Elden Ring – ein Meisterwerk, das Millionen von Spielern weltweit in seinen Bann gezogen hat. Die epische Open World, die herausfordernden Bosskämpfe und die tiefgründige Lore haben das Spiel zu einem Phänomen gemacht. Doch für PC-Spieler, die das Maximum aus ihrer leistungsstarken Hardware herausholen wollen, birgt Elden Ring ein seltsames Rätsel: Selbst mit einem FPS-Unlocker, der die Bildrate über die standardmäßigen 60 Bilder pro Sekunde hinaushebt, zeigen CPU und GPU oft eine erstaunlich geringe Auslastung. Man hat das Gefühl, die High-End-Komponenten unter der Haube dösen vor sich hin, während auf dem Bildschirm keine atemberaubend hohen FPS-Werte erreicht werden, die man erwarten würde. Warum ist das so? Tauchen wir ein in die technischen Tiefen von Elden Ring und seiner Spiel-Engine, um dieses Paradoxon zu entschlüsseln.
Das Phänomen verstehen: Elden Ring und die FromSoftware-Engine
Um die niedrige Hardware-Auslastung bei höheren Frameraten zu verstehen, müssen wir zunächst einen Blick auf die Ursprünge und das Design von FromSoftwares Spiel-Engine werfen. Spiele wie Dark Souls, Bloodborne, Sekiro und auch Elden Ring basieren auf einer Evolution einer proprietären Engine, die von Grund auf für Konsolen der letzten Generation und feste Bildraten (oft 30 oder 60 FPS) konzipiert wurde. Dieses Design hat tiefgreifende Auswirkungen auf die Art und Weise, wie das Spiel seine interne Logik verarbeitet.
Ein Kernmerkmal dieser Engine ist die enge Kopplung der Spiel-Logik an die Framerate. Was bedeutet das? Viele wichtige Berechnungen, wie zum Beispiel die Physik des Spiels (Kollisionsabfragen, Fallschaden, Objektinteraktionen), die Animationen der Charaktere und Gegner, die KI-Routinen und sogar bestimmte Aspekte der Hit-Detection, sind direkt an den internen Taktgeber des Spiels gebunden. Dieser Taktgeber ist traditionell auf eine bestimmte Anzahl von Updates pro Sekunde ausgelegt, die der Ziel-Framerate entsprechen. Wenn das Spiel beispielsweise für 60 FPS entwickelt wurde, wird die Spiel-Logik 60 Mal pro Sekunde aktualisiert.
Dieser Ansatz hat den Vorteil, dass die Entwickler die Konsistenz und Vorhersagbarkeit des Spielverhaltens gewährleisten können, was für ein präzises Action-RPG wie Elden Ring entscheidend ist. Das Problem entsteht jedoch, wenn man versucht, diese festen Update-Zyklen zu sprengen. Ein FPS-Unlocker hebt zwar das Limit für die Render-Engine auf, aber er ändert nicht die grundlegende Funktionsweise der Game-Logic-Engine. Die Game-Logic kann einfach nicht schneller arbeiten, als sie ursprünglich programmiert wurde, selbst wenn die Grafikkarte in der Lage wäre, neue Bilder schneller zu berechnen.
Die Rolle der CPU: Ein Blick hinter die Kulissen der Spiel-Logik
Hier kommt der wichtigste Akteur ins Spiel, der oft missverstanden wird: die CPU. Obwohl Ihre Gesamt-CPU-Auslastung möglicherweise niedrig erscheint (z.B. 20-40%), ist dies ein irreführender Wert. Moderne CPUs verfügen über viele Kerne, und wenn die Spiel-Logik nur auf wenige dieser Kerne konzentriert ist, werden diese spezifischen Kerne zum Flaschenhals, während die anderen Kerne weitgehend ungenutzt bleiben. Dieses Phänomen wird als Single-Thread-Performance-Limitierung bezeichnet.
