Werkstudentenjob für nur 13 Euro/h: Faire Vergütung oder dreiste Ausbeutung?

Die Jobsuche für Studierende ist oft ein Spagat zwischen dem Wunsch nach finanzieller Unabhängigkeit und der Notwendigkeit, relevante Berufserfahrung zu sammeln. In Deutschland erfreuen sich Werkstudentenjobs großer Beliebtheit, bieten sie doch die Möglichkeit, parallel zum Studium praktische Einblicke in die Arbeitswelt zu erhalten und das studentische Budget aufzubessern. Doch immer wieder stellt sich die Frage nach der Angemessenheit der Vergütung. Insbesondere ein Stundenlohn von 13 Euro pro Stunde wirft Fragen auf: Ist das eine faire Entlohnung für junge Talente oder nur eine subtile Form der Ausbeutung?

Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Facetten dieser Debatte. Wir schauen uns an, was der Status eines Werkstudenten bedeutet, welche gesetzlichen Rahmenbedingungen gelten und wie 13 Euro/Stunde im Kontext der aktuellen Marktbedingungen zu bewerten sind. Ziel ist es, Studierenden, Unternehmen und auch Eltern eine fundierte Perspektive zu bieten, um besser einschätzen zu können, wann 13 Euro pro Stunde ein guter Deal sind und wann es sich lohnt, genauer hinzusehen oder sogar mehr zu fordern.

Der Werkstudentenstatus – Eine Besonderheit in Deutschland

Bevor wir uns dem Stundenlohn widmen, ist es wichtig, den Status des Werkstudenten in Deutschland zu verstehen. Ein Werkstudent ist eine spezielle Kategorie von Studierenden, die während des Semesters nicht mehr als 20 Stunden pro Woche arbeitet. In den Semesterferien ist es oft erlaubt, diese Grenze zu überschreiten und bis zu 40 Stunden pro Woche zu arbeiten. Der große Vorteil für Studierende liegt in der reduzierten Abgabenlast: Werkstudenten sind in der Regel von der Arbeitslosen- und Pflegeversicherung befreit und müssen nur Beiträge zur Rentenversicherung zahlen. Die Krankenversicherung bleibt über die studentische Versicherung günstig. Für Unternehmen bedeutet dies eine flexiblere und kostengünstigere Arbeitskraft im Vergleich zu Vollzeitangestellten.

Dieser Status ist eine Win-Win-Situation: Unternehmen können talentierte Studenten an sich binden und von deren frischen Perspektiven und aktuellem Wissen profitieren, während Studierende wertvolle Einblicke in ihr Berufsfeld erhalten, ihr Netzwerk aufbauen und ihr Studium finanzieren können. Doch wie fair ist die finanzielle Seite dieser Gleichung, wenn der Lohn nur knapp über dem Mindestlohn liegt?

Der gesetzliche Mindestlohn als Basis

In Deutschland liegt der gesetzliche Mindestlohn seit dem 1. Januar 2024 bei 12,41 Euro pro Stunde. Ab dem 1. Januar 2025 wird er auf 12,82 Euro angehoben. Ein Stundenlohn von 13 Euro für einen Werkstudentenjob ist somit zwar höher als der aktuelle Mindestlohn, aber nur marginal. Dies ist ein zentraler Punkt der Diskussion. Ist es angemessen, dass die Bezahlung eines Studierenden, der oft akademische Qualifikationen mitbringt und komplexe Aufgaben erledigt, nur wenige Cents über dem Lohn für ungelernte Tätigkeiten liegt?

Was ist üblich? – Branchen und Gehaltsspannen für Werkstudenten

Die Vergütung für Werkstudenten variiert stark und hängt von mehreren Faktoren ab:

