Lohnt sich der Kauf noch? Ein MacBook Pro 2020 im Langzeittest

In der rasanten Welt der Technologie, wo neue Modelle jährlich auf den Markt kommen, veraltet Hardware scheinbar im Handumdrehen. Doch was ist mit Geräten, die einst als revolutionär galten und den Grundstein für eine neue Ära legten? Das MacBook Pro 2020 ist ein solches Gerät. Es markierte Apples Abschied von der umstrittenen Butterfly-Tastatur und war das letzte Modell, das ausschließlich mit Intel-Prozessoren ausgeliefert wurde, bevor die Ära des Apple Silicon begann. Drei Jahre nach seiner Einführung stellt sich die zentrale Frage: Lohnt sich der Kauf eines MacBook Pro 2020 im Jahr 2023 oder gar 2024 noch? Wir haben es im Langzeittest unter die Lupe genommen.

Der erste Eindruck – Damals und Heute

Als das MacBook Pro 2020 vorgestellt wurde, war es ein willkommener Anblick. Nach Jahren der Beschwerden über die Butterfly-Tastatur kehrte Apple mit dem sogenannten „Magic Keyboard“ zu einer zuverlässigeren und komfortableren Scherenmechanik zurück. Dieses Detail allein war für viele schon ein Kaufgrund. Angetrieben von Intel Core i5 oder i7 Prozessoren der zehnten Generation, gepaart mit 8 GB oder 16 GB RAM und schnellen SSDs, versprach es eine solide Leistung für professionelle Anwender. Das klassische Design mit dem Aluminium-Unibody und dem brillanten Retina Display war bereits etabliert und wurde beibehalten.

Heute, wo die Apple Silicon Modelle (M1, M2, M3) den Markt dominieren, wirkt das MacBook Pro 2020 auf den ersten Blick wie ein Relikt. Doch hält man es in der Hand, spürt man immer noch die typische Apple-Qualität. Die Verarbeitung ist tadellos, das Design zeitlos elegant. Es ist immer noch ein wunderschönes Stück Technik, das sich keineswegs „alt” anfühlt, zumindest äußerlich.

Leistung im Praxistest – Für wen reicht es noch?

Hier trennt sich die Spreu vom Weizen, insbesondere im Vergleich zu den energieeffizienten und leistungsstarken Apple Silicon Chips. Die Performance ist der Dreh- und Angelpunkt, wenn es um die Kaufentscheidung eines gebrauchten Geräts geht.

Alltagsnutzung: Surfen, Office, E-Mails

Für die typischen Alltagsaufgaben – Surfen im Web mit vielen Tabs, E-Mails, Textverarbeitung (Microsoft Office, Apple Pages), Tabellenkalkulation und Videokonferenzen (Zoom, Microsoft Teams) – ist das MacBook Pro 2020 immer noch absolut ausreichend. Die Intel-CPU und der schnelle Speicher sorgen für eine flüssige Bedienung ohne spürbare Verzögerungen. Selbst bei moderatem Multitasking bleibt das System reaktionsschnell. Hier gibt es keinerlei Einschränkungen, und viele Nutzer werden keinen Unterschied zu neueren Modellen bemerken.

Kreativanwendungen: Foto- und Videobearbeitung

Dies ist der Bereich, in dem die Unterschiede zu den Apple Silicon Macs am deutlichsten werden. Dennoch: Für die meisten Hobbyfotografen und semiprofessionellen Anwender ist das MacBook Pro 2020 noch gut nutzbar.

