Gefangen im Schneckentempo? Wenn nur 70 Mbits ankommen – das können Sie jetzt tun

Kennen Sie das Gefühl? Sie sitzen vor Ihrem Computer, wollen einen Film streamen, ein Online-Meeting abhalten oder einfach nur im Internet surfen, und plötzlich scheint alles in Zeitlupe zu laufen. Der Ladekreis dreht sich endlos, Videos stocken, und das Herunterladen einer einfachen Datei wird zur Geduldsprobe. Besonders frustrierend ist es, wenn Sie für einen schnellen Internetanschluss bezahlen, aber de facto nur noch 70 Mbits (Megabits pro Sekunde) bei Ihnen ankommen. Was früher vielleicht noch ausreichend war, ist in der heutigen digitalisierten Welt, in der hochauflösende Inhalte und anspruchsvolle Anwendungen Standard sind, oft ein echtes Ärgernis. Aber keine Sorge, Sie sind nicht allein mit diesem Problem, und es gibt eine Vielzahl von Schritten, die Sie unternehmen können, um Ihre Internetgeschwindigkeit wieder auf Touren zu bringen.

In diesem umfassenden Guide führen wir Sie Schritt für Schritt durch die möglichen Ursachen und Lösungen, um Ihr Internet wieder in Fahrt zu bringen. Von einfachen Checks bis hin zu tiefergehenden Analysen – hier finden Sie alles, was Sie wissen müssen.

Was bedeuten 70 Mbits heutzutage? Eine Einordnung

Bevor wir uns den Lösungen widmen, werfen wir einen kurzen Blick darauf, was 70 Mbits in der heutigen Zeit eigentlich bedeuten. Für einzelne einfache Tätigkeiten wie E-Mails abrufen oder leichte Webseiten besuchen mag dies noch genügen. Sobald jedoch mehrere Personen gleichzeitig online sind, hochauflösende Videos gestreamt (z.B. 4K-Inhalte, die schnell 25-50 Mbits pro Stream verbrauchen können), große Dateien heruntergeladen oder Videokonferenzen mit mehreren Teilnehmern abgehalten werden, stoßen 70 Mbits schnell an ihre Grenzen. Gerade im Home-Office-Zeitalter oder in Haushalten mit mehreren smarten Geräten und intensiver Internetnutzung ist eine höhere Bandbreite wünschenswert. Wenn Sie also eigentlich einen 100 Mbits, 250 Mbits oder sogar einen Glasfaseranschluss mit 500 oder 1000 Mbits gebucht haben und nur 70 Mbits ankommen, besteht definitiv Handlungsbedarf.

Der erste Schritt: Die Diagnose – Messen ist Wissen

Bevor Sie panisch werden oder gar den Anbieter kontaktieren, sollten Sie die Ist-Situation genau analysieren. Eine verlässliche Messung ist das A und O:

1. Nutzen Sie zuverlässige Speedtests: Verlassen Sie sich nicht nur auf einen Anbieter. Testen Sie Ihre Internetgeschwindigkeit auf verschiedenen Plattformen wie Speedtest.net (Ookla), Breitbandmessung.de der Bundesnetzagentur oder Fast.com. Führen Sie die Tests zu verschiedenen Tageszeiten durch, idealerweise morgens, mittags und abends, um Schwankungen festzustellen.
2. Verbinden Sie Ihr Gerät direkt mit dem Router: Für eine möglichst genaue Messung sollten Sie Ihren Computer oder Laptop direkt über ein Ethernet-Kabel (mindestens Cat 5e, besser Cat 6) mit Ihrem Router verbinden. WLAN-Verbindungen sind anfälliger für Störungen und zeigen oft nicht die volle Leistung Ihres Anschlusses.
3. Schalten Sie andere Geräte aus: Trennen Sie während des Tests alle anderen Geräte vom Netzwerk, die Bandbreite verbrauchen könnten (Smartphones, Tablets, Smart-TVs, andere Computer). Schließen Sie auch alle unnötigen Anwendungen auf dem Testgerät.

