Hohe Hotspot-Differenz bei der XFX RX5700XT Thic III? Wir klären, was normal ist

Die XFX RX 5700 XT Thicc III war bei ihrer Markteinführung eine beliebte Wahl für Gamer und PC-Enthusiasten, die hohe Leistung zu einem konkurrenzfähigen Preis suchten. Mit ihrem imposanten Triple-Fan-Kühler versprach sie nicht nur beeindruckende Gaming-Erlebnisse, sondern auch exzellente thermische Eigenschaften. Doch immer wieder taucht in Foren und Tech-Communities eine spezifische Frage auf, die für Unsicherheit sorgt: Eine scheinbar hohe Hotspot-Differenz (auch bekannt als Junction Temperature Differential) zwischen der gemeldeten GPU-Kerntemperatur und der internen Hotspot-Temperatur. Viele Nutzer fragen sich besorgt: „Ist meine Karte defekt?“ oder „Ist das normal für die XFX RX 5700 XT Thicc III?“ Dieser Artikel taucht tief in die Materie ein, erklärt, was die Hotspot-Temperatur genau bedeutet, beleuchtet die Eigenheiten der Navi-10-Architektur und gibt Ihnen eine fundierte Einschätzung, was für Ihre Thicc III normal ist und wann Sie hellhörig werden sollten.

Was ist die Hotspot-Temperatur (und warum ist sie wichtig)?

Bevor wir uns den spezifischen Werten Ihrer Grafikkarte widmen, ist es essenziell zu verstehen, was die Hotspot-Temperatur eigentlich ist und warum sie eine so entscheidende Rolle spielt. Im Gegensatz zur oft zitierten „GPU-Temperatur” (die meist die Randtemperatur des GPU-Dies oder eine gemittelte Kerntemperatur darstellt), misst die Hotspot-Temperatur den heißesten Punkt auf dem Grafikchip selbst. Moderne Grafikprozessoren, insbesondere die von AMD, verfügen über dutzende, manchmal sogar hunderte von internen thermischen Sensoren, die strategisch an verschiedenen Stellen des Dies platziert sind. Der höchste Wert, der zu einem bestimmten Zeitpunkt von diesen Sensoren gemessen wird, ist die sogenannte Junction Temperature oder eben die Hotspot-Temperatur.

Warum ist diese Messgröße so wichtig? Sie ist ein kritischer Indikator für die Effizienz der Kühlung und die allgemeine Gesundheit Ihrer GPU. Eine zu hohe Hotspot-Temperatur kann eine Reihe negativer Auswirkungen haben:

• Thermal Throttling: Die GPU reduziert automatisch ihre Taktraten, um die Temperatur zu senken und potenzielle Schäden zu vermeiden. Dies führt direkt zu spürbaren Leistungseinbußen in Spielen und Anwendungen.
• Instabilität: Extreme Temperaturen können zu Systemabstürzen, Freezes oder anderen unerklärlichen Problemen führen.
• Verkürzte Lebensdauer: Auch wenn moderne GPUs für hohe Temperaturen ausgelegt sind, kann eine dauerhaft extrem hohe Hitzeentwicklung die Langlebigkeit der Hardware beeinträchtigen und zum vorzeitigen Ausfall führen.

Die Differenz zwischen der regulären GPU-Temperatur (oft als „GPU Core” oder „GPU (Tctl/Tdie)” bezeichnet) und der Hotspot-Temperatur gibt Aufschluss darüber, wie gleichmäßig die Wärme vom Die an den Kühler abgeführt wird. Eine große Differenz deutet oft auf eine ineffiziente oder ungleichmäßige Wärmeübertragung hin.

Die XFX RX 5700 XT Thicc III – Eine kurze Übersicht

Die XFX RX 5700 XT Thicc III Ultra (und ihre Varianten) war eine der Premium-Versionen der Radeon RX 5700 XT. XFX hatte mit der vorherigen Thicc II-Version aufgrund von anfänglichen Kühlungsproblemen einen schweren Stand. Die Thicc III wurde jedoch mit einem deutlich überarbeiteten und massiveren Kühlerdesign eingeführt, das drei Lüfter, einen großen Kühlkörper und eine verbesserte Heatpipe-Anordnung umfasste. Sie wurde allgemein für ihre gute Leistung, ihr attraktives Design und ihre im Vergleich zur Referenzkarte verbesserten thermischen Eigenschaften gelobt. Viele Nutzer schätzten die Karte für ihr Preis-Leistungs-Verhältnis und ihre Fähigkeit, hohe Taktraten über längere Zeiträume zu halten.