Die Hauptschleife des Spiels (Game Loop) ist ein Paradebeispiel dafür. In vielen Spielen, insbesondere solchen mit älteren Engine-Designs, laufen wichtige Teile der Game Logic auf einem oder nur wenigen dedizierten CPU-Threads. Diese Threads sind verantwortlich für:
- KI-Berechnungen: Die Entscheidungsfindung von Gegnern und NPCs.
- Physik-Updates: Kollisionen, Stoffsimulationen, Partikeleffekte.
- Charakter-Animationen: Die Berechnung der Posen und Bewegungen.
- Welt-Streaming und Asset-Management: Laden von Texturen, Modellen und Leveldaten.
- Input-Verarbeitung: Tastatur-, Maus- und Controller-Eingaben.
- Draw Calls: Die Befehle, die die CPU an die GPU sendet, um Objekte auf dem Bildschirm zu zeichnen. Bei höheren FPS müssen pro Sekunde mehr Draw Calls verarbeitet werden. Wenn die Game-Logic dies nicht effizient skalieren kann, bremst es die gesamte Render-Pipeline aus.
Wenn ein FPS-Unlocker die Framerate freigibt, versucht die Render-Engine, so schnell wie möglich zu arbeiten. Aber die Game-Logic-Threads müssen all die oben genannten Aufgaben für jedes einzelne Frame erneut ausführen. Wenn diese spezifischen Threads bereits zu 100% ausgelastet sind, um die Game-Logic zum Beispiel 60 Mal pro Sekunde zu aktualisieren, können sie diese nicht plötzlich 90 oder 120 Mal pro Sekunde aktualisieren, nur weil die Grafikkarte schneller rendern könnte. Sie stoßen an ihre Grenzen, und die GPU muss warten. Das Ergebnis ist, dass die CPU zwar insgesamt wenig ausgelastet ist, aber die kritischen Threads, die für die Framerate-Generierung verantwortlich sind, am Anschlag laufen und somit einen Engpass verursachen.
Warum die GPU unterfordert bleibt
Die geringe GPU-Auslastung ist eine direkte Konsequenz des CPU-Flaschenhalses. Stellen Sie sich die GPU als eine hocheffiziente Fabrik vor, die Bilder produziert. Die CPU ist der Manager, der die Baupläne und das Material liefert. Wenn der Manager (CPU) nicht schnell genug neue Baupläne (Frame-Daten und Draw Calls) an die Fabrik (GPU) liefern kann, sitzt die Fabrik untätig herum und wartet. Sie hat die Kapazität, viel mehr zu produzieren, aber ihr fehlt die notwendige Arbeit.
Das bedeutet, obwohl Ihre High-End-Grafikkarte theoretisch in der Lage wäre, hunderte von Frames pro Sekunde zu rendern, erhält sie nicht genug Anweisungen und Daten von der CPU, um dies zu tun. Die Zeit, die sie „untätig” verbringt, während sie auf die CPU wartet, um den nächsten Frame vorzubereiten, manifestiert sich als geringe Auslastung in Ihren Überwachungstools. Die GPU leidet sozusagen unter „CPU-Hunger”. Sie wird nicht bis ans Limit gefordert, weil die vorgelagerte Kette – die CPU und die Game-Engine – nicht mithalten kann.
Der FPS-Unlocker: Segen und Fluch zugleich
Der FPS-Unlocker ist ein bemerkenswertes Tool, das von der Community entwickelt wurde, um die Einschränkungen des Spiels zu umgehen. Er funktioniert, indem er die internen Limits im Spielcode modifiziert, die die Framerate auf 60 FPS beschränken. Im Wesentlichen teilt er der Render-Engine mit, dass sie so viele Bilder wie möglich pro Sekunde generieren darf.
