Was bedeuten die Festplatten-Sensoren in Aida 64 und kann man den Werten vertrauen?

In der heutigen digitalen Welt sind unsere Daten unser wertvollstes Gut. Ob Familienfotos, wichtige Dokumente oder geschäftliche Unterlagen – niemand möchte sie verlieren. Doch was passiert, wenn die Festplatte, unser digitaler Datenträger, den Geist aufgibt? Oft kündigt sich ein Festplattenausfall nicht mit einem lauten Knall an, sondern mit subtilen Anzeichen, die man erkennen kann – wenn man weiß, wo man hinschauen muss. Hier kommt Software wie AIDA64 ins Spiel, ein leistungsstarkes Diagnosetool, das uns einen tiefen Einblick in die „Gesundheit” unserer Hardware gibt, insbesondere die Sensoren unserer Festplatten.

Dieser Artikel widmet sich der Frage, was die Festplatten-Sensoren in AIDA64 bedeuten und ob wir den angezeigten Werten wirklich vertrauen können. Wir tauchen tief in die Welt von S.M.A.R.T. ein, entschlüsseln die wichtigsten Attribute und geben Ihnen praktische Tipps an die Hand, wie Sie Ihre Daten schützen können.

Was ist S.M.A.R.T. und warum ist es für Ihre Festplatte so wichtig?

Bevor wir uns den spezifischen Sensoren in AIDA64 widmen, ist es entscheidend, die zugrundeliegende Technologie zu verstehen: S.M.A.R.T., die Abkürzung für „Self-Monitoring, Analysis and Reporting Technology”. S.M.A.R.T. ist ein Industriestandard, der es Festplatten (und seit einiger Zeit auch SSDs) ermöglicht, ihren eigenen internen Zustand zu überwachen, zu analysieren und Berichte darüber zu erstellen. Diese Technologie ist seit den 1990er Jahren in den meisten modernen Festplatten integriert.

Das Hauptziel von S.M.A.R.T. ist es, einen drohenden Ausfall der Festplatte vorherzusagen, bevor es zu einem katastrophalen Datenverlust kommt. Die Festplatte misst kontinuierlich verschiedene Leistungsparameter und kritische Fehlerindikatoren. Wenn diese Werte bestimmte Schwellenwerte überschreiten, generiert die Festplatte eine Warnung. Software wie AIDA64 kann diese von der Festplatte gesammelten S.M.A.R.T.-Daten auslesen und in einer leicht verständlichen Form darstellen. Es ist also wichtig zu verstehen: AIDA64 hat keine eigenen „Sensoren” in Ihrer Festplatte; es ist vielmehr ein Übersetzer und Anzeigeprogramm für die bereits in der Festplatte vorhandenen S.M.A.R.T.-Fähigkeiten.

Die wichtigsten Festplatten-Sensoren (S.M.A.R.T.-Attribute) in AIDA64 und ihre Bedeutung

Wenn Sie in AIDA64 unter „Speicher” den Bereich „S.M.A.R.T.” aufrufen, sehen Sie eine lange Liste von Attributen, oft mit kryptischen Namen und Nummern. Nicht alle sind gleichermaßen wichtig, aber einige sind kritische Indikatoren für die Gesundheit Ihrer Festplatte. Hier sind die wichtigsten, die Sie im Auge behalten sollten:

01 Raw Read Error Rate (Roh-Lesefehlerrate)

Dieses Attribut zählt die Anzahl der Lesefehler, die beim Versuch, Daten von der Festplatte zu lesen, aufgetreten sind. Hohe oder schnell ansteigende Werte können auf Probleme mit der Oberfläche der Festplatte, dem Lese-/Schreibkopf oder der Elektronik hindeuten. Es ist oft ein frühes Warnsignal.

05 Reallocated Sectors Count (Neuzugewiesene Sektoren)

Dies ist eines der kritischsten S.M.A.R.T.-Attribute überhaupt. Wenn die Festplatte einen defekten Sektor entdeckt, versucht sie, die Daten von diesem Sektor zu lesen und sie auf einen der im Reservebereich der Festplatte vorhandenen „Ersatzsektoren” zu verschieben. Die Anzahl der neu zugewiesenen Sektoren ist die Zählung dieser Vorgänge. Ein steigender Wert deutet auf eine Verschlechterung der Festplattenoberfläche hin und ist ein sehr starkes Indiz für einen drohenden Ausfall. Ein einziger neu zugewiesener Sektor ist noch kein Grund zur Panik, aber ein kontinuierlicher Anstieg erfordert sofortige Aufmerksamkeit und Datensicherung.

