Die jährliche Stromrechnung ist für viele Haushalte in Deutschland ein Schockmoment. Oft rätseln wir, welche Geräte die unsichtbaren Stromfresser sind, die unsere Kilowattstunden-Anzeige in die Höhe treiben. Während wir uns auf Kühlschrank, Waschmaschine und Fernseher konzentrieren, vergessen wir häufig die kleinen, unauffälligen Helfer, die im Hintergrund stillschweigend ihren Dienst verrichten. Einer der größten dieser unterschätzten Kandidaten ist Ihr **Router** – oft zusammen mit einem **Modem** – der 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche, 365 Tage im Jahr in Betrieb ist. Was viele nicht wissen: Dieses unscheinbare Duo kann Ihnen jährlich bis zu 100 Euro und mehr an zusätzlichen Stromkosten verursachen.
In diesem Artikel tauchen wir tief in die Welt der Heimnetzwerkgeräte ein, erklären, wie diese Kosten entstehen, welche Faktoren sie beeinflussen und vor allem: Was Sie tun können, um Ihren Geldbeutel und die Umwelt zu schonen.
### Die unsichtbaren Stromfresser: Router und Modem
Stellen Sie sich vor: Sie kommen nach Hause, schalten Ihren Laptop ein, und im selben Moment ist das WLAN da. Ihr Smart TV streamt Inhalte, Ihr Smartphone empfängt Nachrichten, und vielleicht hat Ihr Sprachassistent schon das Licht gedimmt. All das ist nur möglich, weil Ihr **Router und Modem** unermüdlich arbeiten. Sie sind das Herzstück Ihrer digitalen Konnektivität, die Brücke zum Internet.
Viele denken: „Das sind doch nur kleine Kästchen mit ein paar Lämpchen. Wie viel Strom können die schon verbrauchen?” Die Antwort überrascht oft: Deutlich mehr, als man gemeinhin annimmt, insbesondere im **Dauerbetrieb**. Da diese Geräte selten ausgeschaltet werden – aus Bequemlichkeit, Notwendigkeit oder einfach aus Gewohnheit – summieren sich auch geringe Leistungsaufnahmen über ein ganzes Jahr zu einer beachtlichen Summe. Und in Zeiten steigender Strompreise wird dieser Posten auf der Stromrechnung immer relevanter.
### Die Mathematik des Verbrauchs: Wie 100 € zustande kommen
Um zu verstehen, wie die 100 Euro zusammenkommen, werfen wir einen Blick auf die **Leistungsaufnahme** und die **Stromkosten**.
Ein durchschnittlicher **WLAN-Router** verbraucht je nach Modell, Alter und Ausstattung zwischen 5 und 20 Watt (W) im Dauerbetrieb. Ein separates **Modem** kann zusätzlich 3 bis 10 W verbrauchen. Rechnen wir mit einer durchschnittlichen Leistungsaufnahme von 10 W für den Router und 5 W für das Modem, kommen wir auf eine Gesamtleistung von 15 W.
Die Formel zur Berechnung des jährlichen Verbrauchs lautet:
Leistungsaufnahme (W) * Betriebsstunden pro Tag * Tage pro Jahr / 1000 = Kilowattstunden (kWh) pro Jahr.
Nehmen wir unsere 15 W:
15 W * 24 Stunden/Tag * 365 Tage/Jahr = 131.400 Wattstunden (Wh) pro Jahr.
Umgerechnet in Kilowattstunden (kWh): 131.400 Wh / 1000 = **131,4 kWh pro Jahr**.
Nun zu den Kosten. Die Strompreise in Deutschland variieren stark, liegen aber oft bei 30 bis 40 Cent pro kWh, Tendenz steigend. Rechnen wir mit einem durchschnittlichen **Strompreis** von 35 Cent (0,35 €) pro kWh:
131,4 kWh * 0,35 €/kWh = **45,99 € pro Jahr**.
