Die Entscheidung für einen Gebrauchtwagen ist oft eine Abwägung zwischen Budget, Ausstattung, Alter und persönlichen Vorlieben. Insbesondere im hart umkämpften Kompaktsegment gibt es eine Fülle an attraktiven Modellen, die auch nach einigen Jahren noch überzeugen können. Zwei Giganten, die in der Gunst der Käufer ganz oben stehen, sind der Ford Focus und der VW Golf. In unserem ausführlichen Gebrauchtwagen-Check nehmen wir zwei spezifische Modelle unter die Lupe: den Ford Focus Mk4 aus dem Jahr 2019 und den VW Golf 7 aus dem Jahr 2017. Beide bieten hervorragende Qualitäten, sprechen aber unter Umständen unterschiedliche Fahrertypen an. Begleiten Sie uns auf eine detaillierte Reise durch Design, Technik, Fahrverhalten und all die kleinen Details, die den Unterschied ausmachen.
Einleitung: Zwei Rivalen im Fokus der Gebrauchtwagenkäufer
Wenn es um beliebte Kompaktwagen geht, führt kein Weg am Ford Focus und am VW Golf vorbei. Beide Modelle dominieren seit Jahrzehnten die Verkaufslisten und genießen einen exzellenten Ruf – der eine als dynamischer Herausforderer, der andere als ewiger Klassenprimus. Doch wie schlagen sie sich, wenn man sie als Gebrauchtwagen vergleicht, insbesondere mit dem Altersunterschied von zwei Jahren? Der 2019er Focus Mk4 ist die frischere Generation, während der 2017er Golf 7 bereits auf eine bewährte Plattform setzt und eventuell schon einige Kinderkrankheiten ausgemerzt hat. Lassen Sie uns die Vor- und Nachteile jedes Modells beleuchten, um Ihnen die Entscheidung für Ihr nächstes Gebrauchtwagen-Schnäppchen zu erleichtern.
Der Ford Focus Mk4 (2019): Der frische Herausforderer
Der Ford Focus Mk4, der 2018 auf den Markt kam, präsentiert sich als eine durch und durch modernisierte Neuauflage. Unser 2019er Modell ist also noch sehr jung und dürfte in Sachen Design und Technologie punkten.
Design und Innenraum
Der Mk4 wirkt sportlicher und fließender als seine Vorgänger. Mit seiner scharfen Linienführung und dem dynamischen Kühlergrill zieht er Blicke auf sich. Im Innenraum dominieren klare Formen und eine gute Ergonomie. Das Armaturenbrett ist modern gestaltet, oft mit einem frei stehenden 8-Zoll-Touchscreen für das Infotainmentsystem. Die Materialanmutung ist solide, wenn auch nicht ganz auf Premium-Niveau des Golfs. Die Sitze sind in der Regel bequem und bieten guten Halt, auch auf längeren Fahrten. Das Platzangebot ist großzügig, sowohl vorne als auch auf der Rückbank, und der Kofferraum bietet ausreichend Volumen für den Alltag (ca. 375 Liter als Fünftürer).
Fahrverhalten
Hier spielt der Focus traditionell seine größte Stärke aus. Das Fahrverhalten des Mk4 ist überragend. Er ist agil, präzise in der Lenkung und bietet eine exzellente Straßenlage. Ob kurvige Landstraße oder schnelle Autobahnfahrt, der Focus vermittelt stets ein Gefühl von Kontrolle und Sportlichkeit. Das Fahrwerk ist straff, aber nicht unkomfortabel, was eine gelungene Balance aus Sportlichkeit und Alltagstauglichkeit darstellt. Wer ein dynamisches Fahrerlebnis sucht, wird hier fündig.
Motoren und Getriebe
Der 2019er Focus Mk4 bietet eine breite Palette an effizienten Motoren. Besonders beliebt sind die EcoBoost-Benziner, wie der 1.0 Liter mit 100 PS oder 125 PS und der 1.5 Liter EcoBoost mit 150 PS oder 182 PS. Diese Motoren sind spritzig, drehfreudig und sparsam. Auf der Dieselseite gab es den 1.5 EcoBlue mit 95 PS oder 120 PS und den 2.0 EcoBlue mit 150 PS. Die meisten Focus dieser Baujahre sind mit einem präzisen 6-Gang-Schaltgetriebe ausgestattet, aber auch ein gut abgestimmtes 8-Gang-Automatikgetriebe war optional erhältlich. Achtung: Bei den 1.0 EcoBoost Motoren gab es in älteren Baureihen (Mk3) Probleme mit der Steuerkette. Beim Mk4 sind diese Probleme größtenteils behoben, da die Steuerriemen im Ölbad laufen und als langlebiger gelten. Dennoch sollte die Servicehistorie genau geprüft werden.
