Die Welt des Home Entertainments ist ständig im Wandel, und selten wird dies so deutlich wie bei der Einstellung von Diensten, die einst als zukunftsweisend galten. Ein solches Kapitel schloss sich mit der endgültigen Abschaltung von **Ultraviolet (UV)** im Jahr 2020. Für viele Film- und Serienliebhaber, die in den letzten zehn Jahren digitale Codes in ihre Blu-rays und DVDs investiert haben, stellte sich damals eine bange Frage: Sind meine mühsam gesammelten digitalen Filmbibliotheken nun wertlos? Diese Frage ist komplexer, als es auf den ersten Blick scheint, und die Antwort hängt von einigen entscheidenden Faktoren ab. Dieser Artikel beleuchtet umfassend, was das Ende von Ultraviolet für Ihre digitalen Codes bedeutet und welche Maßnahmen Sie ergreifen konnten oder noch ergreifen sollten.
### Was war Ultraviolet und warum wurde es eingeführt?
Um die Auswirkungen der Abschaltung zu verstehen, müssen wir zunächst einen Blick zurückwerfen. **Ultraviolet** war ein digitales Rechtemanagementsystem (DRM), das von der Digital Entertainment Content Ecosystem (DECE) Allianz entwickelt wurde. Diese Allianz bestand aus großen Hollywood-Studios, Elektronikherstellern und Technologieunternehmen. Das Hauptziel von Ultraviolet war es, Konsumenten die Möglichkeit zu geben, ihre physisch gekauften Filme und Serien auch digital zu besitzen und diese **plattformübergreifend** zu nutzen. Die Idee war revolutionär: Einmal einen Film gekauft, sollte er auf verschiedenen Geräten und über verschiedene Dienste abspielbar sein, ohne dass man ihn mehrfach erwerben musste.
Der Kern von Ultraviolet war ein **digitaler Spind** (Digital Locker), in dem die Lizenzen für Ihre Filme gespeichert wurden. Wenn Sie eine Blu-ray oder DVD mit einem Ultraviolet-Code kauften, konnten Sie diesen Code auf einer Ultraviolet-Website einlösen. Diese Lizenz wurde dann Ihrem UV-Konto hinzugefügt und konnte mit verschiedenen kompatiblen Videodiensten (wie Vudu, FandangoNOW, Flixster Video und später auch Google Play oder iTunes in manchen Konfigurationen) verknüpft werden. Das Versprechen war klar: **”Buy once, play anywhere.”** Dies sollte die Attraktivität von physischen Medien steigern, indem sie einen Mehrwert durch digitale Kopien boten, und gleichzeitig die Piraterie bekämpfen, indem sie eine legale und bequeme Alternative bot.
### Wie funktionierte Ultraviolet in der Praxis?
Der Prozess war für Verbraucher relativ einfach:
1. **Code einlösen**: Sie kauften eine Blu-ray oder DVD, die einen **digitalen Code** für Ultraviolet enthielt. Dieser Code wurde in der Regel auf einer speziellen Website, oft über den jeweiligen Filmstudio-Dienstleister, eingelöst.
2. **UV-Konto erstellen/verknüpfen**: Nach der Einlösung wurde der Film Ihrem persönlichen Ultraviolet-Konto gutgeschrieben. Hatten Sie noch kein Konto, konnten Sie eines erstellen.
3. **Dienste verknüpfen**: Der Schlüssel zur „Play Anywhere”-Funktionalität war die Verknüpfung Ihres Ultraviolet-Kontos mit kompatiblen Streaming-Diensten. Plattformen wie **Vudu** und FandangoNOW (heute als Teil von Vudu und/oder durch Roku erworben) waren in den USA die Hauptakteure. Durch diese Verknüpfung erschienen die in Ihrem UV-Spind befindlichen Filme automatisch in Ihrer Bibliothek bei den verknüpften Diensten.
4. **Geräteunabhängigkeit**: Da die Lizenzen im UV-Spind lagen und die Dienste darauf zugriffen, konnten Sie Ihre Filme auf allen Geräten ansehen, die von den verknüpften Diensten unterstützt wurden – sei es ein Smart-TV, Tablet, Smartphone oder Computer.