Moment, da sind wir ja noch nicht bei 100 Euro! Und genau hier liegt der Knackpunkt: Diese Berechnung ist ein Durchschnittswert für einfache, sparsame Geräte. Viele Faktoren treiben den Verbrauch aber deutlich in die Höhe:
1. **Leistungsstärkere Router**: Ein Gaming-Router, ein Mesh-System mit mehreren Satelliten oder ein Router mit integriertem DECT-Telefonanlage und Mediaserver kann schnell 20 bis 30 W oder sogar mehr verbrauchen.
2. **Zusätzliche Geräte**: Repeater, Powerline-Adapter, Netzwerk-Switches, Smart-Home-Hubs – all diese Geräte sind ebenfalls dauerhaft im Betrieb und verbrauchen zusätzlich Strom. Zwei Repeater mit jeweils 5 W addieren weitere 87,6 kWh und damit über 30 € pro Jahr.
3. **Ältere Geräte**: Ältere Router- und Modemmodelle sind oft weniger energieeffizient als moderne Geräte.
4. **Zunehmende Strompreise**: Bei 45 Cent/kWh wären die oben berechneten 131,4 kWh schon über 59 € pro Jahr.
5. **Peripherie**: Angeschlossene externe Festplatten oder USB-Geräte, die über den Router mit Strom versorgt werden, erhöhen den Verbrauch ebenfalls.
Rechnet man ein leistungsstärkeres Router-Modem-Gespann mit 25 W (was nicht ungewöhnlich ist) und zwei Repeatern (10 W) zusammen, kommen wir auf 35 W.
35 W * 24h * 365 Tage / 1000 = 306,6 kWh.
Bei 0,35 €/kWh sind das **107,31 € pro Jahr**. Und schon sind wir bei der magischen 100-Euro-Grenze – oder sogar darüber! Das zeigt, wie schnell sich die Kosten für das **Heimnetzwerk** summieren können.
### Mehr als nur der Router: Das gesamte Heimnetzwerk
Es ist wichtig zu verstehen, dass es selten nur der Router ist, der für die Kosten verantwortlich ist. Ein modernes Heimnetzwerk besteht oft aus mehreren Komponenten, die alle permanent unter Strom stehen:
* **Der Internet-Provider-Router/Modem**: Das Gerät, das Sie von Ihrem Anbieter erhalten haben (z.B. Fritz!Box, Speedport, Connect Box).
* **Zusätzliche WLAN-Router**: Falls Sie einen eigenen, leistungsstärkeren Router hinter dem Provider-Gerät betreiben.
* **WLAN-Repeater**: Um die Reichweite des WLANs zu erweitern. Jeder Repeater verbraucht zusätzlich 3-8 W.
* **Powerline-Adapter**: Für eine Netzwerkverbindung über die Stromleitung. Auch diese sind ständig aktiv und verbrauchen 2-5 W pro Adapter.
* **Netzwerk-Switches**: Wenn Sie viele kabelgebundene Geräte haben. Diese können je nach Portzahl 1-10 W verbrauchen.
* **Smart-Home-Gateways/Hubs**: Geräte, die Ihre intelligenten Lampen, Thermostate oder Rollläden steuern, sind ebenfalls im Dauerbetrieb.
* **Netzwerkfestplatten (NAS)**: Obwohl nicht direkt Teil des Routers, werden sie oft in Verbindung mit dem Netzwerk genutzt und können erheblich zum Stromverbrauch beitragen, wenn sie ständig laufen.
Die Summe dieser kleinen Posten ergibt das Gesamtbild eines **stromhungrigen Heimnetzwerks**.
### Warum Dauerbetrieb? Die Argumente PRO und CONTRA Abschalten
Viele zögern, ihren Router nachts oder bei Abwesenheit auszuschalten. Dafür gibt es gute Gründe, aber auch überzeugende Argumente dagegen.
**Argumente FÜR den Dauerbetrieb:**
* **Ständige Erreichbarkeit**: Für Home-Office, Online-Gaming, Smart-Home-Anwendungen oder Überwachungskameras ist eine durchgehende Internetverbindung unerlässlich.