07 Seek Error Rate (Suchfehlerrate)

Dieses Attribut zählt die Häufigkeit von Fehlern, die beim Positionieren der Lese-/Schreibköpfe über den Datenspuren auftreten. Hohe Werte können auf mechanische Probleme im Lese-/Schreibkopf-System oder mit der Spindel der Festplatte hindeuten. Dies kann sich in ungewöhnlichen Geräuschen der Festplatte äußern.

09 Power-On Hours (Betriebsstunden)

Einfach gesagt, dies ist die Gesamtzahl der Stunden, die Ihre Festplatte in Betrieb war. Es ist kein direkter Fehlerindikator, aber es hilft, die allgemeine Lebensdauer und das Alter der Festplatte abzuschätzen. Festplatten haben eine begrenzte Lebensdauer; je älter sie ist, desto wahrscheinlicher ist ein Ausfall.

0C Power Cycle Count (Ein-/Ausschaltzyklen)

Zählt, wie oft die Festplatte ein- und ausgeschaltet wurde. Ähnlich wie die Betriebsstunden ist dies kein direkter Fehlerindikator, aber eine sehr hohe Anzahl kann auf eine hohe Belastung durch häufiges Hoch- und Herunterfahren hindeuten, was den mechanischen Komponenten zusetzen kann.

C2 Temperature (Temperatur)

Die Betriebstemperatur der Festplatte ist entscheidend. Zu hohe Temperaturen (oft über 50-55°C bei HDDs) können die Lebensdauer der Festplatte erheblich verkürzen und die Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls erhöhen. AIDA64 zeigt hier den aktuellen Wert an, aber auch den Minimal- und Maximalwert, was für die Überwachung des Temperaturverlaufs sehr nützlich ist. Eine optimale Betriebstemperatur liegt in der Regel zwischen 30°C und 45°C.

C5 Current Pending Sector Count (Aktuelle schwebende Sektoren)

Dieses Attribut zählt Sektoren, die von der Festplatte als potenziell unzuverlässig markiert wurden und auf eine erneute Überprüfung warten. Wenn Daten aus diesen Sektoren erfolgreich gelesen werden können, werden sie wieder als „gut” markiert. Können die Daten jedoch nicht gelesen werden, versucht die Festplatte, diese Sektoren neu zuzuweisen (was dann den Wert von Attribut 05 erhöht). Ein Wert größer als Null bei C5 ist immer ein Grund zur Sorge, da dies ein Vorstadium für Attribut 05 sein kann.

C6 Uncorrectable Sector Count (Nicht korrigierbare Sektoren)

Dieses Attribut zählt die Sektoren, die von der Festplatte als fehlerhaft erkannt wurden und deren Daten nicht mehr gelesen oder korrigiert werden können. Dies sind tatsächlich verlorene Daten und ein extrem ernstes Warnsignal. Ein steigender Wert hier bedeutet, dass die Festplatte aktiv Daten verliert und ein sofortiger Austausch sowie eine Datensicherung unerlässlich sind.

C7 UltraDMA CRC Error Count (UltraDMA CRC Fehlerzähler)

Dieser Wert zählt Fehler, die bei der Datenübertragung zwischen der Festplatte und dem Host-Controller (dem Mainboard) auftreten. Hohe Werte deuten oft auf Probleme mit dem SATA-Kabel (Knicke, lose Verbindungen, schlechte Qualität) oder dem SATA-Port auf dem Mainboard hin, seltener auf ein Problem mit der Festplatte selbst. Ein Kabelwechsel ist hier oft die erste und einfachste Lösung.

Spezielle SSD-Attribute

Für SSDs (Solid State Drives) gibt es ebenfalls S.M.A.R.T.-Attribute, die sich von HDDs unterscheiden, da SSDs keine beweglichen Teile haben. Wichtige SSD-Attribute sind zum Beispiel:

• Wear Leveling Count / Media Wearout Indicator: Zeigt den Grad des Verschleißes der Flash-Zellen an.
• Total Host Writes: Die Gesamtmenge der von der Host-Seite auf die SSD geschriebenen Daten.
• Available Reserve Space: Der Prozentsatz des verfügbaren Reservebereichs, der für die Neuzuweisung von Blöcken verwendet wird.

Diese Attribute sind entscheidend für die Überwachung der Lebensdauer von SSDs, da Flash-Speicher nur eine begrenzte Anzahl von Schreibzyklen hat.

Wie liest man die S.M.A.R.T.-Werte in AIDA64?

