Du hast dir ein System mit einem Ryzen 3 3200G Prozessor und einem ASRock B550M-ITX Mainboard zusammengebaut oder gekauft. Eine kluge Wahl, denn der 3200G ist eine kostengünstige CPU, die dank ihrer integrierten Grafikeinheit (iGPU) – der Vega 8 – sogar leichtes Gaming ermöglicht. Doch dann kam der Moment, in dem du entschieden hast, deine Gaming-Erfahrung oder deine Workstation-Leistung auf das nächste Level zu heben und eine dedizierte Grafikkarte (dGPU) nachgerüstet hast. Voller Vorfreude startest du das System, doch statt der erwarteten Leistung deiner neuen High-End-GPU, läuft immer noch alles über die integrierte Grafikeinheit. Frustrierend, nicht wahr? Du bist nicht allein mit diesem Problem, und die gute Nachricht ist: In den meisten Fällen ist es lösbar. Dieser Artikel führt dich Schritt für Schritt durch die Fehlersuche und zeigt dir, wie du dein System dazu bringst, die dedizierte Grafikkarte als primäre Ausgabe zu nutzen.
Warum passiert das überhaupt? Die Wurzel des Übels
Bevor wir uns den Lösungen widmen, ist es hilfreich zu verstehen, warum dein System möglicherweise die iGPU bevorzugt. Der Ryzen 3 3200G ist eine sogenannte APU (Accelerated Processing Unit), was bedeutet, dass er eine vollwertige CPU und eine leistungsfähige GPU auf einem Chip vereint. Mainboards, insbesondere solche mit ITX-Formfaktor wie das ASRock B550M-ITX, sind oft so konfiguriert, dass sie standardmäßig die integrierte Grafikeinheit verwenden, sobald ein kompatibler Prozessor installiert ist. Das ist praktisch für Systeme ohne dedizierte Grafikkarte, kann aber zu Verwirrung führen, wenn eine solche nachgerüstet wird.
Die häufigsten Gründe für die hartnäckige Nutzung der iGPU sind:
- Falscher Monitoranschluss: Der Klassiker schlechthin.
- BIOS/UEFI-Einstellungen: Das Mainboard ist angewiesen, die iGPU zu priorisieren.
- Fehlende oder inkompatible Treiber: Windows erkennt die dGPU nicht richtig oder kann sie nicht ansteuern.
- Windows-Grafikeinstellungen: Programme werden explizit angewiesen, die iGPU zu nutzen.
- Hardware-Probleme: Selten, aber möglich.
Gehen wir diese Punkte nun systematisch durch.
Schritt für Schritt zur richtigen GPU: Die Lösungsansätze
1. Der einfachste Schritt zuerst: Die Kabelverbindung überprüfen
Es mag trivial klingen, ist aber oft die Ursache für das vermeintliche Problem: Wo ist dein Monitor angeschlossen? Dein ASRock B550M-ITX Mainboard bietet Display-Ausgänge (HDMI, DisplayPort) für die iGPU deines Ryzen 3 3200G. Deine dedizierte Grafikkarte hat ebenfalls eigene Ausgänge. Stelle sicher, dass dein Monitorkabel (HDMI, DisplayPort, DVI) direkt an die Ausgänge deiner dedizierten Grafikkarte angeschlossen ist und NICHT an die Anschlüsse des Mainboards. Ein kleiner, aber entscheidender Fehler, der vielen passiert.
Tipp: Schalte den PC aus, ziehe das Kabel vom Mainboard ab und stecke es fest in einen der Anschlüsse der dGPU. Starte dann neu. Wenn du mehrere Monitore verwendest, müssen alle an die dedizierte Grafikkarte angeschlossen sein, um diese primär zu nutzen.
2. Das Herzstück der Steuerung: BIOS/UEFI-Einstellungen
Das BIOS (Basic Input/Output System) oder moderner das UEFI (Unified Extensible Firmware Interface) ist die Firmware deines Mainboards und steuert, welche Hardware wie initialisiert wird. Hier ist oft der entscheidende Schalter versteckt, der die Priorität der Grafikausgabe festlegt.
- Ins BIOS/UEFI gelangen: Starte deinen PC neu und drücke während des Bootvorgangs wiederholt die „Entf”-Taste oder die „F2”-Taste (bei ASRock meist Entf oder F2), um ins UEFI-Setup zu gelangen. Manchmal wird dir kurz angezeigt, welche Taste du drücken musst.
- Navigieren im UEFI: Das UEFI von ASRock ist in der Regel benutzerfreundlich gestaltet. Suche nach Menüpunkten wie „Advanced”, „Chipset Configuration”, „North Bridge” oder „Graphics Configuration”.
- Primäre Grafikausgabe festlegen:
- Suche nach einer Option wie „Primary Graphics Adapter„, „Primary Video Output„, „Initiate Graphic Adapter” oder ähnlichem.
- Diese Option ist wahrscheinlich auf „Integrated”, „Onboard”, „Auto” oder „IGPU” eingestellt.