• Branche: In IT, Consulting, Banken und Ingenieurwesen sind die Gehälter in der Regel höher. Hier sind 15 Euro bis 20 Euro pro Stunde keine Seltenheit, in manchen Fällen sogar mehr. In Branchen wie Marketing, HR, Medien oder im sozialen Bereich können die Löhne tendenziell niedriger ausfallen.
• Unternehmensgröße: Große Konzerne und etablierte Unternehmen zahlen oft besser als Start-ups oder kleine und mittelständische Betriebe (KMU), die eventuell über geringere Budgets verfügen. Allerdings bieten Start-ups manchmal mehr Verantwortung und steilere Lernkurven.
• Standort: In Großstädten mit hohen Lebenshaltungskosten wie München, Hamburg oder Berlin sind die Löhne in der Regel höher als in ländlicheren Regionen oder kleineren Städten.
• Erforderliche Qualifikationen und Aufgaben: Je spezialisierter die Tätigkeit und je mehr Vorkenntnisse oder spezifische Fähigkeiten (z.B. Programmiersprachen, Grafikdesign-Software, Fremdsprachen) der Job erfordert, desto höher ist die zu erwartende Vergütung. Ein Job, der grundlegende administrative Aufgaben beinhaltet, wird tendenziell schlechter bezahlt als eine Position, die Projektmanagement, Datenanalyse oder Softwareentwicklung erfordert.
• Bachelor- vs. Masterstudium: Masterstudenten werden oft besser bezahlt als Bachelorstudenten, da sie in der Regel bereits tiefere Fachkenntnisse und erste praktische Erfahrungen mitbringen.

Angesichts dieser Spannen erscheinen 13 Euro/Stunde eher am unteren Ende der Skala, insbesondere wenn die Tätigkeit qualifizierte Arbeit erfordert.

Die Argumente für 13 Euro/Stunde: Eine „faire” Perspektive

Es gibt durchaus Argumente, die einen Stundenlohn von 13 Euro als fair oder zumindest akzeptabel erscheinen lassen:

• Investition in die Zukunft: Viele Unternehmen sehen Werkstudenten als Teil ihres „Talentpools”. Sie investieren in die Ausbildung und das Mentoring der Studierenden, ohne sofortige volle Produktivität zu erwarten. Die Möglichkeit, das Unternehmen von innen kennenzulernen und sich für eine spätere Festanstellung zu qualifizieren, ist ein immaterieller Wert.
• Einstiegsposition und Lernkurve: Gerade für Studierende, die wenig bis gar keine praktische Erfahrung haben, ist der Werkstudentenjob oft die erste Brücke zwischen Theorie und Praxis. Der Fokus liegt hier weniger auf dem sofortigen monetären Gewinn, sondern vielmehr auf dem Aufbau eines Lebenslaufs, dem Erwerb von Soft Skills (Teamarbeit, Kommunikation) und Hard Skills (Softwarekenntnisse, spezifische Arbeitsmethoden).
• Netzwerken und Kontakte: Der Aufbau eines professionellen Netzwerks ist für die spätere Karriere von unschätzbarem Wert. Ein Werkstudentenjob bietet die perfekte Plattform, um Kontakte zu knüpfen, von erfahrenen Kollegen zu lernen und sich in der Branche zu etablieren. Dies ist ein „Benefit in Kind”, der nicht in Euro zu beziffern ist.
• Geringere Nebenkosten für Unternehmen: Wie bereits erwähnt, sind die Sozialversicherungsbeiträge für Werkstudenten niedriger. Dies ermöglicht es Unternehmen, überhaupt erst Stellen anzubieten, die sonst aus Kostengründen nicht realisierbar wären. Für kleinere Unternehmen oder Start-ups kann dies ein entscheidender Faktor sein.
• Flexibilität: Werkstudentenjobs bieten oft eine hohe Flexibilität, was die Arbeitszeiten angeht, um sich dem Studienplan anzupassen. Diese Flexibilität hat einen Wert, den Studierende schätzen, um Prüfungsphasen oder Projekte zu priorisieren.