„Normale” Hotspot-Werte für die RX 5700 XT Serie verstehen

Es ist entscheidend zu verstehen, dass die gesamte AMD Radeon RX 5700 XT-Serie, basierend auf der Navi-10-Architektur, bekanntermaßen höhere Hotspot-Temperaturen und größere Differenzen im Vergleich zu früheren AMD-Generationen oder Nvidia-Karten aufweist. Dies ist kein Indikator für einen Fehler, sondern eine Eigenschaft des Designs und der hochentwickelten Sensormessmethode. AMD selbst hat offiziell angegeben, dass Hotspot-Temperaturen bis zu 110°C unter Volllast als normal und innerhalb der Spezifikationen liegen und somit kein Grund zur Besorgnis sind. Bei diesen Temperaturen setzt auch das Throttling ein, um die Karte zu schützen und eine Beschädigung zu verhindern.

Typische Werte, die man bei einer gut gekühlten RX 5700 XT erwarten kann, liegen in etwa bei:

• GPU-Temperatur (Edge/Core): Zwischen 65°C und 80°C unter starker Last
• Hotspot-Temperatur (Junction): Zwischen 85°C und 105°C unter starker Last

Eine Differenz von 15°C bis 25°C zwischen Core und Hotspot ist bei diesen Karten daher keine Seltenheit und oft sogar zu erwarten.

Ist eine hohe Hotspot-Differenz auf der Thicc III „normal”?

Hier kommen wir zum Kern der Sache: Ja, es ist durchaus möglich und in vielen Fällen sogar „normal”, dass die XFX RX 5700 XT Thicc III eine vergleichsweise hohe Hotspot-Differenz aufweist. Mehrere Faktoren tragen dazu bei:

1. Navi 10 Architektur: Wie bereits erwähnt, ist dies eine inhärente Eigenschaft der gesamten 5700 XT-Familie. Die dichte Packung der Transistoren auf dem Die und die Art der Wärmeerzeugung können zu lokalen Hotspots führen, die von den präzisen Sensoren genau erfasst werden.
2. Kühler-Montagedruck: Ein häufiger Faktor, der die Hotspot-Differenz signifikant beeinflusst, ist der Anpressdruck des Kühlers auf den GPU-Die. Ist dieser nicht optimal oder ungleichmäßig, kann die Wärme an bestimmten Stellen schlechter abgeführt werden. Obwohl XFX mit der Thicc III den Kühler deutlich verbessert hat, können Fertigungstoleranzen oder der Montageprozess im Werk dazu führen, dass der Anpressdruck nicht bei jeder einzelnen Karte absolut perfekt ist.
3. Wärmeleitpasten-Qualität und -Auftrag: Die Qualität und die Art des Auftrags der werksseitig verwendeten Wärmeleitpaste können ebenfalls variieren. Eine nicht optimale Paste oder ein ungleichmäßiger Auftrag kann die Wärmeübertragung erheblich beeinträchtigen. Der GPU-Die der Navi-10-Karten ist relativ groß, was bei der Montage potenziell zu Luftblasen oder unzureichender Abdeckung führen kann.
4. Flache Kühlplatte: Einige Kühler haben keine perfekt flache Bodenplatte (geringe Convexität oder Konkavität), was den optimalen Kontakt zum ebenfalls nicht immer perfekt flachen GPU-Die beeinflussen kann.

Eine Differenz von 20°C bis 30°C kann bei der Thicc III daher als im Rahmen der Erwartungen liegend betrachtet werden, *solange die absolute Hotspot-Temperatur 110°C nicht dauerhaft überschreitet*. Dies bedeutet, dass eine Kerntemperatur von 75°C und eine Hotspot-Temperatur von 100°C (Differenz 25°C) zwar hoch erscheinen mag, aber für diese Karte und Architektur im grünen Bereich liegt.

Wann ist eine Hotspot-Differenz *zu hoch*?