Sollten auch bei diesen optimalen Bedingungen die Werte deutlich unter Ihrer vertraglich zugesicherten Geschwindigkeit liegen (und nicht nur bei 70 Mbits hängen), dann liegt ein echtes Problem vor.

Grundlagen-Check: Bevor es ans Eingemachte geht

Manchmal sind es die einfachsten Dinge, die die größten Probleme verursachen. Gehen Sie diese Punkte der Reihe nach durch:

1. Router neu starten: Ziehen Sie für etwa 30 Sekunden das Stromkabel Ihres Routers (und ggf. des Modems) und stecken Sie es wieder ein. Das leert den Speicher des Geräts und kann kleinere Störungen beheben.
2. Kabel prüfen: Sind alle Kabel (Ethernet, DSL-/Kabelmodemkabel) fest und korrekt angeschlossen? Sind sie unbeschädigt? Ein altes oder defektes Ethernet-Kabel kann die Geschwindigkeit stark drosseln. Achten Sie darauf, dass Sie mindestens Cat 5e-Kabel verwenden.
3. Nur ein Gerät testen: Wie bereits erwähnt, stellen Sie sicher, dass nur das Testgerät aktiv ist und keine anderen Geräte im Hintergrund Updates herunterladen oder Streams puffern.

Der Provider am Pranger? Wann der Internetanbieter schuld sein könnte

Nachdem Sie die grundlegenden Checks durchgeführt haben und die Geschwindigkeit immer noch zu niedrig ist, richten sich die Blicke oft auf den Internetanbieter. Hier sind die häufigsten Gründe, warum die Leistung von dessen Seite aus nicht stimmt:

• Vertragliche Bandbreite: Haben Sie überhaupt einen Tarif gebucht, der mehr als 70 Mbits verspricht? Überprüfen Sie Ihren Vertrag genau. Manchmal vergessen Nutzer, dass sie einen Basistarif haben.
• Netzauslastung: Besonders in Stoßzeiten (abends, an Wochenenden) kann das Netz Ihres Providers in Ihrer Region überlastet sein. Zu viele Nutzer teilen sich die verfügbare Bandbreite, was zu Engpässen führt.
• Technische Probleme im Netz: Es können Wartungsarbeiten, Störungen oder defekte Leitungen in Ihrer Umgebung vorliegen. Ihr Provider ist hier der erste Ansprechpartner.
• Drosselung: Einige Tarife oder Provider drosseln die Geschwindigkeit nach Erreichen eines bestimmten Datenvolumens. Dies ist jedoch bei Festnetzinternet seltener als bei Mobilfunk.

Ihr Zuhause, Ihr Netzwerk: Wenn das Problem intern liegt

Sehr oft liegt die Ursache für eine langsame Verbindung nicht beim Anbieter, sondern im eigenen Heimnetzwerk. Hier gibt es mehrere Ansatzpunkte:

Der Router – Herzstück Ihres Heimnetzwerks

Ihr Router ist die zentrale Schnittstelle zwischen Ihrem Internetanschluss und all Ihren Geräten. Ein Problem hier kann das gesamte Netzwerk ausbremsen:

• Alter des Routers: Ist Ihr Router schon mehrere Jahre alt? Veraltete Hardware unterstützt oft keine modernen WLAN-Standards (wie Wi-Fi 5 oder Wi-Fi 6) oder kann die hohe Bandbreite neuerer Anschlüsse nicht effizient verarbeiten. Ein Upgrade auf ein aktuelles Modell kann Wunder wirken.
• Firmware-Update: Überprüfen Sie, ob für Ihren Router die neueste Firmware verfügbar ist. Hersteller veröffentlichen regelmäßig Updates, die die Leistung verbessern und Sicherheitslücken schließen.
• Positionierung des Routers: Der Standort ist entscheidend. Platzieren Sie den Router möglichst zentral in Ihrer Wohnung, erhöht und frei von Hindernissen (Wände, Metallobjekte, Mikrowellen, große Aquarien). Diese können das WLAN-Signal stark abschwächen.
• Einstellungen des Routers: Überprüfen Sie im Admin-Interface des Routers (meist erreichbar über 192.168.1.1 oder 192.168.178.1 im Browser), ob alle Einstellungen korrekt sind. Manchmal sind Quality of Service (QoS)-Einstellungen aktiviert, die bestimmten Anwendungen Priorität einräumen, aber andere ausbremsen können.

