Solide Mittelklasse oder schon veraltet? Wir bewerten, ob dieser PC heutzutage als gut oder nur okay einzustufen ist

Die Welt der Personal Computer entwickelt sich rasant weiter. Kaum hat man sich an die neueste Generation gewöhnt, da steht schon die nächste vor der Tür. Dieser unerbittliche Fortschritt führt bei vielen PC-Besitzern zur quälenden Frage: Ist mein treuer Begleiter noch gut genug, um mit den Anforderungen moderner Software und Spiele Schritt zu halten, oder ist er nur noch „okay“ – vielleicht sogar schon veraltet?

Heute nehmen wir einen einst sehr populären und leistungsstarken Vertreter der oberen Mittelklasse unter die Lupe: Ein System, das typischerweise mit einem AMD Ryzen 5 3600 Prozessor und einer NVIDIA GeForce RTX 2060 Super Grafikkarte ausgestattet ist. Ergänzt wird dies meist durch 16 GB DDR4-RAM und eine Kombination aus schneller NVMe-SSD und klassischer Festplatte. Dieses Gespann war vor einigen Jahren ein Traum für Gamer und Power-User, die ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis suchten.

Doch wie schlägt sich diese Konfiguration heute, im Zeitalter von Raytracing der dritten Generation, noch schnelleren CPUs und immer hungrigeren Spielen? Wir bewerten, ob dieser PC heutzutage noch als „gut“ oder eben „nur okay“ einzustufen ist und für wen er sich eventuell noch lohnt.

Der „Patient” – Unsere Referenzkonfiguration

Um eine fundierte Bewertung abgeben zu können, definieren wir eine beispielhafte PC-Konfiguration, die Ende 2019 bis Anfang 2021 sehr beliebt war:

• Prozessor (CPU): AMD Ryzen 5 3600 (6 Kerne, 12 Threads, 3.6 GHz Basistakt, 4.2 GHz Boost-Takt)
• Grafikkarte (GPU): NVIDIA GeForce RTX 2060 Super (8 GB GDDR6 VRAM)
• Arbeitsspeicher (RAM): 16 GB DDR4-3200 MHz (Dual-Channel)
• Speicher (Storage): 500 GB NVMe SSD (PCIe Gen3) + 1 TB HDD
• Mainboard: AMD B450 Chipsatz
• Netzteil: 600W 80+ Bronze
• Betriebssystem: Windows 10/11

Diese Zusammenstellung war seinerzeit ein absoluter Tipp für flüssiges 1080p Gaming auf hohen bis sehr hohen Einstellungen und bot sogar erste Schritte ins 1440p-Segment oder ins Raytracing. Aber ist das heute noch genug?

Komponentenanalyse: Was steckt in diesem PC?

Der Prozessor: AMD Ryzen 5 3600

Der Ryzen 5 3600 war ein Game Changer, als er 2019 auf den Markt kam. Mit seinen 6 Kernen und 12 Threads bot er eine hervorragende Multitasking-Leistung, die ihn sowohl für Gaming als auch für Produktivitätsanwendungen prädestinierte. Die Zen 2-Architektur war ein großer Schritt nach vorne für AMD.

• Heutige Bewertung: Für die meisten Alltagsaufgaben – Web-Browsing, Office-Anwendungen, Medienkonsum und sogar leichte Bildbearbeitung oder Videobearbeitung – ist der Ryzen 5 3600 immer noch vollkommen ausreichend. Auch für Gaming in 1080p ist er in den meisten Titeln immer noch mehr als fähig, die Grafikkarte adäquat zu befeuern, ohne ein großes Bottleneck zu sein. In CPU-intensiven E-Sports-Titeln kann er immer noch hohe Bildraten liefern. Allerdings zeigen sich seine Grenzen bei sehr modernen AAA-Titeln, die viele Kerne fordern, oder bei professionelleren Content-Creation-Aufgaben wie umfangreichem Videoschnitt oder 3D-Rendering. Hier spürt man den Abstand zu den neueren CPU-Generationen (z.B. Ryzen 5000er Serie, Intel 12./13. Generation), die deutlich höhere Single-Core-Leistung und/oder mehr Kerne bieten.
• Fazit CPU: Für den Durchschnittsnutzer und 1080p-Gamer noch gut. Für anspruchsvolle Multitasking-Szenarien oder High-Refresh-Rate-Gaming in einigen neueren Titeln nur noch okay.

