In der Welt der Personal Computer gibt es eine scheinbar endlose Spanne von Preisen und Leistungsstufen. Vom ultrabilligen Bürorechner bis zum High-End-Gaming-Ungeheuer für Tausende von Euros – die Auswahl ist riesig. Doch eine Preiskategorie fasziniert und polarisiert zugleich viele Kaufinteressenten: Der 700 Euro PC. Kann ein Rechner in dieser Preisklasse wirklich überzeugen? Ist er mehr als nur ein Kompromiss? Wir tauchen tief ein, analysieren die Komponenten und prüfen, was Sie tatsächlich für Ihr hart verdientes Geld bekommen.
Die 700-Euro-Grenze ist für viele ein magischer Punkt. Sie liegt über den absoluten Einsteiger-PCs, die oft mit integrierten Grafikeinheiten und magerem Arbeitsspeicher daherkommen, aber deutlich unter den Enthusiasten-Systemen. Für diesen Betrag erwarten Käufer oft einen soliden Allrounder, der nicht nur Alltagsaufgaben mit Bravour meistert, sondern auch in der Lage ist, aktuelle Spiele in ansprechender Qualität darzustellen. Doch wie realistisch sind diese Erwartungen? Unser ultimativer Leistungs-Check wird es enthüllen.
Das 700€ Budget: Wo stehen wir wirklich?
Ein Budget von 700 Euro für einen kompletten PC (ohne Peripherie wie Monitor, Tastatur, Maus) bedeutet, dass kluge Entscheidungen getroffen werden müssen. Es ist ein Spagat zwischen Leistung und Kosten, bei dem jeder Euro zählt. Man kann keine Kompromisse bei der Qualität eingehen, aber man muss Prioritäten setzen. Der Fokus liegt hier auf dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis. Das bedeutet: keine überflüssigen Features, keine extravaganten RGB-Beleuchtungen, sondern pure, funktionelle Power, wo sie am meisten gebraucht wird.
In diesem Segment finden wir oft PCs, die entweder als gebrauchte High-End-Geräte aus den Vorjahren, als geschickte Eigenbau-Konfigurationen mit Rabatten oder als optimierte Fertig-PCs auf dem Markt sind. Das Ziel ist stets dasselbe: Maximale Performance für den investierten Betrag zu liefern. Es geht darum, die Sweet Spots bei den Komponenten zu finden – jene Bauteile, die einen erheblichen Leistungssprung bieten, ohne das Budget zu sprengen.
Die Schlüsselkomponenten unter der Lupe: Was ist drin?
Prozessor (CPU): Das Herzstück des Systems
Im 700-Euro-Segment können Sie in der Regel einen soliden Mittelklasse-Prozessor erwarten. Häufig finden sich hier CPUs wie ein AMD Ryzen 5 5500 oder 5600G, oder ein Intel Core i5 der 10. oder 11. Generation. Mit etwas Glück und guten Angeboten kann sogar ein i3 der 12. Generation oder ein Ryzen 5 7500F in einem besonders aggressiven Angebot landen. Diese Prozessoren bieten typischerweise 6 Kerne und 12 Threads, was für die meisten Anwendungen und Spiele mehr als ausreichend ist. Sie meistern Multitasking, Office-Anwendungen, Streaming und sogar leichtere Videobearbeitung mit Leichtigkeit.
Gerade die Ryzen-Prozessoren der 5000er-Serie (ohne G) punkten mit einer guten Single-Core-Leistung und sind somit eine ausgezeichnete Wahl für Gaming. Ein Prozessor in diesem Preisbereich wird selten der Flaschenhals des Systems sein, es sei denn, Sie betreiben sehr spezialisierte, CPU-intensive Workloads.
Grafikkarte (GPU): Der Gaming-Motor
Die Grafikkarte ist ohne Zweifel die wichtigste Komponente für jeden, der mit dem PC spielen möchte. Hier werden die größten Kompromisse gemacht oder die besten Deals erzielt. Integrierte Grafikeinheiten, wie sie in den Ryzen G-Prozessoren oder Intel-CPUs zu finden sind, reichen für Casual Games und ältere Titel aus, aber für moderne AAA-Titel benötigen Sie definitiv eine dedizierte Grafikkarte.
Realistisch gesehen können Sie eine Grafikkarte der Leistungsklasse einer AMD Radeon RX 6600, einer Nvidia GeForce GTX 1650 Super oder einer GTX 1660 Super erwarten. In seltenen Fällen, bei sehr guten Angeboten, ist vielleicht sogar eine RX 6600 XT oder eine RTX 3050 drin. Diese Karten sind hervorragend für Gaming in 1080p (Full HD) geeignet. Sie ermöglichen es, die meisten aktuellen Spiele mit mittleren bis hohen Einstellungen bei flüssigen Bildraten zu genießen. Ray Tracing ist mit diesen Karten zwar technisch möglich, aber die Performance leidet dabei stark, weshalb es in diesem Segment meist keine praktikable Option ist.
