komplexen Projekten wurde weiter verbessert, was Abstürze minimieren und die Produktivität erhöhen sollte.
Das Lizenzmodell: Der Elefant im Raum
Die vielleicht größte Veränderung, die für viele Nutzer die Entscheidung für oder gegen ein Upgrade auf V2 beeinflusst, ist das neue Lizenzmodell. Während Affinity Photo V1 als Einzellizenz pro Plattform erworben wurde (z.B. eine Lizenz für Windows, eine für macOS, eine für iPad), hat Serif mit V2 die Affinity V2 Universal License eingeführt.
Diese Universallizenz ist ein einmaliger Kauf, der Ihnen Zugang zu allen drei Affinity V2 Anwendungen (Photo, Designer, Publisher) auf allen drei Plattformen (Windows, macOS, iPad) gewährt. Das bedeutet, wenn Sie bereits alle drei Apps auf mehreren Geräten genutzt haben, ist die Universallizenz ein unschlagbares Angebot und spart auf lange Sicht viel Geld. Wenn Sie jedoch nur Affinity Photo auf einer einzigen Plattform nutzen, mag der anfängliche Preis höher erscheinen als bei V1. Es ist wichtig, Ihre Nutzungsgewohnheiten zu berücksichtigen.
Positiv ist, dass es weiterhin die Möglichkeit gibt, einzelne Affinity V2 Apps pro Plattform zu kaufen, falls die Universallizenz nicht zu Ihrem Bedarf passt. Der Charme des einmaligen Kaufs ohne Abonnement bleibt bestehen, was ein starkes Argument für das gesamte Affinity-Ökosystem ist.
Wer sollte ein Upgrade in Betracht ziehen?
Nachdem wir die Neuerungen und das Lizenzmodell beleuchtet haben, stellt sich die Frage: Für wen lohnt sich das Upgrade auf Affinity Photo V2 wirklich?
- Professionelle Fotografen und Retuscheure: Die nicht-destruktive RAW-Entwicklung, Live Mesh Warp und nicht-destruktives Liquify sind enorme Workflow-Verbesserungen, die die Qualität und Effizienz der Arbeit maßgeblich steigern.
- Grafikdesigner und Illustratoren: Compound Masks und Layer States bieten mehr Flexibilität für komplexe Kompositionen und das Erstellen von Varianten.
- Anwender, die mehrere Affinity-Apps und/oder Plattformen nutzen: Die Universal License ist hier ein No-Brainer und spart erheblich Kosten.
- Kreative Köpfe, die das Maximum aus ihrer Software herausholen wollen: Die neuen Funktionen erweitern die kreativen Möglichkeiten erheblich.
- Jeder, der die aktuellste und leistungsfähigste Version einer Software nutzen möchte: V2 bietet die beste Performance und die modernsten Funktionen.
Wenn Sie Affinity Photo nur gelegentlich für einfache Bildbearbeitungsaufgaben nutzen und mit den Funktionen von V1 vollkommen zufrieden sind, ist ein sofortiges Upgrade vielleicht nicht zwingend notwendig. Bedenken Sie jedoch, dass zukünftige Entwicklungen und Kompatibilitäts-Updates in erster Linie für V2 erfolgen werden.
Fazit: Lohnt sich das Upgrade wirklich?
Die Antwort auf die Frage „Upgrade oder nicht?” ist ein klares Ja, wenn Sie die Möglichkeiten von Affinity Photo aktiv nutzen und Ihre Workflows optimieren möchten. Affinity Photo V2 ist nicht nur ein kleines Sprung-Update, sondern eine signifikante Weiterentwicklung, die essenzielle nicht-destruktive Funktionen einführt und die gesamte Benutzererfahrung verbessert.
Die Highlights wie die nicht-destruktive RAW-Entwicklung und das Live Mesh Warp allein sind für viele Profis schon das Upgrade wert. Kombiniert mit den neuen Maskierungs- und Ebenenzustands-Optionen, der verbesserten Performance und dem attraktiven Universal-Lizenzmodell für Vielnutzer, bietet V2 ein herausragendes Gesamtpaket.
Serif hat mit Affinity Photo V2 bewiesen, dass sie weiterhin bestrebt sind, eine innovative und benutzerfreundliche Alternative im Bereich der Bildbearbeitungssoftware zu sein. Wer seine kreativen Fähigkeiten erweitern und von den neuesten Werkzeugen profitieren möchte, sollte den Schritt zu V2 definitiv wagen. Es ist eine Investition in Ihren Workflow, die sich schnell bezahlt macht.