Die Grafikkarte: NVIDIA GeForce RTX 2060 Super

Die RTX 2060 Super war NVIDIAs Antwort auf die Nachfrage nach mehr Leistung in der Mittelklasse und bot 8 GB GDDR6 VRAM, was sie zu einer zukunftssichereren Wahl machte als die normale RTX 2060 mit 6 GB. Sie war auch die erste Generation, die Raytracing-Kerne und Tensor-Kerne für DLSS bot.

• Heutige Bewertung: Hier wird es spannend. Die RTX 2060 Super ist immer noch eine fähige Grafikkarte, besonders für 1080p-Gaming. Viele moderne AAA-Titel lassen sich in dieser Auflösung mit hohen bis mittleren Einstellungen spielen und liefern dabei oft solide 60 FPS. Dank DLSS 2.0 (das sie unterstützt) kann die Leistung in unterstützten Spielen noch weiter gesteigert werden, was besonders bei aktiviertem Raytracing nützlich ist. Allerdings ist das Raytracing der ersten Generation nicht so performant wie bei RTX 30er oder 40er Serien, sodass man hier oft Kompromisse bei den Einstellungen eingehen muss. Für 1440p-Gaming wird es schon enger: Hier muss man in vielen aktuellen AAA-Titeln die Einstellungen auf „Mittel” bis „Niedrig” reduzieren, um flüssige Bildraten zu erzielen. Ultra-Einstellungen sind die Ausnahme. Für 4K-Gaming ist die Karte schlichtweg nicht ausgelegt, es sei denn, es handelt sich um ältere oder sehr anspruchslose Titel. Im Vergleich zu aktuellen Mittelklasse-Karten wie einer RTX 3060, RX 6600 XT oder sogar einer RTX 4060 liegt die 2060 Super leistungsmäßig zurück, kann aber dank DLSS 2.0 oft noch mithalten, wo FSR der Konkurrenz fehlt.
• Fazit GPU: Für 1080p-Gaming mit hohen Einstellungen noch gut. Für 1440p-Gaming oder anspruchsvolles Raytracing nur noch okay.

Arbeitsspeicher: 16 GB DDR4-3200 MHz

16 GB Arbeitsspeicher im schnellen Dual-Channel-Betrieb war vor einigen Jahren der Sweet Spot für Gaming und Produktivität. Und das hat sich bis heute kaum geändert.

• Heutige Bewertung: 16 GB RAM sind nach wie vor der Standard für Gaming und die meisten Produktivitätsaufgaben. Für die meisten Spieler sind 16 GB weiterhin ausreichend, um aktuelle Titel flüssig zu spielen, auch wenn einige sehr speicherhungrige Spiele oder das parallele Streamen/Bearbeiten von Inhalten an die Grenzen stoßen können. Wer viele Browser-Tabs offen hat, große Dateien bearbeitet oder intensiv Multitasking betreibt, könnte von 32 GB profitieren. Die Geschwindigkeit von 3200 MHz ist für Ryzen-CPUs der 3. Generation gut abgestimmt.
• Fazit RAM: Für die meisten Nutzer und Anwendungen noch gut. Für Power-User oder bestimmte professionelle Anwendungen nur noch okay und ein Upgrade auf 32 GB könnte sinnvoll sein.

Speicher: 500 GB NVMe SSD + 1 TB HDD

Die Kombination aus einer schnellen NVMe SSD für das Betriebssystem und wichtige Programme/Spiele sowie einer größeren HDD für Massenspeicher war lange Zeit die Standardlösung.