Die Argumente gegen 13 Euro/Stunde: Die „Ausbeutungs”-Perspektive

Trotz der genannten Vorteile gibt es gute Gründe, einen Stundenlohn von 13 Euro kritisch zu hinterfragen und als potenziell ausbeuterisch anzusehen:

• Qualifikation und Aufgaben: Wenn ein Werkstudent Aufgaben übernimmt, die sonst von einem Junior-Angestellten erledigt würden, komplexe Projekte eigenverantwortlich leitet oder spezialisiertes Wissen einbringt (z.B. in der Softwareentwicklung, im Finanzbereich oder in der Forschung), dann ist ein Lohn von 13 Euro/Stunde oft zu niedrig. Hier wird die akademische Ausbildung und das Potenzial des Studierenden unter Wert bezahlt.
• Lebenshaltungskosten: Insbesondere in Großstädten sind Mieten, Lebensmittel und Studiengebühren extrem hoch. Ein Werkstudentenjob mit 20 Stunden pro Woche bei 13 Euro/Stunde bringt monatlich rund 1.040 Euro (brutto) ein. Nach Abzügen (Rentenversicherung, ggf. Steuern) und unter Berücksichtigung der studentischen Lebenshaltungskosten bleibt oft kaum etwas übrig. Dies kann Studierende in finanzielle Schwierigkeiten bringen oder dazu zwingen, zusätzlich einen weiteren Nebenjob anzunehmen, was die Belastung immens erhöht.
• Mangelnde Wertschätzung: Ein Lohn, der nur knapp über dem Mindestlohn liegt, kann bei den Studierenden das Gefühl hervorrufen, dass ihre Arbeit, ihr Wissen und ihr Engagement nicht angemessen gewertschätzt werden. Dies kann die Motivation mindern und zu einer höheren Fluktuation führen.
• „Verdrängung” von Vollzeitstellen: In manchen Fällen nutzen Unternehmen den Werkstudentenstatus, um eigentlich benötigte Vollzeitstellen mit deutlich günstigeren Werkstudenten zu besetzen. Dies untergräbt nicht nur die faire Bezahlung, sondern kann auch den Arbeitsmarkt verzerren.
• Fehlende Lernkurve: Wenn der Job nur aus monotonen, administrativen Aufgaben besteht, die keinerlei Mehrwert für die akademische oder berufliche Entwicklung bieten, und das Unternehmen keine oder kaum Mentoring oder Weiterbildung anbietet, dann ist ein niedriger Lohn definitiv als Ausbeutung zu werten. Der immaterielle Wert der „Erfahrung” ist dann kaum gegeben.

Wann sind 13 Euro/Stunde akzeptabel?

Ein Stundenlohn von 13 Euro kann unter bestimmten Umständen als akzeptabel angesehen werden:

• Echter Berufseinstieg: Wenn es sich um einen ersten Werkstudentenjob handelt und der Studierende noch keine oder kaum relevante Berufserfahrung hat. Hier überwiegt der Lernfaktor oft den Wunsch nach maximalem Verdienst.
• Kleine Unternehmen/Start-ups: Unternehmen mit begrenzten Budgets, die aber eine einzigartige Lernumgebung, viel Verantwortung oder eine steile Lernkurve bieten können, auch wenn die Vergütung am unteren Ende liegt.
• Hoher Lern- und Mentoring-Faktor: Wenn das Unternehmen aktiv in die Entwicklung des Studierenden investiert, umfangreiches Mentoring bietet, Zugang zu teuren Tools oder Schulungen ermöglicht, die sonst nicht zugänglich wären.
• Geringe Komplexität der Aufgaben: Wenn die Aufgaben wirklich nur grundlegender Natur sind und wenig spezifische Qualifikationen erfordern.
• Flexibilität: Wenn der Job extreme Flexibilität bietet, die es dem Studierenden ermöglicht, das Studium optimal zu priorisieren, kann dies ein Ausgleich für einen niedrigeren Lohn sein.

Wann sind 13 Euro/Stunde nicht akzeptabel?

Ein Stundenlohn von 13 Euro ist hingegen oft nicht akzeptabel, wenn:

