Aorus B550I & Ryzen 5600G: Warum liefert die Onboardgrafik über DP keine Bildausgabe, während HDMI problemlos geht?

Es gibt nur wenige Dinge, die bei der Einrichtung eines neuen PCs frustrierender sind als ein leeres Display, besonders wenn man eigentlich davon ausgeht, dass alles reibungslos funktionieren sollte. Viele Enthusiasten und preisbewusste Nutzer greifen heutzutage zu Prozessoren mit integrierter Grafikeinheit (iGPU), wie dem AMD Ryzen 5 5600G. Gepaart mit einem kompakten und leistungsstarken Mainboard wie dem Gigabyte Aorus B550I Pro AX, entsteht ein perfektes Duo für einen vielseitigen Build, der von Office-Anwendungen bis hin zu leichtem Gaming alles bewältigen kann – ganz ohne dedizierte Grafikkarte.

Doch dann kommt der Moment der Wahrheit: Sie schließen Ihren Monitor über ein DisplayPort (DP)-Kabel an, schalten den PC ein und… nichts. Ein schwarzer Bildschirm empfängt Sie, während ein schneller Wechsel zu einem HDMI-Kabel das Problem wie von Zauberhand löst. Plötzlich haben Sie ein klares Bild. Was steckt hinter diesem rätselhaften Verhalten? Ist Ihr Mainboard defekt? Das DisplayPort-Kabel kaputt? Oder ist es eine Eigenheit der iGPU?

Keine Sorge, Sie sind mit diesem Problem nicht allein. Es ist ein relativ häufiges Phänomen, das bei APU-basierten Systemen (Accelerated Processing Units, wie der 5600G) und bestimmten Mainboards auftreten kann. In diesem umfassenden Artikel tauchen wir tief in die möglichen Ursachen ein und bieten Ihnen detaillierte Lösungen, damit Sie die volle Funktionalität Ihres Systems über DisplayPort nutzen können.

DisplayPort vs. HDMI: Ein Blick auf die Unterschiede

Bevor wir uns den spezifischen Problemen widmen, ist es hilfreich, die grundlegenden Unterschiede zwischen DisplayPort und HDMI zu verstehen. Beide sind digitale Schnittstellen zur Übertragung von Video- und Audiosignalen, doch sie haben unterschiedliche Entstehungsgeschichten und technische Spezifikationen:

• HDMI (High-Definition Multimedia Interface): Ursprünglich für den Consumer-Bereich entwickelt (Fernseher, Blu-ray-Player), ist HDMI sehr benutzerfreundlich. Es ist oft „Plug-and-Play” und kommt mit weniger komplexen Handshake-Protokollen aus. Die Bandbreite hat sich über die Jahre stark verbessert (HDMI 2.0, 2.1), aber es war historisch gesehen weniger für PC-Monitore mit hohen Bildwiederholraten und adaptiver Synchronisierung ausgelegt.
• DisplayPort: Entwickelt von der VESA (Video Electronics Standards Association) speziell für den Computerbereich. DisplayPort bietet in der Regel höhere Bandbreiten (DP 1.4, DP 2.0) und erweiterte Funktionen wie Multi-Stream Transport (MST) für daisy-chained Monitore, Adaptive Sync (FreeSync, G-Sync Compatible) und eine bidirektionale Kommunikation. Diese erweiterten Funktionen erfordern jedoch oft eine präzisere Signalinitialisierung und eine stabilere Kommunikation zwischen Grafikquelle und Monitor.

Gerade diese komplexeren Protokolle bei DisplayPort können die Ursache für Kompatibilitätsprobleme sein, wenn die Komponenten (Mainboard, iGPU, Kabel, Monitor) nicht perfekt miteinander harmonieren.

