Es ist ein Albtraum, der viele PC-Gamer und Power-User heimsucht: Mitten im Spiel, beim Surfen oder sogar einfach nur im Leerlauf schaltet der Bildschirm plötzlich auf Schwarz. Der Ton läuft vielleicht noch weiter, die Lüfter drehen sich, aber das Bild ist weg. Ein Hard-Reset ist die einzige Option. Wenn du Besitzer einer AMD Radeon RX 5700XT oder RX 6650XT bist, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass du dieses Szenario nur allzu gut kennst.
Die Frustration ist enorm. Man hat in eine leistungsstarke Grafikkarte investiert, um flüssiges Gaming und eine gute Performance zu genießen, und wird stattdessen von unerklärlichen Abstürzen geplagt. Doch keine Sorge, du bist nicht allein! Viele Nutzer haben ähnliche Probleme gemeldet, und glücklicherweise gibt es eine Reihe von bewährten Lösungsansätzen, die wirklich helfen können. Dieser umfassende Guide führt dich Schritt für Schritt durch die häufigsten Ursachen und deren Behebung.
Wir tauchen tief ein in die Welt der Treiber, Stromversorgung, Systemstabilität und mehr, um deinem Blackscreen-Problem endlich ein Ende zu bereiten. Mach dich bereit, die Kontrolle über deine Grafikkarte zurückzugewinnen!
Das Phänomen „Blackscreen”: Was passiert da eigentlich?
Bevor wir zu den Lösungen kommen, ist es wichtig zu verstehen, was ein Blackscreen in diesem Kontext bedeutet. Es ist nicht einfach nur ein eingefrorenes Bild oder ein Bluescreen mit Fehlermeldung. Oft verliert der Monitor plötzlich das Signal, als würde der PC ausgeschaltet, obwohl er noch läuft. Dies deutet in der Regel auf ein Problem mit dem Grafiktreiber, der Stromversorgung oder der Kommunikation zwischen Grafikkarte und System hin. Die gute Nachricht: Selten ist es ein irreparabler Hardware-Defekt.
1. Treiber-Chaos: Der häufigste Übeltäter
Die AMD Radeon Software Adrenalin Edition ist mächtig, aber auch anfällig für Konflikte und Instabilitäten. Veraltete, beschädigte oder inkompatible Treiber sind die Nummer eins der Blackscreen-Verursacher.
Lösungsansatz A: Saubere Neuinstallation mit DDU (Display Driver Uninstaller)
Dies ist der wichtigste und oft effektivste Schritt. Eine einfache Treiberaktualisierung reicht oft nicht aus, da alte Treiberreste im System verbleiben und Probleme verursachen können.
- Vorbereitung: Lade dir die neueste stabile Version des AMD Adrenalin-Treibers für deine RX 5700XT oder RX 6650XT von der offiziellen AMD-Website herunter. Lade dir außerdem das Tool Display Driver Uninstaller (DDU) herunter.
- Trenne die Internetverbindung: Dies verhindert, dass Windows automatisch wieder einen generischen Treiber installiert.
- Starte im abgesicherten Modus: Drücke Windows-Taste + R, tippe „msconfig” ein, gehe auf den Tab „Start” und aktiviere „Abgesicherter Start”. Starte den PC neu.
- DDU ausführen: Im abgesicherten Modus startest du DDU. Wähle „GPU” und „AMD” aus und klicke auf „Bereinigen und Neustarten”. DDU entfernt alle Reste alter Treiber sauber vom System.
- Treiber installieren: Dein PC startet nach DDU im normalen Modus. Installiere den zuvor heruntergeladenen, frischen AMD-Treiber. Führe die Installation als Administrator aus und wähle im Idealfall eine „Benutzerdefinierte Installation”, um sicherzustellen, dass keine unnötige Software mitinstalliert wird.
- Internet wieder verbinden: Sobald die Installation abgeschlossen ist und du den PC neu gestartet hast, kannst du die Internetverbindung wiederherstellen.
Lösungsansatz B: Ältere, bewährte Treiberversionen
Manchmal sind die neuesten Treiber nicht die stabilsten. Einige ältere Adrenalin-Versionen haben sich als stabiler erwiesen, besonders für die RX 5700XT. Schau auf der AMD-Website nach Archiv-Treibern und probiere eine Version aus, die vor ein paar Monaten veröffentlicht wurde (z.B. frühe 2022 für die 6650XT oder 2020/2021 für die 5700XT). Wiederhole dafür den DDU-Prozess.
Lösungsansatz C: AMD Adrenalin-Einstellungen anpassen
Einige Funktionen der Adrenalin Software können bei bestimmten Konfigurationen zu Instabilitäten führen:
- Radeon Enhanced Sync, Anti-Lag, Radeon Boost: Deaktiviere diese Funktionen testweise in den globalen Grafikeinstellungen der Adrenalin Software. Beginne damit, „Enhanced Sync” zu deaktivieren.
- GPU-Skalierung: Stelle sicher, dass „GPU-Skalierung” auf „Deaktiviert” steht, es sei denn, du benötigst es für spezielle Anwendungsfälle.