Doch wie wir gesehen haben, ist dies nur die halbe Miete. Der Unlocker kann die Rendering-Pipeline befreien, aber er kann die grundlegende Architektur der FromSoftware-Engine nicht umschreiben. Die Abhängigkeit der Game-Logic von einem festen Timestep bleibt bestehen. Dies führt zu der beschriebenen Situation: Die GPU versucht, schneller zu rendern, muss aber immer wieder auf die CPU warten, die die Game-Logic mit ihrem eigenen Tempo abarbeitet. Das Ergebnis sind zwar meist höhere, aber oft inkonsistente Frameraten, die von der CPU limitiert werden.
Es ist auch wichtig zu beachten, dass die Verwendung von FPS-Unlockern potenzielle Risiken birgt. Sie sind inoffizielle Modifikationen und können in seltenen Fällen zu Stabilitätsproblemen, Glitches (z.B. fehlerhafte Physik) oder sogar zu Konflikten mit Anti-Cheat-Systemen führen, auch wenn Elden Ring in dieser Hinsicht bisher relativ tolerant zu sein scheint, solange man sie offline nutzt oder eine Whitelist-Version verwendet.
Im Vergleich: Moderne Engines vs. FromSoftwares Ansatz
Warum schneiden andere Spiele bei hohen Frameraten besser ab? Der Unterschied liegt oft im Design der Spiel-Engine. Moderne Engines wie die Unreal Engine, Unity, Frostbite oder der RE Engine von Capcom sind von Grund auf so konzipiert, dass die Game-Logic von der Render-Engine entkoppelt ist. Sie verwenden Ansätze wie variable Timesteps oder asynchrone Berechnungen.
Bei einem variablen Timestep kann die Spiel-Logik immer noch mit einer festen Frequenz (z.B. 60 Hz) aktualisiert werden, während die Render-Engine unabhängig davon so viele Bilder wie möglich berechnet. Die Spiel-Logik wird dann interpoliert, um ein flüssiges Bild bei höheren Frameraten zu ermöglichen. Asynchrone Berechnungen erlauben es, bestimmte Aufgaben der Game-Logic auf separaten CPU-Kernen zu erledigen, ohne die Haupt-Render-Pipeline zu blockieren. Diese modernen Ansätze ermöglichen eine deutlich bessere Skalierbarkeit auf High-End-Hardware und damit eine höhere und stabilere Auslastung von CPU und GPU bei sehr hohen Frameraten.
Die Engine von FromSoftware hingegen ist über Jahre hinweg organisch gewachsen und wurde iterativ verbessert. Eine grundlegende Umstrukturierung, um eine vollständige Entkopplung zu erreichen, wäre ein gigantischer Entwicklungsaufwand, der über das Maß eines typischen Patch oder DLCs hinausgeht. Daher müssen wir bei Elden Ring und wahrscheinlich auch zukünftigen FromSoftware-Titeln, die auf derselben Engine basieren, mit diesen architektonischen Eigenheiten leben.
Was bedeutet das für Spieler? Die Balance zwischen Wunsch und Realität
Trotz der beschriebenen technischen Limitierungen ist die Verwendung eines FPS-Unlockers für viele Spieler immer noch von großem Wert. Die Vorteile liegen in der verbesserten Spielbarkeit und dem subjektiven Spielgefühl:
- Reduzierte Eingabeverzögerung (Input Lag): Selbst wenn die Framerate nicht konstant bei 120 FPS liegt, sorgt eine höhere durchschnittliche Bildrate für eine schnellere Reaktion auf Ihre Eingaben. Jedes Frame, das schneller gerendert wird, bedeutet, dass Ihre Eingaben früher verarbeitet und visuell dargestellt werden. In einem Spiel wie Elden Ring, wo präzises Timing entscheidend ist, ist dies ein spürbarer Vorteil.
- Flüssigeres Bild: Auch wenn die Framerate schwankt und nicht immer die angestrebten 100+ FPS erreicht, wirken die Bewegungen der Kamera, des Charakters und der Umgebung spürbar flüssiger. Die Zwischenbilder füllen die Lücken und sorgen für ein angenehmeres visuelles Erlebnis, selbst wenn Ihre Hardware nicht voll ausgelastet ist.