Die Hauptverdächtigen: Warum DisplayPort nicht funktioniert

Lassen Sie uns die häufigsten Ursachen und die entsprechenden Lösungsansätze systematisch durchgehen:

1. BIOS/UEFI-Einstellungen: Der erste Anlaufpunkt

Das BIOS/UEFI ist das Herzstück Ihres Mainboards und steuert, wie Hardwarekomponenten initialisiert werden. Hier können sich viele Probleme verstecken:

• BIOS-Update: Dies ist oft der wichtigste Schritt. Mainboard-Hersteller wie Gigabyte veröffentlichen regelmäßig BIOS-Updates, die nicht nur die Kompatibilität mit neuen CPUs verbessern, sondern auch Fehlerbehebungen für Display-Ausgänge, Speicher-Timings und andere Hardware-Interaktionen enthalten. Ein älteres BIOS auf dem Aorus B550I könnte eine unzureichende Initialisierung des DisplayPort-Controllers für den Ryzen 5600G aufweisen.

  Lösung: Besuchen Sie die offizielle Gigabyte-Supportseite für Ihr Aorus B550I Pro AX und laden Sie die neueste BIOS-Version herunter. Folgen Sie der Anleitung zur Aktualisierung des BIOS (Q-Flash Plus bei Gigabyte ermöglicht dies oft auch ohne CPU oder Bild).

• Initial Display Output / Primary Graphics Adapter: Im BIOS gibt es oft eine Einstellung, die festlegt, welche Grafikkarte (onboard oder dediziert) primär initialisiert werden soll. Obwohl der 5600G nur eine iGPU hat, könnten hier ungünstige Standardwerte für die Port-Priorität gesetzt sein.

  Lösung: Suchen Sie im BIOS (meist unter „Peripherals” oder „Integrated Graphics”) nach Einstellungen wie „Initial Display Output”, „Primary Graphics Adapter” oder ähnlichem und stellen Sie sicher, dass „IGD” (Integrated Graphics Device) oder „Onboard Graphics” als primäre Quelle ausgewählt ist. Es gibt selten eine spezifische Option für DP vs. HDMI, aber eine korrekte iGPU-Initialisierung ist entscheidend.

• CSM (Compatibility Support Module) und UEFI Native: Das CSM ermöglicht die Kompatibilität mit älterer Hardware und Boot-Methoden. Moderne Hardware und Betriebssysteme (Windows 10/11) bevorzugen den reinen UEFI-Modus. Manchmal können Konflikte zwischen CSM und der Initialisierung von DisplayPort-Schnittstellen auftreten.

  Lösung: Versuchen Sie, CSM zu deaktivieren und im reinen UEFI-Modus zu booten. Stellen Sie sicher, dass „Secure Boot” aktiviert ist, falls Sie Windows 11 verwenden.

• Fast Boot / Ultra Fast Boot: Diese Optionen beschleunigen den Boot-Vorgang, indem sie bestimmte Initialisierungsschritte überspringen oder verkürzen. Das kann manchmal die ordnungsgemäße Initialisierung des DisplayPorts beeinträchtigen.

  Lösung: Deaktivieren Sie „Fast Boot” oder „Ultra Fast Boot” im BIOS testweise und prüfen Sie, ob der DisplayPort danach ein Bild liefert. Sobald das Problem behoben ist, können Sie versuchen, diese Optionen wieder zu aktivieren.

• iGPU Memory Allocation (UMA Frame Buffer Size): Obwohl unwahrscheinlich, dass dies zu gar keinem Bild führt, kann eine zu geringe Zuweisung von System-RAM an die iGPU („VRAM”) manchmal zu Anzeigeproblemen führen, insbesondere bei hohen Auflösungen oder Bildwiederholraten.

  Lösung: Erhöhen Sie im BIOS (meist unter „Peripherals” > „AMD CBS” > „NBIO Common Options” oder ähnliches) die „UMA Frame Buffer Size” auf 2GB, 4GB oder sogar 8GB. Dies ist zwar primär für die Performance relevant, kann aber in seltenen Fällen auch Initialisierungsprobleme beheben.

2. Das DisplayPort-Kabel: Ein oft unterschätzter Faktor

Das DP-Kabel ist eine der häufigsten Ursachen für Anzeigeprobleme. Im Gegensatz zu HDMI-Kabeln sind DP-Kabel anfälliger für Qualitätsprobleme und können bei mangelhafter Verarbeitung zu Signalverlust oder fehlender Initialisierung führen.

• Qualität und Zertifizierung: Nicht alle DisplayPort-Kabel sind gleich. Billige oder alte Kabel können Schwierigkeiten haben, die hohen Bandbreitenanforderungen moderner Monitore und Grafikkarten zu erfüllen.