• Foto-Bearbeitung (Lightroom, Photoshop): Das Bearbeiten von RAW-Dateien und komplexen Ebenen in Photoshop funktioniert immer noch gut, solange man nicht hunderte von Ebenen gleichzeitig bearbeitet oder extrem hochauflösende Panoramen zusammenfügt. Exporte sind merklich langsamer als auf einem M1 Pro oder gar M2 Max, aber nicht unerträglich langsam.
• Video-Bearbeitung (Final Cut Pro, Adobe Premiere Pro): Hier stößt der Intel-Prozessor an seine Grenzen, insbesondere bei 4K-Material. Das Schneiden von 1080p-Videos ist meist flüssig, aber bei der Wiedergabe von 4K-Timelines oder dem Rendern von Projekten zeigt sich die Überlegenheit der Apple Silicon Chips. Lüfter springen schneller an und die Renderzeiten sind deutlich länger. Wer gelegentlich kurze 4K-Clips schneidet, kommt vielleicht noch zurecht, für den täglichen professionellen 4K-Workflow ist es jedoch nicht mehr die erste Wahl.
• Musikproduktion (Logic Pro, Ableton Live): Mit einer ausreichenden Menge an RAM (idealerweise 16 GB) kann das MacBook Pro 2020 immer noch komplexe Audio-Projekte mit vielen Spuren und Effekten bewältigen. Die Latenz ist gut und die Performance ausreichend für die meisten Home-Studios und semiprofessionellen Musiker.

Softwareentwicklung und Virtualisierung

Für Entwickler ist die Situation etwas zweigeteilt. Das Kompilieren von Code für macOS oder iOS funktioniert immer noch zuverlässig, aber die Zeiten sind länger als auf Apple Silicon. Bei der Verwendung von Containern (Docker) oder Virtualisierung (VMware Fusion, Parallels Desktop) kann die Intel-Architektur sogar von Vorteil sein, da sie eine breitere Kompatibilität mit verschiedenen Betriebssystemen und Software-Images bietet, die nicht für ARM optimiert sind. Allerdings kann die Leistung hier, insbesondere bei mehreren laufenden VMs, schnell an ihre Grenzen stoßen und die Lüfter stark beanspruchen.

Gaming

Ein MacBook Pro war und ist kein Gaming-Laptop. Gelegentliche Indie-Spiele oder ältere Titel sind spielbar, aber moderne AAA-Titel, selbst in reduzierten Einstellungen, bringen die integrierte Intel Iris Plus Graphics schnell an ihre Grenzen. Wer primär spielen möchte, sollte sich woanders umsehen.

Akkulaufzeit – Der ewige Kampf

Apples Intel-MacBooks waren nie für ihre außergewöhnliche Akkulaufzeit bekannt, zumindest nicht im Vergleich zu den heutigen Apple Silicon Modellen. Das MacBook Pro 2020 bot neu etwa 10 Stunden bei leichter Nutzung. Nach drei Jahren intensiver Nutzung ist ein gewisser Verschleiß der Batterie unvermeidlich. Bei vielen gebrauchten Modellen muss man mit einer Akkukapazität von 80-90% oder sogar weniger rechnen, was die tatsächliche Nutzungsdauer auf 6-8 Stunden reduziert. Für längere, mobile Arbeitstage ist ein Ladegerät oft unerlässlich. Hier zeigt sich einer der größten Vorteile der M-Chips: ihre enorme Effizienz.

Design, Display und Tastatur – Bewährte Qualität?

• Design: Das Unibody-Design ist immer noch ansprechend und die Verarbeitungsqualität hervorragend. Es ist schlank, aber nicht so extrem dünn wie das aktuelle MacBook Air und bietet eine gute Haptik.
• Display: Das 13,3 Zoll große Retina Display mit 2560 x 1600 Pixeln ist auch heute noch exzellent. Helle Farben, gute Kontraste und eine hohe Pixeldichte machen das Arbeiten und Konsumieren von Medien zum Vergnügen. Die Helligkeit von 500 Nits ist für die meisten Innenräume ausreichend.
• Tastatur (Magic Keyboard): Dies ist ein Highlight des 2020er Modells. Die Magic Keyboard ist eine deutliche Verbesserung gegenüber der Butterfly-Tastatur. Sie bietet einen angenehmen Tastenhub, ist leise und zuverlässig. Auch nach Jahren der Nutzung fühlt sie sich immer noch hervorragend an.
• Trackpad: Das Force Touch Trackpad von Apple bleibt unübertroffen in Sachen Präzision und Gestensteuerung.
• Lautsprecher: Die Stereo-Lautsprecher liefern einen überraschend vollen und klaren Klang für ein Notebook dieser Größe.

