Der Speedtest lügt? Warum von Ihren 50 MBit/s nur 7 ankommen und wie Sie das ändern

Kennen Sie das Gefühl? Sie haben einen neuen Internetvertrag abgeschlossen, stolze 50 MBit/s Download-Geschwindigkeit verspricht Ihr Anbieter. Voller Vorfreude starten Sie einen Speedtest – und dann der Schock: gerade einmal 7 MBit/s kommen an. Ist das System korrupt? Lügt der Speedtest? Oder betrügt Sie Ihr Internetanbieter? Die gute Nachricht ist: Meistens steckt keine böse Absicht dahinter. Die Ursachen für eine so drastische Diskrepanz zwischen vertraglich zugesicherter und tatsächlich gemessener Geschwindigkeit sind vielfältig und oft in den eigenen vier Wänden oder auf dem Weg dorthin zu finden. Doch keine Sorge: Wir entschlüsseln das Geheimnis und zeigen Ihnen, wie Sie das Maximum aus Ihrer Internetleitung herausholen können.

MBit/s vs. MB/s: Die erste Stolperfalle und die „bis zu”-Lüge

Bevor wir uns ins Detail stürzen, müssen wir eine grundlegende Verwechslung aufklären, die häufig für Frustration sorgt: die Unterscheidung zwischen Megabit pro Sekunde (MBit/s) und Megabyte pro Sekunde (MB/s). Ihr Internetvertrag spricht in MBit/s. Wenn Sie aber eine Datei herunterladen, zeigt Ihr Browser oder Download-Manager die Geschwindigkeit oft in MB/s an. Der Haken daran: 1 Byte besteht aus 8 Bit. Das bedeutet, eine Download-Geschwindigkeit von 8 MBit/s entspricht gerade einmal 1 MB/s. Wenn Ihr Speedtest also „nur“ 7 MBit/s anzeigt, und Sie eine Download-Anzeige von etwa 0,8 bis 0,9 MB/s sehen, dann passen diese Werte perfekt zusammen. Viele Nutzer erwarten, dass bei 50 MBit/s auch 50 MB/s ankommen – ein Trugschluss, der aus dieser Bit-Byte-Verwechslung resultiert. 50 MBit/s entsprechen theoretisch etwa 6,25 MB/s.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Formulierung „bis zu“. Diese kleine, aber entscheidende Floskel ist in nahezu jedem Internetvertrag zu finden. Sie bedeutet, dass Ihr Anbieter Ihnen eine maximale Geschwindigkeit zusichert, die unter optimalen Bedingungen erreicht werden kann. Realistischere Werte sind oft die „in der Regel zur Verfügung stehende Geschwindigkeit“ oder die „minimale Geschwindigkeit“, die ebenfalls im Vertrag oder in den Vertragsunterlagen ausgewiesen sein sollten. Faktoren wie Netzauslastung, Leitungslänge und die Qualität der Infrastruktur spielen hier eine Rolle und können dazu führen, dass die beworbene Höchstgeschwindigkeit in der Praxis nur selten oder gar nicht erreicht wird. Dennoch sollten die Abweichungen nicht extrem sein, wie das Beispiel von 50 MBit/s auf 7 MBit/s zeigt.

Die Ursachenforschung: Warum die Geschwindigkeit so drastisch abfällt

Wenn Ihre Geschwindigkeit weit unter dem liegt, was Sie erwarten würden, ist es Zeit für eine systematische Ursachenforschung. Die potenziellen Problemquellen lassen sich grob in zwei Bereiche unterteilen: Ihr Heimnetzwerk und die Verbindung zu Ihrem Internetanbieter.

I. Ihr eigenes Heimnetzwerk: Die unterschätzte Baustelle

Die häufigsten Gründe für langsames Internet liegen oft näher, als man denkt – nämlich in den eigenen vier Wänden. Hier sind die Hauptverdächtigen:

1. WLAN vs. LAN: Der größte Geschwindigkeitskiller ist oft die WLAN-Verbindung. Während eine direkte Verbindung per Netzwerkkabel (LAN) in der Regel die volle Bandbreite liefert, ist WLAN anfälliger für Störungen und Dämpfungen.
   • WLAN-Qualität:
     • Router-Standort: Ihr Router ist das Herzstück Ihres Heimnetzwerks. Steht er in einer Ecke, hinter Möbeln oder in einem Schrank, wird das WLAN-Signal stark gedämpft. Eine zentrale, erhöhte Position ist ideal.
     • Hindernisse: Wände (besonders Stahlbeton), Decken und sogar Wasserleitungen absorbieren WLAN-Signale erheblich.
     • Frequenzbänder: Moderne Router funken auf 2,4 GHz und 5 GHz. Das 2,4-GHz-Band hat eine größere Reichweite und dringt besser durch Wände, ist aber oft überlastet (Mikrowellen, Babyphones, Bluetooth-Geräte, Nachbar-WLANs) und bietet geringere Geschwindigkeiten. Das 5-GHz-Band ist schneller und weniger überlaufen, hat aber eine geringere Reichweite.
     • Veraltete Router/Endgeräte: Ein alter Router oder ein Laptop mit einem veralteten WLAN-Modul (z.B. nur 802.11n statt 802.11ac oder Wi-Fi 6/ax) kann die zugesicherte Geschwindigkeit nicht verarbeiten. Das schwächste Glied in der Kette bestimmt die Geschwindigkeit.
     • Kanalüberlappungen: Wenn viele WLANs in Ihrer Nachbarschaft auf denselben Kanälen funken, stören sie sich gegenseitig.
   • Repeater/Mesh-Systeme: Diese erweitern die WLAN-Reichweite, können aber auch die Geschwindigkeit halbieren, wenn sie nicht optimal platziert oder konfiguriert sind. Ein schlechter Repeater kann die Situation verschlimmern.
2. Defekte oder alte Kabel: Ein beschädigtes oder veraltetes Ethernet-Kabel (z.B. CAT5 anstelle von CAT5e, CAT6 oder CAT7) kann die Geschwindigkeit selbst bei einer LAN-Verbindung limitieren. Auch das DSL-Kabel zum Router oder die Koaxialkabel für Kabelinternet können Probleme bereiten.
3. Netzwerkkarten und Treiber: Eine alte oder fehlerhafte Netzwerkkarte in Ihrem Computer oder veraltete Treiber können die Datenübertragung behindern.
4. Gleichzeitige Nutzung: Wenn mehrere Personen gleichzeitig streamen, online spielen, große Dateien herunterladen oder Videokonferenzen abhalten, teilen sich alle die verfügbare Bandbreite. Dies ist besonders bei symmetrischen Leitungen für Uploads relevant.
5. Malware und Hintergrundprozesse: Schadprogramme oder auch legitime Anwendungen (Cloud-Sync, automatische Updates, VPN-Dienste) können im Hintergrund Bandbreite verbrauchen, ohne dass Sie es merken.

II. Der Weg zum Anbieter: Außerhalb Ihrer Kontrolle (meistens)

Auch wenn die meisten Probleme im eigenen Haus liegen, gibt es Faktoren, die der Anbieter oder die Infrastruktur beeinflussen:

1. Anschlussart und Leitungsqualität:
   • DSL: Die Geschwindigkeit ist stark abhängig von der Länge und Qualität der Kupferleitung zum Verteilerkasten. Je weiter entfernt Sie wohnen, desto mehr Geschwindigkeit geht verloren (Dämpfung).
   • Kabelinternet: Hier teilen Sie sich die Bandbreite mit Nachbarn in Ihrem Segment. Zu Stoßzeiten kann es zu Engpässen kommen.
   • Glasfaser: Am wenigsten anfällig für diese Probleme, da Glasfaser bis ins Haus verlegt wird und nahezu unbegrenzte Bandbreite bietet.
2. Tageszeit und Netzauslastung: Genau wie auf einer Autobahn kann es auch im Internet zu „Rush Hours“ kommen. Abends, wenn viele Menschen streamen oder spielen, kann die allgemeine Netzauslastung zu temporären Geschwindigkeitsverlusten führen.
3. Server des Speedtests/der Website: Nicht jeder Speedtest-Server ist gleich gut angebunden oder hat die gleiche Auslastung. Auch der Server, von dem Sie eine Datei herunterladen, kann der Flaschenhals sein. Testen Sie immer mit mehreren Speedtests und verschiedenen Servern.
4. Anbieter-Infrastruktur: Selten, aber möglich ist eine Überlastung der Infrastruktur beim Anbieter selbst, zum Beispiel bei Wartungsarbeiten oder technischen Problemen in Ihrer Region.

Die Lösung: So holen Sie das Maximum aus Ihrer Leitung heraus

Nachdem wir die möglichen Ursachen identifiziert haben, geht es nun an die konkreten Schritte, um Ihre Internetgeschwindigkeit zu optimieren.

