Ein Blick zurück: Welche Windows 10 Version bot die meisten Cortana-Features und was wurde daraus?

In einer Ära, in der digitale Assistenten wie Siri, Google Assistant und Alexa unser tägliches Leben zunehmend prägen, ist es leicht zu vergessen, dass Microsoft einst mit Cortana einen ehrgeizigen Vorstoß in diese Welt wagte. Mit der Veröffentlichung von Windows 10 im Jahr 2015 positionierte Microsoft seine KI-gestützte Helferin als integralen Bestandteil des Betriebssystems – eine intelligente Schnittstelle, die dem Nutzer das Leben erleichtern sollte. Die Vision war klar: eine persönliche Assistentin, die lernt, sich anpasst und proaktiv unterstützt. Doch welche Windows 10 Version bot eigentlich die meisten Cortana-Features, und wie entwickelte sich diese vielversprechende Technologie im Laufe der Zeit?

Cortanas glorreicher Start mit Windows 10: Ein neues Zeitalter der Interaktion

Als Windows 10 im Juli 2015 an den Start ging, war Cortana nicht nur eine optionale App, sondern ein fester und prominenter Bestandteil der Benutzeroberfläche. Direkt neben dem Startbutton thronte das Suchfeld, in dem man entweder tippen oder per Sprachbefehl mit der digitalen Assistentin interagieren konnte. Es war ein mutiger Schritt, der die Ambitionen Microsofts unterstrich, einen direkten Konkurrenten zu Apples Siri und Googles damals noch in den Startlöchern steckenden Assistant zu schaffen.

Die anfängliche Begeisterung war spürbar. Nutzer konnten per Sprachbefehl („Hey Cortana”) grundlegende Systemfunktionen steuern, das Web durchsuchen, Erinnerungen einstellen und sogar Witze erzählen lassen. Es war ein Versprechen von bequemer, natürlicher Interaktion mit dem Computer, das über die reine Maus- und Tastatursteuerung hinausging. Cortana war nicht nur eine Suchmaschine, sondern sollte ein lernender Begleiter sein, der den Kontext verstand und vorausschauend agierte.

Der Höhepunkt der Funktionen: Die Goldenen Jahre von Cortana in Windows 10

Um die Frage zu beantworten, welche Windows 10 Version die meisten Cortana-Features bot, müssen wir uns die ersten Jahre nach der Veröffentlichung von Windows 10 genauer ansehen. Während die initiale Version (1507) bereits eine solide Basis legte, war es vor allem das Anniversary Update (Version 1607), das im Sommer 2016 veröffentlicht wurde, welches Cortana auf ihren funktionalen Höhepunkt brachte. Auch das davor erschienene November Update (Version 1511) trug maßgeblich zur Erweiterung der Fähigkeiten bei.

In dieser Phase war Cortana so tiefgreifend in das System integriert und mit Features ausgestattet, wie nie zuvor oder danach. Hier eine detaillierte Auflistung der Funktionen, die Cortana damals zu bieten hatte:

