Die FRITZ!Box 7590 ist unbestreitbar ein Flaggschiff unter den Heimroutern. Sie vereint Leistungsfähigkeit, Funktionsvielfalt und Benutzerfreundlichkeit auf eine Weise, die ihresgleichen sucht. Doch was passiert, wenn man ein solches Premium-Gerät von einem Internetanbieter (ISP) wie O2 bezieht? Oftmals kommt es mit einer speziell angepassten Firmware, die nicht nur das Logo des Providers trägt, sondern auch einige Einschränkungen mit sich bringt. Genau hier begann meine ganz persönliche „Mission: O2 Branding entfernen”. Ich wollte meine FRITZ!Box 7590 vom Joch des Provider-Brandings befreien und die volle, unbeschnittene AVM-Erfahrung genießen. Schaut mal, ob ich Erfolg hatte!
### Die Branding-Falle: Warum überhaupt die Befreiung suchen?
Wer eine FRITZ!Box vom Internetanbieter erhält, kennt das Phänomen: Ein schickes O2-Logo prangt im Webinterface, bestimmte Menüpunkte fehlen oder sind anders angeordnet, und die Firmware-Updates kommen – wenn überhaupt – oft erst mit deutlicher Verzögerung. Das ist nicht nur ärgerlich, sondern kann auch die Funktionalität einschränken. Ich bin jemand, der gerne die volle Kontrolle über seine Hardware hat und auf die neuesten Features und Sicherheitsupdates direkt von AVM zugreifen möchte.
Bei meiner O2-gebrandeten FRITZ!Box 7590 spürte ich diese Einschränkungen deutlich. Während AVM bereits die neuesten FRITZ!OS-Versionen mit spannenden Neuerungen verteilte, hing ich noch auf einer älteren Version fest, die vom Provider freigegeben werden musste. Features wie die MyFRITZ!-Cloud, erweiterte VPN-Optionen oder spezifische Smart-Home-Integrationen waren entweder beschnitten oder gar nicht verfügbar. Der Gedanke, dass mein leistungsstarker Router nicht sein volles Potenzial entfalten konnte, nagte an mir. Es war an der Zeit, zu handeln!
### Die Recherche: Ein erster Schritt ins Ungewisse
Bevor man sich an so ein Unterfangen wagt, ist eine gründliche Recherche unerlässlich. Mein erster Anlaufpunkt war natürlich das Internet: Foren, Blogs, YouTube-Tutorials – alles wurde durchforstet. Schnell stellte ich fest, dass das O2 Branding entfernen kein gänzlich unbekanntes Terrain ist. Viele Nutzer hatten ähnliche Probleme mit anderen FRITZ!Box-Modellen, doch die 7590 ist ein vergleichsweise junges Modell, und spezifische Anleitungen waren rarer gesät.
Die grundlegende Methode, die sich immer wieder herauskristallisierte, involvierte den Zugriff auf den Bootloader, oft als ADAM2 Bootloader oder EVA-Bootloader bezeichnet. Dies ist der erste Code, der beim Start der FRITZ!Box ausgeführt wird und entscheidend für das Flashen neuer Firmware ist. Der Zugriff erfolgt meist über eine Serielle Konsole (UART) oder über spezielle FTP-Befehle im Bootloader-Modus. Die größte Herausforderung: Viele Anleitungen waren für ältere Modelle wie die 7390 oder 7490 konzipiert. Würden die Befehle und Schritte auch auf der 7590 funktionieren? Und welche Risiken barg das Ganze? Die Warnungen vor dem „Bricken” (also dem Unbrauchbarmachen des Geräts) waren allgegenwärtig und stimmten mich nachdenklich, aber mein Wunsch nach einem unbranded Router war stärker.
### Die Vorbereitung: Werkzeuge, Mut und eine Prise Wahnsinn
Ein solches Projekt erfordert nicht nur technisches Verständnis, sondern auch die richtige Ausrüstung und eine gehörige Portion Mut. Hier ist, was ich mir zurechtgelegt habe:
1. **Die FRITZ!Box 7590 (O2-gebrandet):** Das Herzstück der Mission.
2. **USB-TTL-Adapter:** Ein kleiner Konverter, der die serielle Schnittstelle der FRITZ!Box mit dem USB-Port meines Computers verbindet. Ich nutzte einen FT232RL-basierten Adapter, da dieser als sehr stabil gilt.
3. **Jumper-Kabel und Lötkolben:** Der serielle Port auf der Platine der 7590 ist in der Regel nicht bestückt. Ich musste feine Pins anlöten, um die Verbindung herzustellen. Präzision war hier gefragt!
