Einleitung: Der Fluch und Segen der Systemüberwachung
Als begeisterte Gamer wissen wir, wie wichtig es ist, die Leistung unseres Systems im Auge zu behalten. Tools wie HWiNFO64 sind dabei Gold wert: Sie liefern uns detaillierte Einblicke in Temperaturen, Taktraten, Auslastung und unzählige andere Sensordaten unserer CPU, GPU, Speichermodule und Laufwerke. Diese Informationen sind unerlässlich, um Übertaktungen zu optimieren, Kühlungsprobleme zu identifizieren oder einfach nur den Zustand unserer Hardware zu verstehen. Doch was passiert, wenn das mächtigste dieser Tools, HWiNFO64, selbst zum Problem wird? Viele Nutzer berichten von Rucklern in Spielen oder unerklärlichen Performance-Einbrüchen, die scheinbar aus dem Nichts kommen und oft erst verschwinden, wenn HWiNFO64 geschlossen wird.
Dieses Phänomen ist frustrierend und paradox zugleich: Ein Tool, das uns helfen soll, die beste Leistung zu erzielen, bremst uns stattdessen aus. Doch keine Sorge, Sie sind nicht allein mit diesem Problem, und die gute Nachricht ist: In den meisten Fällen lassen sich die durch HWiNFO64 verursachten Ruckler in Spielen beheben oder zumindest drastisch reduzieren. Dieser umfassende Guide führt Sie durch die Ursachen und bietet detaillierte, Schritt-für-Schritt-Lösungen, um Ihr Gaming-Erlebnis wieder reibungslos zu gestalten, ohne auf die wertvollen Informationen von HWiNFO64 verzichten zu müssen.
Warum HWiNFO64 Ruckler verursachen kann: Eine technische Erklärung
Bevor wir uns den Lösungen widmen, ist es wichtig zu verstehen, warum ein scheinbar harmloses Überwachungstool wie HWiNFO64 überhaupt Performance-Probleme verursachen kann. Das Kernprinzip von HWiNFO64 ist das kontinuierliche Abfragen (Polling) von Hardware-Sensoren. Jede Komponente in Ihrem PC – von der CPU über die GPU bis hin zu den Spannungswandlern auf dem Mainboard – verfügt über unzählige Sensoren, die ständig Werte wie Temperatur, Spannung, Taktfrequenz und Auslastung melden.
- **Ressourcenverbrauch durch Polling:** Jedes Mal, wenn HWiNFO64 einen Sensor abfragt, verbraucht dies eine geringe Menge an CPU-Zyklen und manchmal auch System-Ressourcen. Bei Hunderten von Sensoren, die mehrmals pro Sekunde abgefragt werden, kann sich dieser minimale Verbrauch summieren und zu einer spürbaren Belastung führen, insbesondere bei Spielen, die selbst schon sehr CPU-intensiv sind. Dies kann sich in erhöhter Latenz oder Mikro-Rucklern äußern.
- **Sensorüberlastung und Treiberkonflikte:** Moderne Systeme verfügen über eine erstaunliche Anzahl von Sensoren. HWiNFO64 versucht, so viele wie möglich auszulesen. Manchmal kann das ständige Abfragen bestimmter Sensoren, insbesondere solcher, die tief in der Hardware oder in speziellen Treibern verankert sind (z.B. einige Mainboard-Sensoren oder spezielle GPU-Speicher-Controller), zu Engpässen oder sogar zu temporären Blockaden im Kommunikationsweg mit der Hardware führen. Dies kann besonders kritisch sein, wenn andere Anwendungen oder Treiber gleichzeitig auf dieselben Sensoren zugreifen wollen, was zu Treiberkonflikten führen kann.
- **Häufigkeit der Abfragen (Polling Rate):** Die Standard-Polling-Rate von HWiNFO64 ist oft auf einen schnellen Wert eingestellt, um möglichst aktuelle Daten zu liefern. Während dies für Benchmarks nützlich ist, kann es im normalen Gaming-Betrieb zu einer unnötigen Belastung werden. Je öfter Sensoren abgefragt werden, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit für Mikro-Ruckler.
- **Overlay-Integration (RTSS):** Wenn Sie HWiNFO64 in Kombination mit Overlays wie dem RivaTuner Statistics Server (RTSS) verwenden, um Daten direkt im Spiel anzuzeigen, kommen zusätzliche Faktoren ins Spiel. Die Übertragung der Daten von HWiNFO64 an RTSS und die anschließende Darstellung im Spiel verbraucht ebenfalls Ressourcen und kann die Latenz erhöhen. Eine zu schnelle Aktualisierungsrate des Overlays kann hier ebenfalls Ruckler verursachen.
