Die Beliebtheit von E-Scootern ist in den letzten Jahren rasant gestiegen. Sie sind praktisch, umweltfreundlich und bieten eine schnelle Möglichkeit, die letzte Meile zu überbrücken oder einfach nur Spaß zu haben. Doch mit ihrer zunehmenden Präsenz im Straßenverkehr wächst auch das Bewusstsein für die damit verbundenen Regeln und Risiken – oder leider oft das Fehlen desselben. Eine der häufigsten und gravierendsten Fallen, in die E-Scooter-Fahrer tappen können, ist das Fahren ohne gültige Versicherung. Was viele nicht wissen: Dies ist keine Kleinigkeit, sondern eine Straftat, die weitreichende und empfindliche Konsequenzen nach sich ziehen kann.
Stellen Sie sich vor: Sie sind auf dem Weg zur Arbeit, zum Sport oder treffen sich mit Freunden. Plötzlich werden Sie von der Polizei angehalten. Die Beamten verlangen Ihre Papiere, und schnell fällt auf: Ihrem E-Scooter fehlt das obligatorische Versicherungskennzeichen. Was zunächst wie ein kleines Vergehen erscheint, entpuppt sich schnell als ernstes Problem mit potenziell existenzbedrohenden Folgen. In diesem Artikel beleuchten wir detailliert, welche Strafen und Risiken Ihnen drohen, wenn Sie mit einem unversicherten E-Scooter unterwegs sind.
Warum eine Versicherung für E-Scooter Pflicht ist
Bevor wir uns den Strafen widmen, ist es wichtig zu verstehen, warum eine Versicherung für E-Scooter in Deutschland überhaupt vorgeschrieben ist. Die Regelung basiert auf dem Pflichtversicherungsgesetz (PflVG), das besagt, dass bestimmte Kraftfahrzeuge nur dann im Straßenverkehr eingesetzt werden dürfen, wenn für sie eine gültige Haftpflichtversicherung besteht. E-Scooter fallen in diese Kategorie, da sie als „Elektrokleinstfahrzeuge“ gelten und eine bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit von 6 km/h bis maximal 20 km/h aufweisen. Der Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist der Schutz Dritter.
Stellen Sie sich vor, Sie verursachen mit Ihrem E-Scooter einen Unfall, bei dem jemand verletzt wird oder Sachschaden entsteht. Ohne eine Haftpflichtversicherung müssten Sie persönlich für alle entstandenen Kosten aufkommen. Das kann schnell in die Zehntausende, bei Personenschäden sogar in die Millionen gehen. Die Haftpflichtversicherung deckt genau solche Schäden ab und schützt somit sowohl das Unfallopfer als auch den Unfallverursacher vor finanzieller Überforderung. Das sichtbare Zeichen dieser Versicherung ist die kleine Versicherungsplakette, die jährlich erneuert werden muss und am E-Scooter angebracht sein muss.
Der Polizei-Stopp: Was passiert, wenn die Plakette fehlt?
Die Situation ist klar: Die Polizei hält Sie an. Oft geschieht dies im Rahmen von Routinekontrollen oder wenn Ihr Fahrverhalten auffällig ist. Die Beamten werden als Erstes überprüfen, ob Ihr E-Scooter eine gültige Versicherungsplakette hat. Ist diese nicht vorhanden, ist der Fall eindeutig. Die Beamten werden eine Anzeige wegen Verstoßes gegen das Pflichtversicherungsgesetz aufnehmen. Das Fahrzeug wird in der Regel an Ort und Stelle stillgelegt, was bedeutet, dass Sie es nicht weiterfahren dürfen. Es wird dann sichergestellt oder Sie müssen es schieben.
Nun beginnt der ernsthafte Teil der Prozedur. Sie werden belehrt, dass Sie sich einer Straftat schuldig gemacht haben. Das ist ein entscheidender Unterschied zu einer Ordnungswidrigkeit (z.B. Falschparken). Eine Straftat hat weitaus gravierendere Konsequenzen, die von Geldstrafen über Punkte in Flensburg bis hin zum Entzug der Fahrerlaubnis reichen können.
Die rechtliche Grundlage: Fahren ohne Versicherungsschutz ist eine Straftat!
