Procreate und der Datenschutz: Was passiert wirklich mit Ihren Kunstwerken und Daten?

In einer zunehmend digitalisierten Welt, in der unsere persönlichen Daten und kreativen Werke oft in der Cloud schweben, wächst die Sorge um den Datenschutz. Insbesondere Künstlerinnen und Künstler, die Stunden ihrer Leidenschaft und Arbeit in digitale Kreationen investieren, fragen sich: Wie sicher sind meine Werke? Und was passiert mit meinen Daten, wenn ich Apps wie Procreate nutze? Procreate, die beliebteste Zeichen-App für das iPad, steht oft im Zentrum dieser Diskussionen. Es kursieren viele Mythen und Missverständnisse. Dieser Artikel beleuchtet umfassend, was wirklich mit Ihren Procreate-Kunstwerken und Daten geschieht und wie Sie maximale Kontrolle und Sicherheit gewährleisten können.

Procreate – Eine App, viele Mythen

Procreate von Savage Interactive hat sich als Goldstandard für digitale Illustration und Malerei auf dem iPad etabliert. Seine intuitive Benutzeroberfläche und leistungsstarken Funktionen machen es zur ersten Wahl für Millionen von Kreativen weltweit. Doch gerade weil es so weit verbreitet ist, stellen sich viele grundlegende Fragen zum Thema Datenschutz. Eine der häufigsten Befürchtungen ist, dass die App Ihre Kunstwerke heimlich in eine Cloud hochlädt oder sensible Daten sammelt. Es ist Zeit, mit diesen Mythen aufzuräumen und die Fakten zu präsentieren.

Der zentrale Punkt, der Procreate von vielen anderen Kreativanwendungen unterscheidet, ist seine Architektur: Procreate ist primär eine Offline-Anwendung. Das bedeutet, dass die Kernfunktionen der App – das Zeichnen, Malen, Bearbeiten – vollständig auf Ihrem iPad stattfinden, ohne dass eine permanente Internetverbindung erforderlich ist. Dies ist der Schlüssel zum Verständnis des Procreate-Datenschutzes.

Wo werden Ihre Kunstwerke gespeichert?

Die vielleicht wichtigste Frage für jeden Procreate-Nutzer ist: Wo sind meine Meisterwerke? Die Antwort ist erfreulich einfach und transparent: Ihre Kunstwerke werden direkt auf Ihrem iPad gespeichert. Sie befinden sich physisch im internen Speicher Ihres Geräts. Procreate erstellt und verwaltet seine Dateien (die sogenannten .procreate-Dateien) lokal auf Ihrem Gerät.

Im Gegensatz zu manchen cloudbasierten Kreativanwendungen, die Ihre Dateien standardmäßig in der Cloud ihres Anbieters ablegen (z.B. Adobe Creative Cloud), hat Procreate keine eigene, integrierte Cloud-Speicherlösung. Das bedeutet, dass Savage Interactive, das Unternehmen hinter Procreate, keinen Zugriff auf Ihre ungesicherten Kunstwerke hat, es sei denn, Sie exportieren diese explizit und laden sie auf einen Drittanbieterdienst hoch.

Diese On-Device-Speicherung bietet ein hohes Maß an Kontrolle und Privatsphäre. Die Kehrseite der Medaille ist jedoch, dass die Verantwortung für Backups und die Sicherheit Ihrer Dateien vollständig bei Ihnen liegt. Geht Ihr iPad verloren, wird es beschädigt oder stürzt ab, und Sie haben keine Sicherung erstellt, könnten Ihre Kunstwerke unwiederbringlich verloren sein.

Der Mythos der „Cloud-Speicherung” durch Procreate

Oft kommt die Frage auf, ob Procreate meine Daten nicht doch irgendwie in die iCloud lädt. Hier ist eine wichtige Unterscheidung zu treffen: Procreate selbst bietet keine eigene „Procreate Cloud” an. Was jedoch geschehen kann, ist, dass Ihre gesamten iPad-Daten – inklusive der Procreate-Daten – im Rahmen eines automatischen iCloud-Backups von Apple gesichert werden, sofern Sie diese Funktion auf Ihrem iPad aktiviert haben. Dieses Backup ist eine Funktion Ihres iPad-Betriebssystems (iPadOS) und nicht eine direkte Funktion von Procreate.

