Versteckte Funktionen im MSI Click BIOS 5: So holen Sie alles aus Ihrem Mainboard heraus!

Ihr PC ist mehr als die Summe seiner Teile. Tief im Herzen Ihres MSI Mainboards schlummert ein mächtiges Werkzeug, das über die bloße Systemstart hinausgeht: das MSI Click BIOS 5. Viele Nutzer sehen das BIOS (Basic Input/Output System) oder genauer gesagt das UEFI (Unified Extensible Firmware Interface) als eine Art schwarzes Loch, das man nur betritt, wenn es unbedingt nötig ist. Doch gerade hier liegen unzähnige Möglichkeiten verborgen, um die Leistung, Stabilität und Effizienz Ihres Systems drastisch zu verbessern.

Dieser Artikel nimmt Sie mit auf eine Entdeckungsreise durch die Tiefen des MSI Click BIOS 5. Wir zeigen Ihnen, wie Sie über die Standardeinstellungen hinausgehen, verborgene Funktionen aktivieren und Ihr Mainboard wirklich zu 100% ausnutzen können. Egal, ob Sie ein Gamer sind, der jedes letzte FPS herausholen möchte, ein Content Creator, der maximale Stabilität benötigt, oder einfach nur ein PC-Enthusiast, der sein System in- und auswendig kennenlernen will – hier finden Sie wertvolle Tipps.

Der erste Schritt: Zugang zum BIOS und die Benutzeroberfläche verstehen

Um ins BIOS zu gelangen, drücken Sie beim Systemstart (meist direkt nach dem Einschalten) wiederholt die Entf-Taste oder F2 (manchmal auch F11 oder F12, je nach Modell). Im MSI Click BIOS 5 werden Sie zunächst den EZ Mode sehen. Dieser bietet eine übersichtliche Zusammenfassung der wichtigsten Informationen und grundlegenden Einstellungen. Für unsere Zwecke ist jedoch der Advanced Mode entscheidend. Diesen erreichen Sie meist mit der F7-Taste. Hier entfaltet sich die wahre Macht des BIOS.

Nehmen Sie sich einen Moment Zeit, um sich mit den verschiedenen Reitern vertraut zu machen: Settings, OC, M-Flash, OC Profile, Hardware Monitor und Beta BIOS (falls vorhanden). Jeder Reiter birgt eine Fülle von Optionen, die wir im Folgenden genauer beleuchten werden.

Leistungsoptimierung: Das Herzstück Ihres Systems tunen (CPU & RAM)

Einer der Hauptgründe, sich mit dem BIOS zu beschäftigen, ist die Leistungssteigerung. Hier können Sie das volle Potenzial Ihrer CPU und Ihres Arbeitsspeichers freischalten.

1. CPU-Overclocking (Übertaktung)

Im OC-Reiter finden Sie alles, was Sie für die CPU-Übertaktung benötigen. Hier sind die wichtigsten „versteckten” Einstellungen, die weit über das bloße Ändern des Multiplikators hinausgehen:

• CPU Ratio Mode & CPU Ratio Apply Mode: Während die meisten Nutzer nur den CPU Ratio (Multiplikator) anpassen, um die Taktrate zu erhöhen, können fortgeschrittene Nutzer mit dem Ratio Mode (Fixed Mode vs. Dynamic Mode) und Apply Mode (All Cores, Per Core) noch feinere Anpassungen vornehmen. Der Fixed Mode hält den Takt konstant, während der Dynamic Mode (oft kombiniert mit Enhanced Turbo) das System bei geringer Last heruntertakten lässt.
• CPU Core Voltage Mode & CPU Core Voltage: Die richtige Spannung ist entscheidend für Stabilität und Lebensdauer. Statt auf „Auto” zu setzen, experimentieren Sie vorsichtig mit Modi wie „Override Mode” (feste Spannung), „Adaptive Mode” (Spannung passt sich der Last an) oder „Offset Mode” (Spannung wird um einen festen Wert erhöht/gesenkt). Beginnen Sie mit kleinen Schritten und überwachen Sie die Temperaturen.
• Load Line Calibration (LLC): Dies ist eine der wichtigsten Einstellungen für stabiles Overclocking. LLC kompensiert den VDroop, einen Spannungsabfall unter Last. Ein höherer LLC-Wert (z.B. Mode 4 oder 5 von 8) sorgt für eine stabilere CPU-Spannung, kann aber auch zu höheren Temperaturen führen. Finden Sie den Sweet Spot für Ihr System.
• DigitALL Power: Unter diesem Untermenü im OC-Reiter finden Sie noch detailliertere Einstellungen für die Stromversorgung, z.B. CPU PWM Switching Frequency. Das Erhöhen dieser Frequenz kann die Stromversorgung stabiler machen, aber auch die Temperatur der VRMs erhöhen.
• CPU Features: Hier können Sie Energiesparfunktionen wie Intel SpeedStep (EIST), C-States oder Turbo Boost (langfristige/kurzfristige Power Limits) feintunen. Deaktivieren Sie C-States nicht blindlings, da sie die Effizienz beeinträchtigen. Passen Sie die Turbo Boost Power Limits (Long/Short Duration Power Limit) an, um die CPU länger auf hohen Taktraten zu halten, wenn Ihre Kühlung dies zulässt.

