Leistung am Limit: So können Sie Ihre NVME testen und die volle Geschwindigkeit überprüfen

Stellen Sie sich vor, Sie bauen einen Sportwagen zusammen und möchten sicherstellen, dass er auch wirklich die angegebene Höchstgeschwindigkeit erreicht. Im Computerbereich ist das nicht anders, besonders wenn es um die blitzschnellen NVMe-SSDs geht. Diese kleinen Kraftpakete haben die Art und Weise revolutioniert, wie unsere Systeme auf Daten zugreifen, und machen herkömmliche SATA-SSDs plötzlich träge wirken. Doch wie stellen Sie sicher, dass Ihre NVMe-SSD auch wirklich ihre volle Leistung entfaltet und Sie nicht ungewollt auf der Überholspur ausgebremst werden?

In diesem umfassenden Leitfaden tauchen wir tief in die Welt der NVMe-Tests ein. Wir zeigen Ihnen nicht nur, welche Werkzeuge Sie benötigen, sondern auch, wie Sie die Ergebnisse richtig interpretieren und mögliche Bremsklötze identifizieren und beheben können. Machen Sie sich bereit, die wahre Geschwindigkeit Ihrer NVMe-SSD zu entdecken!

Was macht eine NVMe-SSD so schnell? Die Grundlagen

Bevor wir uns ins Testlabor begeben, ist es wichtig zu verstehen, warum NVMe-SSDs so überragend sind. Der Unterschied liegt in zwei Kernkomponenten:

• PCI Express (PCIe): Im Gegensatz zu SATA, das eine ältere Schnittstelle nutzt, kommunizieren NVMe-SSDs direkt über PCIe-Lanes mit der CPU. Dies ermöglicht eine deutlich höhere Bandbreite und geringere Latenz. Jede PCIe-Generation (Gen3, Gen4, Gen5) verdoppelt dabei die Bandbreite pro Lane im Vergleich zur vorherigen. Eine typische NVMe-SSD nutzt vier PCIe-Lanes (x4), was bereits bei Gen3 zu Lesegeschwindigkeiten von bis zu 3.500 MB/s führen kann. Mit Gen4 sind es bis zu 7.000 MB/s und mit Gen5 sogar über 10.000 MB/s!
• NVMe-Protokoll: Das „Non-Volatile Memory Express”-Protokoll wurde speziell für den schnellen Flash-Speicher von SSDs entwickelt. Es ist viel effizienter als das ältere AHCI-Protokoll, das ursprünglich für Festplatten konzipiert wurde. NVMe ermöglicht parallele Befehlswarteschlangen, wodurch die SSD mehrere Befehle gleichzeitig verarbeiten kann, was die IOPS (Input/Output Operations Per Second) drastisch erhöht – ein entscheidender Faktor für die Reaktionsschnelligkeit bei vielen kleinen Dateizugriffen.

Die meisten Consumer-NVMe-SSDs kommen im kompakten M.2-Formfaktor daher, der direkt auf dem Mainboard Platz findet. Achten Sie beim Kauf darauf, dass Ihr Mainboard auch den passenden M.2-Slot mit der richtigen PCIe-Generation und der erforderlichen Anzahl an Lanes (idealerweise x4) bereitstellt.

Vorbereitung ist die halbe Miete: Bevor Sie den Test starten

Ein präziser NVMe-Benchmark erfordert eine saubere Testumgebung. Nehmen Sie sich die Zeit für diese Vorbereitungen, um aussagekräftige und vergleichbare Ergebnisse zu erzielen:

1. Systemvoraussetzungen prüfen: Stellen Sie sicher, dass Ihr Mainboard und Ihre CPU die volle Leistung Ihrer NVMe-SSD unterstützen. Eine Gen4-SSD in einem Gen3-Slot läuft natürlich nur mit Gen3-Geschwindigkeit. Überprüfen Sie im Handbuch Ihres Mainboards, welcher M.2-Slot welche PCIe-Generation und wie viele Lanes (z.B. M.2_1 mit PCIe 4.0 x4) unterstützt.
2. Aktuelle Treiber & Firmware: Das A und O für optimale Leistung. Besuchen Sie die Webseite des Herstellers Ihrer NVMe-SSD und laden Sie die neuesten Treiber und Firmware-Updates herunter. Manchmal kann eine veraltete Firmware die Leistung erheblich drosseln oder Probleme verursachen. Auch die Chipsatz-Treiber Ihres Mainboards sollten auf dem neuesten Stand sein.
3. Genügend freier Speicherplatz: Eine SSD, die fast voll ist, wird langsamer. Das liegt an der Art und Weise, wie Flash-Speicher funktioniert (Wear-Leveling, Garbage Collection). Lassen Sie mindestens 20-30% des Speichers frei, um optimale Testergebnisse und langfristig stabile Leistung zu gewährleisten.
4. Hintergrundprozesse schließen: Beenden Sie alle unnötigen Anwendungen, die im Hintergrund laufen könnten – Browser, Spiele-Clients, Antiviren-Scans etc. Alles, was die CPU, den RAM oder die SSD selbst belastet, kann die Testergebnisse verfälschen.
5. Energieoptionen optimieren: Stellen Sie in den Energieeinstellungen von Windows das Profil auf „Höchstleistung” (oder „Ultimate Performance”, falls verfügbar). Dies verhindert, dass Ihr System die Leistung der SSD aus Energiespargründen drosselt.
6. BIOS/UEFI-Einstellungen überprüfen: Manche Mainboards erfordern spezifische Einstellungen im BIOS/UEFI, um die volle PCIe-Geschwindigkeit zu gewährleisten. Prüfen Sie, ob der M.2-Slot im korrekten PCIe-Modus (z.B. Gen4) und mit den maximalen Lanes (x4) konfiguriert ist. Manchmal teilen sich M.2-Slots und SATA-Ports oder andere PCIe-Slots Lanes, was die Geschwindigkeit beeinträchtigen könnte.

Die richtigen Werkzeuge: Benchmark-Software für NVMe

Um die Leistung Ihrer NVMe-SSD objektiv zu testen, benötigen Sie spezialisierte Benchmark-Tools. Hier sind die gängigsten und zuverlässigsten:

1. CrystalDiskMark (Empfehlung für Einsteiger & Profis)

CrystalDiskMark ist der Goldstandard unter den SSD-Benchmarks. Es ist kostenlos, einfach zu bedienen und liefert aussagekräftige Ergebnisse.

• Installation & Start: Laden Sie die neueste Version von der offiziellen Webseite herunter und installieren Sie sie. Wählen Sie im Programmfenster den richtigen Laufwerksbuchstaben Ihrer NVMe-SSD aus.
• Interpretation der Ergebnisse:
  • Seq Q8T1 (Sequenzielles Lesen/Schreiben): Dies sind die großen Zahlen, die oft in der Produktbeschreibung stehen. Sie geben an, wie schnell große, zusammenhängende Dateien (z.B. Videos, große Programme) gelesen oder geschrieben werden können. Q8T1 bedeutet, dass 8 Anfragen gleichzeitig gestellt werden und nur 1 Thread verwendet wird. Dies simuliert typische Lese-/Schreibvorgänge von großen Dateien.
  • 4K Q1T1 (Random Lesen/Schreiben): Diese Werte sind entscheidend für die tägliche Systemreaktion. Sie messen die Geschwindigkeit, mit der kleine, zufällig verteilte Dateien (4 Kilobyte groß) gelesen oder geschrieben werden können – genau das passiert beim Starten von Anwendungen, Laden von Betriebssystemteilen oder Surfen im Web. Q1T1 bedeutet 1 Anfrage und 1 Thread, was einem einzelnen Benutzer entspricht.
  • Andere Werte (Q32T1, Q32T16): Diese messen die Leistung unter höherer Last und mehreren Threads. Sie sind eher für Server- oder professionelle Workloads relevant, geben aber auch Aufschluss über die Skalierbarkeit der SSD-Leistung.
• Durchführung: Klicken Sie auf „All”, um alle Tests durchzuführen. Warten Sie, bis die Ergebnisse angezeigt werden.

2. AS SSD Benchmark

Ein weiteres beliebtes Tool, das ähnliche Metriken wie CrystalDiskMark liefert, aber oft leicht abweichende Ergebnisse zeigt, da es eine andere Art von Testdateien verwendet (inkompressible Daten). AS SSD Benchmark berechnet auch einen Gesamtscore, der nützlich für schnelle Vergleiche sein kann.