1. Optimierung im Heimnetzwerk:

• Führen Sie Speedtests richtig durch:
  • Trennen Sie alle anderen Geräte vom Internet.
  • Verbinden Sie Ihren Computer direkt per LAN-Kabel (mindestens CAT5e, besser CAT6 oder CAT7) mit Ihrem Router.
  • Nutzen Sie verschiedene Speedtest-Anbieter (z.B. Ookla Speedtest, Breitbandmessung der Bundesnetzagentur, Google Speedtest) und wiederholen Sie die Messung zu verschiedenen Tageszeiten.
  • Halten Sie die Ergebnisse fest.
• Optimieren Sie Ihren Router:
  • Standort: Stellen Sie den Router so zentral und frei wie möglich auf. Vermeiden Sie Hindernisse.
  • Firmware-Update: Stellen Sie sicher, dass die Router-Firmware auf dem neuesten Stand ist.
  • Frequenzband: Nutzen Sie das 5-GHz-Band für Geräte in Router-Nähe, die hohe Geschwindigkeiten benötigen (Streaming-Geräte, Gaming-PCs). Für Geräte weiter entfernt, ist 2,4 GHz oft stabiler, aber langsamer.
  • WLAN-Kanal: Überprüfen Sie mit Tools wie der Fritz!App WLAN (für Fritzbox-Nutzer) oder anderen WLAN-Scannern, welche Kanäle in Ihrer Umgebung am wenigsten belegt sind, und wechseln Sie den Kanal im Router-Menü.
  • Neuen Router in Betracht ziehen: Wenn Ihr Router älter als 5 Jahre ist oder keine aktuellen WLAN-Standards (Wi-Fi 5/ac oder Wi-Fi 6/ax) unterstützt, kann ein Upgrade Wunder wirken.
• Prüfen Sie Ihre Kabel: Tauschen Sie alte oder beschädigte Ethernet-Kabel aus. Achten Sie auf die richtige Kategorie (CAT6 oder höher für Gigabit-Geschwindigkeiten).
• Endgeräte optimieren:
  • Treiber aktualisieren: Stellen Sie sicher, dass Ihre Netzwerkadapter-Treiber auf dem neuesten Stand sind.
  • Hintergrundprozesse: Schließen Sie unnötige Programme, prüfen Sie auf Malware und deaktivieren Sie automatische Updates/Synchronisationen, die Bandbreite verbrauchen könnten.
• Repeater/Mesh-Systeme: Wenn Sie Repeater nutzen, platzieren Sie diese optimal (etwa auf halbem Weg zwischen Router und Endgerät, wo das Signal noch gut ist). Ziehen Sie ggf. ein hochwertiges Mesh-WLAN-System in Betracht, das eine nahtlose und schnellere Abdeckung bietet.

2. Kommunikation mit dem Anbieter:

Wenn Sie alle Optimierungen in Ihrem Heimnetzwerk vorgenommen haben und die Geschwindigkeit per LAN-Kabel direkt am Router immer noch deutlich unter dem vertraglich zugesicherten Wert (minus die „bis zu”-Toleranz) liegt, ist es Zeit, Ihren Internetanbieter zu kontaktieren.

• Bereiten Sie sich vor: Halten Sie Ihre dokumentierten Speedtest-Ergebnisse (Datum, Uhrzeit, Messserver, gemessene Download/Upload/Ping) bereit. Erwähnen Sie, dass Sie die Tests per LAN-Kabel durchgeführt haben.
• Fehlerbehebung durch den Anbieter: Der Support wird wahrscheinlich eine eigene Leitungsprüfung durchführen und gegebenenfalls einen Techniker schicken. Manchmal liegt das Problem an einem defekten Router des Anbieters, einer gestörten Leitung außerhalb des Hauses oder einer fehlerhaften Konfiguration.
• Rechtliche Möglichkeiten: Wenn Ihr Anbieter die vertraglich zugesicherte „in der Regel zur Verfügung stehende Geschwindigkeit“ oder die „minimale Geschwindigkeit“ dauerhaft nicht liefert, haben Sie das Recht auf Minderung der monatlichen Kosten oder sogar auf eine fristlose Kündigung. Die Bundesnetzagentur bietet hierfür ein Breitbandmessung-Tool und ein entsprechendes Beschwerdeverfahren an, dessen Ergebnisse als Beweis dienen können.

Fazit: Ihr Recht auf schnelles Internet

Die Diskrepanz zwischen versprochener und tatsächlicher Internetgeschwindigkeit ist frustrierend, aber selten ein Zeichen für Betrug. Oft sind es technische Details oder Fehler in der eigenen Konfiguration, die die Internet-Geschwindigkeit bremsen. Mit dem Wissen um MBit/s vs. MB/s, der Bedeutung von „bis zu“ und einer systematischen Fehlersuche in Ihrem Heimnetzwerk können Sie selbst viel erreichen, um Ihre WLAN-Leistung und die gesamte Internetverbindung zu optimieren. Scheuen Sie sich nicht, in hochwertige Hardware (Router, Kabel) zu investieren, wenn Ihre aktuelle Ausrüstung zum Flaschenhals wird. Und wenn alle Stricke reißen, nehmen Sie Ihre Rechte wahr und fordern Sie von Ihrem Anbieter die Leistung ein, für die Sie bezahlen. Schnelles und stabiles Internet ist in der heutigen Zeit keine Luxusleistung mehr, sondern eine Notwendigkeit. Holen Sie sich, was Ihnen zusteht!