Anschlüsse und Konnektivität – Flexibilität oder Limitierung?

Das MacBook Pro 2020 war mit zwei (Basis-Modell) oder vier (Top-Modell) Thunderbolt 3 Ports ausgestattet, die USB-C kompatibel sind. Diese Ports sind extrem vielseitig und ermöglichen den Anschluss von externen Displays (bis zu 6K), externen GPUs, schnellen SSDs und Hubs. Der Trend zum reinen USB-C-Anschluss hat sich durchgesetzt, was bedeutet, dass man für ältere Peripheriegeräte oft Adapter und Dongles benötigt. Das ist zwar nicht ideal, aber eine Realität, an die sich MacBook-Nutzer gewöhnt haben. Die Wi-Fi- und Bluetooth-Konnektivität (Wi-Fi 5 und Bluetooth 5.0) ist ebenfalls solide, wenn auch nicht auf dem neuesten Stand (Wi-Fi 6/6E). Für die meisten Anwendungen ist dies jedoch kein Flaschenhals.

Software-Support und Aktualisierungen – Wie lange noch?

Dies ist ein kritischer Punkt für ältere Apple-Geräte. Apple ist bekannt für seinen langen Software-Support, der in der Regel 6-7 Jahre umfasst. Das MacBook Pro 2020 wurde mit macOS Catalina ausgeliefert und ist kompatibel mit macOS Ventura und auch dem neuesten macOS Sonoma. Dies bedeutet, dass es weiterhin alle aktuellen Sicherheits- und Funktionsupdates erhält. Die Unterstützung wird voraussichtlich noch bis mindestens 2026/2027 anhalten. Danach wird es zwar keine neuen macOS-Versionen mehr erhalten, aber wichtige Sicherheitsupdates werden oft noch länger bereitgestellt. Für die nächsten 2-3 Jahre ist man also softwareseitig auf der sicheren Seite.

Der Gebrauchtmarkt – Was ist es wert?

Der Hauptgrund, sich heute noch für ein MacBook Pro 2020 zu interessieren, ist der Preis. Auf dem Gebrauchtmarkt sind gut erhaltene Modelle oft für 500 bis 800 Euro zu finden, abhängig von der Ausstattung (i5/i7, 8GB/16GB RAM, SSD-Größe) und dem Zustand. Zum Vergleich: Ein neues MacBook Air M1, das in vielen Belangen überlegen ist, kostet neu ab ca. 1.000 Euro. Ein MacBook Pro M1 ist noch teurer.

Beim Kauf eines gebrauchten Modells sollten Sie unbedingt auf folgende Punkte achten:

• Akkuzustand: Überprüfen Sie die maximale Kapazität in den Systemeinstellungen. Eine Kapazität unter 80% kann auf einen baldigen Akkutausch hindeuten.
• Display: Achten Sie auf Pixelfehler, Helligkeitsflecken oder „Staingate”-Probleme (Entschichtung des Displays), obwohl dies beim 2020er Modell seltener ist.
• Tastatur und Trackpad: Überprüfen Sie die Funktionalität aller Tasten und des Trackpads.
• Anschlüsse: Testen Sie alle USB-C/Thunderbolt-Ports.
• iCloud-Sperre: Stellen Sie sicher, dass das Gerät vollständig vom vorherigen Besitzer abgemeldet wurde.

