In der Welt des Bodybuildings, der Fitness und der Suche nach optimierter Leistungsfähigkeit tauchen immer wieder Substanzen auf, die das Interesse wecken und zugleich Fragen nach ihrer Legalität aufwerfen. Eine dieser Substanzen, die in den letzten Jahren für viel Gesprächsstoff gesorgt hat, ist MK-677, auch bekannt als Ibutamoren. Es wird oft in einem Atemzug mit SARMs (Selektiven Androgenrezeptor-Modulatoren) genannt, obwohl es chemisch andersartig ist. Doch die zentrale Frage, die sich viele stellen, lautet: Gibt es für MK-677 ein Verbot vom Einkauf in Deutschland, oder bewegt man sich hier in einer undurchsichtigen rechtlichen Grauzone? Dieser Artikel beleuchtet die komplexe Materie und versucht, Klarheit in das Dickicht der Gesetze zu bringen.
**Was ist MK-677 (Ibutamoren) überhaupt?**
Bevor wir uns den rechtlichen Aspekten widmen, ist es unerlässlich zu verstehen, womit wir es zu tun haben. MK-677 ist kein SARM im eigentlichen Sinne, sondern ein sogenannter Growth Hormone Secretagogue (Wachstumshormon-Sekretagogum). Das bedeutet, es stimuliert die natürliche Freisetzung von Wachstumshormon (GH) und des insulinähnlichen Wachstumsfaktors 1 (IGF-1) im Körper. Es ahmt die Wirkung des Hormons Ghrelin nach, das im Magen produziert wird und unter anderem den Appetit sowie die Wachstumshormonausschüttung reguliert.
Die Befürworter von MK-677 preisen eine Reihe von potenziellen Vorteilen an, darunter erhöhten Muskelaufbau, verbesserte Fettverbrennung, schnellere Regeneration, bessere Schlafqualität, positive Auswirkungen auf Haut und Haare sowie eine verbesserte Knochendichte und Gelenkgesundheit. Diese Effekte sind primär auf die erhöhten GH- und IGF-1-Spiegel zurückzuführen. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass MK-677 in keinem Land als zugelassenes Medikament für diese Zwecke vertrieben wird. Es befindet sich nach wie vor im Stadium der klinischen Forschung, und seine Langzeitwirkungen sowie die vollständige Palette der Nebenwirkungen sind noch nicht abschließend geklärt. Zu den bekannten Nebenwirkungen zählen erhöhter Appetit, Lethargie, Wassereinlagerungen und potenziell eine Beeinflussung der Insulinsensitivität.
**Die rechtliche Einstufung in Deutschland: Das Herzstück der Grauzone**
Die Frage nach einem Verbot des Einkaufs von MK-677 hängt maßgeblich von seiner rechtlichen Einstufung ab. In Deutschland sind hier vor allem drei Gesetze relevant: das Arzneimittelgesetz (AMG), das Anti-Doping-Gesetz (DopingMG) und die Verordnungen für Lebensmittel/Nahrungsergänzungsmittel (u.a. Novel Food Verordnung).
**1. Das Arzneimittelgesetz (AMG): Der zentrale Knackpunkt**
Das Arzneimittelgesetz (AMG) ist der entscheidende Faktor für die Legalität von Substanzen wie MK-677. Gemäß § 2 Absatz 1 AMG sind Arzneimittel Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung im oder am menschlichen Körper Krankheiten zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder physiologische Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen. Der Knackpunkt ist die „Bestimmung” – also der Zweck, für den die Substanz vertrieben wird oder aufgrund ihrer Eigenschaften objektiv geeignet ist.
Wenn MK-677 mit dem Versprechen verkauft wird, Muskeln aufzubauen, Fett zu reduzieren oder die Regeneration zu verbessern – also zur Beeinflussung physiologischer Funktionen des Körpers –, dann wird es von den Behörden in der Regel als nicht zugelassenes Arzneimittel eingestuft. Für Arzneimittel, die in Deutschland in Verkehr gebracht werden, ist eine Zulassung durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) oder die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) zwingend erforderlich. MK-677 besitzt keine solche Zulassung.
Die Konsequenz: Das Inverkehrbringen (Verkauf, Handel) von MK-677 ohne Zulassung ist illegal und kann strafrechtliche Folgen für den Verkäufer haben. Aber wie sieht es mit dem Einkauf aus? Der Kauf selbst ist nicht explizit verboten. Doch der Besitz und insbesondere der Import eines nicht zugelassenen Arzneimittels können gemäß § 73 AMG (Verbot des Inverkehrbringens) oder § 95 AMG (Straftaten) geahndet werden, wenn es sich um größere Mengen handelt oder der Import gewerblichen Zwecken dient. Auch der Import für den Eigengebrauch kann problematisch sein, da der Zoll solche Sendungen konfisziert und Verfahren einleiten kann.