- Weniger Tearing: In Verbindung mit Technologien wie VRR (Variable Refresh Rate) – zum Beispiel G-Sync oder FreeSync – können die variablen Frameraten des Unlockers dennoch zu einem nahtloseren Bild ohne störendes Tearing führen.
Kurz gesagt: Die Vorteile sind real und verbessern die Immersion und die Reaktionsfähigkeit des Spiels, auch wenn die reinen Auslastungswerte Ihrer Hardware nicht dem theoretischen Optimum entsprechen. Es ist ein Kompromiss, der sich für viele Elden Ring-Enthusiasten lohnt.
Optimierungsmöglichkeiten und Ausblick
Gibt es Wege, die Auslastung Ihrer Hardware und damit die Framerate zu verbessern? Ja, aber mit Einschränkungen:
- CPU-Upgrade: Ein Upgrade auf eine CPU mit deutlich besserer Single-Core-Leistung (höherer Takt, höhere IPC – Instructions Per Cycle) kann helfen, den CPU-Flaschenhals zu mindern. Mehr Kerne helfen hier nur bedingt, da das Problem in der Natur der Game-Logic-Verarbeitung liegt.
- Grafikkarteneinstellungen anpassen: Erhöhen Sie die Auflösung oder die Grafikdetails. Dies zwingt die GPU, mehr Arbeit pro Frame zu leisten und kann ihre Auslastung erhöhen. Dies ist jedoch nur dann sinnvoll, wenn die CPU noch nicht der limitierende Faktor ist. Wenn die CPU bereits am Anschlag läuft und die GPU wartet, wird das Erhöhen der Grafikeinstellungen die Situation kaum verbessern, da die GPU immer noch auf die CPU warten muss, bevor sie mit der zusätzlichen Arbeit beginnen kann.
- Hintergrundprozesse minimieren: Stellen Sie sicher, dass keine unnötigen Anwendungen im Hintergrund laufen, die CPU-Zyklen beanspruchen könnten.
Was den Ausblick auf zukünftige FromSoftware-Titel betrifft, so ist es unwahrscheinlich, dass Elden Ring eine grundlegende Engine-Überarbeitung erhält. Für das kürzlich angekündigte DLC „Shadow of the Erdtree” werden wir wahrscheinlich mit ähnlichen Leistungsmerkmalen rechnen müssen. Ob eine komplett neue Engine oder eine tiefgreifende Modernisierung bei zukünftigen, neuen FromSoftware-Spielen implementiert wird, bleibt abzuwarten. Es wäre ein großer Schritt, der ihnen ermöglichen würde, die volle Leistung moderner PC-Hardware auszuschöpfen.
Fazit
Das scheinbare Mysterium der geringen CPU- und GPU-Auslastung in Elden Ring trotz FPS-Unlockern ist also kein Hardware-Fehler, sondern ein tief in der Game-Engine verankertes Phänomen. Es ist eine Folge der Architektur, die die Spiel-Logik eng an eine feste Bildrate bindet und somit einen Single-Thread-CPU-Flaschenhals erzeugt. Dieser Flaschenhals wiederum führt dazu, dass die GPU unterfordert ist, da sie nicht schnell genug mit neuen Frame-Daten versorgt wird.
Obwohl Ihre High-End-Hardware nicht die erwarteten 100% Auslastung erreicht, bietet der FPS-Unlocker dennoch spürbare Vorteile in Form von reduziertem Input Lag und einem flüssigeren Spielgefühl. Elden Ring bleibt ein technisches Wunderwerk in seiner Art, und das Verständnis dieser Eigenheiten hilft uns, die Komplexität der Spieleentwicklung und die Nuancen der PC-Performance besser zu schätzen. Für das Land dazwischen müssen wir uns wohl weiterhin mit den Launen der FromSoftware-Engine arrangieren, während wir die Faszination dieses epischen Abenteuers genießen.