Während eine gewisse Differenz normal und unbedenklich ist, gibt es einen Punkt, an dem sie problematisch wird. Eine Hotspot-Differenz von über 30°C, insbesondere wenn die absolute Hotspot-Temperatur sich den 110°C nähert oder diese sogar dauerhaft überschreitet, ist ein klares Warnsignal. Wenn Sie beispielsweise eine GPU-Kerntemperatur von 70°C und eine Hotspot-Temperatur von 105°C sehen (Differenz 35°C), deutet dies stark auf ein Problem mit der Wärmeübertragung hin.

Konsequenzen einer zu hohen Hotspot-Temperatur und -Differenz:

• Aggressives Throttling: Die Karte wird ihre Leistung stark drosseln, um die Temperatur zu kontrollieren, was zu spürbar schlechterer Gaming-Performance und reduzierten FPS führt.
• Erhöhte Lüfterdrehzahlen: Die Lüfter müssen härter arbeiten, um die Temperatur zu senken, was zu einer deutlich höheren Geräuschentwicklung führt.
• Potenzielles Risiko: Auch wenn AMD 110°C als sicher deklariert, ist es langfristig immer besser, die Temperaturen so niedrig wie möglich zu halten, um die Lebensdauer der Komponenten zu maximieren und die Effizienz zu gewährleisten.

Wie Sie Ihre Temperaturen diagnostizieren und überwachen

Um Klarheit über die Temperaturen Ihrer XFX RX 5700 XT Thicc III zu erhalten, sollten Sie folgende Schritte unternehmen, um präzise Daten zu sammeln:

1. Monitoring-Tools: Nutzen Sie zuverlässige Software wie HWiNFO64, HWMonitor oder die in der AMD Adrenalin Software integrierten Performance-Metriken. Diese Tools zeigen Ihnen sowohl die „GPU Temperatur” (oft als „GPU (Tctl/Tdie)” oder „GPU Core”) als auch die „GPU Hot Spot” (oder „GPU Junction Temperature”) an. HWiNFO64 wird oft als das detaillierteste und genaueste Tool empfohlen.
2. Stresstests und reale Belastung: Lassen Sie Ihre Karte unter Volllast laufen, um realistische Temperaturwerte zu erhalten.
   • Synthetische Benchmarks: Programme wie FurMark (Vorsicht: wird oft als „Power Virus” bezeichnet und kann unrealistisch hohe Lasten erzeugen), 3DMark (Time Spy Extreme) oder Unigine Heaven/Superposition belasten die GPU extrem.
   • Anspruchsvolle Spiele: Spielen Sie ein grafisch intensives Spiel (z.B. Cyberpunk 2077, Red Dead Redemption 2, Starfield) für mindestens 30-60 Minuten. Dies erlaubt den Temperaturen, sich zu stabilisieren und repräsentative Werte unter realen Bedingungen zu liefern.
3. Daten sammeln: Notieren Sie die Spitzenwerte von GPU-Temperatur und Hotspot-Temperatur während der Volllast. Berechnen Sie die Differenz. Beachten Sie auch die Lüfterdrehzahlen und die tatsächlichen Taktraten (Boost-Frequenz). Wenn die Taktraten stark und anhaltend unter den beworbenen Boost-Frequenzen liegen, kann dies ein weiteres Indiz für Throttling sein.

Potenzielle Lösungen und Minderungsstrategien

Wenn Ihre XFX RX 5700 XT Thicc III eine besorgniserregend hohe Hotspot-Differenz aufweist oder die absoluten Hotspot-Temperaturen die 110°C-Marke regelmäßig erreichen oder überschreiten, gibt es mehrere Ansätze zur Verbesserung:

1. Gehäuselüftung optimieren: Ein gut belüftetes Gehäuse ist die Grundlage jeder guten Kühlung. Stellen Sie sicher, dass genügend frische Luft ins Gehäuse gelangt (intake fans) und warme Luft effizient abgeführt wird (exhaust fans). Positionieren Sie Lüfter strategisch. Ein guter Luftstrom kann die Umgebungstemperatur der GPU senken und so auch die Hotspot-Temperatur positiv beeinflussen.
2. Undervolting der GPU: Dies ist eine der effektivsten und sichersten Methoden zur Reduzierung der GPU-Temperaturen und des Stromverbrauchs. Durch das Absenken der Betriebsspannung (Voltage) bei gleichbleibender oder nur geringfügig reduzierter Taktrate können Sie die Wärmeentwicklung der RX 5700 XT erheblich reduzieren, ohne spürbare Leistungsverluste zu erleiden. Experimentieren Sie mit den Einstellungen in der AMD Adrenalin Software (Leistung > Tuning > GPU-Tuning > Erweiterte Steuerung). Beginnen Sie mit kleinen Schritten (z.B. -50mV) und testen Sie die Stabilität. Viele Nutzer erreichen eine stabile Spannung von 1050 mV bis 1100 mV bei Boost-Taktraten um 1900-2000 MHz.
3. Angepasste Lüfterkurve: Die Standard-Lüfterkurve ist oft auf einen Kompromiss aus Kühlung und Lautstärke ausgelegt. Eine aggressivere Lüfterkurve (z.B. über AMD Adrenalin oder Tools wie MSI Afterburner) kann die Temperaturen senken, geht aber mit erhöhter Geräuschentwicklung einher. Sie können einen Kompromiss finden, der für Sie akzeptabel ist.
4. Wärmeleitpaste erneuern (Repasting) und Kühler neu montieren: Dies ist oft die radikalste, aber auch effektivste Lösung für eine hartnäckig hohe Hotspot-Differenz.
   • Vorsicht: Dies erfordert Geschick und Erfahrung im Umgang mit Hardware. Es kann auch die Garantie Ihrer Karte beeinträchtigen, wenn Sie nicht vorsichtig sind oder die Karte dabei beschädigen. Informieren Sie sich vorab genau über den Demontageprozess Ihrer spezifischen XFX RX 5700 XT Thicc III (z.B. durch Anleitungen oder Videos).
   • Prozess: Demontieren Sie den Kühler vorsichtig, reinigen Sie den GPU-Die und die Kühlplatte gründlich von alter Wärmeleitpaste (mit Isopropanol). Tragen Sie eine hochwertige Wärmeleitpaste neu auf (z.B. Arctic MX-4/MX-6, Thermal Grizzly Kryonaut, Noctua NT-H1). Achten Sie auf einen gleichmäßigen Auftrag, z.B. mittels eines Klecks in der Mitte.
   • Anpressdruck: Achten Sie beim erneuten Montieren des Kühlers darauf, die Schrauben über Kreuz und schrittweise anzuziehen, um einen gleichmäßigen Anpressdruck zu gewährleisten. Ein ungleichmäßiger Anpressdruck ist eine der Hauptursachen für hohe Hotspot-Differenzen.
   • Wärmeleitpads: Überprüfen Sie auch die Wärmeleitpads für VRAM und VRMs. Beschädigte oder minderwertige Pads sollten ersetzt werden. Hochwertige Pads (z.B. Arctic Thermal Pad, Thermal Grizzly Minus Pad) können hier ebenfalls einen Unterschied machen.
5. RMA/Garantie in Anspruch nehmen: Wenn Sie alle oben genannten Schritte versucht haben und die Hotspot-Differenz weiterhin extrem hoch ist (z.B. dauerhaft über 35-40°C) und die absoluten Hotspot-Temperaturen die 110°C Marke deutlich überschreiten, ist es ratsam, den Händler oder XFX direkt zu kontaktieren, um eine Reparatur oder einen Austausch im Rahmen der Garantie zu prüfen. Dokumentieren Sie Ihre Temperaturwerte und die durchgeführten Maßnahmen sorgfältig.

Fazit

Die XFX RX 5700 XT Thicc III ist eine leistungsstarke Grafikkarte, und eine gewisse Hotspot-Differenz ist für die Navi-10-Architektur und dieses spezifische Modell absolut normal. Lassen Sie sich nicht sofort verunsichern, wenn Sie Werte von 20°C bis 30°C sehen – solange die absolute Hotspot-Temperatur im sicheren Bereich unter 110°C bleibt. Dies ist von AMD so vorgesehen und kein Zeichen für einen Defekt.

Sollten die Werte jedoch dauerhaft extrem hoch sein (>30-35°C Differenz und nahe oder über 110°C Hotspot), ist es Zeit, aktiv zu werden. Durch Optimierung der Gehäuselüftung, Undervolting oder – als letzte, aber oft effektivste Instanz – das Erneuern der Wärmeleitpaste können Sie die thermische Leistung Ihrer Karte oft erheblich verbessern und ihre Lebensdauer sichern. Genießen Sie die Performance Ihrer XFX RX 5700 XT Thicc III und behalten Sie dabei die Temperaturen im Auge – so steht langen, störungsfreien Gaming-Sessions nichts im Wege!