Dieses System war eine echte Innovation und bot eine Brücke zwischen der physischen und der digitalen Medienwelt. Es gab den Konsumenten ein Gefühl von „Besitz” über ihre digitalen Kopien, das über die reine Verfügbarkeit auf einer einzelnen Plattform hinausging.
### Der allmähliche Niedergang und die endgültige Einstellung
Trotz seiner ambitionierten Ziele und anfänglichen Erfolge begann der Stern von Ultraviolet ab Mitte der 2010er Jahre zu sinken. Mehrere Faktoren trugen dazu bei:
* **Komplexität**: Obwohl das Konzept einfach klang, empfanden viele Nutzer die Notwendigkeit, ein UV-Konto zu erstellen, es mit Studio-Websites und dann mit verschiedenen Einzelhändlern zu verknüpfen, als umständlich.
* **Unvollständige Unterstützung**: Nicht alle Studios nahmen an Ultraviolet teil, und die Unterstützung war regional sehr unterschiedlich. In Europa war die Verbreitung deutlich geringer als in den USA.
* **Aufkommen von **Movies Anywhere****: Der vielleicht größte Sargnagel für Ultraviolet war die Einführung von **Movies Anywhere (MA)** im Jahr 2017 in den USA. MA, unterstützt von Disney, 20th Century Fox, Sony Pictures, Universal Pictures und Warner Bros. Entertainment, bot eine ähnliche Funktionalität, war aber einfacher zu bedienen und hatte eine breitere Akzeptanz bei großen Studios und Einzelhändlern (wie iTunes, Amazon Prime Video, Google Play und Vudu). **Movies Anywhere** übernahm im Grunde das Versprechen von Ultraviolet, es aber auf einer noch breiteren und benutzerfreundlicheren Basis umzusetzen.
* **Dominanz der Streaming-Dienste**: Der Boom von Abo-Streaming-Diensten wie Netflix, Hulu und später Disney+ verschob den Fokus der Konsumenten weg vom Besitz einzelner Filme hin zum Zugang zu riesigen Bibliotheken.
Die DECE gab im Januar 2019 bekannt, dass Ultraviolet Ende 2019 eingestellt wird, später auf den 31. Juli 2020 verschoben. Der Fokus sollte fortan auf **Movies Anywhere** liegen, zumindest für den US-Markt.
### Sind Ihre digitalen Codes jetzt wertlos? Die gute Nachricht
Die kurze Antwort lautet: **Für die meisten Benutzer, die ihre Konten ordnungsgemäß eingerichtet hatten, lautet die Antwort NEIN.** Ihre digitalen Codes sind in der Regel *nicht* wertlos. Und hier ist der Grund:
1. **Movies Anywhere als Retter**: Dies ist der wichtigste Punkt. Wenn Sie Ihr Ultraviolet-Konto mit **Movies Anywhere** verknüpft hatten (was von vielen Studios und Diensten vor der Abschaltung dringend empfohlen wurde), dann wurden Ihre UV-Lizenzen praktisch auf Ihr MA-Konto übertragen. Filme, die bei Movies Anywhere teilnehmende Studios unterstützten und in Ihrem UV-Konto waren, erscheinen nun in Ihrer Movies Anywhere-Bibliothek. Von dort aus werden sie automatisch mit allen anderen Diensten synchronisiert, die Sie mit Movies Anywhere verknüpft haben (z. B. iTunes, Amazon Prime Video, Google Play, Vudu).
Das bedeutet, die Kernfunktionalität – „Buy once, play anywhere” – blieb erhalten, nur eben unter dem Dach von Movies Anywhere anstatt Ultraviolet. Die digitalen Kopien existieren weiterhin in den Cloud-Bibliotheken der verbundenen Einzelhändler.
2. **Direkte Einzelhändler-Verbindungen**: Auch wenn Sie Ihr Ultraviolet-Konto nicht direkt mit Movies Anywhere verknüpft hatten, gibt es gute Nachrichten, insbesondere für Nutzer von Diensten wie **Vudu**. Viele Ihrer Ultraviolet-Filme wurden direkt von den Studios an Vudu lizenziert (oft auch als „Disc-to-Digital” bezeichnet). Selbst nach der Abschaltung von Ultraviolet blieben diese Filme in Ihrer Vudu-Bibliothek bestehen, da Vudu ein Primärpartner für viele UV-Filme war. Vudu selbst betonte, dass die meisten Filmbibliotheken der Nutzer von der UV-Abschaltung unberührt bleiben würden, solange sie aktive Vudu-Konten hatten. Das gleiche galt potenziell für andere verbundene Dienste.