- Ändere diesen Wert auf „PCIe„, „PEG” (PCI Express Graphics) oder „External Graphics Card„. Dies weist das System an, die Grafikkarte im PCIe-Steckplatz als primäre Videoquelle zu verwenden.
- Integrierte Grafik deaktivieren (optional, aber empfohlen):
- Manchmal gibt es auch eine Option, die integrierte Grafik (IGPU) direkt zu deaktivieren. Diese findet sich oft unter „Advanced” -> „Chipset Configuration” -> „Internal Graphics” oder „Onboard Graphics”.
- Wenn du die iGPU definitiv nicht nutzen möchtest und eine dGPU installiert ist, kannst du diese Option auf „Disabled” setzen. Beachte, dass du bei einem Ausfall der dGPU dann kein Bild mehr hättest. Oft reicht es aber auch, die „Primary Graphics Adapter”-Einstellung korrekt zu setzen.
- Sollte die dGPU einmal nicht erkannt werden, kannst du über diesen Schritt die iGPU wieder aktivieren, um ein Bild zu bekommen und die Fehlersuche fortzusetzen.
- Speichern und Beenden: Wenn du die Einstellungen geändert hast, navigiere zum „Exit”-Menü und wähle „Save Changes and Exit” (Änderungen speichern und beenden). Dein PC wird neu starten.
3. Die Software-Ebene: Treiber installieren und bereinigen
Selbst wenn dein Monitor korrekt angeschlossen und das BIOS richtig konfiguriert ist, kann es zu Problemen kommen, wenn die Grafiktreiber nicht stimmen. Windows bringt zwar generische Treiber mit, diese bieten aber nicht die volle Leistung und Funktionalität.
- Alte Treiber entfernen:
- Es ist wichtig, dass keine Konflikte zwischen alten iGPU-Treibern (AMD Radeon Graphics) und den neuen dGPU-Treibern bestehen.
- Am besten nutzt du das Tool Display Driver Uninstaller (DDU). Lade es von der offiziellen Website herunter (z.B. Guru3D.com).
- Starte Windows im abgesicherten Modus (Anleitung dazu findest du leicht online).
- Führe DDU aus und wähle zuerst „Clean and restart” für die AMD-Treiber (da der 3200G eine AMD iGPU hat).
- Starte DDU erneut im abgesicherten Modus und wähle, falls du von NVIDIA auf AMD oder umgekehrt gewechselt hast, auch die alten Treiber des Herstellers der vorherigen dGPU.
- Dein System sollte nun ohne Grafikkartentreiber neu starten (eventuell mit niedriger Auflösung).
- Aktuelle Treiber für die dedizierte Grafikkarte installieren:
- Besuche die offizielle Website des Herstellers deiner dGPU: NVIDIA Treiber oder AMD Treiber.
- Lade den neuesten Treiber für dein spezifisches Grafikkartenmodell herunter.
- Führe die Installationsdatei aus und folge den Anweisungen. Wähle eine „saubere Installation”, falls die Option angeboten wird.
- Starte den PC nach der Installation neu.
- iGPU-Treiber lassen: Es ist nicht zwingend notwendig, die iGPU-Treiber des 3200G komplett zu deinstallieren, wenn du die dGPU primär nutzt. Windows erkennt die iGPU weiterhin als verfügbares Gerät im Geräte-Manager. Solange die dGPU als primäre Ausgabe konfiguriert ist, sollte dies kein Problem darstellen. Wenn du jedoch die iGPU deaktiviert hast, solltest du auch deren Treiber entfernen.
4. Windows-Einstellungen anpassen
Windows 10 und 11 bieten erweiterte Grafikeinstellungen, die manchmal Anwendungen dazu zwingen können, eine bestimmte GPU zu verwenden.
- Windows-Grafikeinstellungen:
- Gehe zu „Einstellungen” -> „System” -> „Anzeige” -> „Grafikeinstellungen” (oder suche direkt nach „Grafikeinstellungen” in der Windows-Suche).
- Hier kannst du für einzelne Anwendungen festlegen, welche GPU verwendet werden soll. Klicke auf „App hinzufügen” (Desktop-App oder Microsoft Store-App) und wähle die entsprechende Anwendung aus.
- Klicke auf die hinzugefügte App, dann auf „Optionen” und wähle „Hohe Leistung” aus. Stelle sicher, dass unter „Hohe Leistung” deine dedizierte Grafikkarte angezeigt wird.
- Wiederhole dies für alle wichtigen Anwendungen oder Spiele, bei denen du sicherstellen möchtest, dass sie die dGPU nutzen.
- NVIDIA Systemsteuerung / AMD Adrenalin Software:
- Nach der Installation der dGPU-Treiber findest du in der Regel ein Kontrollpanel des Herstellers (NVIDIA Systemsteuerung oder AMD Adrenalin Software).
- NVIDIA: Öffne die NVIDIA Systemsteuerung. Gehe zu „3D-Einstellungen verwalten” -> „Globale Einstellungen”. Wähle unter „Bevorzugter Grafikprozessor” die Option „Hochleistungs-NVIDIA-Prozessor” aus. Du kannst auch für einzelne Programme unter „Programmeinstellungen” spezifische GPUs zuweisen.