Die unsichtbaren Wellen: WLAN-Optimierung

Wenn Sie hauptsächlich über WLAN surfen, ist dies oft die größte Fehlerquelle:

• Frequenzband: Moderne Router senden auf 2,4 GHz und 5 GHz. Das 2,4-GHz-Band hat eine höhere Reichweite und durchdringt Wände besser, ist aber langsamer und anfälliger für Störungen (durch Mikrowellen, Bluetooth, Nachbar-WLANs). Das 5-GHz-Band ist schneller und weniger überlaufen, hat aber eine geringere Reichweite und wird stärker durch Hindernisse blockiert. Nutzen Sie nach Möglichkeit das 5-GHz-Band für geschwindigkeitskritische Anwendungen in der Nähe des Routers.
• Kanal-Interferenzen: Ihre Nachbarn nutzen möglicherweise dieselben WLAN-Kanäle wie Sie. Dies kann zu Überlagerungen und Leistungseinbußen führen. Mit Tools wie „WiFi Analyzer” (für Smartphones) können Sie sehen, welche Kanäle in Ihrer Umgebung am wenigsten belegt sind. Wechseln Sie im Router-Menü auf einen weniger genutzten Kanal.
• WLAN-Repeater und Mesh-Systeme: Wenn Sie große Wohnflächen oder viele Stockwerke haben, reicht ein einzelner Router oft nicht aus. Ein WLAN-Repeater oder ein Mesh-System kann die Reichweite Ihres WLANs verbessern. Achten Sie jedoch darauf, dass diese Geräte selbst nicht zum Engpass werden. Ein Mesh-System ist in der Regel die leistungsfähigere und stabilere Lösung.
• Sicherheitseinstellungen: Überprüfen Sie, ob Ihr WLAN mit WPA2 oder WPA3 verschlüsselt ist. Offene oder schwach verschlüsselte Netze können von Unbefugten genutzt werden, was Ihre Bandbreite beansprucht.

Die stillen Datenfresser: Endgeräte und Software

Manchmal liegt das Problem gar nicht am Netzwerk, sondern an den Geräten, die es nutzen:

• Alte Netzwerkkarten: Die WLAN- oder Ethernet-Adapter in älteren PCs oder Laptops unterstützen möglicherweise keine hohen Geschwindigkeiten (z.B. nur 100 Mbits Ethernet oder ältere WLAN-Standards). Ein Upgrade der Netzwerkkarte kann hier Abhilfe schaffen.
• Hintergrundprozesse und Updates: Betriebssysteme (Windows, macOS), Anwendungen und Spiele laden oft im Hintergrund Updates herunter. Überprüfen Sie die Einstellungen Ihrer Geräte und planen Sie Updates für Zeiten, in denen Sie das Internet nicht intensiv nutzen.
• Malware und Viren: Schadsoftware kann im Hintergrund Daten senden und empfangen, was Ihre Bandbreite belastet. Führen Sie regelmäßig einen umfassenden Virenscan durch.
• Browser-Erweiterungen und VPNs: Einige Browser-Erweiterungen oder VPN-Dienste können die Geschwindigkeit verlangsamen. Testen Sie, ob sich die Geschwindigkeit ohne diese Komponenten verbessert.

Tiefer graben: Fortgeschrittene Schritte und spezielle Fälle

Wenn die oben genannten Schritte nicht zum Erfolg führen, können Sie noch tiefer in die Materie eintauchen:

• DNS-Server wechseln: Die Domain Name System (DNS)-Server wandeln Webadressen in IP-Adressen um. Die Standard-Server Ihres Providers sind nicht immer die schnellsten. Der Wechsel zu öffentlichen DNS-Servern (wie Google DNS 8.8.8.8 oder Cloudflare 1.1.1.1) kann die Ladezeiten von Webseiten leicht verbessern, hat aber selten große Auswirkungen auf die reine Bandbreite.
• Treiber aktualisieren: Stellen Sie sicher, dass alle Netzwerktreiber auf Ihren Computern und Laptops auf dem neuesten Stand sind.
• Störquellen identifizieren: Nicht nur Router, auch andere elektronische Geräte können Funkstörungen verursachen. Dazu gehören Mikrowellen, Babyphones, drahtlose Telefone oder Bluetooth-Geräte. Versuchen Sie, solche Geräte testweise auszuschalten.