3. **Unabhängigkeit der Lizenzen**: Es ist wichtig zu verstehen, dass Ultraviolet ein *Verwaltungssystem* für Lizenzen war. Die eigentlichen Lizenzen für die digitalen Kopien lagen bei den jeweiligen Filmstudios und wurden über die verbundenen Einzelhändler (wie Vudu, iTunes etc.) bereitgestellt. Die Abschaltung von Ultraviolet bedeutete lediglich, dass der zentrale „Spind” geschlossen wurde, nicht aber, dass die Lizenzen selbst entzogen wurden, sofern sie korrekt an eine funktionierende Einzelhändlerplattform oder Movies Anywhere gebunden waren.
### Sind Ihre digitalen Codes jetzt wertlos? Die schlechte Nachricht und Randfälle
Leider gibt es auch Szenarien, in denen die digitalen Codes tatsächlich ihren Wert verloren haben oder zumindest schwer zugänglich sind:
1. **Nie eingelöste Codes**: Wenn Sie noch **unbenutzte digitale Codes** für Ultraviolet-Filme besitzen, die Sie nie vor der Abschaltung im Juli 2020 eingelöst haben, dann sind diese Codes mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit **wertlos**. Es gibt keine Ultraviolet-Website mehr, auf der Sie sie einlösen könnten, und die Studios haben in der Regel auch keine alternativen Einlösungswege angeboten. Es war entscheidend, die Codes vor dem Stichtag einzulösen.
2. **Konten, die nicht mit Movies Anywhere verknüpft waren (und keine direkte Einzelhändlerbindung hatten)**: Dies ist ein seltenerer, aber potenziell problematischer Fall. Wenn Ihr Ultraviolet-Konto *nicht* mit Movies Anywhere verknüpft war und Sie Ihre Filme auch nicht über einen primären Einzelhändler wie Vudu bezogen oder dorthin synchronisiert hatten (oder dieser Dienst nicht mehr existiert/Ihnen der Zugang fehlt), dann könnten einige Ihrer digitalen Lizenzen möglicherweise schwer oder gar nicht mehr zugänglich sein. Dies betrifft vor allem Filme von Studios, die nicht an Movies Anywhere teilnehmen, oder Lizenzen, die über kleinere, inzwischen eingestellte UV-Partner erworben wurden.
3. **Regionale Einschränkungen und nicht-MA-Studios**: Ultraviolet war vorwiegend in den USA verbreitet. In anderen Regionen gab es oft andere Systeme oder gar keine vergleichbare plattformübergreifende Lösung. Studios, die nicht Teil von Movies Anywhere sind (z. B. Paramount Pictures oder Lionsgate in den USA), haben ihre eigenen Systeme. Wenn Sie digitale Kopien von diesen Studios über Ultraviolet erhalten haben und diese nicht an einen anderen Dienst wie Vudu gebunden waren, könnten auch hier Probleme auftreten.
### Was Sie jetzt tun sollten (oder hätten tun sollen)
1. **Überprüfen Sie Ihr Movies Anywhere-Konto (falls zutreffend)**: Wenn Sie in den USA leben oder ein MA-Konto besitzen, loggen Sie sich ein und überprüfen Sie Ihre Bibliothek. Die meisten Ihrer von UV unterstützten Filme sollten dort zu finden sein. Stellen Sie sicher, dass alle Ihre bevorzugten Einzelhändler (iTunes, Amazon, Google Play, Vudu) mit Movies Anywhere verknüpft sind, um die maximale Kompatibilität zu gewährleisten.
2. **Überprüfen Sie Ihre Einzelhändler-Konten**: Loggen Sie sich bei Diensten wie **Vudu**, Google Play, Amazon Prime Video oder iTunes ein, die Sie möglicherweise mit Ultraviolet verknüpft hatten. Ihre Filme sollten in den entsprechenden Bibliotheken immer noch verfügbar sein.