Technologie und Ausstattung
Der 2019er Focus glänzt mit moderner Technik. Das SYNC 3 Infotainment-System mit Sprachsteuerung, Apple CarPlay und Android Auto ist intuitiv bedienbar. Zahlreiche Assistenzsysteme wie adaptiver Tempomat, Spurhalteassistent, Toter-Winkel-Warner und der optionale Park-Assistent erhöhen Komfort und Sicherheit. Je nach Ausstattungslinie (Trend, Cool & Connect, Titanium, ST-Line, Vignale) variiert der Umfang stark, aber selbst in mittleren Ausstattungen ist der Focus gut gerüstet.
Vorteile des Ford Focus Mk4 (2019):
- Sehr dynamisches Fahrverhalten und präzise Lenkung.
- Modernes, frisches Design innen und außen.
- Gutes Platzangebot und fairer Kofferraum.
- Umfangreiche Assistenzsysteme für das Baujahr.
- Oft ein attraktiverer Preis auf dem Gebrauchtwagenmarkt im Vergleich zum Golf.
Nachteile des Ford Focus Mk4 (2019):
- Materialanmutung im Innenraum nicht ganz auf dem Niveau des Golfs.
- Bedienung einiger Funktionen teils Touchscreen-lastig, weniger klassische Knöpfe.
- Wertstabilität tendenziell etwas geringer als beim Golf.
Worauf beim Kauf eines Focus Mk4 achten?
Prüfen Sie die vollständige Servicehistorie. Achten Sie auf gleichmäßigen Reifenverschleiß und prüfen Sie die Bremsen. Bei Modellen mit manuellem Getriebe die Kupplung testen. Elektronik (SYNC 3) sollte einwandfrei funktionieren. Horchen Sie während der Probefahrt auf ungewöhnliche Geräusche vom Fahrwerk oder Motor. Rost ist bei diesem jungen Baujahr selten, aber eine Sichtprüfung unter dem Fahrzeug schadet nie.
Der VW Golf 7 (2017): Der etablierte Klassenprimus
Der VW Golf 7, eingeführt 2012 und 2017 einem Facelift unterzogen, ist der Inbegriff des Kompaktwagens. Unser 2017er Modell profitiert bereits von den Verbesserungen des Facelifts.
Design und Innenraum
Der Golf 7 überzeugt mit einem zeitlosen, unaufgeregten Design, das auch heute noch modern wirkt. Er ist das Sinnbild für Understatement. Im Innenraum setzt der Golf auf hochwertige Materialien, eine makellose Verarbeitung und eine intuitive Bedienung. Die Haptik der Schalter und Knöpfe ist hervorragend. Die Sitze bieten exzellenten Komfort und guten Seitenhalt, selbst auf langen Reisen. Das Platzangebot ist ebenfalls sehr gut, sowohl vorne als auch hinten. Der Kofferraum ist mit ca. 380 Litern nahezu identisch zum Focus.
Fahrverhalten
Das Fahrverhalten des Golf 7 ist geprägt von einer souveränen Ausgewogenheit. Er ist komfortabel, stabil und vermittelt ein Gefühl von Solidität. Während der Focus eher sportlich-agil ist, spielt der Golf seine Stärken in puncto Fahrkomfort und Langstreckentauglichkeit aus. Die Lenkung ist präzise, aber weniger direkt als beim Focus. Für den Alltag und entspanntes Reisen ist der Golf kaum zu schlagen.
Motoren und Getriebe
Die Motoren des Golf 7 (Facelift) sind bekannt für ihre Effizienz und Zuverlässigkeit. Die beliebten TSI-Benziner, wie der 1.0 TSI (85-110 PS), 1.4 TSI (125-150 PS, später 1.5 TSI Evo mit 130-150 PS) und der 2.0 TSI (GTI), bieten eine gelungene Mischung aus Leistung und Sparsamkeit. Bei den Dieseln gab es den 1.6 TDI (90-115 PS) und den 2.0 TDI (150-184 PS). Viele Golfs sind mit dem exzellenten DSG-Doppelkupplungsgetriebe ausgestattet, das schnelle und sanfte Schaltvorgänge ermöglicht. Beim Golf 7 sind die anfänglichen DSG-Probleme (bekannt von älteren Modellen) weitestgehend behoben, aber eine lückenlose Servicehistorie der DSG-Wartung (Ölwechsel alle 60.000 km bei Nasskupplungs-DSG) ist essentiell.