• Heutige Bewertung: Eine NVMe SSD ist für die Reaktionsfähigkeit des Systems und schnelle Ladezeiten in Spielen und Programmen unerlässlich und immer noch absolut Gold wert. 500 GB reichen für Windows und einige Top-Titel aus. Allerdings werden moderne Spiele immer größer; 500 GB können schnell voll sein, sodass man zwischen Spielen jonglieren muss. Eine 1 TB HDD als Massenspeicher ist funktional, aber im Vergleich zu SSDs langsam. Spiele, die auf der HDD installiert sind, laden deutlich langsamer. Neue Spiele wie Starfield profitieren stark von SSDs, einige fordern sie sogar explizit.
• Fazit Speicher: Die NVMe SSD ist gut, aber 500 GB können schnell knapp werden. Die HDD ist als Massenspeicher okay, aber für Spiele nicht mehr ideal. Ein Upgrade auf eine größere NVMe SSD (1 TB oder mehr) wäre eine der sinnvollsten Verbesserungen.

Mainboard, Netzteil & Gehäuse

Das B450-Mainboard ist solide, aber unterstützt in der Regel kein PCIe 4.0, was bei modernen Grafikkarten oder NVMe-SSDs der neuesten Generation leichte Leistungseinbußen bedeuten kann (oft aber kaum spürbar). Der große Vorteil: Es unterstützt ein Upgrade auf Ryzen 5000er CPUs, was eine exzellente und kostengünstige Leistungssteigerung ermöglicht (z.B. auf einen Ryzen 5 5600X oder sogar 5800X3D). Das 600W-Netzteil ist für diese Konfiguration ausreichend und bietet oft noch etwas Headroom für GPU-Upgrades. Das Gehäuse ist meist Geschmackssache, sollte aber eine gute Kühlung ermöglichen.

• Fazit Infrastruktur: Das B450-Board mit AM4-Sockel ist ein großer Pluspunkt für zukünftige CPU-Upgrades (gut). Netzteil und Gehäuse sind meist gut, solange die Kühlung stimmt.

Leistung in der Praxis: Wofür reicht dieser PC noch?

Produktivität & Alltagsaufgaben

Für die tägliche Nutzung wie Surfen, E-Mails, Office-Anwendungen, Video-Streaming (auch 4K) und leichte Foto-/Videobearbeitung ist dieser PC ausgezeichnet. Die schnelle NVMe SSD sorgt für kurze Bootzeiten und reaktionsschnelle Programmstarts. Der Ryzen 5 3600 mit seinen 12 Threads meistert Multitasking ohne Probleme.

Gaming (1080p)

Hier spielt dieses System seine Stärken immer noch aus. Die meisten modernen AAA-Titel (z.B. Cyberpunk 2077, Hogwarts Legacy, Starfield) sind bei 1080p mit hohen bis mittleren Einstellungen bei 45-60+ FPS spielbar. Weniger anspruchsvolle Titel oder E-Sports-Games erreichen deutlich höhere Bildraten, oft jenseits der 100 FPS. Die RTX 2060 Super ist immer noch eine sehr fähige 1080p-Karte. Mit DLSS lassen sich oft noch ein paar Bilder pro Sekunde herausholen.

Gaming (1440p)

Hier kommt der PC an seine Grenzen. Während viele ältere oder gut optimierte Titel noch gut bei 1440p laufen, muss man in den neuesten AAA-Games oft deutliche Kompromisse eingehen. Das bedeutet: Grafikeinstellungen auf „Mittel” oder sogar „Niedrig” reduzieren, um spielbare Frameraten von 40-60 FPS zu erreichen. Raytracing ist in dieser Auflösung mit der RTX 2060 Super kaum praktikabel, es sei denn, man ist bereit, extreme Abstriche zu machen.

Content Creation & Professionelle Anwendungen

Für Hobby-Anwendungen wie gelegentlichen Videoschnitt (1080p), Bildbearbeitung oder Streaming auf Twitch (mit der NVENC-Kodierung der RTX-Karte) ist das System ausreichend. Für professionelle Anwendungen, die von vielen Kernen, hohen Taktraten oder viel VRAM profitieren, ist es jedoch nur noch okay und würde an seine Grenzen stoßen. Ein schnelleres Rendering oder komplexere 3D-Modellierungen wären spürbar langsamer als auf moderneren Workstations.

Das Urteil: Solide Mittelklasse oder schon veraltet?

Nach sorgfältiger Abwägung lautet unser Urteil:

Dieser PC ist keineswegs „veraltet”. Er ist immer noch eine solide Mittelklasse-Maschine, die für viele Anwendungsfälle weiterhin „gut” funktioniert, besonders im 1080p-Bereich. Allerdings zeigt er in bestimmten, anspruchsvollen Szenarien erste Alterserscheinungen und ist dort „nur okay” oder stößt an seine Grenzen.