Der letzte Ausweg: Kontakt mit dem Provider

Haben Sie alle oben genannten Schritte sorgfältig durchgeführt und die Internetgeschwindigkeit bleibt bei oder unter 70 Mbits, ist es an der Zeit, Ihren Internetanbieter zu kontaktieren. Gehen Sie dabei gut vorbereitet vor:

• Alle relevanten Informationen bereithalten: Kunden- und Vertragsnummer.
• Ihre Testergebnisse dokumentieren: Notieren Sie die Daten und Uhrzeiten Ihrer Speedtests sowie die gemessenen Werte. Erwähnen Sie, dass Sie die Tests direkt am Router mit Kabel und zu verschiedenen Zeiten durchgeführt haben.
• Alle durchgeführten Maßnahmen aufzählen: Erklären Sie, dass Sie den Router neu gestartet, Kabel überprüft und alle Optimierungen im Heimnetzwerk vorgenommen haben.
• Freundlich, aber bestimmt bleiben: Erklären Sie Ihr Problem klar und deutlich. Fordern Sie eine technische Überprüfung Ihrer Leitung und gegebenenfalls des externen Equipments (z.B. der Signalstärke beim Kabelanschluss).

In vielen Ländern gibt es auch Richtlinien oder Mindestbandbreiten, die der Provider liefern muss (z.B. die 90%-Regel der Bundesnetzagentur in Deutschland). Sollte Ihr Provider hier dauerhaft unterhalb der zugesicherten Leistung bleiben, haben Sie unter Umständen ein Recht auf eine Preisminderung oder Kündigung.

Langfristige Lösungen: Wenn alles andere fehlschlägt

Manchmal sind die oben genannten Schritte nur Bandagen für ein tiefer liegendes Problem. Wenn Sie dauerhaft unzufrieden sind, denken Sie über folgende langfristige Lösungen nach:

• Tarif-Upgrade: Vielleicht reicht Ihre gebuchte Bandbreite (z.B. 100 Mbits) einfach nicht mehr für Ihre Bedürfnisse aus. Ein Upgrade auf 250 Mbits, 500 Mbits oder gar 1000 Mbits (Glasfaser) könnte die Lösung sein.
• Hardware-Upgrade: Investieren Sie in einen modernen, leistungsstarken Router. Wenn Sie ein großes Haus haben, ist ein gutes Mesh-System oft die beste Wahl.
• Technologiewechsel: Wenn Sie noch einen alten DSL-Anschluss haben, prüfen Sie, ob in Ihrer Gegend Kabelinternet oder gar Glasfaser verfügbar ist. Diese Technologien bieten oft deutlich höhere und stabilere Geschwindigkeiten.
• Powerline-Adapter: Wenn Kabelverbindungen nicht möglich sind und WLAN nicht ausreicht, können Powerline-Adapter eine gute Alternative sein. Sie nutzen das Stromnetz im Haus, um Daten zu übertragen.

Fazit: Schluss mit dem Schneckentempo!

Die Frustration über langsames Internet ist verständlich, besonders wenn man für eine schnelle Verbindung bezahlt. Doch wie Sie sehen, gibt es viele Hebel, an denen Sie ansetzen können, wenn nur noch 70 Mbits ankommen. Von einfachen Router-Neustarts über detaillierte WLAN-Optimierungen bis hin zum direkten Kontakt mit Ihrem Provider – oft lässt sich das Problem mit etwas Geduld und systematischem Vorgehen lösen. Bleiben Sie dran, analysieren Sie genau und scheuen Sie sich nicht, gegebenenfalls in neue Hardware zu investieren oder Ihren Tarif anzupassen. Ein schnelles und stabiles Internet ist in der heutigen Zeit keine Luxusleistung mehr, sondern eine Notwendigkeit, die Sie sich verdient haben!