AIDA64 präsentiert die S.M.A.R.T.-Werte in der Regel mit vier Hauptspalten:

1. Aktueller Wert (Value): Der aktuelle Status des Attributs, oft auf einer Skala von 1 bis 253 (höher ist meist besser).
2. Schlechtester Wert (Worst): Der niedrigste Wert, den das Attribut jemals erreicht hat (wieder: höher ist besser).
3. Schwellenwert (Threshold): Ein vom Hersteller festgelegter Grenzwert. Fällt der „Aktuelle Wert” unter diesen Schwellenwert, gilt das Attribut als kritisch, und AIDA64 zeigt dies oft mit einer roten Farbe an.
4. Rohwert (Data/Raw Value): Dies ist der eigentliche, unverarbeitete Wert, den die Festplatte intern zählt (z.B. die exakte Anzahl der Fehler). Dies ist oft der informativste Wert, um Veränderungen zu erkennen.

AIDA64 interpretiert diese Werte und zeigt neben jedem Attribut einen Status an, wie z.B. „OK”, „Warnung” (gelb) oder „Fehler” (rot). Achten Sie besonders auf gelbe oder rote Markierungen und auf steigende Rohwerte bei kritischen Attributen wie 05, C5 und C6.

Kann man den Werten vertrauen? Die Wahrheit über S.M.A.R.T. und AIDA64

Die kurze Antwort lautet: Ja, man kann den Werten vertrauen – aber mit Vorbehalt und Verständnis.

S.M.A.R.T. ist eine etablierte Technologie, die von Festplattenherstellern weltweit implementiert wird. Die von AIDA64 ausgelesenen Daten stammen direkt von der Firmware Ihrer Festplatte und sind somit authentisch. AIDA64 ist lediglich das Interface, das diese Rohdaten interpretiert und verständlich darstellt.

Was die Vorbehalte sind:

1. Herstellerspezifische Interpretationen: Nicht alle Hersteller implementieren S.M.A.R.T. auf exakt dieselbe Weise. Einige Rohwerte bedeuten bei einem Hersteller etwas anderes als beim anderen, oder die Schwellenwerte variieren. AIDA64 versucht, dies so gut wie möglich zu berücksichtigen.
2. Nicht alle Ausfälle werden vorhergesagt: S.M.A.R.T. kann Ausfälle, die durch langsame Verschlechterung (z.B. Oberflächenfehler) entstehen, sehr gut vorhersagen. Es kann jedoch keinen plötzlichen, katastrophalen Ausfall aufgrund eines elektronischen Defekts oder eines physischen Schlags vorhersagen. Die Vorhersagegenauigkeit liegt typischerweise bei 60-70% für mechanische oder oberflächenbezogene Probleme.
3. Verwechslung von „Aktuellem Wert” und „Rohwert”: Viele Nutzer interpretieren den „Aktuellen Wert” als den entscheidenden Indikator. Doch oft ist der „Rohwert” viel aussagekräftiger, da er die absolute Zählung anzeigt. Ein Rohwert, der stetig steigt, ist alarmierender als ein „Aktueller Wert”, der noch im „grünen Bereich” liegt, aber aufgrund einer internen Skalierung der Festplatte nicht sofort reagiert.
4. Ignorieren von Warnungen: Manchmal zeigt S.M.A.R.T. Warnungen an, die über einen längeren Zeitraum ignoriert werden. Die Daten sind da, aber wenn der Nutzer sie nicht beachtet, erfüllen sie ihren Zweck nicht.

Im Allgemeinen sind die von AIDA64 angezeigten S.M.A.R.T.-Werte eine sehr zuverlässige Quelle für Informationen über den Gesundheitszustand Ihrer Festplatte. Vertrauen Sie den Warnungen, insbesondere bei Attributen wie 05, C5 und C6. Sie sind oft die letzten Hinweise, bevor ein Datenverlust unvermeidlich wird.