Arbeitsspeicher (RAM): Der Multitasking-Meister
Heutzutage sind 8GB RAM das absolute Minimum, aber für ein reibungsloses Erlebnis, insbesondere beim Gaming und Multitasking, sind 16GB DDR4 RAM der Goldstandard im 700-Euro-Bereich. Achten Sie darauf, dass der RAM im Dual-Channel-Modus betrieben wird (z.B. 2x 8GB Module) und eine Taktfrequenz von mindestens 3200 MHz aufweist. Dies sorgt für eine deutlich bessere Leistung als ein einzelnes 8GB-Modul und ist entscheidend für moderne Spiele und Anwendungen, die viel Speicher benötigen.
Speicher (SSD): Schnelligkeit ist Trumpf
Eine NVMe SSD ist heute ein absolutes Muss und in einem 700€ PC Standard. Sie sorgt für blitzschnelle Systemstarts, kurze Ladezeiten in Spielen und eine insgesamt flüssigere Systemreaktion. Eine Größe von 500GB bis 1TB ist realistisch und bietet genügend Platz für das Betriebssystem, wichtige Programme und einige Spiele. Eine zusätzliche herkömmliche HDD (Festplatte) für größere Datensammlungen ist in diesem Budget eher selten und würde nur bei sehr aggressiven Bundles hinzukommen.
Mainboard (Motherboard): Die Basis
Das Mainboard wird in der Regel ein Einsteigermodell sein, oft mit einem B450- oder B550-Chipsatz für AMD oder einem H- oder B-Chipsatz für Intel. Diese Mainboards bieten alle notwendigen Anschlüsse und Funktionen. Erwarten Sie keine High-End-Ausstattung wie Wi-Fi 6E oder zahlreiche PCIe 4.0 Slots, aber sie sind voll funktionsfähig und bieten oft noch Spielraum für zukünftige Upgrades von CPU und RAM, solange der Sockel kompatibel bleibt.
Netzteil (PSU): Die zuverlässige Energiequelle
Ein zuverlässiges Netzteil mit 500-600 Watt und einer 80-Plus-Bronze-Zertifizierung ist in diesem Preisbereich Standard. Es liefert ausreichend Strom für alle Komponenten und bietet oft noch etwas Reserve für kleinere Upgrades. Hier sollten keine Abstriche gemacht werden, da ein schlechtes Netzteil die Stabilität des gesamten Systems gefährden kann.
Gehäuse & Kühlung: Funktion vor Form
Das Gehäuse wird funktional sein, aber selten mit aufwendigen Designs oder vielen RGB-Elementen punkten. Wichtiger ist, dass es einen guten Airflow bietet, um die Komponenten ausreichend zu kühlen. Die CPU-Kühlung wird oft durch den mitgelieferten Box-Kühler des Prozessors übernommen, der für die meisten Anwendungen ausreichend ist. Für anspruchsvollere Aufgaben oder längere Gaming-Sessions kann ein Upgrade auf einen besseren CPU-Kühler zukünftig sinnvoll sein.
Der ultimative Leistungs-Check: Was kann dieser PC wirklich?
Alltagsaufgaben und Produktivität: Exzellent
Für tägliche Aufgaben ist ein 700€ PC ein echter Champion. Websurfen, E-Mails, Office-Anwendungen (Word, Excel, PowerPoint), Videostreaming in 4K und Videokonferenzen – all das läuft absolut flüssig und ohne Verzögerungen. Dank der schnellen SSD bootet das System in Sekunden und Anwendungen starten blitzschnell. Auch leichte Bildbearbeitung oder einfache Video-Schnittprojekte sind problemlos möglich.
Gaming-Performance – Hier wird es spannend!
Dies ist der Bereich, der die meisten interessiert, und hier überrascht der 700€ PC positiv, wenn man die Erwartungen realistisch hält.
- Esports-Titel (CS:GO, Valorant, Fortnite, League of Legends): Diese Spiele laufen auf einem 700€ PC absolut exzellent. Erwarten Sie bei 1080p Auflösung und hohen Einstellungen Bildraten weit über 100 FPS, oft sogar 144 FPS oder mehr, was ideal für Monitore mit hoher Bildwiederholrate ist.
- Ältere oder weniger anspruchsvolle AAA-Titel (z.B. GTA V, The Witcher 3, Doom Eternal): Auch hier liefert der PC eine sehr gute Leistung. Bei 1080p können Sie diese Spiele mit hohen bis sehr hohen Grafikeinstellungen bei flüssigen 60 FPS oder mehr genießen.