3. ATTO Disk Benchmark

ATTO ist gut geeignet, um die Leistung über verschiedene Dateigrößen hinweg zu analysieren. Es kann aufzeigen, ob Ihre SSD bei bestimmten Dateigrößen schwächelt oder ob es Unterschiede zwischen komprimierbaren und inkomprimierbaren Daten gibt. Dies kann bei der Fehlersuche hilfreich sein.

4. CrystalDiskInfo (Zusatztool)

Obwohl kein Benchmark-Tool im eigentlichen Sinne, ist CrystalDiskInfo unerlässlich, um den Gesundheitszustand Ihrer SSD zu überprüfen. Es zeigt Ihnen die Temperatur, die Gesamtlaufzeit, die geschriebenen Datenmengen und wichtige SMART-Werte an. Eine zu hohe Temperatur (oft über 70°C) ist ein häufiger Grund für Leistungsabfall (sogenanntes Throttling), da die SSD sich zum Schutz selbst drosselt.

Den Test durchführen und Ergebnisse interpretieren

Nachdem Sie die Software installiert und Ihr System vorbereitet haben, kann es losgehen:

1. SSD auswählen: Starten Sie CrystalDiskMark und wählen Sie den Laufwerksbuchstaben Ihrer NVMe-SSD aus.
2. Testgröße wählen: Die Standardeinstellung (z.B. 1 GiB) ist meist ausreichend. Für sehr genaue Tests können Sie eine größere Testgröße (z.B. 4 GiB oder 8 GiB) wählen, aber dies verlängert die Testdauer erheblich.
3. Anzahl der Durchläufe: Eine Standardeinstellung von 5 Durchläufen liefert zuverlässige Ergebnisse.
4. Test starten: Klicken Sie auf „All” (oder einzelne Testreihen), um den Benchmark zu starten. Die Dauer variiert je nach SSD und gewählter Testgröße.
5. Ergebnisse vergleichen: Notieren Sie sich Ihre Werte und vergleichen Sie diese mit den Herstellerangaben Ihrer SSD. Suchen Sie online nach Benchmarks Ihrer spezifischen SSD von anderen Nutzern oder professionellen Testern, um ein realistisches Bild zu erhalten.
   • Typische Geschwindigkeiten (Beispiele):
     • Gen3 NVMe: Sequenzielles Lesen/Schreiben oft zwischen 2.500 – 3.500 MB/s.
     • Gen4 NVMe: Sequenzielles Lesen/Schreiben oft zwischen 5.000 – 7.000 MB/s.
     • Gen5 NVMe: Sequenzielles Lesen/Schreiben bereits bei 10.000 MB/s und mehr.
   • Wichtig: Die 4K Q1T1-Werte sind für die Alltagserfahrung oft wichtiger als die sequenziellen Geschwindigkeiten. Eine hohe 4K-Leistung sorgt für ein flüssiges System.
6. Mehrfache Tests: Führen Sie den Benchmark idealerweise mehrmals hintereinander durch und notieren Sie sich die Ergebnisse. Schwankungen sind normal, aber große Abweichungen können auf Probleme hinweisen.
7. Temperatur im Auge behalten: Während des Benchmarks steigen die Temperaturen. Überprüfen Sie mit CrystalDiskInfo, ob die Temperatur Ihrer SSD unter Volllast im akzeptablen Bereich bleibt (idealerweise unter 60-65°C, maximal 70-75°C je nach Hersteller). Bei dauerhaft höheren Temperaturen besteht die Gefahr des Throttlings.

Häufige Probleme und ihre Lösungen bei langsamer NVMe-Leistung

Was tun, wenn Ihre NVMe-SSD nicht die erwartete Geschwindigkeit erreicht? Hier sind die häufigsten Ursachen und Lösungsansätze:

1. Falscher PCIe-Slot oder falsche Konfiguration:
   • Lösung: Prüfen Sie im Mainboard-Handbuch, ob die SSD im schnellsten M.2-Slot (z.B. PCIe 4.0 x4) steckt. Vergewissern Sie sich im BIOS/UEFI, dass der Slot auf die maximale Bandbreite eingestellt ist und keine Lanes mit anderen Komponenten (z.B. SATA-Ports, andere PCIe-Slots) geteilt werden, was zu einer Reduzierung der Lanes (z.B. x2 statt x4) führen könnte.
2. Überhitzung (Throttling):
   • Lösung: Eine häufige Ursache. Überprüfen Sie die Temperatur Ihrer SSD mit CrystalDiskInfo. Wenn sie unter Last zu hoch steigt, benötigt die SSD möglicherweise einen Kühlkörper (Heatsink). Viele Mainboards bringen bereits eigene M.2-Kühlkörper mit. Stellen Sie zudem sicher, dass der Airflow in Ihrem PC-Gehäuse gut ist.
3. Veraltete Treiber oder Firmware:
   • Lösung: Laden Sie die neuesten NVMe-Treiber (oft vom SSD-Hersteller selbst oder von Microsoft) und die aktuellste Firmware für Ihre SSD herunter und installieren Sie diese.
4. Volle SSD / fehlendes TRIM:
   • Lösung: Lassen Sie immer genügend freien Speicherplatz (20-30%) auf der SSD. Stellen Sie sicher, dass die TRIM-Funktion in Windows aktiviert ist (standardmäßig der Fall). TRIM hilft der SSD, ungenutzte Datenblöcke zu löschen, um die Schreibleistung aufrechtzuerhalten. Sie können dies in der Eingabeaufforderung mit fsutil behavior query DisableDeleteNotify überprüfen (0 = aktiv).
5. Falsche Energieeinstellungen:
   • Lösung: Stellen Sie sicher, dass Ihr Windows-Energieprofil auf „Höchstleistung” oder „Ausbalanciert” (mit angepassten Einstellungen) eingestellt ist und die SSD nicht in einen Stromsparmodus versetzt wird.
6. Hintergrundaktivitäten / Systemlast:
   • Lösung: Schließen Sie vor dem Benchmark alle unnötigen Programme. Prüfen Sie im Task-Manager, ob andere Prozesse (z.B. Windows-Updates, Antiviren-Scans) die SSD oder CPU belasten.
7. Defekte SSD oder fehlerhaftes Kabel/Adapter:
   • Lösung: Obwohl seltener, kann eine defekte SSD oder ein problematischer Adapter (bei AICs) die Ursache sein. Wenn alle anderen Schritte fehlschlagen, könnte ein Austausch notwendig sein.

Langfristige Optimierung und Wartung

Ihre NVMe-SSD ist ein Hochleistungsspeicher, der – richtig behandelt – viele Jahre Spitzenleistung liefern kann. Beachten Sie diese Tipps:

• Regelmäßiger TRIM: Windows verwaltet TRIM in der Regel automatisch im Hintergrund. Sie können aber auch manuell über die Laufwerksoptimierung (im Startmenü suchen) eine Optimierung durchführen.
• Nicht randvoll füllen: Auch wenn es verlockend ist, halten Sie stets einen Puffer von 15-20% freiem Speicherplatz, um die Leistung und Lebensdauer der SSD zu erhalten.
• Temperaturmanagement: Achten Sie auf eine gute Gehäusebelüftung und nutzen Sie, falls nicht vorhanden, einen M.2-Kühlkörper. Eine kühle SSD ist eine schnelle SSD.
• Firmware aktuell halten: Schauen Sie alle paar Monate auf der Herstellerseite Ihrer SSD nach neuen Firmware-Updates.
• Vermeiden unnötiger Schreibvorgänge: Für extreme Optimierer: Überlegen Sie, ob temporäre Dateien, Caches von Browsern oder Download-Ordner auf einer anderen Festplatte oder einem RAM-Disk liegen können, um unnötige Schreibzyklen auf der NVMe-SSD zu vermeiden. Für die meisten Nutzer ist dies jedoch zu vernachlässigen.

Fazit: Die volle Leistung im Griff

Die NVMe-Technologie hat unsere Erwartungen an Speicherleistung neu definiert. Mit den richtigen Test-Tools und dem Wissen um die wichtigsten Einflussfaktoren können Sie sicherstellen, dass Ihre NVMe-SSD auch wirklich ihre volle Geschwindigkeit erreicht und Ihr System blitzschnell bleibt.

Es ist ein befriedigendes Gefühl, zu wissen, dass man das Maximum aus seiner Hardware herausholt. Nehmen Sie sich die Zeit für die Vorbereitung, die Durchführung der Benchmarks und die Interpretation der Ergebnisse. So sind Sie bestens gerüstet, um Ihre NVMe-SSD am Limit zu erleben – und das ganz ohne Bremsspuren!