- Hardware-Beschleunigte GPU-Planung (Windows): Diese Funktion in den Windows-Anzeigeeinstellungen (Grafikeinstellungen) kann zu Problemen führen. Probiere, sie zu de-/aktivieren und teste das Verhalten deiner Grafikkarte.
2. Stromversorgung: Der oft unterschätzte Faktor
Eine unzureichende oder instabile Stromversorgung ist eine häufige, aber oft übersehene Ursache für Blackscreens. Gerade die RX 5700XT ist bekannt dafür, bei Lastspitzen viel Strom zu ziehen.
Lösungsansatz A: Netzteil überprüfen
- Wattzahl ausreichend? Stelle sicher, dass dein Netzteil (PSU) genügend Watt für deine gesamte Hardware liefert. Für eine RX 5700XT wird ein qualitativ hochwertiges Netzteil mit mindestens 600-650W empfohlen, für eine RX 6650XT reichen meist 550-600W. Achte auf die Leistungsaufnahme deiner CPU und anderer Komponenten.
- Qualität des Netzteils: Ein billiges Netzteil, selbst mit hoher Wattzahl, kann instabile Spannungen liefern. Investiere in ein Markennetzteil mit 80 PLUS Bronze, Gold oder Platin Zertifizierung.
- Alter des Netzteils: Netzteile können mit der Zeit an Leistung verlieren. Ist dein PSU älter als 5-7 Jahre, könnte ein Austausch sinnvoll sein.
Lösungsansatz B: Separate PCIe-Stromkabel verwenden
Die RX 5700XT und RX 6650XT benötigen in der Regel zwei 8-Pin (oder 6+2-Pin) PCIe-Stromanschlüsse. Nutze dafür zwei separate Kabel, die direkt vom Netzteil kommen, anstatt nur ein Kabel mit zwei Anschlüssen (Daisy-Chain). Daisy-Chaining kann zu einer ungleichmäßigen Stromverteilung und Instabilität unter Last führen.
Lösungsansatz C: Undervolting / Power Limit reduzieren
Eine effektive Methode, um die Stabilität bei Stromproblemen zu verbessern, ist das Undervolting und/oder die Reduzierung des Power Limits. Dies senkt den Stromverbrauch und die Wärmeentwicklung der GPU, oft ohne spürbaren Leistungsverlust.
- Öffne die AMD Adrenalin Software.
- Gehe zum Reiter „Leistung” und dann zu „Tuning”.
- Aktiviere „Manuell” und dann „Erweitertes Steuerelement”.
- Power Limit: Reduziere das Power Limit schrittweise um 5% bis 15% (z.B. von 0 auf -5% oder -10%). Teste nach jeder Anpassung die Stabilität.
- Spannung (mV): Aktiviere „Spannungssteuerung” und reduziere die Spannung für jede Frequenzstufe um 10-30mV. Sei hier vorsichtig und gehe in kleinen Schritten vor, da zu viel Undervolting zu Abstürzen führen kann. Speichere deine Profile und teste ausgiebig mit Benchmarks oder Spielen.
Diese Maßnahmen können die Lastspitzen der GPU glätten und so das Netzteil entlasten.
3. Systemstabilität & Hardware-Konflikte
Manchmal liegt das Problem nicht direkt an der Grafikkarte, sondern an anderen Komponenten oder deren Zusammenspiel.
Lösungsansatz A: BIOS/UEFI Update
Ein veraltetes Mainboard-BIOS/UEFI kann zu Inkompatibilitäten und Instabilitäten führen. Überprüfe die Herstellerseite deines Mainboards auf die neueste BIOS-Version und führe ein Update durch. Achte dabei genau auf die Anleitung des Herstellers, da ein fehlerhaftes BIOS-Update das Mainboard unbrauchbar machen kann.
Lösungsansatz B: RAM-Stabilität
- XMP/DOCP-Profile: Speichermodule können, wenn sie mit ihrem XMP/DOCP-Profil betrieben werden, manchmal instabil werden. Versuche, dieses Profil im BIOS zu deaktivieren und den RAM mit Standardgeschwindigkeiten zu betreiben. Oder stelle die Spannung und Timings manuell ein.
- RAM-Test: Führe einen Speichertest (z.B. mit MemTest86) durch, um defekte RAM-Module auszuschließen.
- RAM-Slots: Stelle sicher, dass deine RAM-Module in den vom Mainboard-Hersteller empfohlenen Slots für Dual-Channel-Betrieb stecken.
Lösungsansatz C: PCIe-Generation
Einige Benutzer berichteten von Problemen, wenn die RX 5700XT oder RX 6650XT in einem PCIe 4.0-Slot mit einem Motherboard/BIOS lief, das Schwierigkeiten mit der Auto-Erkennung hatte. Versuche, im BIOS/UEFI den PCIe-Slot, in dem deine Grafikkarte steckt, manuell auf PCIe Gen3 umzustellen. Der Leistungsverlust ist minimal, die Stabilität kann sich aber drastisch verbessern.
Lösungsansatz D: Andere Hardware & Software
- Peripherie: Trenne alle nicht-essentiellen USB-Geräte (Webcams, exotische Controller etc.) und teste, ob die Blackscreens weiterhin auftreten.