4. **Kleinwerkzeug:** Schraubendreher (Torx und Kreuzschlitz) zum Öffnen des Gehäuses.
5. **Computer mit Linux (oder Windows mit geeigneter Software):** Ich entschied mich für ein Linux-System, da es für solche Operationen oft flexibler ist.
6. **Terminal-Emulator:** PuTTY unter Windows oder `screen`/`minicom` unter Linux, um über die serielle Schnittstelle mit der FRITZ!Box zu kommunizieren.
7. **TFTP-Server:** Software wie Tftpd64 unter Windows oder `atftpd` unter Linux, um die AVM Firmware auf die FRITZ!Box zu übertragen.
8. **Original AVM Firmware:** Eine unmodifizierte Firmware für die FRITZ!Box 7590, direkt von der AVM-Website. Ganz wichtig: die `.image`-Datei, nicht das Recovery-Tool.
9. **Viel Kaffee und Geduld!**
Bevor ich auch nur eine Schraube löste, machte ich mir einen detaillierten Plan und sicherte alle wichtigen Einstellungen meiner FRITZ!Box. Ich wusste, dass das Firmware Flash-Prozedere riskant ist und im schlimmsten Fall zum vollständigen Datenverlust oder zur Zerstörung des Geräts führen kann. Die Garantie war mit dem Öffnen des Gehäuses ohnehin dahin. Aber die Verlockung, einen „reinen” AVM-Router zu besitzen, war einfach zu groß.
### Die Mission beginnt: Schritt für Schritt durch das Minenfeld
**1. Das Öffnen und die serielle Schnittstelle:**
Mit ruhiger Hand und dem passenden Torx-Schraubendreher öffnete ich das Gehäuse der 7590. Die Platine kam zum Vorschein. Nach kurzer Suche lokalisierte ich die vier unbestückten Lötpunkte für die serielle Konsole (oft als J1 bezeichnet). TX (Transmit), RX (Receive) und GND (Ground) mussten identifiziert und mit den entsprechenden Pins meines USB-TTL-Adapters verbunden werden. VCC (Spannungsversorgung) ließ ich unverbunden, da die FRITZ!Box selbst versorgt wird und der Adapter nur für die Datenkommunikation zuständig ist. Ein Fehler hier könnte den Adapter oder sogar die Box beschädigen!
**2. Kommunikation über die Serielle Konsole:**
Nachdem alles verlötet und verbunden war, startete ich meinen Terminal-Emulator. Die Baudrate musste auf den korrekten Wert eingestellt werden (meist 38400 oder 115200 Baud, 8N1). Ich schaltete die FRITZ!Box ein und beobachtete gespannt das Terminal. Wenn alles richtig lief, sollten hier Boot-Meldungen erscheinen – ein erstes Zeichen des Erfolgs!
**3. Zugriff auf den ADAM2/EVA Bootloader:**
Der heikelste Teil: Sobald die ersten Boot-Meldungen im Terminal erschienen, musste ich blitzschnell sein. Meist muss man in einem sehr kurzen Zeitfenster eine bestimmte Tastenkombination (oft `ESC` oder `STRG+C`) drücken, um den Bootloader-Modus zu unterbrechen. Nach einigen Fehlversuchen und viel Geduld gelang es mir schließlich, die Eingabeaufforderung des Bootloaders zu erreichen. Ein Gefühl wie ein kleiner Triumph!
**4. Umgebungsvariablen sichern und Branding ändern:**
Im Bootloader-Modus konnte ich mit Befehlen wie `GETENV` die gespeicherten Umgebungsvariablen auslesen. Besonders wichtig war hier `GETENV branding`. Tatsächlich wurde mir „o2” angezeigt. Perfekt! Bevor ich etwas änderte, sicherte ich alle relevanten Umgebungsvariablen.
Dann kam der entscheidende Befehl:
`SETENV branding avm`
Einige Quellen empfahlen auch `DELENV branding`, um die Variable komplett zu löschen. Ich entschied mich jedoch für `avm`, da dies der Standard für unbranded FRITZ!Boxen ist und oft die sauberste Lösung darstellt. Nach der Bestätigung mit `SETENV`, die mit „OK” quittiert wurde, atmete ich tief durch.
**5. Firmware flashen über TFTP:**
Nachdem das Branding geändert war, musste die neue AVM Firmware aufgespielt werden. Dazu musste ich die FRITZ!Box an mein Netzwerk anschließen, wo auch der TFTP-Server lief. Im Bootloader-Modus sind die Netzwerk-Schnittstellen aktiv.
Der Prozess ist etwas komplexer:
* Zuerst muss die IP-Adresse der FRITZ!Box und des TFTP-Servers konfiguriert werden (z.B. `SETENV ipaddr 192.168.178.1`, `SETENV tftpip 192.168.178.100`).