2. RAM-Optimierung (Arbeitsspeicher)

Auch der Arbeitsspeicher bietet enormes Potenzial zur Leistungssteigerung:

• XMP (Extreme Memory Profile): Dies ist der erste und einfachste Schritt. Aktivieren Sie XMP im OC-Reiter, um Ihre RAM-Module mit den vom Hersteller vorgesehenen, optimierten Geschwindigkeiten und Timings zu betreiben. Überprüfen Sie, ob es Profile 1 und 2 gibt, und testen Sie beide.
• Memory Try It!: Eine exklusive und geniale MSI-Funktion! Wenn Ihr RAM kein XMP-Profil hat oder Sie es noch weiter optimieren möchten, finden Sie unter „DRAM Settings” die Option „Memory Try It!”. Hier bietet MSI eine Bibliothek vorkonfigurierter, optimierter RAM-Timings für verschiedene Speichertypen und Taktraten. Wählen Sie einfach die passende Kombination aus, und das BIOS versucht, Ihr System damit zu starten. Dies ist ein hervorragender Ausgangspunkt für manuelles Tuning.
• Manuelle Timings und Sub-Timings: Für fortgeschrittene Anwender: Tauchen Sie in die „DRAM Timing Mode” oder „Advanced DRAM Configuration” ein. Hier können Sie die primären Timings (CL, tRCD, tRP, tRAS) sowie zahlreiche sekundäre und tertiäre Timings manuell einstellen. Eine leichte Reduzierung dieser Werte kann die Latenz verbessern und die Leistung steigern, erfordert jedoch viel Geduld und Stabilitätstests.
• DRAM Voltage: Erhöhen Sie die RAM-Spannung vorsichtig, wenn Sie höhere Taktraten oder schärfere Timings anstreben. Orientieren Sie sich an den Spezifikationen Ihres RAMs (z.B. 1.35V für DDR4 mit XMP).

Kühlungs- & Energiemanagement: Effizienz und Langlebigkeit

Ein gut gekühltes System läuft stabiler und leiser. Das BIOS gibt Ihnen die volle Kontrolle darüber:

• Fan Control / Hardware Monitor: Unter „Hardware Monitor” finden Sie die umfassende Lüftersteuerung von MSI. Hier können Sie nicht nur die Drehzahl jedes angeschlossenen Lüfters (CPU-Lüfter, Gehäuselüfter, Pumpe) basierend auf verschiedenen Temperatursensoren (CPU, System, PCH) anpassen, sondern auch detaillierte Lüfterkurven erstellen.
• Custom Fan Curve: Ziehen Sie Punkte auf einem Diagramm, um die Lüfterdrehzahl bei bestimmten Temperaturen festzulegen. Eine versteckte Funktion ist oft die Möglichkeit, eine Temperatur-Hysterese einzustellen, um plötzliche Drehzahlschwankungen zu vermeiden. Sie können auch die Min. Fan Speed festlegen, um ein vollständiges Abschalten zu verhindern, oder Smart Fan Mode aktivieren/deaktivieren.
• Pump Fan Control: Für AIO-Wasserkühlungen können Sie hier die Pumpengeschwindigkeit einstellen, oft auf einen konstanten Wert, um eine optimale Zirkulation zu gewährleisten.
• ERP Ready: Im Settings > Advanced > Power Management Setup finden Sie diese Option. Aktivieren Sie ERP Ready, um den Energieverbrauch im ausgeschalteten Zustand auf ein Minimum zu reduzieren und die EU-Vorschriften für den Standby-Modus zu erfüllen. Dies kann auch Funktionen wie Wake-on-LAN beeinflussen.
• USB Power in S5: Bestimmen Sie, ob USB-Ports im ausgeschalteten Zustand noch Strom liefern sollen. Nützlich zum Laden von Geräten, kann aber auch den Energieverbrauch erhöhen.

Speicher und Boot-Optionen: Geschwindigkeit und Sicherheit

Die Art und Weise, wie Ihr System startet und mit Speichergeräten umgeht, lässt sich ebenfalls optimieren.

