Schnäppchen oder Schrott: Lohnt sich ein Gaming PC von eBay für 250€ im Zustand „Neu”?

Die Verlockung ist groß: Ein „neuer” Gaming PC für nur 250 Euro auf eBay. Wer träumt nicht davon, für kleines Geld in die Welt des PC-Gamings einzutauchen? Gerade in Zeiten, in denen High-End-Grafikkarten oft mehr als das Zehnfache kosten, erscheint ein solches Angebot fast wie ein Wunder. Doch ist es wirklich ein Schnäppchen, das man sich nicht entgehen lassen sollte, oder verbirgt sich hinter dem vermeintlichen Deal am Ende doch nur Schrott, der mehr Ärger als Freude bereitet? Wir nehmen dieses Szenario genauer unter die Lupe und beleuchten, was Sie von einem solchen Angebot realistisch erwarten können.

Die Realität des „Neuen” für 250 Euro auf eBay

Zunächst einmal müssen wir klären, was „neu” in diesem Kontext bedeuten könnte. Bei einem Preis von 250 Euro für einen kompletten PC, der als „Gaming PC” beworben wird, sind die Möglichkeiten begrenzt:

• Alte Lagerbestände: Es könnte sich um Systeme handeln, die vor vielen Jahren als Office-PCs produziert wurden und nun von Händlern oder Privatpersonen, die sie nie genutzt haben, als „neu” verkauft werden. Diese sind zwar unbenutzt, aber technisch veraltet.
• Refurbished/Generalüberholt, aber als „neu” gelistet: Manche Verkäufer umgehen die korrekte Deklaration und listen generalüberholte Hardware als „neu”, um mehr Käufer anzulocken.
• Zusammenbau aus Restteilen: Ein PC, der aus neuen, aber extrem günstigen und leistungsschwachen Komponenten (oft ältere Generationen) zusammengestellt wurde. Hier ist jeder Cent gespart worden, was sich meist in der Qualität und Leistung widerspiegelt.
• Irreführende Angebote: Im schlimmsten Fall handelt es sich um betrügerische Angebote, die entweder gar nicht existieren oder eine völlig andere, noch schlechtere Ware liefern.

Eines steht fest: Ein tatsächlich brandneuer Gaming PC mit aktuellen Komponenten, der moderne Spiele flüssig darstellt, ist für 250 Euro absolut unrealistisch. Allein eine aktuelle Grafikkarte der Einsteigerklasse (z.B. eine AMD RX 6600 oder Nvidia RTX 3050) kostet bereits ein Vielfaches dieses Preises.

Was man realistischerweise erwarten kann (oder auch nicht)

Gehen wir davon aus, dass Sie einen funktionierenden PC für 250 Euro erhalten. Welche Spezifikationen sind hier zu erwarten, und reicht das überhaupt für Spiele?

1. Der Prozessor (CPU)

Rechnen Sie mit einem Prozessor, der einige Jahre, wenn nicht ein Jahrzehnt auf dem Buckel hat. Typisch wären ältere Intel Core i3 oder i5 der 2. bis 4. Generation (z.B. i5-2400, i3-4130) oder sehr alte AMD FX-Prozessoren. Diese CPUs waren zu ihrer Zeit ordentlich, sind aber für moderne Spiele oft ein Flaschenhals. Selbst für anspruchslose Aufgaben können sie an ihre Grenzen stoßen.

2. Die Grafikkarte (GPU) – Der Knackpunkt

Hier liegt das größte Problem. Ein „Gaming PC” ohne eine dedizierte, leistungsfähige Grafikkarte ist kein Gaming PC. Für 250 Euro können Sie Folgendes erwarten:

• Integrierte Grafikeinheit (IGP): Viele ältere CPUs haben eine eingebaute Grafiklösung. Diese reicht für Office-Anwendungen, Browsing und YouTube, aber nicht für ernsthaftes Gaming – nicht einmal für E-Sports-Titel auf niedrigen Einstellungen.
• Sehr alte dedizierte Karte: Eine dedizierte Grafikkarte ist selten, wenn sie überhaupt dabei ist, handelt es sich um Modelle wie eine Nvidia GT 710, GT 730 oder AMD R7 240/250. Diese Karten waren schon bei ihrer Markteinführung vor vielen Jahren nicht für Gaming ausgelegt und sind heute völlig unzureichend. Selbst für Indie-Spiele oder ältere Titel sind sie oft überfordert. Gelegentlich werden auch alte professionelle Karten (Quadro/FirePro) umgelabelt, die ebenfalls keine Gaming-Leistung bieten.

