ETS2 auf der Bremse: Warum habe ich nur 60 FPS im Spiel, wenn mein 165hz Monitor im Menü die vollen 165 FPS schafft?

Kennen Sie das Gefühl? Sie haben gerade in einen hochmodernen Gaming-PC und einen blitzschnellen 165Hz Monitor investiert. Sie starten Euro Truck Simulator 2 (ETS2), freuen sich auf ein butterweiches Fahrerlebnis, und siehe da: Im Menü tanzt die FPS-Anzeige fröhlich bei 165 Bildern pro Sekunde. Doch kaum haben Sie den Motor gestartet und sind auf der virtuellen Straße unterwegs, fällt die Framerate auf ernüchternde 60 FPS oder sogar weniger ab. Frustration macht sich breit. Was ist hier los? Ist Ihr System etwa nicht stark genug, oder steckt ein anderes Problem dahinter? Tauchen wir ein in die Welt der Frameraten und Systemoptimierung, um diesem Mysterium auf den Grund zu gehen.

Warum das Menü rennt, die Straße aber bremst: Der fundamentale Unterschied

Der erste und wichtigste Punkt, den es zu verstehen gilt, ist der massive Unterschied zwischen der Darstellung eines Spielmenüs und dem Rendering einer komplexen 3D-Spielwelt. Ein Menü ist in den meisten Fällen eine relativ statische, ressourcenschonende Oberfläche. Es besteht aus wenigen Texturen, einfachen Animationen und oft einer vordefinierten, geringen Anzahl von Polygonen. Die Anforderungen an Ihre CPU (Central Processing Unit) und GPU (Graphics Processing Unit) sind hier minimal. Daher können selbst ältere Systeme im Menü oft hohe Frameraten erreichen.

Die Spielwelt von ETS2 hingegen ist ein dynamisches, lebendiges Gebilde. Jedes Gebäude, jeder Baum, jedes Fahrzeug, jede Straßenmarkierung und jeder Wettereffekt muss in Echtzeit berechnet und dargestellt werden. Dazu kommen komplexe Beleuchtungsszenarien, Schattenwürfe, Partikeleffekte (Regen, Schnee), KI-Verkehr, dynamische Physikberechnungen (Federung des LKWs, Kollisionen) und das Streaming riesiger Mengen an Texturen und Geometriedaten. All diese Faktoren belasten sowohl Ihre GPU als auch Ihre CPU erheblich. Die Diskrepanz zwischen Menü- und Ingame-FPS ist also völlig normal, die Frage ist nur, warum sie so drastisch ausfällt und ob die 60 FPS wirklich das Maximum sind.

Der Flaschenhals: CPU, GPU oder doch beides?

Um die Ursache der 60 FPS zu finden, müssen wir die potenziellen Flaschenhälse in Ihrem System identifizieren. Ein Flaschenhals entsteht, wenn eine Komponente Ihres PCs die Leistung einer anderen Komponente begrenzt.

ETS2 und die CPU: Ein unzertrennliches Duo

Euro Truck Simulator 2, wie viele Simulationen und Open-World-Spiele, ist notorisch CPU-lastig. Die verwendete Prism3D-Engine von SCS Software ist bekannt dafür, dass sie stark von einer leistungsstarken Single-Core-Performance profitiert, auch wenn moderne Updates die Nutzung mehrerer Kerne verbessert haben. Die CPU ist für eine Vielzahl von Aufgaben verantwortlich, die direkt die Framerate beeinflussen:

• KI-Berechnung: Jeder Verkehrsteilnehmer hat seine eigene KI, die Fahrwege, Bremsverhalten und Kollisionserkennung steuert. Bei dichtem Verkehr ist das eine enorme Last.
• Physik-Engine: Die Fahrphysik Ihres Trucks, die Simulation von Anhängern und Ladung, Wettereffekte und Kollisionen werden von der CPU berechnet.
• Draw Calls: Die CPU teilt der GPU mit, welche Objekte wo und wie gerendert werden sollen. In einer detailreichen Welt wie ETS2 gibt es Millionen solcher Anweisungen. Ein hoher Draw Call-Count kann die CPU überfordern, selbst wenn die GPU noch Kapazitäten hätte.
• Asset-Streaming und Weltgenerierung: Während Sie durch die Welt fahren, muss die CPU ständig neue Kartenteile, Texturen und Objekte laden und für die GPU vorbereiten.