  Lösung: Investieren Sie in ein hochwertiges, VESA-zertifiziertes DisplayPort 1.4-Kabel (oder höher, falls verfügbar und benötigt). Testen Sie, wenn möglich, mit einem anderen, bekanntermaßen funktionierenden DP-Kabel. Vermeiden Sie sehr lange Kabel (über 3 Meter), da diese anfälliger für Signalverlust sind.

• Pin 20-Problem: Ein älteres, aber immer noch relevantes Problem bei DisplayPort-Kabeln ist das „Pin 20”-Phänomen. Pin 20 des DP-Steckers ist für die Stromversorgung (3.3V) vorgesehen. Wenn sowohl die Grafikkarte als auch der Monitor versuchen, Strom über Pin 20 zu liefern (oder das Kabel intern eine fehlerhafte Verbindung hat), kann dies zu Problemen führen, einschließlich fehlender Bildausgabe oder sogar Hardware-Schäden. Hochwertige, standardkonforme Kabel sollten Pin 20 nicht verbunden haben, es sei denn, es ist explizit für eine bestimmte Funktion (z.B. Bus Power) ausgelegt.

  Lösung: Ein neues, zertifiziertes Kabel sollte dieses Problem nicht haben. Wenn Sie ein sehr altes oder billiges Kabel verwenden, könnte dies die Ursache sein.

3. Monitor-Einstellungen und Firmware

Auch Ihr Monitor kann eine Rolle spielen, insbesondere bei modernen Geräten mit vielen Funktionen:

• Input Selection: Stellen Sie sicher, dass der Monitor manuell auf den korrekten DisplayPort-Eingang eingestellt ist. Die automatische Erkennung funktioniert nicht immer zuverlässig, besonders wenn das Signal während des Bootvorgangs nur kurz anliegt oder unregelmäßig ist.

  Lösung: Öffnen Sie das OSD (On-Screen Display) Ihres Monitors und wählen Sie den passenden DP-Eingang manuell aus.

• DisplayPort-Version im Monitor: Viele Monitore erlauben es Ihnen, die verwendete DisplayPort-Version (z.B. DP 1.1, DP 1.2, DP 1.4) in den Einstellungen festzulegen. Ein Missverhältnis zwischen der vom Mainboard ausgegebenen Version und der vom Monitor erwarteten kann zu Problemen führen.

  Lösung: Versuchen Sie, die DP-Version in den Monitoreinstellungen testweise auf eine niedrigere Version (z.B. DP 1.2 statt DP 1.4) zu setzen, um die Kompatibilität zu verbessern. Wenn das Bild erscheint, können Sie versuchen, die Version schrittweise zu erhöhen.

• Monitor-Firmware: Wie beim Mainboard kann auch die Firmware des Monitors Fehler enthalten, die die DisplayPort-Kommunikation beeinträchtigen.

  Lösung: Prüfen Sie auf der Herstellerseite Ihres Monitors, ob neuere Firmware-Updates verfügbar sind und installieren Sie diese gegebenenfalls.

4. Treiberprobleme (nach der BIOS-Phase)

Obwohl Treiberprobleme in der Regel nicht dazu führen, dass gar kein Bild angezeigt wird (da das BIOS eine grundlegende Ausgabe gewährleisten sollte), können sie nach dem Laden des Betriebssystems zu Problemen führen.

• AMD Grafiktreiber: Stellen Sie sicher, dass Sie die neuesten AMD Adrenalin-Treiber für Ihre Ryzen 5600G iGPU installiert haben. Die Treiber sind entscheidend für die korrekte Funktion aller Display-Ausgänge und die Optimierung der Signalübertragung.

  Lösung: Laden Sie die neuesten Treiber direkt von der offiziellen AMD-Website herunter und installieren Sie diese. Gegebenenfalls eine saubere Installation durchführen (mit DDU – Display Driver Uninstaller im abgesicherten Modus).

• Mainboard-Chipsatz-Treiber: Auch die Chipsatz-Treiber von AMD sind wichtig für die gesamte Systemstabilität und die Kommunikation zwischen CPU und Mainboard.