• Umfassende Systemintegration: Cortana konnte den PC per Sprachbefehl herunterfahren, neu starten, in den Ruhezustand versetzen, Einstellungen öffnen oder bestimmte Anwendungen starten. Man konnte sie bitten, Bluetooth einzuschalten oder die Bildschirmhelligkeit anzupassen.
• Das „Notizbuch” als Personalisierungs-Hub: Dies war das Herzstück von Cortanas Lernfähigkeit. Im Notizbuch konnten Nutzer ihre Interessen hinterlegen – von bevorzugten Nachrichtenthemen und Sportteams bis hin zu Verkehrsinformationen für den Arbeitsweg. Cortana nutzte diese Informationen, um proaktiv relevante Updates und Empfehlungen zu liefern.
• Erinnerungen aller Art: Eine der nützlichsten Funktionen waren die intelligenten Erinnerungen. Cortana konnte nicht nur zeitbasierte Erinnerungen einstellen („Erinnere mich um 15 Uhr an den Anruf”), sondern auch ortsbasierte („Erinnere mich, wenn ich zu Hause ankomme, den Müll rauszubringen”) oder sogar personenbasierte („Erinnere mich, wenn ich XY das nächste Mal anrufe, nach dem Projekt zu fragen”). Sie konnte auch Erinnerungen aus E-Mails oder Kalendereinträgen erstellen.
• Kommunikationsassistentin: Cortana konnte E-Mails im Outlook-Konto verfassen und versenden (wenn auch meist über eine Vorlage, die man dann manuell befüllte) und in Verbindung mit einem gekoppelten Smartphone SMS verschicken.
• Informationen und Unterhaltung: Vom Abrufen des Wetters und der Nachrichten über die Bereitstellung von Sportergebnissen und Aktienkursen bis hin zum Beantworten allgemeiner Wissensfragen, dem Erzählen von Witzen, Definitionen oder Übersetzungen – Cortana war eine vielseitige Informationsquelle, die stark auf Bing als Suchmaschine setzte.
• Gerätesteuerung und Konnektivität: Sie konnte Musik abspielen (lokal oder über Drittanbieter wie Spotify), Bluetooth-Geräte suchen und sogar eine begrenzte Cross-Device-Funktionalität mit Windows Phones oder Android-Geräten über die „Phone Companion” App bieten, um z.B. Benachrichtigungen vom Handy auf dem PC zu sehen.
• Integration von Drittanbieter-Apps (Skills): Microsoft versuchte, Entwickler zu gewinnen, Cortana-Skills zu entwickeln. Es gab Integrationen für Dienste wie Uber, OpenTable oder auch bestimmte Smart-Home-Geräte, die über Cortana gesteuert werden konnten. Diese Skills erweiterten ihre Fähigkeiten erheblich.
• Paketverfolgung und Flugstatus: Wenn Cortana Zugriff auf E-Mails hatte, konnte sie automatisch Paketnummern oder Flugbestätigungen erkennen und den Status im Notizbuch anzeigen.
• Integration ins Action Center: Wichtige Informationen und Erinnerungen von Cortana wurden auch direkt im Windows 10 Action Center angezeigt, was einen schnellen Überblick ermöglichte.
• „Hey Cortana” und Sperrbildschirm: Die Fähigkeit, Cortana jederzeit mit dem Sprachbefehl „Hey Cortana” zu aktivieren, war zentral. Zudem war sie direkt vom Sperrbildschirm aus zugänglich, ohne dass man sich einloggen musste (allerdings mit eingeschränkten Funktionen, um die Privatsphäre zu wahren).

Diese Fülle an Funktionen machte Cortana in den Versionen 1511 und 1607 zu einem echten Alleskönner auf dem Desktop. Microsoft investierte massiv in die Entwicklung und versuchte, Cortana als zentrale Schnittstelle für alle digitalen Interaktionen zu etablieren. Es war die Zeit, in der Cortana am ambitioniertesten war und die größte Bandbreite an Möglichkeiten bot.

Der Wendepunkt: Beginn der Transformation und strategische Neuausrichtung

Trotz der beeindruckenden Feature-Liste und Microsofts Anstrengungen begann der Stern von Cortana langsam zu sinken. Mehrere Faktoren spielten dabei eine Rolle:

• Geringere Nutzerakzeptanz als erwartet: Viele Nutzer nahmen Cortana nicht so intensiv an, wie Microsoft es sich erhofft hatte. Die Sprachinteraktion am Desktop war für viele noch ungewohnt oder wurde aus Datenschutzbedenken gemieden.
• Starke Konkurrenz: Amazon Alexa und Google Assistant etablierten sich rasant im Smart-Home-Bereich und auf mobilen Geräten, wo Sprachassistenten als nützlicher empfunden wurden als am PC. Microsoft konnte in diesen Bereichen nicht mithalten.
• Fokusverschiebung: Microsoft begann, seinen Fokus stärker auf Cloud-Dienste, Produktivitätstools und das Unternehmenskundengeschäft zu legen. Ein breit aufgestellter Consumer-Assistent passte nicht mehr so recht in diese Strategie.
• Datenschutzbedenken: Die tiefe Systemintegration und das Sammeln von Daten für das „Notizbuch” stießen bei einigen Nutzern auf Kritik.

Die ersten deutlichen Anzeichen einer Veränderung zeigten sich mit dem Windows 10 Mai 2019 Update (Version 1903). Hier wurde Cortana vom Windows-Suchfeld getrennt und erhielt ein eigenes Fenster und Symbol in der Taskleiste. Dies war ein entscheidender Schritt weg von ihrer Rolle als integrierter Systembestandteil hin zu einer eigenständigen App. Die „Hey Cortana”-Funktion war nicht mehr standardmäßig aktiviert, und die Interaktion wurde mehr auf das Tippen ausgerichtet.