**2. Das Anti-Doping-Gesetz (DopingMG): Relevanz für Sportler**
Das Anti-Doping-Gesetz ist primär darauf ausgelegt, Doping im Sport zu bekämpfen. MK-677 steht auf der Verbotsliste der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) unter der Kategorie „Peptidhormone, Wachstumsfaktoren und verwandte Substanzen” als Wachstumshormon-Sekretagogum. Für Leistungssportler bedeutet dies ein klares Verbot und bei Nachweis der Einnahme eine Dopingstrafe.
Für den „normalen” Verbraucher ohne Wettkampfsport-Ambitionen ist das DopingMG weniger relevant. Der bloße Besitz einer geringen Menge von Dopingmitteln für den Eigengebrauch ist in Deutschland für Nicht-Sportler in der Regel nicht strafbar, sofern es sich nicht um eine „nicht geringe Menge” im Sinne des § 2a DopingMG handelt oder der Besitz mit der Absicht zum Handel einhergeht. Die Einstufung als „nicht geringe Menge” ist hier der Knackpunkt und hängt von der spezifischen Substanz ab. Auch wenn MK-677 als Dopingmittel gilt, schützt dies nicht vor einer Verfolgung unter dem AMG.
**3. Lebensmittelrecht und Novel Food Verordnung: Ein Randbereich**
Manche Verkäufer versuchen, MK-677 als Nahrungsergänzungsmittel zu deklarieren, um es vermeintlich legal zu vertreiben. Dies ist jedoch äußerst problematisch. Als chemisch definierte Substanz, die nicht historisch als Lebensmittel konsumiert wurde, würde MK-677 unter die EU-Novel-Food-Verordnung fallen. Für ein „neuartiges Lebensmittel” ist eine umfangreiche Sicherheitsprüfung und Zulassung erforderlich, die MK-677 nicht besitzt. Der Verkauf als Nahrungsergänzungsmittel wäre daher ebenfalls illegal und könnte zur Einstufung als „Arzneimittel” führen, da es primär auf pharmakologische Wirkungen abzielt.
**Das „Forschungschemikalien”-Schlupfloch: Eine Illusion der Sicherheit?**
Um der Einstufung als Arzneimittel zu entgehen, deklarieren viele Online-Händler MK-677 als „Forschungschemikalie” („Research Chemical”) und versehen es mit dem Hinweis „nicht für den menschlichen Verzehr bestimmt” oder „nur für Forschungszwecke”. Dieses Vorgehen soll rechtlich absichern, dass die Substanz nicht unter das Arzneimittelgesetz fällt.
In der Praxis ist diese Strategie jedoch hochriskant und bietet sowohl Verkäufern als auch Käufern nur eine trügerische Sicherheit. Deutsche Gerichte und Behörden legen bei der Einstufung einer Substanz als Arzneimittel nicht nur auf die Deklaration, sondern vor allem auf die *objektive Zweckbestimmung* ab. Diese ergibt sich aus der Aufmachung (z.B. Kapseln, orale Lösungen), der Bewerbung (implizite oder explizite Hinweise auf körperverändernde Wirkungen) und der allgemeinen Verkehrsauffassung. Wenn eine Substanz wie MK-677 primär von Personen im Fitness- und Bodybuilding-Bereich nachgefragt und angewendet wird, die klare leistungssteigernde Effekte erzielen wollen, dann ist die Deklaration als „Forschungschemikalie” unglaubwürdig und wird von den Behörden in der Regel nicht akzeptiert.
Für den Käufer bedeutet dies, dass er sich nicht darauf verlassen kann, dass der „Forschungschemikalien”-Hinweis ihn vor rechtlichen Konsequenzen schützt.
**Einkauf aus dem Ausland vs. inländische Anbieter: Wo lauert die größere Gefahr?**
Die meisten MK-677-Angebote finden sich im Internet, oft von Anbietern aus dem Ausland (insbesondere aus den USA, Asien oder Osteuropa).