Wenn Ihre CPU diese Aufgaben nicht schnell genug bewältigen kann, gerät sie ins Stocken und kann nicht genügend Daten an die GPU liefern. Selbst wenn Ihre Grafikkarte noch freie Kapazitäten hätte, müsste sie warten – und Ihre FPS bleiben niedrig. Besonders in dicht besiedelten Gebieten, an Kreuzungen oder im Regen kann die CPU schnell zum limitierenden Faktor werden.

Die Rolle der GPU: Der Grafik-Muskel

Die GPU ist für das eigentliche Rendern der Bilder zuständig: Texturen auftragen, Schatten berechnen, Effekte anwenden und das fertige Bild an Ihren Monitor senden. Wenn Ihre Grafikkarte nicht leistungsstark genug ist, um die gewünschten Einstellungen bei Ihrer Bildschirmauflösung (z.B. 1440p oder 4K) in hoher Framerate zu berechnen, dann ist sie der Flaschenhals. Anzeichen dafür sind eine hohe Auslastung der GPU (nahe 99-100%) bei gleichzeitig niedriger CPU-Auslastung und niedrigen FPS.

Es ist entscheidend zu verstehen, welche Komponente aktuell Ihr System bremst. Tools wie MSI Afterburner mit RivaTuner Statistics Server (RTSS) können Ihnen die Auslastung von CPU (pro Kern) und GPU in Echtzeit anzeigen. Sind Ihre CPU-Kerne bei 90%+ und die GPU bei 60-70% Auslastung, liegt der Flaschenhals wahrscheinlich bei der CPU. Ist die GPU bei 99% und die CPU entspannt, bremst die GPU.

Software-Fesseln: V-Sync, Frame Limiter und mehr

Oft sind es nicht nur die Hardware, die Ihre FPS bremsen, sondern auch softwareseitige Einstellungen, die unbemerkt die Leistung kappen können.

V-Sync in der Tiefe: Synchronisation versus Freiheit

V-Sync (Vertikale Synchronisation) ist eine Technologie, die das Tearing (Bildrisse) verhindert, indem sie die Framerate Ihrer Grafikkarte mit der Bildwiederholfrequenz Ihres Monitors synchronisiert. Wenn V-Sync aktiviert ist und Ihr Monitor eine feste Frequenz von 60 Hz hat, werden Ihre FPS auf 60 begrenzt, selbst wenn Ihr PC mehr leisten könnte. Bei einem 165Hz Monitor sollte V-Sync die FPS auf 165 begrenzen, aber es gibt Ausnahmen:

• In-Game V-Sync: Überprüfen Sie die Grafikeinstellungen in ETS2. Ist V-Sync dort aktiviert? Versuchen Sie, es zu deaktivieren.
• Treiber-Einstellungen: Im NVIDIA Control Panel oder AMD Radeon Software können globale oder spielspezifische V-Sync-Einstellungen vorhanden sein, die die In-Game-Einstellungen überschreiben. Stellen Sie sicher, dass V-Sync dort entweder deaktiviert oder auf „Anwendungsgesteuert” eingestellt ist.
• Adaptive Sync (G-Sync/FreeSync): Wenn Sie einen Monitor mit G-Sync oder FreeSync haben, stellen Sie sicher, dass diese Technologien sowohl am Monitor, im Treiber als auch im Spiel (wenn anwendbar) korrekt aktiviert sind. Diese Technologien eliminieren Tearing ohne die strikte Begrenzung von V-Sync und sind für hohe Frameraten ideal. Stellen Sie in den Treibereinstellungen sicher, dass G-Sync/FreeSync für den Vollbildmodus aktiviert ist.

NVIDIA & AMD Control Panels: Die Macht über Ihre Grafikkarte

Abgesehen von V-Sync gibt es weitere Einstellungen in den Grafiktreibern, die Ihre Performance beeinflussen können:

• Maximalbilder pro Sekunde (Frame Limiter): Viele Grafikkartentreiber bieten einen globalen oder spielspezifischen Frame Limiter. Überprüfen Sie, ob dieser möglicherweise auf 60 FPS eingestellt ist. Stellen Sie ihn auf den Wert Ihres Monitors (165 FPS) oder auf „Aus”.
• Energieverwaltung: Im NVIDIA Control Panel unter „Energieverwaltungsmodus” oder in der AMD Radeon Software unter „Global Graphics” -> „Power Efficiency” sollte die Option „Maximale Leistung bevorzugen” (NVIDIA) bzw. „Leistung” (AMD) ausgewählt sein, um sicherzustellen, dass Ihre GPU immer ihre volle Leistung abrufen kann.
• Bildschirmauflösung und Bildwiederholfrequenz: Stellen Sie sicher, dass in den Windows-Anzeigeeinstellungen und im Grafiktreiber die korrekte Auflösung und die volle 165Hz Bildwiederholfrequenz für Ihren Monitor eingestellt sind.