Wann ist dieser PC noch „gut”?

• Als kostengünstiger Einstieg oder Upgrade von einem wirklich alten System.
• Für Gamer, die hauptsächlich in 1080p spielen und keine maximalen Ultra-Settings mit Raytracing benötigen.
• Für Studenten, Home-Office-Nutzer oder Familien, die einen zuverlässigen und leistungsstarken Allround-PC suchen.
• Als Sekundär-PC oder für weniger anspruchsvolle Spiele.
• Wenn Sie bereit sind, bei sehr anspruchsvollen Spielen die Grafikeinstellungen etwas zu reduzieren oder DLSS zu nutzen.

Wann ist er „nur okay” oder unzureichend?

• Für anspruchsvolle 1440p- oder 4K-Gamer, die hohe Bildraten und maximale Grafikeinstellungen erwarten.
• Für Nutzer, die das beste Raytracing-Erlebnis wünschen.
• Für professionelle Content Creator (Videoeditor, 3D-Artist etc.), die schnelle Rendering-Zeiten und viel VRAM benötigen.
• Für Anwender, die die allerneuesten Technologien und Features (z.B. PCIe 5.0, AV1-Encoding für Gaming) nutzen möchten.
• Wenn Sie keine Kompromisse bei der Grafikqualität eingehen wollen.

Zukunftsaussichten und Upgrade-Pfade

Der größte Pluspunkt dieses Systems ist die Upgrade-Möglichkeit durch das B450-Mainboard mit AM4-Sockel. Hier bieten sich hervorragende, relativ kostengünstige Upgrade-Optionen für die CPU:

• CPU-Upgrade: Ein Upgrade auf einen Ryzen 5 5600 oder Ryzen 7 5800X3D würde einen enormen Leistungsschub bedeuten, besonders in Spielen, und die Lebensdauer des Systems signifikant verlängern, ohne das Mainboard wechseln zu müssen. Der 5800X3D ist nach wie vor eine der besten Gaming-CPUs auf dem Markt.
• GPU-Upgrade: Mit einem stärkeren Netzteil wäre auch ein Upgrade auf eine Grafikkarte der RTX 30er oder 40er Serie (z.B. RTX 3060, 4060, 4070) oder AMD RX 6000er oder 7000er Serie (z.B. RX 6700 XT, 7700 XT) denkbar, um die Gaming-Leistung, insbesondere in 1440p, massiv zu verbessern.
• RAM-Upgrade: Ein Upgrade auf 32 GB DDR4-RAM wäre sinnvoll für Power-User oder Content Creation.
• Speicher-Upgrade: Eine größere NVMe SSD (z.B. 1-2 TB) würde den Komfort erheblich steigern.

Diese Upgrade-Pfade machen das System auch heute noch attraktiv für Nutzer, die mit einem moderaten Budget starten und später punktuell aufrüsten möchten.

Fazit

Der PC mit Ryzen 5 3600 und RTX 2060 Super ist ein Paradebeispiel für eine einst überragende Mittelklasse-Maschine, die mit Würde altert. Er ist kein High-End-Bolide mehr, aber auch noch lange kein Museumsstück.

Für 1080p-Gamer, Gelegenheits-Content-Creator und den Großteil der Heimanwender ist dieser PC immer noch eine gute Wahl und bietet ein solides, reaktionsschnelles Erlebnis. Wer jedoch anspruchsvolles 1440p-Gaming, maximale Grafikdetails mit Raytracing oder professionelle Workloads im Blick hat, wird feststellen, dass er hier nur noch „okay” ist und bald an seine Grenzen stößt.

Die exzellenten Upgrade-Möglichkeiten, insbesondere auf neuere Ryzen 5000er CPUs, sind ein starkes Argument dafür, diesen PC nicht vorschnell abzuschreiben. Mit ein paar gezielten Investitionen kann er noch viele Jahre gute Dienste leisten. Es kommt letztlich immer auf die individuellen Bedürfnisse und Erwartungen an – aber für die meisten ist dieser Klassiker noch lange nicht am Ende seiner Reise angelangt.