3. **Physische Medien als letzte Bastion**: Die Ultraviolet-Saga ist eine eindringliche Erinnerung an die **Zerbrechlichkeit des digitalen Eigentums**. Während Streaming-Dienste und digitale Bibliotheken bequem sind, sind Sie letztendlich immer vom Wohlwollen und der Geschäftspolitik des Dienstanbieters abhängig. Ihre physischen Blu-rays und DVDs können Sie hingegen jederzeit abspielen (vorausgesetzt, Sie haben einen Player und sie sind unbeschädigt), unabhängig von Internetverbindung, Dienstabschaltungen oder Lizenzänderungen. Bewahren Sie Ihre physischen Medien gut auf – sie sind Ihre ultimative Absicherung.
### Das größere Bild: Die Zerbrechlichkeit des digitalen Eigentums
Die Geschichte von Ultraviolet ist mehr als nur die Einstellung eines Dienstes; sie ist eine Mahnung an die Verbraucher über die **Natur des digitalen Besitzes**. Wenn Sie einen digitalen Film „kaufen”, erwerben Sie in der Regel keine dauerhafte Eigentumsrechte wie bei einer physischen Kopie, sondern lediglich eine Lizenz zur Nutzung unter bestimmten Bedingungen. Diese Bedingungen können sich ändern, Dienste können eingestellt werden und Ihre Inhalte können ohne Ihr Zutun unzugänglich werden.
Dies steht im krassen Gegensatz zum Kauf einer Blu-ray, die – solange sie nicht beschädigt ist – für immer Ihnen gehört und abspielbar bleibt. Die Bequemlichkeit des Streamings und der digitalen Bibliotheken hat ihren Preis: die Abhängigkeit von Dritten und das Potenzial für den Verlust von Inhalten, die man einst „besessen” glaubte. Der Fall Ultraviolet unterstreicht die Notwendigkeit für Konsumenten, die AGBs zu lesen und die Risiken zu verstehen, die mit dem Aufbau einer rein digitalen Mediensammlung verbunden sind.
### Die Zukunft digitaler Filmbibliotheken
Mit dem Niedergang von Ultraviolet hat sich **Movies Anywhere** (zumindest in den USA) als die dominante Plattform für die Aggregation digitaler Filmbibliotheken etabliert, die über verschiedene Einzelhändler erworben wurden. Es bietet eine nahtlose Erfahrung und die Gewissheit, dass Ihre Filme nicht an eine einzelne Plattform gebunden sind. Jedoch ist Movies Anywhere nicht weltweit verfügbar und wird nicht von allen Filmstudios unterstützt.
Für Verbraucher außerhalb der USA oder für Filme von Studios, die nicht an MA teilnehmen, bleibt die Situation fragmentiert. Man ist oft auf die jeweiligen Ökosysteme der Einzelhändler (z. B. Apple TV, Amazon Video, Google Play) angewiesen. Das Ideal von „Buy once, play anywhere” bleibt ein ehrgeiziges Ziel, das noch nicht vollständig erreicht wurde.
### Fazit: Keine Panik, aber Wachsamkeit ist geboten
Die gute Nachricht ist: Für die überwiegende Mehrheit der Nutzer, die ihre **digitalen Codes** für Blu-rays über **Ultraviolet** eingelöst haben, sind die Filme nicht wertlos geworden. Dank der Überführung vieler Lizenzen zu **Movies Anywhere** oder der direkten Anbindung an verknüpfte Einzelhändler wie **Vudu** sind die Filme weiterhin zugänglich.
Die schlechte Nachricht ist: Wenn Sie noch unbenutzte Codes herumliegen haben oder Ihr Konto nie korrekt mit den Nachfolgesystemen verknüpft haben, könnten Sie Pech gehabt haben. Die Ultraviolet-Abschaltung ist eine eindringliche Erinnerung daran, wie wichtig es ist, die Bedingungen für digitales Eigentum zu verstehen und proaktiv die eigenen digitalen Bibliotheken zu verwalten. Es zeigt auch, dass physische Medien trotz des Komforts digitaler Lösungen nach wie vor einen unersetzlichen Wert als dauerhafte Besitznachweise haben. Seien Sie wachsam, überprüfen Sie Ihre Konten und genießen Sie Ihre Filme – egal, ob digital oder physisch!