**1. Einkauf aus dem Nicht-EU-Ausland (Import):**
Der Import von MK-677 aus Ländern außerhalb der EU ist mit dem höchsten Risiko verbunden. Sendungen aus Drittstaaten werden vom Zoll kontrolliert. Stufen die Zollbehörden die eingeführte Substanz als nicht zugelassenes Arzneimittel ein, wird die Sendung beschlagnahmt. Der Käufer erhält dann Post vom Zoll oder der Staatsanwaltschaft mit einer Aufforderung zur Stellungnahme oder einem Bußgeldbescheid. Hier drohen empfindliche Geldstrafen und im schlimmsten Fall sogar ein Verfahren wegen Verstoßes gegen das AMG. Die Argumentation, es sei nur für Forschungszwecke, wird in der Regel nicht akzeptiert, wenn die Menge oder die Aufmachung auf persönlichen Konsum hindeutet.
**2. Einkauf innerhalb der EU oder in Deutschland:**
Der Einkauf von MK-677 bei einem Anbieter innerhalb der EU oder direkt aus Deutschland erscheint auf den ersten Blick weniger riskant, da keine Zollkontrollen stattfinden. Doch auch hier bewegen sich Käufer und Verkäufer in der rechtlichen Grauzone. Deutsche und EU-weite Behörden können gegen Händler vorgehen, die MK-677 als nicht zugelassenes Arzneimittel vertreiben. Dies kann zu Razzien, Beschlagnahmungen und Strafverfahren führen. Im Zuge solcher Ermittlungen können auch Kundendaten offengelegt werden. Zwar ist das direkte Risiko einer Hausdurchsuchung für einen Einzelkäufer gering, doch die theoretische Möglichkeit eines Bußgeldes oder einer strafrechtlichen Verfolgung bleibt bestehen.
**Konsequenzen für den Käufer: Mehr als nur der Verlust des Geldes**
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es für den **Einkauf von MK-677** kein explizites, eigenständiges „Verbot des Einkaufs” im Sinne einer gesonderten Vorschrift gibt. Das Problem liegt vielmehr in der **rechtlichen Einstufung der Substanz selbst**.
* **Beschlagnahmung:** Bei Importen aus Nicht-EU-Ländern wird das Produkt fast sicher vom Zoll beschlagnahmt. Das Geld für den Kauf ist damit verloren.
* **Bußgelder und Strafverfahren:** Bei der Einstufung als nicht zugelassenes Arzneimittel drohen dem Käufer Geldstrafen wegen Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz. Die Höhe variiert je nach Menge und individueller Situation, kann aber schnell mehrere hundert bis tausend Euro betragen. Bei wiederholten Verstößen oder sehr großen Mengen können auch Freiheitsstrafen in Betracht kommen, obwohl dies bei reinem Eigenbedarf unwahrscheinlich ist. Ein Eintrag im Führungszeugnis ist ebenfalls eine mögliche Folge.
* **Gesundheitsrisiken:** Abgesehen von den rechtlichen Risiken birgt der Kauf von MK-677 von unregulierten Quellen erhebliche Gesundheitsrisiken. Die Reinheit, Dosierung und Qualität des Produkts sind nicht gewährleistet. Verunreinigungen, falsche Dosierungen oder gänzlich andere Substanzen sind keine Seltenheit und können ernsthafte gesundheitliche Schäden verursachen.
**Fazit: Eine riskante Angelegenheit**
Die Frage, ob es für **MK-677 ein Verbot vom Einkauf** gibt, lässt sich nicht mit einem einfachen Ja oder Nein beantworten. Es gibt kein explizites Gesetz, das den Kauf direkt verbietet. Doch die **rechtliche Grauzone** ergibt sich aus der hohen Wahrscheinlichkeit, dass MK-677 von den deutschen Behörden als **nicht zugelassenes Arzneimittel** eingestuft wird, insbesondere wenn es mit dem Ziel der Leistungssteigerung oder Körpermodifikation erworben wird.
Dies bedeutet, dass sowohl der Import als auch der Besitz und der Erwerb von MK-677 für den Eigengebrauch mit erheblichen rechtlichen Risiken verbunden sind. Die Deklaration als „Forschungschemikalie” bietet kaum Schutz.
Angesichts der potenziellen Geldstrafen, der Möglichkeit einer strafrechtlichen Verfolgung und vor allem der unkontrollierbaren Gesundheitsrisiken sollte jeder, der mit dem Gedanken spielt, MK-677 zu erwerben, äußerste Vorsicht walten lassen. Es ist ratsam, sich von solchen Substanzen fernzuhalten und stattdessen auf legale und sichere Wege zur Erreichung von Fitness- und Gesundheitszielen zu setzen. Die rechtliche Unsicherheit und die fehlende Qualitätskontrolle machen MK-677 zu einer riskanten Wahl, die weitaus mehr Probleme als vermeintliche Vorteile mit sich bringen kann.