Technologie und Ausstattung
Nach dem Facelift 2017 wurde der Golf 7 technisch aufgerüstet. Das Infotainment-System „Discover Media” oder „Discover Pro” mit Gestensteuerung (optional) und dem optionalen „Active Info Display” (Virtual Cockpit) waren wegweisend in dieser Klasse. Auch eine Vielzahl an Assistenzsystemen wie adaptiver Tempomat, Spurhalteassistent, Notbremsassistent und Stauassistent war verfügbar. Der Golf 7 war für sein Baujahr extrem fortschrittlich.
Vorteile des VW Golf 7 (2017):
- Hohe Verarbeitungsqualität und Premium-Anmutung im Innenraum.
- Zeitloses Design und exzellente Ergonomie.
- Ausgewogenes Fahrwerk mit hohem Komfort.
- Hervorragende Wertstabilität.
- Breite Auswahl an ausgereiften und effizienten Motoren.
Nachteile des VW Golf 7 (2017):
- Design könnte als konservativ empfunden werden.
- Gebrauchtwagenpreise oft höher als bei vergleichbaren Modellen.
- Optional teure Extras treiben den Preis.
- Potenzielle DSG-Probleme bei mangelnder Wartung.
Worauf beim Kauf eines Golf 7 achten?
Die Servicehistorie ist auch hier entscheidend, besonders bei Modellen mit DSG-Getriebe (Ölwechsel-Intervalle!). Prüfen Sie auf Geräusche vom Fahrwerk, insbesondere bei den Vorderachsen. Bei den TSI-Motoren ist die Steuerkette weniger ein Thema als bei älteren Generationen, da 2017 oft schon die überarbeiteten Motoren (z.B. 1.5 TSI Evo mit Zahnriemen) oder verbesserte Ketten verbaut wurden. Achten Sie auf die Funktion aller elektronischen Helferlein und des Infotainmentsystems. Rost ist bei gut gepflegten Golf 7 sehr selten.
Direkter Vergleich: Kopf an Kopf
Fahrdynamik und Fahrkomfort
Der Ford Focus Mk4 ist der klar sportlichere Wagen. Wer ein direktes Lenkgefühl und eine agile Kurvenfahrt schätzt, wird ihn bevorzugen. Der VW Golf 7 punktet mit einer beeindruckenden Ausgewogenheit, hohem Fahrkomfort und einer souveränen Straßenlage, ideal für Langstreckenfahrer und Komfortliebhaber.
Innenraum und Materialanmutung
Der Golf 7 fühlt sich im Innenraum hochwertiger an. Die Spaltmaße sind perfekt, die Materialien wirken edler, und die Bedienung ist klassisch-intuitiv. Der Focus Mk4 ist moderner und frischer im Design, aber die Materialqualität und Haptik erreichen nicht ganz das Niveau des Golfs. Hier gewinnt der Golf, wenn das „Premium-Gefühl” Priorität hat.
Technologie und Infotainment
Beide bieten für ihr Baujahr exzellente Technik. Der Focus 2019 profitiert von seinem jüngeren Baujahr mit dem modernen SYNC 3, während der Golf 2017 mit seinem optionalen Virtual Cockpit und Gestensteuerung (Discover Pro) bereits fortschrittliche Features bot. Beide unterstützen Smartphone-Integration. Es ist eher eine Frage des persönlichen Geschmacks, welches System mehr zusagt. SYNC 3 ist oft einfacher zu bedienen, das Golf-System wirkt manchmal aufgeräumter.
Motoren und Verbrauch
Beide Hersteller bieten eine breite Palette an effizienten Motoren. Im direkten Vergleich sind die Verbrauchswerte oft sehr ähnlich. Beide Autos sind sparsam und zuverlässig, vorausgesetzt, sie wurden gut gewartet. Der Golf punktet eventuell mit einer etwas größeren Auswahl an Motor-Getriebe-Kombinationen, insbesondere bei den stärkeren Diesel- und Benzinern.
Platzangebot und Kofferraum
Im Platzangebot nehmen sich beide kaum etwas. Beide bieten vier Erwachsenen ausreichend Platz und sind auch fünftsitzig für kürzere Strecken tauglich. Der Kofferraum ist bei beiden Modellen mit rund 375-380 Litern praktisch identisch und alltagstauglich.