  Lösung: Stellen Sie sicher, dass die neuesten B550-Chipsatz-Treiber von AMD oder Gigabyte installiert sind.

5. Hardware-Defekt (selten, aber möglich)

Wenn alle Software- und Kabellösungen fehlschlagen, könnte ein Hardware-Defekt die Ursache sein.

• Defekter DisplayPort am Mainboard: Es ist unwahrscheinlich, wenn HDMI funktioniert, aber nicht unmöglich, dass der DP-Anschluss des Aorus B550I selbst einen Defekt aufweist.
• Defekter DisplayPort am Monitor: Ebenso könnte der DP-Eingang Ihres Monitors beschädigt sein.

Lösung: Testen Sie Ihr System mit einem anderen Monitor, der über DisplayPort verfügt, oder den Monitor mit einem anderen DP-fähigen Gerät. Dies hilft, die Fehlerquelle einzugrenzen.

Warum HDMI oft toleranter ist

Die Frage bleibt: Warum funktioniert HDMI so problemlos, während DisplayPort Schwierigkeiten bereitet? Die Antwort liegt in den technischen Details und der Geschichte der Schnittstellen:

• Einfachere Initialisierung: HDMI war von Anfang an für den Massenmarkt konzipiert und ist oft toleranter gegenüber geringfügigen Signalabweichungen oder Timing-Problemen. Die Initialisierungs- und Handshake-Protokolle sind weniger komplex als bei DP.
• Weniger erweiterte Funktionen: Da HDMI historisch weniger Funktionen wie Adaptive Sync oder MST unterstützte, waren auch die Anforderungen an die Signalstabilität und die Kompatibilität geringer. DP muss eine breitere Palette von Szenarien abdecken.
• EDID-Kommunikation: Die Kommunikation der EDID (Extended Display Identification Data), über die der Monitor seine Fähigkeiten an die Grafikkarte meldet, kann bei DP manchmal anfälliger für Probleme sein. Wenn die Grafikkarte die EDID des Monitors über DP nicht korrekt lesen kann, weiß sie nicht, welche Auflösungen und Bildwiederholraten sie ausgeben soll, und es bleibt schwarz.

Checkliste für die Fehlersuche

Um das Problem systematisch anzugehen, empfehlen wir folgende Schritte:

1. BIOS-Update: Aktualisieren Sie das BIOS Ihres Aorus B550I auf die neueste Version.
2. BIOS-Einstellungen prüfen: Überprüfen Sie „Initial Display Output”, „CSM”, „Fast Boot” und „UMA Frame Buffer Size”. Setzen Sie testweise das BIOS auf die Werkseinstellungen zurück.
3. Kabeltausch: Verwenden Sie ein neues, hochwertiges, VESA-zertifiziertes DisplayPort 1.4-Kabel.
4. Monitor-Einstellungen: Wählen Sie den DP-Eingang manuell aus und versuchen Sie, die DP-Version im Monitor auf eine niedrigere Einstellung zu setzen. Prüfen Sie die Monitor-Firmware.
5. Treiber: Installieren Sie die neuesten AMD Adrenalin Grafiktreiber und Chipsatz-Treiber.
6. Kreuztest: Testen Sie das System mit einem anderen Monitor/DP-Kabel oder den Monitor mit einem anderen PC/DP-Kabel.

Fazit: Ein häufiges, lösbares Rätsel

Das Problem, dass die Onboardgrafik des Ryzen 5600G auf dem Aorus B550I über DisplayPort kein Bild liefert, während HDMI funktioniert, ist zwar frustrierend, aber in den meisten Fällen lösbar. Es ist selten ein Hardware-Defekt, sondern meist eine Kombination aus BIOS-Einstellungen, Kabelqualität oder Monitor-Kompatibilität, die die komplexere Handshake-Prozedur von DisplayPort stört. Mit den hier beschriebenen systematischen Schritten können Sie die Ursache identifizieren und beheben, um die volle Funktionalität und die Vorteile von DisplayPort – wie höhere Bildwiederholraten und Adaptive Sync – auf Ihrem kompakten und leistungsstarken System zu genießen.

Denken Sie daran: Geduld und eine methodische Fehlersuche sind Ihre besten Werkzeuge, wenn die Technik einmal streikt. Viel Erfolg!