Wenn Sie Ihr iPad in iCloud sichern lassen, wird ein verschlüsseltes Abbild Ihres gesamten Geräts in Apples iCloud gespeichert. Dies dient der Wiederherstellung Ihres Geräts im Falle eines Datenverlusts oder eines Gerätewechsels. Apple hat strenge Datenschutzrichtlinien und diese Backups sind Ende-zu-Ende-verschlüsselt (wenn Sie zusätzlich Zwei-Faktor-Authentifizierung nutzen), was bedeutet, dass selbst Apple nicht ohne Weiteres auf den Inhalt zugreifen kann. Es ist wichtig zu verstehen, dass dies ein Backup Ihres gesamten Geräts ist und nicht ein selektiver Upload Ihrer Procreate-Dateien durch Procreate selbst an Savage Interactive.

Sie können Ihre Kunstwerke natürlich auch manuell in Clouddienste wie iCloud Drive, Dropbox, Google Drive oder andere hochladen, indem Sie sie aus Procreate exportieren. Dies ist jedoch ein bewusster Schritt, den Sie als Nutzer initiieren, und nicht eine automatische Aktion der Procreate-App im Hintergrund.

Daten, die Procreate (nicht) sammelt

Neben den Kunstwerken sind persönliche Daten ein weiterer wichtiger Aspekt des Datenschutzes. Was sammelt Procreate überhaupt?

Keine Kunstwerkdaten

Dies ist der wichtigste Punkt: Procreate lädt Ihre Kunstwerke niemals auf Server von Savage Interactive hoch. Ihre kreativen Arbeiten bleiben vollständig in Ihrem Besitz und auf Ihrem Gerät. Die Entwickler haben dies immer wieder klar kommuniziert, und es ist ein Eckpfeiler ihres Datenschutzversprechens.

Analyse- und Nutzungsdaten

Wie viele moderne Apps sammelt Procreate jedoch bestimmte anonyme Nutzungsdaten. Diese Daten dienen dazu, die App zu verbessern, Fehler zu beheben und neue Funktionen zu entwickeln. Dazu gehören typischerweise:

• Gerätemodell und Betriebssystemversion (iPadOS-Version)
• Procreate-App-Version
• Informationen über App-Abstürze (sogenannte „Crash Logs”), die helfen, Fehler zu identifizieren und zu beheben. Diese sind anonymisiert und enthalten keine persönlichen Informationen oder Kunstwerke.
• Allgemeine, aggregierte Nutzungsstatistiken, z.B. welche Funktionen wie oft genutzt werden (z.B. „Pinselwerkzeug wurde X Mal verwendet” – aber nicht „Nutzer Y hat Pinsel Z verwendet, um dieses Bild zu erstellen”).

Diese Datenerfassung ist in der Regel anonymisiert und pseudonymisiert, d.h., sie kann nicht direkt mit Ihnen als Person oder Ihren spezifischen Kunstwerken in Verbindung gebracht werden. In den Einstellungen von Procreate können Sie die Freigabe von Analyse- und Nutzungsdaten in der Regel auch deaktivieren, was Ihnen zusätzliche Kontrolle über Ihre Daten gibt.

Persönliche Daten

Procreate sammelt keine persönlichen Identifikationsdaten wie Ihren Namen, Ihre E-Mail-Adresse oder Ihre IP-Adresse, es sei denn, Sie treten direkt mit dem Support in Kontakt. Wenn Sie den Kundenservice per E-Mail kontaktieren, übermitteln Sie natürlich Ihre E-Mail-Adresse und alle Informationen, die Sie in Ihrer Anfrage teilen. Diese Daten werden dann gemäß den Datenschutzrichtlinien von Savage Interactive behandelt, in der Regel nur zur Bearbeitung Ihrer Anfrage.

Datenschutzrichtlinien von Savage Interactive (den Entwicklern)

Es ist immer ratsam, die offiziellen Datenschutzrichtlinien eines Unternehmens zu prüfen. Savage Interactive, das australische Unternehmen hinter Procreate, legt seine Praktiken in seiner Datenschutzerklärung (Privacy Policy) offen dar. Die Kernbotschaften sind konsistent mit dem, was hier beschrieben wurde:

• Keine Sammlung von Kunstwerken: Sie betonen ausdrücklich, dass sie keinen Zugriff auf die von Ihnen erstellten Kunstwerke haben und diese nicht sammeln.
• Fokus auf App-Verbesserung: Gesammelte Daten dienen der Verbesserung der App, der Behebung von Fehlern und der Optimierung der Benutzererfahrung.
• Anonymität: Die meisten gesammelten Daten sind anonymisiert und können nicht auf einzelne Nutzer zurückgeführt werden.
• Transparenz: Sie bemühen sich, transparent zu sein, welche Daten gesammelt werden und warum.