Sicherheit
Sowohl der Focus Mk4 als auch der Golf 7 erhielten hervorragende Bewertungen bei den Euro NCAP Crashtests (Focus 5 Sterne 2018, Golf 5 Sterne 2012/2017). Beide sind mit einer Vielzahl an aktiven und passiven Sicherheitsfeatures ausgestattet. Hier gibt es keine nennenswerten Unterschiede in der Grundsicherheit.
Wertstabilität und Unterhaltskosten
Der VW Golf ist bekannt für seine überdurchschnittliche Wertstabilität. Das bedeutet, er verliert weniger schnell an Wert, was sich beim Wiederverkauf auszahlt. Allerdings sind die Anschaffungskosten für einen Golf auch höher. Die Wartungs- und Ersatzteilkosten können bei VW tendenziell etwas höher sein als bei Ford. Der Focus ist in der Anschaffung oft günstiger und hat möglicherweise leicht niedrigere Unterhaltskosten, verliert aber etwas schneller an Wert.
Kaufberatung: Wer passt zu wem?
Wählen Sie den Ford Focus Mk4 (2019), wenn…
- …Sie ein frisches, dynamisches Design bevorzugen.
- …Ihnen ein sportliches, agiles Fahrgefühl mit präziser Lenkung besonders wichtig ist.
- …Sie eine moderne Konnektivität und ein intuitives Infotainment-System (SYNC 3) schätzen.
- …Sie ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis suchen und ein jüngeres Auto mit geringerer Laufleistung für dasselbe Budget bekommen möchten.
- …Sie einen zuverlässigen Kompaktwagen suchen, der Freude am Fahren bereitet, ohne das Budget zu sprengen.
Wählen Sie den VW Golf 7 (2017), wenn…
- …Sie Wert auf zeitlose Eleganz und ein unaufgeregtes Design legen.
- …Ihnen eine hochwertige Verarbeitung und Premium-Anmutung im Innenraum am wichtigsten ist.
- …Sie einen hohen Fahrkomfort und eine souveräne Straßenlage für lange Fahrten bevorzugen.
- …Sie eine ausgereifte Technik und eine breite Auswahl an bewährten Motoren und Getrieben wünschen.
- …Sie einen besonders wertstabilen Kompaktwagen suchen, der auch nach Jahren noch einen guten Wiederverkaufswert hat.
- …Sie bereit sind, für das „Golf-Gefühl” und die damit verbundene Qualität eventuell etwas mehr zu investieren.
Checkliste für den Gebrauchtwagenkauf (für beide Modelle):
- Scheckheftgepflegt: Eine lückenlose Wartungshistorie ist das A und O.
- Probefahrt: Ausführlich auf verschiedenen Straßenbelägen fahren, auf Geräusche achten, Lenkung, Bremsen, Schaltung/Automatik testen.
- Unfallfreiheit: Lassen Sie sich die Unfallfreiheit bestätigen.
- Reifen und Bremsen: Zustand prüfen, da dies oft teure Verschleißteile sind.
- Elektronik: Alle Lichter, Knöpfe, Infotainment, Assistenzsysteme durchprobieren.
- Flüssigkeitsstände: Öl, Kühlwasser, Bremsflüssigkeit prüfen.
- Motor: Auf ungewöhnliche Geräusche, Rauchentwicklung oder unrunden Lauf achten.
- Unterboden: Bei Gelegenheit auf Rost oder Beschädigungen prüfen.
- Gutachten: Im Zweifelsfall ein Gebrauchtwagengutachten (z.B. Dekra, TÜV) erstellen lassen.
Fazit: Eine Frage des Charakters
Die Wahl zwischen einem Ford Focus Mk4 (2019) und einem VW Golf 7 (2017) ist letztlich eine Entscheidung, die auf Ihren persönlichen Prioritäten basiert. Der Focus überzeugt als das dynamischere, jüngere und oft preisgünstigere Paket, ideal für Fahrer, die ein agiles Fahrgefühl und moderne Features schätzen. Der Golf hingegen ist die sichere Bank: ausgereift, komfortabel, hochwertig verarbeitet und extrem wertstabil – die perfekte Wahl für jene, die zeitlose Qualität und Souveränität suchen. Beide sind exzellente Gebrauchtwagen, die in ihrer Klasse zu den Besten gehören. Überlegen Sie, was Ihnen am wichtigsten ist, und machen Sie eine ausgiebige Probefahrt – Ihr Bauchgefühl wird Ihnen den richtigen Weg weisen!