Der Kern des Problems liegt in § 6 Abs. 1 des Pflichtversicherungsgesetzes (PflVG). Dieser Paragraph stellt das Führen eines Kraftfahrzeugs ohne die erforderliche Haftpflichtversicherung ausdrücklich unter Strafe. Es handelt sich hierbei nicht um eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld geahndet wird, sondern um eine Straftat. Der Gesetzgeber bewertet das Fahren ohne Versicherungsschutz als ein so schwerwiegendes Fehlverhalten, weil es das Risiko für Dritte enorm erhöht und das gesamte System der Absicherung im Straßenverkehr untergräbt.
Ob Sie bewusst oder unbewusst ohne Versicherung unterwegs waren, spielt vor Gericht oft eine untergeordnete Rolle, wenn der Vorsatz bejaht werden kann. Die Gerichte gehen in der Regel davon aus, dass jeder Fahrzeughalter oder -führer die gesetzlichen Bestimmungen kennt oder sich zumindest darüber informieren muss. Die Ausrede „Das wusste ich nicht“ wird selten akzeptiert.
Die drastischen Konsequenzen im Detail
Die Strafen für das Fahren eines E-Scooters ohne Versicherung sind vielfältig und können Ihr Leben auf verschiedene Weisen beeinträchtigen:
1. Die empfindliche Geldstrafe
Die häufigste Strafe ist eine Geldstrafe. Diese wird in Tagessätzen berechnet. Die Höhe eines Tagessatzes richtet sich nach Ihrem Nettoeinkommen. Ein typisches Strafmaß für das Fahren ohne Pflichtversicherung liegt oft bei 30 bis 90 Tagessätzen. Das bedeutet: Verdienen Sie beispielsweise 50 Euro netto pro Tag, und Sie werden zu 60 Tagessätzen verurteilt, müssen Sie eine Geldstrafe von 3.000 Euro zahlen. Diese Strafen können je nach Einzelfall und richterlichem Ermessen stark variieren. Bei Ersttätern ohne Vorstrafen ist oft mit einem unteren bis mittleren Bereich der Tagessätze zu rechnen, aber die Summe ist dennoch beachtlich.
2. Punkte in Flensburg
Ein Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz führt unweigerlich zu einem Eintrag im Fahreignungsregister (Punktekonto in Flensburg). Für diese Straftat erhalten Sie in der Regel 1 Punkt. Auch wenn ein Punkt auf den ersten Blick nicht viel erscheint, kann er in Kombination mit anderen Punkten schnell zu weiteren Problemen führen. Sammelt man zu viele Punkte (z.B. 8 Punkte), kann der Führerschein entzogen werden, unabhängig davon, ob die Punkte durch E-Scooter-Vergehen oder andere Verkehrsdelikte gesammelt wurden.
3. Führerscheinentzug und Fahrverbot
Dies ist eine der gravierendsten Folgen, die viele E-Scooter-Fahrer unterschätzen: Das Fahren ohne Versicherungsschutz kann zum Entzug der Fahrerlaubnis oder zu einem Fahrverbot führen. Auch wenn der E-Scooter selbst keinen Führerschein erfordert (außer in einigen Fällen für Jugendliche, die eine Mofa-Prüfbescheinigung oder den Führerschein Klasse AM benötigen), ist die Straftat ein Verstoß, der Ihre Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen grundsätzlich in Frage stellen kann. Das Gericht kann:
- Ein Fahrverbot von bis zu sechs Monaten verhängen. Das bedeutet, Sie dürfen in diesem Zeitraum keinerlei Kraftfahrzeuge führen, egal ob Auto, Motorrad oder eben E-Scooter.
- Ihnen die Fahrerlaubnis komplett entziehen. Dies ist besonders wahrscheinlich, wenn Sie bereits Punkte in Flensburg haben, unter Bewährung stehen oder ein erhöhtes Gefährdungspotenzial vorliegt (z.B. in Kombination mit Alkohol oder Drogen). Bei einem Entzug erhalten Sie Ihren Führerschein nicht automatisch zurück, sondern müssen ihn neu beantragen und unter Umständen eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) absolvieren. Für junge Fahrer in der Probezeit kann dies den Verlust des Führerscheins auf Probe bedeuten und eine Verlängerung der Probezeit nach sich ziehen.