Vorteile und Nachteile im Überblick

Vorteile:

• Attraktiver Preis auf dem Gebrauchtmarkt.
• Hervorragendes Magic Keyboard.
• Brillantes Retina Display.
• Hochwertiges Design und Verarbeitungsqualität.
• Gute Performance für Alltagsaufgaben und moderate Kreativanwendungen.
• Umfassende Software-Kompatibilität mit macOS Sonoma.
• Breite Hardware-Kompatibilität dank Intel-Chip (z.B. für Boot Camp oder bestimmte VMs).

Nachteile:

• Deutlich geringere Akkulaufzeit als Apple Silicon Macs.
• Geringere Leistung in CPU- und GPU-intensiven Anwendungen im Vergleich zu M-Chips.
• Lüfter können bei Last hörbar werden.
• Kein aktiver Support mehr für Boot Camp (Windows auf Intel-Macs).
• Begrenzter zukünftiger Software-Support (vermutlich noch 2-3 Jahre).
• Höherer Stromverbrauch als Apple Silicon Macs.

Fazit: Lohnt sich der Kauf noch?

Die Antwort auf diese Frage ist nicht pauschal, sondern hängt stark von Ihren individuellen Bedürfnissen und Ihrem Budget ab. Für wen ist das MacBook Pro 2020 noch eine sinnvolle Investition?

Ja, es lohnt sich, wenn:

1. Ihr Budget begrenzt ist: Wenn Sie ein leistungsfähiges, hochwertiges Notebook für unter 800 Euro suchen und die Kosten für ein neues Apple Silicon Modell scheuen.
2. Sie primär für den Alltag arbeiten: Surfen, Office, E-Mails, Streaming – für diese Aufgaben bietet das MacBook Pro 2020 immer noch eine hervorragende Benutzererfahrung.
3. Sie moderate Kreativanwendungen nutzen: Für die gelegentliche Foto- oder 1080p-Videobearbeitung oder Musikproduktion ist es noch absolut ausreichend.
4. Sie bestimmte Software benötigen, die nur auf Intel-Macs läuft: Dies betrifft insbesondere ältere Windows-Anwendungen über Boot Camp oder spezielle Virtualisierungs-Setups.
5. Sie Wert auf das Magic Keyboard legen: Die Tastatur ist ein Traum und für Vielschreiber ein echtes Argument.

Nein, es lohnt sich nicht, wenn:

1. Sie maximale Leistung und Effizienz benötigen: Für anspruchsvolle 4K-Videobearbeitung, 3D-Rendering, intensive Softwareentwicklung oder maschinelles Lernen sind die Apple Silicon Macs haushoch überlegen.
2. Die Akkulaufzeit oberste Priorität hat: Die M-Chips bieten hier eine signifikant längere Nutzungsdauer abseits der Steckdose.
3. Sie ein zukunftssicheres Gerät für die nächsten 5+ Jahre suchen: Der Software-Support wird in einigen Jahren auslaufen.
4. Sie nicht auf den neuesten Standard bei Konnektivität verzichten möchten: Neuere Modelle bieten Wi-Fi 6E, HDMI-Anschlüsse und andere Neuerungen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das MacBook Pro 2020 immer noch ein sehr fähiges Notebook ist, das viel von Apples Kernstärken wie Design, Display und Tastatur bietet. Es ist eine ausgezeichnete Wahl für preisbewusste Käufer, die ein zuverlässiges und leistungsstarkes Arbeitsgerät für den Alltag und moderate professionelle Aufgaben suchen. Es mag zwar nicht mehr die Speerspitze der Technologie sein, aber seine solide Bauweise und die immer noch gute Leistung machen es zu einer attraktiven Option auf dem Gebrauchtmarkt – solange man seine Einschränkungen im Vergleich zu den neuen Apple Silicon Modellen kennt und akzeptiert. Es ist kein Alleskönner mehr, aber ein äußerst kompetenter Spezialist im Preissegment der oberen Mittelklasse.