* **Telefonie über VoIP**: Wenn Sie über Ihren Router telefonieren (Voice over IP), müssen Router und Modem permanent eingeschaltet sein, um erreichbar zu sein.
* **Firmware-Updates**: Viele Router laden und installieren Firmware-Updates automatisch in den Nachtstunden, um die Sicherheit und Leistung zu gewährleisten.
* **Schneller Start**: Nach dem Einschalten benötigen Router oft einige Minuten, um eine stabile Verbindung aufzubauen. Im Dauerbetrieb ist die Verbindung sofort verfügbar.
* **Stabile Verbindung**: Häufiges Ein- und Ausschalten kann bei einigen DSL-Anschlüssen dazu führen, dass die Leitung als instabil eingestuft wird, was die maximal verfügbare Bandbreite reduziert.
**Argumente GEGEN den Dauerbetrieb (potenzielle Vorteile des Abschaltens):**
* **Strom sparen**: Der offensichtlichste Vorteil. Jede nicht verbrauchte Wattstunde spart Geld.
* **Gerätelebensdauer**: Weniger Betriebsstunden bedeuten weniger Wärmeentwicklung und damit potenziell eine längere Lebensdauer der Elektronik.
* **Sicherheit**: Während der Router ausgeschaltet ist, sind Sie für potenzielle Angriffe von außen nicht erreichbar.
* **Digitale Auszeit**: Eine bewusste Trennung vom Internet kann zu mehr Ruhe und Erholung beitragen.
Die Entscheidung hängt stark von Ihren individuellen Bedürfnissen ab. Für die meisten Haushalte, die nicht rund um die Uhr auf eine Internetverbindung angewiesen sind (z.B. weil sie kein VoIP nutzen oder Smart-Home-Geräte haben, die eine konstante Verbindung erfordern), bietet das gezielte Abschalten ein erhebliches **Sparpotenzial**.
### Praktische Tipps zur Reduzierung des Stromverbrauchs
Auch wenn das vollständige Abschalten nicht für jeden praktikabel ist, gibt es viele Wege, den **Energieverbrauch Ihres Routers und Modems** sowie des gesamten Heimnetzwerks zu reduzieren.
1. **Geräteauswahl bei Neuanschaffung**:
* **Energieeffizienz prüfen**: Achten Sie bei neuen Routern auf Angaben zur Leistungsaufnahme. Neuere Modelle mit effizienteren Chipsätzen und Energiesparmodi (z.B. Eco-Modi, WLAN-Zeitpläne) sind oft sparsamer.
* **Integrierte Lösungen**: Ein leistungsstarker Router, der Modem, WLAN-Access-Point und Telefonanlage in einem Gerät vereint, kann unter Umständen sparsamer sein als mehrere Einzelgeräte.
2. **Einstellungen optimieren**:
* **WLAN-Zeitpläne nutzen**: Viele Router bieten die Möglichkeit, das WLAN nach einem Zeitplan automatisch abzuschalten – zum Beispiel nachts zwischen 23 Uhr und 6 Uhr. Dies spart nicht nur Strom, sondern reduziert auch die WLAN-Strahlung, wenn sie nicht benötigt wird.
* **USB-Anschlüsse nur bei Bedarf**: Wenn Ihr Router USB-Anschlüsse für Speichermedien oder Drucker hat, nutzen Sie diese nur, wenn Sie sie wirklich brauchen. Angeschlossene Geräte verbrauchen Strom.
* **LED-Helligkeit reduzieren/abschalten**: Die kleinen Leuchtdioden am Router können bei manchen Modellen deaktiviert oder in ihrer Helligkeit reduziert werden. Ein kleiner Betrag, aber er summiert sich.
* **Eco-Modi aktivieren**: Manche Router haben spezielle Energiesparmodi, die die Leistungsaufnahme bei geringer Auslastung reduzieren.
3. **Intelligente Abschaltung**:
* **Schaltbare Steckdosen**: Eine einfache Zeitschaltuhr (mechanisch oder digital) kann den Router nachts oder während Ihrer Abwesenheit zuverlässig vom Stromnetz trennen. Smarte Steckdosen bieten noch mehr Flexibilität und können per App gesteuert werden.