* Dann werden die Firmware-Teile (Kernel und Filesystem) per TFTP auf das Gerät geladen und in die entsprechenden Flash-Partitionen geschrieben. Dies geschieht in der Regel mit `quote MEDIACHECK` und `quote GET /tftpboot/fritz.box_7590_avm.image mtd1`.
* Einige Anleitungen verwenden auch den direkten `STOR` Befehl im FTP-Modus des Bootloaders. Hierzu musste ich die `fritz.box_7590_avm.image` in ihre Einzelteile zerlegen (Kernel und Filesystem) und diese nacheinander flashen. Ich entschied mich für die direkte Methode via FTP. Zuerst die FTP-Verbindung zum Bootloader herstellen (der Bootloader fungiert als FTP-Server auf 192.168.178.1), dann `quote SETENV firmware_version avm` und anschließend `put kernel.bin` und `put filesystem.image`.
Dabei gab es mehrere Rückschläge: Falsche Dateipfade auf dem TFTP-Server, Timeouts bei der Übertragung, oder die FRITZ!Box startete neu, bevor der Flash-Vorgang abgeschlossen war. Jedes Mal musste ich den Bootloader-Zugang neu timen – eine Nervenprobe!
### Der Augenblick der Wahrheit: Erfolg oder Desaster?
Nachdem die Firmware erfolgreich übertragen wurde und ich einen letzten `reboot` Befehl abgesetzt hatte, begann die gespannteste Phase des gesamten Projekts. Die FRITZ!Box startete neu. Die LEDs blinkten, wie sie es immer tun, aber dieses Mal fühlte es sich anders an. Würde sie hochfahren? Würde ich ein AVM-Logo sehen oder immer noch das verhasste O2-Branding?
Die Minuten, die der Router zum Hochfahren brauchte, dehnten sich ins Unendliche. Endlich leuchtete die Info-LED grün. Ich tippte die Standard-IP 192.168.178.1 in meinen Browser.
Ein tiefes Ausatmen, ein Moment der Erleichterung, der fast schon Triumph war: Das AVM-Anmeldefenster strahlte mir entgegen! Kein O2-Logo mehr, keine Provider-Anpassungen. Nach der Anmeldung wurde ich von der vertrauten AVM-Oberfläche begrüßt, und unter „System -> Update” wurde mir sofort die neueste offizielle FRITZ!OS-Version zum Update angeboten. Die Mission war geglückt!
### Fazit und Lehren aus dem Abenteuer
Die „Mission: O2 Branding entfernen” bei meiner FRITZ!Box 7590 war ein voller Erfolg! Meine FRITZ!Box ist nun vollständig unbranded, empfängt die neuesten Firmware-Updates direkt von AVM und bietet mir die volle Funktionsvielfalt, die ich von einem Premium-Gerät erwarte. Der Aufwand hat sich gelohnt.
**Was ich gelernt habe:**
* **Geduld ist Gold wert:** Besonders der serielle Zugang und das Timing für den Bootloader erforderten mehrere Anläufe.
* **Risikobewusstsein:** Jedes Öffnen eines Gerätes und jeder Eingriff in die Firmware birgt Risiken. Man sollte sich dieser bewusst sein und nur handeln, wenn man bereit ist, diese Risiken einzugehen. Ein Backup des Flash-Speichers wäre im Nachhinein eine gute zusätzliche Vorsichtsmaßnahme gewesen.
* **Dokumentation ist entscheidend:** Jeder Schritt, jeder Befehl sollte dokumentiert sein.
* **Die 7590 ist robust:** Trotz einiger Fehlversuche ließ sie sich immer wieder in den Bootloader bringen und reagierte kooperativ.
Obwohl meine Mission erfolgreich war, möchte ich betonen, dass ein solches Router Modding nicht für jedermann geeignet ist. Es erfordert grundlegende Kenntnisse in Elektronik (Löten), Netzwerken und Kommandozeilen-Bedienung. Für unerfahrene Nutzer kann der Versuch, das Branding zu entfernen, schnell im „Bricking” des Geräts enden.
Doch für all diejenigen, die den Mut und das nötige Know-how mitbringen, ist die Befreiung der FRITZ!Box vom Provider-Branding eine äußerst befriedigende Erfahrung. Man gewinnt nicht nur die volle Kontrolle über sein Gerät zurück, sondern auch die Gewissheit, das Optimum aus seiner Hardware herauszuholen. Meine FRITZ!Box 7590 ist jetzt eine echte AVM-Box, ohne Kompromisse. Und das fühlt sich großartig an!