Ohne eine ausreichende GPU können Sie die meisten modernen Spiele überhaupt nicht starten oder nur mit extrem niedrigen Framerates und minimalen Einstellungen spielen, was das Erlebnis stark beeinträchtigt.

3. Arbeitsspeicher (RAM)

Meistens finden Sie 8 GB DDR3-RAM. Das ist das absolute Minimum für Windows 10/11 und einige ältere Spiele. Moderne AAA-Titel benötigen oft 16 GB oder mehr, um reibungslos zu laufen. Weniger als 8 GB (z.B. 4 GB) macht das System für Gaming praktisch unbrauchbar.

4. Speicherplatz (SSD/HDD)

Für 250 Euro erhalten Sie wahrscheinlich eine kleine Festplatte (HDD) mit 500 GB oder 1 TB, die langsam ist und die Ladezeiten in Spielen extrem verlängert. Eine SSD (Solid State Drive) ist ein Glücksfall und wenn vorhanden, meist nur eine kleine (120-240 GB) für das Betriebssystem, die kaum Platz für Spiele bietet.

5. Netzteil (PSU)

Das Netzteil wird oft als billiges Noname-Produkt verbaut, das nicht nur ineffizient ist, sondern auch ein Sicherheitsrisiko darstellen kann. Bei älteren oder billigen Netzteilen besteht die Gefahr von Überspannungen oder Ausfällen, die andere Komponenten beschädigen können.

6. Mainboard und Gehäuse

Das Mainboard ist wahrscheinlich ein einfaches Modell mit einem alten Chipsatz, das kaum Aufrüstmöglichkeiten bietet. Das Gehäuse ist meist ein schlichtes Office-Modell mit schlechtem Airflow und wenig Platz.

Welche Spiele kann man überhaupt spielen?

Wenn Sie einen solchen 250€-PC als „Gaming PC” bezeichnen wollen, müssen Sie Ihre Erwartungen drastisch senken. Realistischerweise können Sie spielen:

• Sehr alte Titel: Spiele, die vor 2010 erschienen sind (z.B. Half-Life 2, Bioshock, Oblivion).
• Indie-Spiele: Grafisch anspruchslose Indie-Titel (z.B. Stardew Valley, Hollow Knight, Minecraft ohne Shader).
• Browsergames: Spiele, die direkt im Browser laufen.
• Retro-Emulation: Wenn Sie alte Konsolenklassiker über Emulatoren spielen möchten.

Vergessen Sie aktuelle AAA-Titel wie Cyberpunk 2077, Starfield, Call of Duty, Assassin’s Creed oder selbst neuere E-Sports-Titel wie Valorant, Fortnite oder CS:GO mit akzeptablen Framerates und Einstellungen. Diese Spiele werden entweder gar nicht erst starten oder mit so niedrigen Bildraten laufen, dass sie unspielbar sind.

Die versteckten Kosten und Risiken

Ein vermeintliches Schnäppchen kann schnell zur Kostenfalle werden:

• Fehlende Gewährleistung/Garantie: Bei Privatverkäufern auf eBay gibt es oft keine oder nur eine eingeschränkte Gewährleistung. Wenn der PC nach kurzer Zeit den Geist aufgibt, bleiben Sie auf den Kosten sitzen. Auch bei kleineren Händlern kann die Durchsetzung von Ansprüchen schwierig sein.
• Kurze Lebensdauer: Alte oder billige Komponenten sind anfälliger für Defekte und haben eine kürzere Lebenserwartung.
• Stromverbrauch und Lautstärke: Ältere Systeme sind oft weniger energieeffizient und können unter Last lauter sein als moderne PCs.
• Kein Upgrade-Pfad: Die Komponenten sind so veraltet, dass ein Upgrade einzelner Teile oft nicht sinnvoll ist. Eine neue CPU erfordert ein neues Mainboard und neuen RAM, eine neue Grafikkarte braucht ein neues Netzteil. Im Grunde müssten Sie fast den ganzen PC ersetzen.
• Software-Probleme: Oft ist eine alte Windows-Version vorinstalliert, die nicht mehr unterstützt wird oder eine fragwürdige Lizenz hat. Bloatware oder sogar Viren können ebenfalls ein Problem sein.

Wann könnte es sich *doch* lohnen (Nischenfälle)?