Diese Richtlinien sind im Einklang mit den Erwartungen an eine datenschutzfreundliche Anwendung. Es zeigt, dass Savage Interactive dem Schutz der Privatsphäre seiner Nutzer eine hohe Priorität einräumt.

Sicherheit Ihrer Daten auf Ihrem Gerät

Da Ihre Procreate-Daten hauptsächlich auf Ihrem iPad gespeichert sind, spielt die Sicherheit Ihres Geräts eine entscheidende Rolle. Apple hat mit iOS/iPadOS ein robustes Sicherheitssystem entwickelt. Apps laufen in einer sogenannten „Sandbox”-Umgebung, was bedeutet, dass sie nur auf bestimmte Bereiche des Systems zugreifen können und isoliert voneinander arbeiten.

Dennoch gibt es Schritte, die Sie unternehmen können, um die Sicherheit Ihrer Daten zu erhöhen:

• Gerätesperre: Verwenden Sie immer einen Passcode, Face ID oder Touch ID, um Ihr iPad zu sperren. Dies verhindert, dass Unbefugte Zugriff auf Ihr Gerät und damit auf Ihre Procreate-Dateien erhalten.
• Aktuelle Software: Halten Sie Ihr iPadOS und die Procreate-App immer auf dem neuesten Stand. Updates enthalten oft wichtige Sicherheitsverbesserungen und Fehlerbehebungen.
• Vorsicht bei Jailbreaks: Ein Jailbreak Ihres iPads untergräbt die Sicherheitsmechanismen von Apple und kann Ihr Gerät anfälliger für Malware und unbefugten Zugriff machen. Dies wird nicht empfohlen, wenn Ihnen Datensicherheit wichtig ist.

Ihre Verantwortung: Backups und Exporte

Die größte Macht, aber auch die größte Verantwortung in Bezug auf Ihre Procreate-Kunstwerke, liegt bei Ihnen. Da Procreate keine eigene Cloud-Lösung anbietet, sind regelmäßige Backups unerlässlich. Es gibt verschiedene Wege, Ihre wertvollen Kreationen zu sichern:

• Manueller Export von Dateien: Procreate ermöglicht es Ihnen, einzelne Kunstwerke oder Stapel von Kunstwerken in verschiedenen Formaten zu exportieren:
  • .procreate: Das native Dateiformat, das alle Ebenen, Zeitrafferaufnahmen und Metadaten bewahrt. Ideal für die Archivierung oder den Austausch mit anderen Procreate-Nutzern.
  • PSD (Photoshop Document): Ermöglicht das Öffnen und Bearbeiten in Adobe Photoshop oder ähnlichen Programmen, wobei die Ebenenstruktur erhalten bleibt.
  • JPG, PNG, TIFF, PDF: Standardformate für die Bildfreigabe und den Druck.
  • MP4 (Time-lapse): Exportiert das beeindruckende Zeitraffer-Video Ihres Schaffensprozesses.

  Exportierte Dateien können Sie dann auf externe Festplatten, USB-Sticks (mit USB-C iPads), NAS-Systeme oder in Clouddienste Ihrer Wahl (z.B. iCloud Drive, Dropbox, Google Drive) hochladen.

• iPad-Backup über iCloud oder iTunes/Finder: Wie bereits erwähnt, sichert ein vollständiges iPad-Backup über iCloud oder über einen Computer (iTunes auf Windows, Finder auf macOS) Ihre Procreate-Daten als Teil des Gesamtgeräts. Dies ist eine gute allgemeine Sicherung, aber Sie können nicht einfach einzelne Procreate-Dateien aus diesem Backup extrahieren.
• Synchronisierung mit iCloud Drive (manuell): Sie können den „Dateien”-App auf Ihrem iPad nutzen, um Ihre exportierten Procreate-Dateien oder den gesamten Procreate-Ordner in iCloud Drive zu verschieben. Dies ist keine automatische Synchronisierung durch Procreate selbst, sondern ein manueller Prozess, der Ihnen Zugriff auf Ihre Dateien von anderen Apple-Geräten aus ermöglicht.

Eine gute Praxis ist eine Kombination aus regelmäßigen manuellen Exporten der wichtigsten Werke und dem Aktivieren des automatischen iPad-Backups. So haben Sie sowohl individuelle Dateien als auch eine umfassende Gerätesicherung.