- AMD: Öffne die AMD Adrenalin Software. Navigiere zu „Spiele” -> „Globale Grafik”. Hier solltest du ebenfalls Optionen finden, um die bevorzugte GPU festzulegen oder Performance-Profile zu definieren, die die dGPU nutzen.
5. Erweiterte Fehlersuche und Hardware-Checks
Wenn alle oben genannten Schritte nicht zum Erfolg geführt haben, könnten tiefergehende Probleme vorliegen:
- Grafikkarte im Geräte-Manager prüfen:
- Öffne den Geräte-Manager (Rechtsklick auf Start -> „Geräte-Manager”).
- Erweitere den Punkt „Grafikkarten”. Hier sollten sowohl deine AMD Radeon Graphics (iGPU) als auch deine dedizierte Grafikkarte (z.B. NVIDIA GeForce RTX, AMD Radeon RX) aufgeführt sein.
- Sollte die dGPU mit einem gelben Ausrufezeichen versehen sein oder gar nicht auftauchen, deutet das auf ein Treiber- oder Hardwareproblem hin.
- Rechtsklicke auf die dGPU und wähle „Treiber aktualisieren” oder „Gerät deinstallieren” und starte dann neu, um Windows die Treiber neu suchen zu lassen.
- dGPU in anderem PCIe-Slot testen: Dein ASRock B550M-ITX hat wahrscheinlich nur einen PCIe x16 Slot. Wenn du aber ein anderes Mainboard oder einen anderen PCIe-Slot auf deinem ASRock-Board (falls vorhanden, selten bei ITX) zur Verfügung hast, versuche, die dGPU dort einzusetzen. Ein defekter PCIe-Slot kann die Kommunikation verhindern.
- dGPU in anderem PC testen: Wenn du Zugriff auf einen anderen PC hast, teste deine dedizierte Grafikkarte dort. Wenn sie in einem anderen System funktioniert, liegt das Problem wahrscheinlich nicht an der Karte selbst, sondern an deinem ASRock B550M-ITX oder einer Konfiguration.
- Netzteil überprüfen: Stelle sicher, dass dein Netzteil (PSU) genügend Leistung für deine dGPU bereitstellt und alle Stromkabel korrekt an der Grafikkarte angeschlossen sind. Manche dGPUs benötigen 6-Pin- oder 8-Pin-PCIe-Stromanschlüsse. Unzureichende Stromversorgung kann dazu führen, dass die Karte nicht richtig initialisiert wird.
- BIOS/UEFI-Update: Als letzte Software-Maßnahme kann ein Update des BIOS/UEFI deines ASRock B550M-ITX Mainboards helfen. Neue BIOS-Versionen können die Kompatibilität verbessern und Fehler beheben. Besuche die ASRock-Website für dein spezifisches Boardmodell, lade die neueste BIOS-Version herunter und folge der Anleitung für das Update (oft über Instant Flash im BIOS selbst oder über ein Windows-Tool). Sei hierbei vorsichtig und folge den Anweisungen genau, da ein fehlerhaftes BIOS-Update das Mainboard unbrauchbar machen kann.
Was, wenn die iGPU weiterhin aktiv ist (aber die dGPU erkannt wird)?
Es kann vorkommen, dass nach all diesen Schritten die iGPU immer noch im Geräte-Manager oder im Task-Manager (unter „Leistung” -> „GPU”) angezeigt wird. Das ist in vielen Fällen normal! Solange die dGPU als „GPU 0” oder als primäre GPU gelistet ist und Anwendungen wie Spiele oder Renderprogramme die dGPU nutzen, ist alles in Ordnung. Die iGPU kann für bestimmte Aufgaben im Hintergrund aktiv bleiben oder als Fallback-Lösung dienen, ohne die Leistung deiner dGPU zu beeinträchtigen. Um zu überprüfen, welche GPU gerade aktiv ist, kannst du auch Tools wie GPU-Z nutzen, das dir detaillierte Informationen über beide Grafikkarten anzeigt und dir in Echtzeit die Nutzung der primären GPU visualisiert.
Fazit
Die Umstellung von der integrierten Grafikeinheit eines Ryzen 3 3200G auf eine dedizierte Grafikkarte auf einem ASRock B550M-ITX Mainboard erfordert oft eine Kombination aus der Überprüfung der physischen Anschlüsse, der Anpassung der BIOS/UEFI-Einstellungen, der sorgfältigen Installation von Treibern und der Feinabstimmung der Windows-Grafikeinstellungen. Bleibe geduldig und arbeite die Schritte systematisch ab. In den allermeisten Fällen lässt sich das Problem so beheben, und du kannst endlich die volle Leistung deiner dedizierten Grafikkarte genießen, sei es beim Gaming, Videobearbeitung oder anderen grafikintensiven Anwendungen. Dein System hat das Potenzial – du musst es nur richtig einstellen!