• Hohe Qualifikation oder spezielle Fähigkeiten gefragt sind: Wenn der Werkstudent beispielsweise programmieren muss, komplexe Daten analysiert, Marketingstrategien entwickelt oder wissenschaftliche Forschung betreibt.
• Das Unternehmen groß und profitabel ist: Etablierte Konzerne, die hohe Gewinne erzielen, sollten in der Lage und willens sein, Studierende fair zu entlohnen, insbesondere wenn diese signifikanten Mehrwert liefern.
• Kaum Lernmöglichkeiten oder Mentoring geboten werden: Wenn der Job im Wesentlichen aus unterqualifizierten oder monotonen Aufgaben besteht und keine echte Entwicklung oder Einarbeitung stattfindet.
• Es eine Ersatzlösung für eine Vollzeitstelle ist: Wenn klar ist, dass das Unternehmen eine Vollzeitstelle einspart, indem es mehrere Werkstudenten einstellt, um die gleiche Arbeitslast zu bewältigen.
• Die Lebenshaltungskosten am Standort extrem hoch sind: In diesem Fall ist 13 Euro/Stunde schlicht nicht existenzsichernd und der Studierende muss anderweitig das Einkommen aufstocken, was zu Überlastung führen kann.

Tipps für Studierende: So verhandelt man seinen Wert

Studierende sollten sich ihres Wertes bewusst sein und nicht einfach das erste Angebot annehmen. Hier sind einige Tipps zur Verhandlung:

1. Marktforschung betreiben: Informiere dich, was in deiner Branche, für deine Qualifikationen und am jeweiligen Standort üblich ist. Portale wie Glassdoor, Kununu oder Indeed können erste Anhaltspunkte geben. Auch Kommilitonen sind eine gute Quelle.
2. Eigene Fähigkeiten hervorheben: Mache deutlich, welche spezifischen Kenntnisse (Sprachen, Software, Methodiken) du mitbringst und wie diese dem Unternehmen nützen.
3. Mehrwert aufzeigen: Erkläre, wie deine Arbeit konkret zum Erfolg des Unternehmens beitragen wird. Hast du bereits Projekte erfolgreich abgeschlossen oder erste Erfahrungen gesammelt? Betone diese.
4. Nicht nur aufs Geld schauen: Wenn das Gehalt nicht verhandelbar ist, frage nach anderen Benefits: Zugang zu Weiterbildung, Teilnahme an Konferenzen, flexible Arbeitszeiten, Mentoring, die Möglichkeit zur Bachelor-/Masterarbeit im Unternehmen oder die Option auf eine spätere Festanstellung.
5. Alternativen haben: Wenn du andere Jobangebote oder realistische Perspektiven hast, bist du in einer besseren Verhandlungsposition.
6. Nach einer Lohnerhöhung nach der Einarbeitung fragen: Manchmal ist der Einstiegslohn niedriger, aber es gibt die Option, nach einer Einarbeitungszeit oder nach sechs Monaten eine Lohnerhöhung zu verhandeln, wenn man sich bewährt hat.

Fazit: Mehr als nur der Stundenlohn

Die Frage, ob ein Werkstudentenjob für 13 Euro/Stunde fair ist oder nicht, lässt sich nicht pauschal beantworten. Es ist eine komplexe Abwägung, die sowohl monetäre als auch immaterielle Aspekte berücksichtigt. Für den einen Studierenden mag es eine unschätzbare Investition in die Zukunft sein, die Türen für die Karriere öffnet, während es für den anderen eine unterbezahlte Plackerei ohne echten Mehrwert darstellt.

Wichtig ist, dass Studenten die Angebote kritisch prüfen, sich nicht unter Wert verkaufen und ihre individuellen Bedürfnisse und langfristigen Ziele berücksichtigen. Ein niedriger Stundenlohn kann akzeptabel sein, wenn er durch exzellente Lernmöglichkeiten, relevante Berufserfahrung und aussichtsreiche Karrierechancen aufgewogen wird. Wird jedoch qualifizierte Arbeit für geringes Geld geleistet, ohne dass ein signifikanter Mehrwert für die persönliche Entwicklung entsteht, so kann von einer Form der Ausbeutung gesprochen werden.

Unternehmen sollten sich bewusst sein, dass eine faire Bezahlung nicht nur eine Frage der Moral, sondern auch der Attraktivität als Arbeitgeber ist. Wer Top-Talente anziehen und langfristig binden möchte, muss bereit sein, einen marktgerechten Lohn zu zahlen, der die Qualifikationen und den Beitrag der jungen Fachkräfte angemessen würdigt. Denn letztlich profitieren beide Seiten am meisten, wenn die Zusammenarbeit auf gegenseitigem Respekt und Wertschätzung basiert.