Wann sollte man handeln? Warnsignale ernst nehmen

Die Anzeige eines gelben oder roten Status in AIDA64 ist immer ein Anlass zur sofortigen Überprüfung. Aber auch ohne explizite Warnung sollten Sie wachsam sein bei:

• Steigenden Rohwerten: Besonders bei „Reallocated Sectors Count” (05), „Current Pending Sector Count” (C5) und „Uncorrectable Sector Count” (C6). Jeder Anstieg bei diesen Werten ist ein Indikator für eine sich verschlechternde Festplatte.
• Plötzlichen Veränderungen: Eine rapide Änderung bei Temperatur, Suchfehlern oder Lesefehlern kann auf ein akutes Problem hindeuten.
• Abnehmendem „Aktuellen Wert”: Wenn der „Aktuelle Wert” eines Attributs sich dem „Schwellenwert” nähert, ist dies ein klares Warnsignal.
• Ungewöhnlichen Geräuschen: Ein Klackern, Schleifen oder Klicken aus dem Inneren Ihrer Festplatte, begleitet von S.M.A.R.T.-Warnungen, bedeutet oft ein mechanisches Versagen. Schalten Sie in diesem Fall den Computer so schnell wie möglich aus, um weitere Schäden zu vermeiden.
• Performance-Einbrüchen: Wenn Ihr System plötzlich langsamer wird, Programme einfrieren oder Dateien nicht mehr geöffnet werden können, kann dies ebenfalls auf Festplattenprobleme hinweisen, auch wenn S.M.A.R.T. noch keine kritischen Werte anzeigt.

Das Wichtigste ist, die Werte nicht nur einmalig zu prüfen, sondern regelmäßig zu überwachen. Notieren Sie sich die Rohwerte der kritischen Attribute und prüfen Sie sie nach einigen Wochen oder Monaten erneut, um Trends zu erkennen.

Praktische Tipps zur Festplattenwartung und Datensicherung

Das Wissen über S.M.A.R.T. ist wertvoll, aber es ist nur die halbe Miete. Hier sind einige praktische Schritte, die Sie unternehmen können, um Ihre Daten zu schützen:

1. Regelmäßige Überwachung mit AIDA64: Machen Sie es sich zur Gewohnheit, die S.M.A.R.T.-Werte Ihrer Festplatten alle paar Wochen zu überprüfen. Ein kurzer Blick auf die Statusanzeige genügt oft schon.
2. Die 3-2-1-Backup-Regel: Dies ist die goldene Regel der Datensicherung. Erstellen Sie mindestens drei Kopien Ihrer wichtigsten Daten, speichern Sie diese auf zwei verschiedenen Medientypen (z.B. interne HDD, externe SSD, Cloud) und bewahren Sie eine Kopie extern auf (z.B. in der Cloud oder bei einem Freund). Ein Backup ist der einzig wahre Schutz vor Datenverlust. S.M.A.R.T. kann nur warnen, nicht retten.
3. SATA-Kabel überprüfen: Wenn das Attribut „UltraDMA CRC Error Count” (C7) steigt, tauschen Sie zuerst das SATA-Kabel aus. Dies ist oft eine einfache und kostengünstige Lösung.
4. Optimale Kühlung gewährleisten: Achten Sie auf eine gute Belüftung Ihres Computergehäuses. Überprüfen Sie regelmäßig die Temperatur Ihrer Festplatten in AIDA64. Sollten die Temperaturen dauerhaft zu hoch sein, investieren Sie in zusätzliche Gehäuselüfter.
5. Firmware-Updates: Halten Sie die Firmware Ihrer Festplatten und SSDs auf dem neuesten Stand. Hersteller veröffentlichen oft Updates, die die Leistung verbessern und Fehler beheben.
6. Nicht in Panik geraten, aber proaktiv sein: Ein einzelner „schwebender Sektor” oder eine geringfügig erhöhte Lesefehlerrate ist noch kein Grund zur Panik. Aber es ist ein Aufruf zur Wachsamkeit. Wenn die kritischen Werte steigen, handeln Sie schnell.

Fazit: Ihre Daten sind es wert, geschützt zu werden

Die Festplatten-Sensoren in AIDA64, die auf der S.M.A.R.T.-Technologie basieren, sind ein unschätzbares Werkzeug für jeden PC-Nutzer. Sie bieten einen tiefen Einblick in die innere Funktionsweise und den Gesundheitszustand Ihrer Datenträger. Während S.M.A.R.T. nicht jeden Ausfall vorhersagen kann, bietet es doch eine zuverlässige Frühwarnung bei den häufigsten Problemen.

Indem Sie die wichtigsten Attribute verstehen, die Werte in AIDA64 richtig interpretieren und auf Warnsignale achten, können Sie proaktiv handeln, bevor es zu einem irreversiblen Datenverlust kommt. Kombinieren Sie diese Überwachung mit einer soliden Datensicherungsstrategie, und Sie können sich entspannt zurücklehnen, wissend, dass Ihre wertvollen digitalen Erinnerungen und wichtigen Dokumente sicher sind. Vertrauen Sie den Werten, aber vertrauen Sie vor allem auf Ihre Backups!