Nur in sehr spezifischen Situationen könnte ein solcher PC überhaupt in Betracht gezogen werden:

• Als reiner Office-PC/Schulrechner: Wenn Sie wirklich nur E-Mails schreiben, im Internet surfen und Textverarbeitung betreiben wollen, könnte ein solcher PC ausreichen. Aber selbst hier gibt es oft bessere, langlebigere Optionen.
• Für Retro-Gaming: Wenn Ihr Hauptaugenmerk ausschließlich auf der Emulation alter Konsolen oder sehr alten PC-Spielen liegt, könnte ein solches System gerade noch ausreichen.
• Als Teileträger für Bastler: Wenn Sie selbst ein Experte sind und nur bestimmte Komponenten (z.B. das Gehäuse oder ein funktionierendes Netzteil) brauchen und den Rest ausschlachten können.

Für alles, was auch nur annähernd an modernes PC-Gaming herankommt, lautet die Antwort: Nein, es lohnt sich nicht.

Alternativen zu einem 250€ eBay „Gaming PC”

Anstatt sich mit einem potentiellen Fehlkauf herumzuschlagen, gibt es deutlich bessere Wege, ins Gaming einzusteigen, auch mit kleinem Budget:

1. Gebrauchte Gaming-PCs von seriösen Anbietern/Marktplätzen: Suchen Sie auf Plattformen wie eBay Kleinanzeigen oder spezialisierten Gebraucht-PC-Händlern nach gebrauchten Systemen. Für 400-600 Euro finden Sie bereits solide Einstiegs-Gaming-PCs mit Komponenten wie einem Intel Core i5 der 6. Generation oder neuer, 16 GB DDR4 RAM und einer Nvidia GTX 1060 (6GB) oder AMD RX 580 (8GB). Diese ermöglichen es Ihnen, viele moderne Spiele in 1080p auf mittleren bis hohen Einstellungen flüssig zu spielen. Achten Sie auf vollständige Spezifikationen und Testergebnisse.
2. Gebrauchte Einzelteile selbst zusammenbauen: Wenn Sie handwerklich geschickt sind und sich ein wenig einlesen, können Sie durch den Kauf gebrauchter Komponenten (Prozessor, Mainboard, RAM, Grafikkarte) und dem Zusammenbau ein System schaffen, das für 400-500 Euro eine wesentlich bessere Leistung bietet. Dies erfordert jedoch Zeit und technisches Verständnis.
3. Sparen und mehr investieren: Der realistischste Einstiegspunkt für einen neuen Gaming PC, der aktuelle Titel spielen kann, liegt bei etwa 600-800 Euro. Mit diesem Budget erhalten Sie ein System mit einer aktuellen Einsteiger-Grafikkarte (z.B. Nvidia RTX 3050/4060 oder AMD RX 6600/7600), einem modernen i3/i5 oder Ryzen 5 Prozessor, 16 GB DDR4/DDR5 RAM und einer schnellen SSD. Das ist eine Investition, die sich wirklich auszahlt und über Jahre hinweg Freude bereitet.
4. Konsolen: Eine Xbox Series S oder eine gebrauchte PS4/Xbox One S/X bieten für einen ähnlichen Preis wie der 250€-PC eine dedizierte Gaming-Erfahrung mit optimierten Spielen und einer großen Bibliothek.
5. Cloud-Gaming-Dienste: Dienste wie GeForce NOW oder Xbox Cloud Gaming ermöglichen es Ihnen, Spiele über das Internet zu streamen. Sie benötigen keine leistungsstarke Hardware, sondern lediglich eine gute Internetverbindung und ein monatliches Abo.

Fazit: Ist es ein Schnäppchen oder Schrott?

Die Antwort ist eindeutig: Ein „neuer” Gaming PC für 250 Euro von eBay ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Schrott, wenn Ihr Ziel das Spielen moderner Videospiele ist. Es ist eine Mogelpackung, die falsche Erwartungen weckt und am Ende zu Frustration führt.

Ein echtes Schnäppchen zeichnet sich dadurch aus, dass man für einen geringen Preis einen überdurchschnittlichen Gegenwert erhält. Bei einem 250€-PC, der als „Gaming PC” beworben wird, erhalten Sie in der Regel einen unterdurchschnittlichen Gegenwert, selbst für den niedrigen Preis. Es ist eine Investition, die sich nicht lohnt, da sie weder aktuelle Anforderungen erfüllt noch eine vernünftige Upgrade-Möglichkeit bietet.

Seien Sie realistisch bei Ihren Erwartungen und lassen Sie sich nicht von vermeintlichen Wunderschnäppchen blenden. Sparen Sie lieber etwas länger oder erkunden Sie die Alternativen, die Ihnen tatsächlich eine zufriedenstellende Gaming-Erfahrung ermöglichen werden. Ihr Geld ist besser in einem gebrauchten, aber leistungsfähigeren System oder einer Spielekonsole angelegt, als in einem PC, der kaum mehr als ein teurer Briefbeschwerer ist.