Windows-Energieoptionen: Der versteckte Leistungsfresser

Manchmal sind es die einfachen Dinge: Überprüfen Sie Ihre Windows-Energieoptionen. Wenn Ihr PC im Energiesparmodus oder im „Ausbalanciert”-Modus läuft, kann er die Leistung von CPU und GPU drosseln, um Strom zu sparen. Stellen Sie sicher, dass der „Höchstleistung”-Plan ausgewählt ist, während Sie spielen. Sie finden dies in der Systemsteuerung unter „Hardware und Sound” -> „Energieoptionen”.

Die Tücken der Einstellungen: Im Spiel und darüber hinaus

Die Grafikeinstellungen in ETS2 sind ein zweischneidiges Schwert. Sie verbessern die Optik, können aber auch massiv die Performance beeinflussen.

Grafikeinstellungen in ETS2: Wo die Performance leidet

Einige Einstellungen in ETS2 sind besonders ressourcenhungrig:

• Render-Skalierung (Skalierung): Dies ist wahrscheinlich die wichtigste Einstellung. Standardmäßig steht sie oft auf 100% oder 125%. Wenn Sie sie auf 200% oder mehr stellen, rendert das Spiel intern in einer höheren Auflösung und skaliert es dann auf Ihre native Auflösung herunter. Das führt zu einem schärferen Bild, frisst aber enorme Mengen an GPU-Leistung. Wenn Ihre FPS niedrig sind, sollten Sie diese Einstellung auf 100% oder sogar darunter (z.B. 75% für mehr FPS) reduzieren.
• Spiegelqualität / Spiegelauflösung: Die Spiegel in ETS2 sind kleine, separate Render-Fenster, die die Welt aus einer anderen Perspektive neu berechnen müssen. Hohe Einstellungen hier können sowohl CPU als auch GPU stark belasten. Versuchen Sie, diese zu reduzieren.
• Schattenqualität und -dichte: Schatten sind komplexe Berechnungen. Höhere Qualität und größere Sichtweite für Schatten haben einen großen Einfluss auf die Performance.
• Grasdichte und Vegetationssichtweite: Viele kleine Objekte wie Gras und Bäume können die Anzahl der Draw Calls und somit die CPU stark belasten.
• Verkehrsdichte: Mehr KI-Verkehr bedeutet mehr CPU-Berechnungen. Auch wenn es die Immersion erhöht, kann es die FPS in Städten deutlich senken.
• Reflexionen (Shader): Auch die Qualität der Reflexionen auf nassen Straßen oder an Fahrzeugen kann ressourcenintensiv sein.

Experimentieren Sie mit diesen Einstellungen. Beginnen Sie, alle auf „Mittel” zu stellen und arbeiten Sie sich dann langsam nach oben, während Sie die FPS im Auge behalten.

Mods: Freund und Feind zugleich

Mods sind ein wichtiger Bestandteil des ETS2-Erlebnisses, können aber auch zum größten Flaschenhals werden. Grafik-Mods (Texturen, Wetter, Beleuchtung), große Karten-Mods oder komplexe LKW-Mods mit vielen Details und Skripten können die Anforderungen an Ihr System exponentiell erhöhen. Nicht alle Mods sind gut optimiert. Wenn Sie viele Mods verwenden, versuchen Sie, sie einzeln zu deaktivieren, um herauszufinden, ob eine bestimmte Mod für den Performance-Einbruch verantwortlich ist. Dies gilt besonders für ungetestete oder sehr alte Mods, die möglicherweise nicht mehr mit der aktuellen Spielversion kompatibel sind.

Weitere Verdächtige im Blick

Manchmal sind die Ursachen für niedrige FPS nicht so offensichtlich:

• Treiber-Updates: Stellen Sie sicher, dass Ihre GPU-Treiber (NVIDIA GeForce Experience, AMD Radeon Software) immer auf dem neuesten Stand sind. Hersteller optimieren ihre Treiber regelmäßig für aktuelle Spiele und verbessern die Performance.
• Hintergrundprozesse: Programme wie Webbrowser mit vielen Tabs, Streaming-Dienste, Antivirenprogramme oder andere Apps, die im Hintergrund laufen, können CPU– und RAM-Ressourcen belegen und so die Spiel-Performance beeinträchtigen. Schließen Sie unnötige Anwendungen vor dem Spielen.
• Temperatur und Throttling: Wenn Ihre CPU oder GPU überhitzt, drosselt das System automatisch die Taktraten, um Schäden zu vermeiden. Dies führt direkt zu einem Leistungsverlust und niedrigeren FPS. Überwachen Sie Ihre Temperaturen (z.B. mit MSI Afterburner oder HWMonitor). Eine gute Gehäuselüftung und saubere Kühler sind essenziell.
• Anzeigekabel: Weniger wahrscheinlich für 60 vs. 165 FPS, aber für hohe Bildwiederholfrequenzen ist ein DisplayPort-Kabel oder ein hochwertiges HDMI 2.0/2.1 Kabel notwendig. Schlechte oder alte Kabel können die volle Frequenz nicht übertragen.

Diagnose und Lösungsansätze: Schritt für Schritt zum flüssigeren Trucker-Erlebnis

Um die genaue Ursache zu finden und zu beheben, gehen Sie systematisch vor:

1. Monitoring-Tools nutzen: Installieren Sie MSI Afterburner mit RivaTuner Statistics Server (RTSS). Lassen Sie sich Ingame-Informationen wie CPU-Auslastung (pro Kern), GPU-Auslastung, FPS, Temperaturen und VRAM-Nutzung anzeigen. Dies ist Ihr wichtigstes Diagnosewerkzeug.
2. V-Sync überprüfen: Deaktivieren Sie V-Sync in ETS2 und in den Grafikkartentreibern vollständig. Schauen Sie, ob die FPS jetzt über 60 steigen. Wenn ja, war V-Sync der Übeltäter. Aktivieren Sie dann G-Sync/FreeSync (falls vorhanden und kompatibel) und/oder einen Frame Limiter auf 162-164 FPS, um Tearing zu vermeiden, ohne Input Lag zu erzeugen.
3. Flaschenhals identifizieren: Beobachten Sie die Auslastung von CPU und GPU.
   • Ist die GPU-Auslastung bei niedrigen FPS nahe 99-100%? Dann ist Ihre Grafikkarte der Flaschenhals. Reduzieren Sie die grafischen Einstellungen in ETS2, insbesondere die Render-Skalierung, Schatten, Reflexionen.
   • Ist die CPU-Auslastung (besonders auf einzelnen Kernen) bei niedrigen FPS hoch, während die GPU-Auslastung niedrig ist? Dann ist Ihre CPU der Flaschenhals. Reduzieren Sie Einstellungen, die die CPU belasten: Verkehrsdichte, Grasdichte, Spiegelsichtweite, „Detail Level” (Draw Distance). Ein Prozessor-Upgrade wäre hier die effektivste, aber auch teuerste Lösung.
4. Treiber und Windows-Einstellungen checken: Aktualisieren Sie Ihre Grafikkartentreiber. Stellen Sie Windows auf „Höchstleistung” um und überprüfen Sie die Energieeinstellungen im Treiber.
5. Mods isolieren: Wenn Sie Mods verwenden, deaktivieren Sie alle und testen Sie das Spiel im Vanille-Zustand. Steigen die FPS, aktivieren Sie die Mods schrittweise, um den Übeltäter zu finden.
6. Benchmark-Durchläufe: Führen Sie in verschiedenen Szenarien (Stadt, Land, Regen, Tag/Nacht) kurze Fahrten durch und notieren Sie die FPS mit den jeweiligen Einstellungen. So können Sie Optimierungen quantifizieren.

Fazit: Realistische Erwartungen und Optimierung

Die Erfahrung, dass ETS2 auf einem 165Hz Monitor nur 60 FPS erreicht, während das Menü die volle Leistung zeigt, ist leider keine Seltenheit. Es ist ein komplexes Zusammenspiel aus der Natur des Spiels (CPU-lastig), Ihren Hardware-Spezifikationen und zahlreichen Software-Einstellungen. Während Sie vielleicht nicht immer die vollen 165 FPS in den anspruchsvollsten Szenarien erreichen werden, ist es mit einer gezielten Fehlersuche und Optimierung oft möglich, die Framerate deutlich über die 60-FPS-Marke zu heben – sei es auf 80, 100 oder sogar 120 FPS. Ein flüssigeres Spielerlebnis ist nicht nur angenehmer, sondern auch augenschonender. Nehmen Sie sich die Zeit, die Einstellungen Ihres Systems und des Spiels genau zu analysieren und anzupassen. Die virtuelle Straße wartet – und mit der richtigen Optimierung können Sie sie mit Ihrem High-Performance-Truck so flüssig wie nie zuvor befahren!