Die Zeitschleife (Time-lapse) – Ein Sonderfall?

Eine der beliebtesten Funktionen von Procreate ist die automatische Aufzeichnung einer Zeitraffer-Videodatei Ihres gesamten Zeichenprozesses. Viele fragen sich, ob diese Videos, die oft private oder intime Details des kreativen Prozesses zeigen, irgendwo hochgeladen werden.

Die Antwort ist: Nein. Die Zeitraffer-Videoinformationen sind direkt in der .procreate-Datei Ihres Kunstwerks enthalten. Sie werden nicht automatisch auf externe Server übertragen. Wenn Sie das Zeitraffer-Video exportieren, speichern Sie es auf Ihrem Gerät (z.B. in der Fotos-App) oder laden es manuell in einen Dienst Ihrer Wahl hoch. Procreate sendet diese Videos nicht an Savage Interactive oder Dritte.

Vergleich mit anderen Kreativ-Apps

Um die Datenschutzposition von Procreate besser einzuordnen, lohnt sich ein kurzer Blick auf andere Kreativ-Apps. Viele professionelle Design- und Illustrationsanwendungen, insbesondere solche, die zu größeren Ökosystemen gehören (z.B. Adobe Creative Cloud mit Photoshop für iPad oder Illustrator für iPad), setzen stark auf eine integrierte Cloud-Synchronisierung. Dies bietet den Komfort, von überall auf Projekte zugreifen zu können und geräteübergreifend zu arbeiten. Der Preis dafür ist jedoch oft eine engere Bindung an den Anbieter und eine geringere Kontrolle über den Speicherort der Dateien, da diese standardmäßig auf den Servern des Anbieters liegen.

Procreate verfolgt hier einen bewussten, stärker auf den Nutzer fokussierten Ansatz, der lokale Speicherung und Nutzerkontrolle priorisiert. Dies ist ein entscheidender Vorteil für alle, denen Privatsphäre und Datensouveränität besonders wichtig sind.

Tipps für maximale Datensicherheit mit Procreate

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Procreate von Haus aus ein hohes Maß an Datenschutz bietet. Sie können dieses Schutzniveau jedoch durch Ihr eigenes Verhalten weiter optimieren:

1. Regelmäßige Backups: Dies ist der wichtigste Tipp. Sichern Sie Ihre Procreate-Dateien regelmäßig auf externen Speichermedien oder in einem Cloud-Dienst Ihrer Wahl.
2. Gerätesperre nutzen: Schützen Sie Ihr iPad mit einem sicheren Passcode, Face ID oder Touch ID.
3. iPadOS und Procreate aktuell halten: Installieren Sie Updates zeitnah, um von den neuesten Sicherheitsverbesserungen zu profitieren.
4. Analytics-Einstellungen prüfen: Gehen Sie in die Procreate-Einstellungen und überprüfen Sie, ob Sie die Freigabe von Analyse- und Nutzungsdaten deaktivieren möchten.
5. Vorsicht bei der Freigabe: Wenn Sie Kunstwerke online teilen, überlegen Sie, welche Informationen (Metadaten, Dateiname) Sie preisgeben möchten.
6. Verschlüsselung des iPads: Standardmäßig sind moderne iPads verschlüsselt, sobald Sie einen Passcode festgelegt haben. Stellen Sie sicher, dass diese Funktion aktiv ist.

Fazit

Die gute Nachricht für alle Procreate-Nutzer ist: Ihre Kunstwerke sind in Procreate sicher. Die App ist darauf ausgelegt, Ihre kreativen Daten primär auf Ihrem Gerät zu speichern und gibt Ihnen die volle Kontrolle darüber, wo und wann Sie diese sichern oder teilen möchten. Savage Interactive hat sich zu einem datenschutzfreundlichen Ansatz verpflichtet, der sich deutlich von vielen anderen cloudbasierten Anwendungen abhebt.

Die Bedenken bezüglich Procreate und Datenschutz basieren oft auf Missverständnissen über die Funktionsweise der App und des iPadOS-Ökosystems. Sobald Sie verstehen, dass Ihre Kunstwerke lokal liegen und Sie für deren Sicherung verantwortlich sind, können Sie Procreate mit der Gewissheit nutzen, dass Ihre digitalen Kreationen und persönlichen Daten geschützt sind. Es liegt in Ihrer Hand, durch regelmäßige Backups und bewusste Entscheidungen die maximale Sicherheit für Ihre beeindruckenden Kunstwerke zu gewährleisten.