Diagnose: Ist HWiNFO64 wirklich der Übeltäter?
Bevor Sie Änderungen an Ihren HWiNFO64-Einstellungen vornehmen, ist es entscheidend, sicherzustellen, dass das Tool tatsächlich die Ursache Ihrer Ruckler ist. Führen Sie die folgende einfache Diagnose durch:
- **Test ohne HWiNFO64:** Starten Sie ein Spiel, in dem Sie die Ruckler bemerken. Spielen Sie eine Weile, um das Problem zu reproduzieren.
- **Schließen Sie HWiNFO64:** Beenden Sie HWiNFO64 vollständig (stellen Sie sicher, dass es nicht im Hintergrund in der Taskleiste läuft).
- **Erneuter Test:** Starten Sie dasselbe Spiel erneut und prüfen Sie, ob die Ruckler verschwunden sind oder sich deutlich verbessert haben.
Wenn die Ruckler ohne HWiNFO64 verschwinden, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass das Tool tatsächlich der Verursacher ist. Wenn die Ruckler weiterhin bestehen, liegt das Problem möglicherweise an anderer Stelle (z.B. veraltete Treiber, Hintergrundprozesse, mangelnde Hardware-Ressourcen, andere Monitoring-Tools).
Lösungen: HWiNFO64 optimieren für flüssiges Gaming
Nachdem wir die Ursachen verstanden und das Problem diagnostiziert haben, können wir uns den Lösungen widmen. Das Ziel ist es, HWiNFO64 so zu konfigurieren, dass es nur die unbedingt notwendigen Informationen mit der geringstmöglichen Belastung abruft.
1. Die Polling-Rate reduzieren – Weniger ist mehr
Dies ist oft die effektivste Maßnahme. Eine zu hohe Abfragefrequenz (Polling Rate) ist der häufigste Grund für Ruckler.
- Öffnen Sie HWiNFO64 und klicken Sie auf das Symbol „Sensoren” (das mit den Zahnrädern).
- Im Fenster „Sensor Status” klicken Sie erneut auf das Zahnrad-Symbol („Configure Sensors”) in der unteren linken Ecke.
- Im Reiter „General” finden Sie die Option „Sensor polling period (ms)”. Der Standardwert ist oft 1000 ms (1 Sekunde) oder sogar weniger.
- Empfehlung: Erhöhen Sie diesen Wert schrittweise. Beginnen Sie mit 2000 ms (2 Sekunden). Testen Sie, ob die Ruckler verschwunden sind. Wenn nicht, versuchen Sie 3000 ms oder sogar 5000 ms. Für die meisten Gaming-Szenarien sind Daten, die alle 2-5 Sekunden aktualisiert werden, immer noch ausreichend, um Trends zu erkennen.
- Sie können auch im Reiter „Individual” spezifische Polling-Raten für einzelne Sensoren oder Sensorgruppen festlegen, falls Sie z.B. die GPU-Temperatur schneller als andere Werte aktualisiert haben möchten. Aber fangen Sie immer mit der globalen Einstellung an.
2. Unnötige Sensoren deaktivieren – Aufräumen in der Sensorflut
HWiNFO64 liest Hunderte von Sensoren aus, von denen viele für das reine Gaming-Monitoring irrelevant sind (z.B. Spannungswerte bestimmter PCIe-Lanes, exotische Mainboard-Temperaturen). Das Deaktivieren unnötiger Sensoren reduziert die Anzahl der Abfragen und somit die Belastung.
- Im Fenster „Sensor Status” klicken Sie erneut auf das Zahnrad-Symbol („Configure Sensors”).
- Wechseln Sie zum Reiter „Sensors”. Hier sehen Sie eine Baumstruktur aller erkannten Sensoren.
- Gehen Sie diese Liste systematisch durch:
- **Was Sie wahrscheinlich brauchen:** CPU-Temperatur (Paket, Kerne), GPU-Temperatur (Core, Hot Spot), GPU-Auslastung, CPU-Auslastung, GPU-Speicherauslastung (VRAM), RAM-Auslastung, FPS (via RTSS), Taktraten (CPU/GPU Core, Memory).