Cortana 2.0: Vom Universal-Assistenten zur Produktivitäts-App

In den folgenden Updates setzte sich dieser Trend fort. Cortana wurde weiter modularisiert und zu einer reinen App. Der Fokus verschob sich drastisch von einem allgemeinen, lernenden Assistenten zu einem spezialisierten Werkzeug für die Produktivität, insbesondere im Kontext von Microsoft 365. Viele der ehemals so gepriesenen Consumer-Features verschwanden:

• Einstellung der Drittanbieter-Skills: Die Unterstützung für Skills von anderen Entwicklern wurde eingestellt. Spotify, Uber und Co. konnten nicht mehr über Cortana genutzt werden.
• Reduzierung der Unterhaltungs- und Informationsfunktionen: Witze, Spiele, allgemeine Web-Suchen und viele andere „persönliche” Funktionen wurden gestrichen oder stark reduziert.
• Fokus auf Microsoft 365: Die verbleibenden Kernfunktionen konzentrierten sich auf die Integration mit Outlook, Kalender, To Do und Teams. Cortana wurde zu einer Helferin für E-Mails (z.B. „E-Mail an XY schicken”), Termine („Termin für morgen um 10 Uhr erstellen”) und Aufgabenlisten. Sie konnte „Briefings” zusammenstellen, die den Tag und anstehende Aufgaben zusammenfassten.
• Verlust der tiefen Systemintegration: Die Steuerung grundlegender Systemfunktionen per Sprachbefehl – wie das Herunterfahren des PCs oder das Ändern von Einstellungen – wurde weitestgehend eliminiert oder stark eingeschränkt.

Was übrig blieb, war eine viel schlankere, zweckgebundenere Version von Cortana, die kaum noch Ähnlichkeit mit der ambitionierten digitalen Assistentin der Jahre 2015/2016 hatte. Sie wurde zu einer optionalen Produktivitäts-App, die man installieren oder deinstallieren konnte, anstatt einer Kernkomponente des Betriebssystems.

Cortanas Vermächtnis und die heutige Realität

Heute ist Cortana in Windows 11 und den späteren Versionen von Windows 10 nur noch ein Schatten ihres früheren Selbst. Sie ist nach wie vor als App verfügbar, fristet aber ein Nischendasein und ist weit davon entfernt, die zentrale Schnittstelle zu sein, die sie einst sein sollte. Die meisten Nutzer deaktivieren sie oder ignorieren sie schlichtweg. Microsofts Fokus liegt nun stärker auf generativer KI und Tools wie dem „Copilot”, der eine andere Form der assistierten Interaktion darstellt und stärker in die Microsoft-365-Umgebung integriert ist, aber nicht mehr als persönlicher „Assistent” im Sinne von Cortana auftritt.

Das Vermächtnis von Cortana ist zwiespältig. Einerseits hat sie Pionierarbeit für Sprachinteraktion auf dem Desktop geleistet und gezeigt, welche Möglichkeiten in der tiefen Integration einer KI in ein Betriebssystem stecken. Andererseits ist ihre Geschichte ein Paradebeispiel dafür, wie schwierig es ist, einen Allround-AI-Assistenten zu etablieren, wenn die Nutzerbedürfnisse und die Konkurrenz sich schnell ändern. Cortana konnte sich weder im mobilen Bereich noch im Smart Home durchsetzen und verlor auf dem Desktop an Relevanz, als Microsoft seine Strategie neu ausrichtete.

Fazit: Eine Reflexion über Anspruch und Wirklichkeit

Der Blick zurück zeigt deutlich: Die Windows 10 Versionen 1511 (November Update) und insbesondere 1607 (Anniversary Update) boten die meisten und umfassendsten Cortana-Features. In dieser Zeit war Cortana eine ambitionierte, tief integrierte digitale Assistentin, die Großes versprach und eine breite Palette an Funktionen für den Endverbraucher bereithielt.

Was daraus wurde, ist eine Lektion in der Dynamik des Technologie-Marktes. Cortana transformierte sich von einer persönlichen Allzweck-Assistentin zu einer spezialisierten Produktivitäts-App, die sich primär auf die Microsoft-365-Umgebung konzentriert. Sie ist nicht verschwunden, aber ihre Rolle und ihr Einfluss sind drastisch geschrumpft. Die Geschichte von Cortana ist ein faszinierendes Beispiel dafür, wie eine ehrgeizige Vision an der Realität der Nutzerakzeptanz, dem Wettbewerb und strategischen Neuausrichtungen scheitern – oder sich zumindest neu erfinden – muss. Der Traum von einer omnipräsenten KI-Begleiterin lebt weiter, aber nicht mehr in der Form, die Cortana einst verkörperte.