* **Einzelne Geräte vom Netz nehmen**: Wenn Sie Repeater oder Powerline-Adapter nur temporär benötigen, schalten Sie diese über eine schaltbare Steckdose aus.
* **Achtung bei VoIP und Smart Home**: Wenn Sie über den Router telefonieren oder Smart-Home-Geräte betreiben, die eine ständige Internetverbindung benötigen, ist das vollständige Abschalten eventuell keine Option. Hier sind WLAN-Zeitpläne die bessere Wahl.
4. **Weniger ist mehr**:
* **Benötigen Sie wirklich jeden Repeater?**: Manchmal lässt sich die WLAN-Abdeckung auch durch eine bessere Positionierung des Hauptrouters oder durch eine stärkere Antenne optimieren, sodass weniger zusätzliche Geräte benötigt werden.
* **Kabel statt WLAN**: Für stationäre Geräte wie PCs oder TVs ist eine Kabelverbindung oft stabiler und sicherer. Wenn Sie viele Geräte per Kabel verbinden, kann dies auch die Last auf das WLAN reduzieren und somit potenziell den Stromverbrauch des Routers senken, da weniger WLAN-Traffic verarbeitet werden muss.
5. **Regelmäßige Wartung**:
* **Firmware-Updates**: Halten Sie die Firmware Ihres Routers immer aktuell. Hersteller verbessern nicht nur die Sicherheit und Leistung, sondern oft auch die Energieeffizienz mit neuer Software.
* **Standort des Routers**: Sorgen Sie für eine gute Belüftung. Ein Router, der überhitzt, kann unter Umständen mehr Strom verbrauchen, um seine Komponenten zu kühlen oder stabil zu halten.
### Der psychologische Effekt und die Investition in Effizienz
Die 100 Euro im Jahr mögen auf den ersten Blick wie ein kleiner Betrag wirken, insbesondere im Vergleich zu den Gesamtkosten einer Jahresstromrechnung. Doch es geht nicht nur um das Geld. Es geht auch um **Bewusstsein** für den eigenen Energieverbrauch und den **ökologischen Fußabdruck**. Viele kleine Einsparungen summieren sich zu einer großen Wirkung – sowohl finanziell als auch für die Umwelt.
Die Investition in eine smarte Steckdose (ca. 10-30 Euro) oder einen energieeffizienteren Router mag anfangs eine Ausgabe sein, aber sie zahlt sich oft schon innerhalb weniger Monate oder Jahre aus. Es ist eine Investition in die **Zukunft**, in niedrigere Betriebskosten und in einen verantwortungsvolleren Umgang mit Ressourcen.
### Fazit
Ihr **Router und Modem** sind unverzichtbare Bestandteile des modernen Lebens. Sie ermöglichen uns Arbeit, Unterhaltung und Kommunikation. Doch ihre unsichtbare Präsenz im Dauerbetrieb kann sich zu erheblichen Kosten summieren – bis zu 100 Euro oder mehr pro Jahr sind keine Seltenheit für das gesamte Heimnetzwerk.
Mit einem besseren Verständnis dafür, wie der Stromverbrauch entsteht, und der Anwendung einiger praktischer Tipps können Sie diese Kosten jedoch effektiv senken. Ob durch die Wahl **energieeffizienter Geräte**, die **Optimierung von Einstellungen** wie WLAN-Zeitplänen oder den bewussten Einsatz **schaltbarer Steckdosen**: Jede Maßnahme zählt.
Nehmen Sie Ihre digitale Infrastruktur unter die Lupe. Es lohnt sich, die kleinen schwarzen Kästen genauer zu betrachten, denn in ihnen schlummert ein oft übersehenes Sparpotenzial, das sowohl Ihrem Geldbeutel als auch der Umwelt zugutekommt. Werden Sie zum Strom-Detektiv in Ihrem eigenen Zuhause und lassen Sie sich nicht länger von unnötigen Kosten auf Ihrer Stromrechnung schocken!