- **Was Sie oft deaktivieren können:** HDD/SSD-Temperaturen und -Auslastung (es sei denn, Sie vermuten dort Probleme), spezifische Mainboard-Spannungen oder -Temperaturen, die für Sie nicht relevant sind, Netzteil-Sensoren (wenn vorhanden).
- **Wichtig:** Stellen Sie sicher, dass Sie nicht versehentlich Sensoren deaktivieren, die für Ihre Überwachung wichtig sind. Wenn Sie unsicher sind, lassen Sie sie aktiviert.
- **Deaktivieren:** Entfernen Sie den Haken neben den Sensoren oder ganzen Sensorgruppen, die Sie nicht benötigen.
- **Tipp:** Aktivieren Sie im „General”-Tab „Hide unused sensors” und „Hide disabled sensors” im „Sensor Status”-Fenster, um die Ansicht übersichtlicher zu gestalten.
3. Overlay-Einstellungen anpassen (RivaTuner Statistics Server – RTSS)
Wenn Sie HWiNFO64 in Verbindung mit RTSS nutzen, um Overlays im Spiel anzuzeigen, müssen Sie auch dort Optimierungen vornehmen.
- Öffnen Sie RivaTuner Statistics Server (RTSS).
- Wählen Sie das Profil Ihres Spiels (oder das globale Profil).
- Suchen Sie nach der Einstellung „On-Screen Display refresh rate”. Der Standardwert ist oft auf „synchron mit 3D” oder einen sehr niedrigen Wert eingestellt, was zu sehr häufigen Aktualisierungen führt.
- Empfehlung: Erhöhen Sie diesen Wert auf 1000 ms (1 Sekunde) oder sogar 2000 ms. Die Anzeige im Overlay muss nicht ständig in Echtzeit aktualisiert werden, um nützliche Informationen zu liefern.
- Minimieren der angezeigten Werte: Überprüfen Sie in den HWiNFO64 Sensor-Einstellungen im Reiter „OSD (RTSS)” welche Werte Sie an RTSS übermitteln. Deaktivieren Sie hier auch alle Werte, die Sie nicht im Overlay sehen möchten. Weniger ist hier definitiv mehr für die Performance.
- Alternative: Testen Sie das Spiel komplett ohne Overlay. Wenn die Ruckler dann verschwinden, liegt das Problem definitiv an der Overlay-Integration.
4. Software-Konflikte ausschließen
Manchmal ist HWiNFO64 nicht das alleinige Problem, sondern gerät in Konflikt mit anderer Software, die ebenfalls auf Hardwaredaten zugreift.
- Andere Monitoring-Tools: Stellen Sie sicher, dass Sie nicht mehrere Monitoring-Tools gleichzeitig laufen haben (z.B. MSI Afterburner, GPU-Z, AIDA64, CPU-Z oder herstellereigene Tools wie NZXT Cam, Corsair iCUE). Diese Tools können sich um den Zugriff auf dieselben Sensoren streiten, was zu Instabilität oder Rucklern führen kann. Im Idealfall läuft nur ein Tool dieser Art.
- Game-Launcher-Overlays: Deaktivieren Sie Overlays von Game-Launchern wie Steam Overlay, Epic Games Overlay, GOG Overlay oder der Xbox Game Bar, während Sie HWiNFO64 verwenden und Probleme auftreten.
- Antivirus/Sicherheitssoftware: In seltenen Fällen kann aggressive Antivirus-Software den Zugriff von HWiNFO64 auf bestimmte Systemressourcen stören. Temporäres Deaktivieren (nur zu Testzwecken!) kann Aufschluss geben.
5. HWiNFO64 Version und spezielle Einstellungen
- Aktualisieren Sie HWiNFO64: Stellen Sie sicher, dass Sie immer die neueste Version von HWiNFO64 verwenden. Die Entwickler optimieren das Tool ständig, beheben Fehler und verbessern die Kompatibilität. Eine ältere Version könnte die Ursache für bekannte Probleme sein.
- „Shared Memory Support”: Im „Configure Sensors”-Fenster, Reiter „General”, finden Sie die Option „Shared Memory Support”. Für die meisten Anwendungsfälle sollte diese aktiviert sein, da sie die Kommunikation zwischen HWiNFO64 und anderen Tools (wie RTSS) effizienter macht. In sehr seltenen Fällen kann das Deaktivieren dieser Option (oder Aktivieren, wenn sie deaktiviert war) jedoch Probleme beheben. Probieren Sie dies nur, wenn alle anderen Schritte nicht helfen.