- Hintergrundsoftware: Einige Hintergrundanwendungen (z.B. RGB-Steuerungssoftware, bestimmte Monitoring-Tools) können Konflikte verursachen. Schließe diese testweise.
4. Wärmemanagement: Überhitzung als Ursache
Auch wenn es seltener die Hauptursache für Blackscreens ist, kann Überhitzung zu Instabilität führen, die sich als Blackscreen manifestiert. Besonders der Hotspot/Junction-Temperaturwert der GPU ist hier entscheidend.
Lösungsansatz A: Temperaturüberwachung
Nutze die AMD Adrenalin Software oder Tools wie HWInfo64, um die GPU-Temperatur und vor allem die Junction-Temperatur (Hotspot) zu überwachen. Wenn diese Werte extrem hoch sind (weit über 100°C bei Junction), könnte dies ein Problem sein.
Lösungsansatz B: Gehäusekühlung verbessern
Sorge für einen guten Airflow in deinem PC-Gehäuse. Ausreichend Einlass- und Auslasslüfter helfen, die Temperaturen der GPU und anderer Komponenten zu senken.
Lösungsansatz C: Lüfterkurve anpassen
In der AMD Adrenalin Software unter „Leistung” > „Tuning” kannst du eine manuelle Lüfterkurve einstellen. Eine aggressivere Lüfterkurve sorgt dafür, dass die Lüfter früher und schneller drehen, um die Karte kühler zu halten. Das ist lauter, kann aber die Stabilität erhöhen.
Lösungsansatz D: Wärmeleitpaste / Wärmeleitpads erneuern (für Fortgeschrittene)
Wenn du dir zutraust, deine Grafikkarte zu zerlegen, kann das Erneuern der Wärmeleitpaste auf der GPU und der Wärmeleitpads auf den VRAM-Chips und VRMs die Kühlleistung erheblich verbessern. Dies ist jedoch ein riskanter Schritt und kann die Garantie deiner Karte beeinträchtigen.
5. Windows-Einstellungen & Software-Konflikte
Auch das Betriebssystem selbst oder spezifische Windows-Features können in seltenen Fällen zu Problemen führen.
Lösungsansatz A: Game Mode & Hardware-Beschleunigte GPU-Planung (Windows)
Gehe in die Windows-Einstellungen -> System -> Anzeige -> Grafikeinstellungen. Probiere, den „Game Mode” und die „Hardware-beschleunigte GPU-Planung” zu de-/aktivieren und teste, ob dies einen Unterschied macht. Diese Funktionen sollen die Leistung verbessern, können aber bei manchen Systemen das Gegenteil bewirken.
Lösungsansatz B: Energieoptionen (Windows)
Stelle sicher, dass in den Windows-Energieoptionen das Profil „Höchstleistung” (oder „Ausbalanciert” mit angepassten erweiterten Einstellungen) aktiv ist. Gehe in die erweiterten Energieeinstellungen und überprüfe unter „PCI Express” -> „Verbindungszustands-Energieverwaltung”, dass diese Option auf „Aus” steht.
Lösungsansatz C: Deaktiviere Windows Fast Startup
Die „Schnellstart”-Funktion von Windows kann zu Problemen mit Treibern führen, da sie den PC nicht vollständig herunterfährt. Gehe in die Systemsteuerung -> Energieoptionen -> Auswählen, was beim Drücken von Netzschaltern geschehen soll -> Einstellungen ändern, die momentan nicht verfügbar sind -> Deaktiviere „Schnellstart”.
6. Der letzte Ausweg: Hardware-Defekt
Wenn alle oben genannten Schritte nicht zum Erfolg führen und deine RX 5700XT oder RX 6650XT weiterhin von Blackscreens geplagt wird, besteht die Möglichkeit eines Hardware-Defekts. Dies kann die Grafikkarte selbst betreffen, aber auch das Mainboard, den RAM oder sogar das Netzteil (trotz Überprüfung). Wenn möglich, teste deine Grafikkarte in einem anderen PC oder eine andere Grafikkarte in deinem System, um die Fehlerquelle genau zu lokalisieren. Ist die Karte defekt, bleibt oft nur eine Reklamation beim Hersteller oder Händler (RMA).
Fazit: Geduld und Methodik führen zum Ziel
Das Erleben von Blackscreens mit deiner AMD RX 5700XT oder RX 6650XT kann unglaublich frustrierend sein, aber gib die Hoffnung nicht auf! Die meisten dieser Probleme sind durch systematische Fehlersuche und die Anwendung der hier genannten Lösungsansätze behebbar. Beginne mit den Treiberlösungen, da diese am häufigsten die Ursache sind, und arbeite dich dann methodisch durch die anderen Punkte.
Jedes System ist einzigartig, und was bei dem einen funktioniert, muss nicht zwangsläufig bei einem anderen zum Erfolg führen. Aber mit Geduld und der richtigen Herangehensweise kannst du deiner Grafikkarte zu der Stabilität verhelfen, die du von ihr erwartest. Genieße wieder ungestörtes Gaming und eine stabile PC-Nutzung!