- Aktuelle, anspruchsvolle AAA-Titel (z.B. Cyberpunk 2077, Starfield, Alan Wake 2): Hier zeigt sich, wo das Budget seine Grenzen hat. Diese Spiele sind definitiv spielbar, aber Sie müssen Kompromisse eingehen. Bei 1080p werden Sie wahrscheinlich mittlere bis niedrige Grafikeinstellungen wählen müssen, um stabile 40-60 FPS zu erreichen. Mit Technologien wie FSR (AMD FidelityFX Super Resolution) oder DLSS (Nvidia Deep Learning Super Sampling), sofern verfügbar, lässt sich die Bildrate oft noch etwas verbessern, ohne allzu große Abstriche bei der Bildqualität. Ray Tracing ist in diesem Segment, wie bereits erwähnt, keine realistische Option für flüssiges Gameplay.
Leichte Content Creation: Überraschend fähig
Wenn Sie Amateur-Videos schneiden (1080p), Podcasts aufnehmen, Musik produzieren oder gelegentlich streamen möchten, ist der 700€ PC durchaus in der Lage, diese Aufgaben zu bewältigen. Die 6 CPU-Kerne und 16GB RAM bieten eine solide Basis. Professionelle 4K-Videobearbeitung oder anspruchsvolle 3D-Modellierung gehören jedoch nicht zu seinen Stärken.
Multitasking: Einwandfrei
Dank der Kombination aus einem potenten Prozessor, 16GB schnellem RAM und einer NVMe SSD läuft Multitasking reibungslos. Sie können problemlos mehrere Browser-Tabs, Office-Anwendungen und Kommunikationsprogramme gleichzeitig geöffnet haben, ohne dass das System ins Stocken gerät.
Aufrüstbarkeit: Dein PC wächst mit dir
Einer der größten Vorteile eines 700€ PCs, besonders wenn er auf einer modernen Plattform (z.B. AMD AM4 oder Intel LGA1200/1700) basiert, ist seine exzellente Aufrüstbarkeit. Dies macht ihn zu einer cleveren Langzeitinvestition.
- Grafikkarte: Dies ist das Upgrade mit dem größten Leistungsschub. Wenn in ein paar Jahren neue Spiele zu anspruchsvoll werden, können Sie die Grafikkarte gegen ein leistungsstärkeres Modell austauschen, sofern das Netzteil ausreichend dimensioniert ist.
- Arbeitsspeicher: Ein Upgrade auf 32GB RAM ist bei Bedarf einfach umzusetzen, falls die Hauptplatine über weitere Steckplätze verfügt.
- Speicher: Mehr SSD-Speicher lässt sich unkompliziert hinzufügen.
- Prozessor: Innerhalb der gleichen Plattform (z.B. AMD AM4) können Sie oft zu einem schnelleren Prozessor wechseln, ohne das Mainboard tauschen zu müssen, was erhebliche Kosten spart.
Diese Flexibilität bedeutet, dass Ihr 700€ PC nicht nur eine Startplattform ist, sondern ein System, das sich über Jahre hinweg an Ihre Bedürfnisse anpassen kann.
Die „versteckten” Kosten und worauf Sie achten sollten
Beachten Sie, dass der Preis von 700 Euro in der Regel den reinen PC ohne Software und Peripherie umfasst.
- Betriebssystem: Eine Windows-Lizenz kann zusätzlich 80-120 Euro kosten. Achten Sie auf Bundles oder Keys von vertrauenswürdigen Drittanbietern.
- Monitor, Tastatur, Maus: Diese grundlegenden Komponenten müssen separat erworben werden und können das Gesamtbudget schnell um weitere 150-300 Euro erhöhen.
- WLAN-Modul: Viele Budget-Mainboards haben kein integriertes WLAN. Ein USB-WLAN-Stick oder eine PCIe-Karte ist oft notwendig.
- Montage (falls nicht selbst gebaut): Wenn Sie sich für einen Eigenbau entscheiden, sparen Sie die Montagekosten, müssen aber Zeit und Mühe investieren.
Berücksichtigen Sie diese Punkte bei Ihrer Planung, um keine bösen Überraschungen zu erleben.
Fazit: Lohnt sich ein 700€ PC wirklich?
Absolut! Ein 700€ PC bietet ein erstaunlich gutes Preis-Leistungs-Verhältnis und ist weit mehr als nur ein Notbehelf. Er ist eine hervorragende Einstiegsplattform für Gamer, die moderne Titel in 1080p erleben möchten, ohne ein Vermögen auszugeben. Er ist ein zuverlässiger Partner für Studenten, Heimanwender und alle, die einen reaktionsschnellen und leistungsstarken Computer für den Alltag und darüber hinaus suchen.
Sie bekommen einen PC, der Alltagsaufgaben mit Leichtigkeit meistert, Esports-Titel auf höchsten Einstellungen mit hohen Bildraten wiedergibt und selbst anspruchsvolle AAA-Spiele bei angepassten Einstellungen flüssig darstellt. Die exzellente Aufrüstbarkeit sichert zudem, dass Ihre Investition auch in Zukunft Wert behält. Mit realistischen Erwartungen und einer smarten Komponentenauswahl ist der 700€ PC eine Investition, die sich wirklich auszahlt und ein überzeugendes Gesamtpaket liefert.