• SATA / NVMe Configuration: Unter Settings > Advanced finden Sie die Konfiguration für Ihre Speichercontroller. Stellen Sie sicher, dass der SATA-Modus auf AHCI steht, es sei denn, Sie verwenden RAID. Für NVMe SSDs können Sie prüfen, ob Ihr Mainboard PCIe-Bifurkation unterstützt, um die PCIe-Lanes optimal aufzuteilen, wenn Sie Adapterkarten mit mehreren NVMe-Laufwerken verwenden.
• Fast Boot / Ultra Fast Boot: Diese Optionen im Boot-Reiter beschleunigen den Systemstart erheblich, indem sie bestimmte Hardware-Initialisierungsschritte überspringen. Beachten Sie, dass der Zugriff auf das BIOS mit Ultra Fast Boot schwieriger werden kann (manchmal muss man eine spezielle Tastenkombination drücken oder Windows im Recovery-Modus starten, um ins BIOS zu gelangen).
• Secure Boot & TPM (Trusted Platform Module): Für mehr Sicherheit und die Kompatibilität mit Windows 11 sollten Sie Secure Boot aktivieren und das TPM 2.0 (oder PTT für Intel-CPUs) einschalten. Dies finden Sie oft unter Security oder Settings > Security.

Monitoring, Diagnose und Wartung: Immer im Bilde bleiben

Das BIOS bietet auch wichtige Tools zur Überwachung und Fehlerbehebung.

• Hardware Monitor (detailliert): Nicht nur für Lüfterkurven! Hier können Sie präzise Temperaturen (CPU, System, VRM, Chipset), Spannungen (Vcore, VCCSA, VCCIO, DRAM) und Lüfterdrehzahlen in Echtzeit überwachen. Dies ist unerlässlich beim Overclocking oder bei der Fehlersuche.
• BIOS Flashback+ / M-Flash: Diese Funktionen sind Lebensretter! M-Flash (im M-Flash Reiter) ermöglicht das einfache und sichere Aktualisieren des BIOS über einen USB-Stick. BIOS Flashback+ (oft ein physischer Knopf am Mainboard oder I/O-Panel) ist noch mächtiger: Es ermöglicht ein BIOS-Update auch ohne installierte CPU, RAM oder Grafikkarte. Unverzichtbar bei Problemen oder der Installation neuer CPU-Generationen. Machen Sie sich mit der Prozedur vertraut, bevor Sie sie benötigen!
• OC Profile: Haben Sie eine perfekte Overclocking-Einstellung gefunden? Speichern Sie sie als OC Profile (im gleichnamigen Reiter). Sie können mehrere Profile für verschiedene Szenarien speichern (z.B. Gaming, Silent, Produktivität) und so einfach zwischen ihnen wechseln. Dies ist auch ideal, um vor Experimenten eine funktionierende Einstellung zu sichern.
• Settings > Save & Exit > Restore Default: Wenn mal etwas schiefgeht, ist dies Ihr Rettungsanker. Speichern Sie Ihre Änderungen, oder wenn das System nicht startet, nutzen Sie den CMOS Clear Jumper auf dem Mainboard, um die BIOS-Einstellungen auf die Werkseinstellungen zurückzusetzen.

Verborgene Tweaks und erweiterte Einstellungen

Manche Einstellungen sind tiefer vergraben und eher für erfahrene Benutzer gedacht, können aber den letzten Schliff geben:

• PCI Subsystem Settings: Hier können Sie die PCIe-Geschwindigkeit einzelner Slots festlegen oder ASPM (Active State Power Management) aktivieren/deaktivieren, was die Energieeffizienz der PCIe-Geräte beeinflusst.
• Intel (R) ME Firmware Version / AMD PSP: Unter Settings > System Status oder Advanced finden Sie Informationen zu diesen Management-Engines. Manchmal sind Firmware-Updates für diese Komponenten separat verfügbar und können die Systemstabilität verbessern.
• POST Codes / Debug LEDs: Viele MSI Mainboards verfügen über Diagnose-LEDs oder ein kleines Display, das beim Booten alphanumerische Codes anzeigt. Eine schnelle Recherche dieser Codes im Handbuch kann bei Startproblemen sofort Aufschluss geben, welches Bauteil Ärger macht.

Fazit: Ihr System wartet darauf, entdeckt zu werden

Das MSI Click BIOS 5 ist weit mehr als nur ein Menü zum Auswählen des Boot-Geräts. Es ist eine umfassende Kommandozentrale, die Ihnen die volle Kontrolle über Ihr Mainboard und damit über die Leistung und Stabilität Ihres gesamten Systems gibt. Indem Sie die hier vorgestellten versteckten Funktionen und erweiterten Einstellungen erkunden, können Sie:

• Ihre CPU-Leistung steigern durch präzises Overclocking.
• Die RAM-Performance optimieren für schnellere Datenzugriffe.
• Die Kühlung Ihres PCs feinabstimmen für leisere und stabilere Operation.
• Die Energieeffizienz verbessern und den Stromverbrauch senken.
• Die Systemstartzeit verkürzen und die Sicherheit erhöhen.

Denken Sie daran: Änderungen im BIOS sollten immer mit Bedacht vorgenommen werden. Notieren Sie sich ursprüngliche Einstellungen, gehen Sie schrittweise vor und testen Sie die Stabilität nach jeder Anpassung. Mit ein wenig Experimentierfreude und den richtigen Informationen werden Sie überrascht sein, wie viel mehr Potenzial in Ihrem MSI-System steckt. Viel Spaß beim Entdecken und Optimieren!