- „Sensor Readout Delay”: Eine weitere experimentelle Option im „General” Tab ist der „Sensor Readout Delay”. Erhöhen Sie diesen Wert (z.B. auf 50-100 ms), um eine kurze Pause zwischen den einzelnen Sensor-Abfragezyklen zu erzwingen. Dies kann die Last auf das System weiter reduzieren.
6. Allgemeine System-Optimierungen
Manchmal sind die HWiNFO64-Ruckler nur das Symptom eines übergeordneten Problems in Ihrem System.
- Treiber-Aktualisierungen: Stellen Sie sicher, dass Ihre Grafikkarten-Treiber (NVIDIA, AMD) und Chipsatz-Treiber (Intel, AMD) auf dem neuesten Stand sind. Veraltete Treiber sind eine häufige Ursache für Performance-Probleme.
- Windows-Updates: Halten Sie Ihr Betriebssystem auf dem neuesten Stand. Microsoft veröffentlicht regelmäßig Patches und Leistungsverbesserungen.
- Hintergrundprozesse: Schließen Sie unnötige Anwendungen und Prozesse, die im Hintergrund laufen und Ressourcen verbrauchen könnten, während Sie spielen.
- Energieeinstellungen: Stellen Sie sicher, dass Ihr Windows-Energieplan auf „Höchstleistung” oder eine ähnliche Performance-Option eingestellt ist, insbesondere wenn Sie eine Desktop-PC verwenden. Bei Laptops überprüfen Sie die herstellerspezifischen Energieprofile.
- SSD-Gesundheit: Stellen Sie sicher, dass Ihre Spiele auf einer schnellen SSD installiert sind und diese nicht übermäßig gefüllt ist. Eine langsame oder fast volle Festplatte kann ebenfalls Ruckler verursachen.
Best Practices und abschließende Empfehlungen
Die Suche nach der perfekten HWiNFO64-Konfiguration ist oft ein Prozess des Ausprobierens. Gehen Sie systematisch vor:
- Schrittweise Änderungen: Nehmen Sie immer nur eine Änderung vor und testen Sie diese ausgiebig in Ihrem problematischen Spiel, bevor Sie die nächste Änderung vornehmen. So können Sie genau identifizieren, welche Einstellung den größten Unterschied macht.
- Priorisieren Sie Informationen: Überlegen Sie genau, welche Informationen Sie während des Spiels wirklich benötigen. Für die meisten Gamer sind dies CPU/GPU-Temperaturen, Auslastung und FPS. Alles andere ist oft Luxus, der die Performance beeinträchtigen kann.
- Profilverwaltung: Viele Tools erlauben das Speichern von Profilen. Erstellen Sie ein „Gaming-Profil” für HWiNFO64 mit reduzierten Einstellungen und ein „Monitoring-Profil” für detailliertere Analysen außerhalb des Spiels.
- Alternativen für schnelle Checks: Wenn Sie trotz aller Optimierungen weiterhin Ruckler erleben, aber nicht auf grundlegende Monitoring-Daten verzichten wollen, könnten leichtere Tools für schnelle Überprüfungen in Betracht gezogen werden (z.B. der einfache Overlay-Modus von MSI Afterburner ohne HWiNFO64-Integration), aber das sollte die letzte Option sein.
Fazit: Kontrolle zurückgewinnen und Gaming genießen
Die Situation, in der ein Überwachungstool das Spielerlebnis beeinträchtigt, ist frustrierend. Doch wie dieser Guide gezeigt hat, sind die durch HWiNFO64 verursachten Ruckler in Spielen in den meisten Fällen durch eine bewusste und systematische Optimierung der Einstellungen in den Griff zu bekommen. Indem Sie die Polling-Rate reduzieren, unnötige Sensoren deaktivieren und mögliche Konflikte mit anderer Software beheben, können Sie die volle Kontrolle über Ihre Systemleistung zurückgewinnen.
Mit ein wenig Geduld und den hier vorgestellten Schritten wird HWiNFO64 wieder zu dem, was es sein soll: ein mächtiger Verbündeter bei der Optimierung Ihres Gaming-PCs, der Ihnen hilft, die besten FPS zu erzielen und gleichzeitig Ihr System im Blick zu behalten – ohne dabei selbst zur Bremse zu werden. Nehmen Sie sich die Zeit, experimentieren Sie mit den Einstellungen, und genießen Sie endlich wieder ein ruckelfreies Gaming-Erlebnis!