4. Eintrag ins Führungszeugnis
Eine Verurteilung wegen Fahrens ohne Pflichtversicherung ist eine Straftat und wird in Ihr Führungszeugnis eingetragen, wenn die Geldstrafe 90 Tagessätze übersteigt. Ein Eintrag im Führungszeugnis kann weitreichende Konsequenzen für Ihre berufliche Zukunft haben, insbesondere bei Berufen, die ein „sauberes” Führungszeugnis erfordern (z.B. im öffentlichen Dienst, als Lehrer, in sicherheitsrelevanten Bereichen oder bei der Bewerbung für bestimmte Visa im Ausland). Selbst unter 90 Tagessätzen wird die Verurteilung im Bundeszentralregister vermerkt, was bei zukünftigen Rechtsverstößen zu höheren Strafen führen kann.
5. Regressforderungen bei einem Unfall: Das finanzielle Fiasko
Sollten Sie mit Ihrem unversicherten E-Scooter einen Unfall verursachen, bei dem andere Personen verletzt oder Sachschäden entstehen, dann schlägt die volle Wucht der Konsequenzen zu. Da keine Versicherung existiert, um die Schäden zu regulieren, müssen Sie persönlich dafür aufkommen. Die Folgen können verheerend sein:
- Sachschäden: Ein leichtes Antippen eines Autos kann bereits Hunderte bis Tausende von Euro an Reparaturkosten verursachen.
- Personenschäden: Dies ist der Albtraum schlechthin. Wenn eine Person durch den Unfall verletzt wird, können Kosten für medizinische Behandlungen, Reha, Schmerzensgeld, Verdienstausfall und möglicherweise sogar eine lebenslange Rente anfallen. Diese Summen können schnell in die Millionen gehen und Sie ein Leben lang finanziell belasten.
In solchen Fällen tritt zwar oft zunächst ein Garantiefonds für Unfallopfer ein, doch dieser wird die gezahlten Leistungen anschließend vollständig von Ihnen als Verursacher zurückfordern (Regressforderungen). Das bedeutet, Sie bleiben am Ende auf den gesamten Kosten sitzen.
Sonderfälle und verschärfende Umstände
Einige Situationen können die bereits drastischen Strafen noch weiter verschärfen:
- Wiederholungstäter: Wer bereits wegen Fahrens ohne Pflichtversicherung verurteilt wurde und erneut erwischt wird, muss mit deutlich höheren Geldstrafen und einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für einen Führerscheinentzug rechnen.
- Unfallbeteiligung: Ein Unfall, insbesondere mit Personenschaden, während man unversichert fährt, ist ein schwerwiegender Umstand, der die Strafen für das Fahren ohne Versicherung nochmals deutlich erhöht und die Regressforderungen real werden lässt.
- Fahren unter Alkohol oder Drogen: Obwohl dies ein eigenständiger Verstoß ist, wird das Fahren ohne Versicherung in Kombination mit Alkohol oder Drogen von den Gerichten extrem ernst genommen. Die Strafen addieren sich, und ein sofortiger und langfristiger Führerscheinentzug ist hier fast unausweichlich.
- Jugendliche und Heranwachsende: Für Personen unter 21 Jahren gilt oft das Jugendstrafrecht. Hier stehen pädagogische Maßnahmen im Vordergrund, aber auch diese können empfindlich sein. Dazu gehören Auflagen wie Arbeitsstunden, Freizeitarrest, aber auch die Anordnung einer Führerscheinsperre, was bedeutet, dass der Jugendliche für eine bestimmte Zeit keinen Führerschein erwerben darf oder eine bereits vorhandene Fahrerlaubnis entzogen wird.
Wie Sie sich korrekt verhalten und Risiken vermeiden
Die gute Nachricht ist: Alle diese Probleme lassen sich kinderleicht vermeiden! Eine E-Scooter-Versicherung kostet in der Regel nur etwa 20 bis 40 Euro pro Jahr. Das ist ein verschwindend geringer Betrag im Vergleich zu den potenziellen Strafen und finanziellen Risiken. So stellen Sie sicher, dass Sie legal und sicher unterwegs sind:
- Versicherung abschließen: Bevor Sie Ihren E-Scooter das erste Mal im öffentlichen Straßenverkehr nutzen, müssen Sie eine Haftpflichtversicherung abschließen. Dies geht schnell und unkompliziert online, bei Ihrem Versicherungsvertreter oder direkt beim E-Scooter-Händler.
- Versicherungsplakette anbringen: Nach Abschluss der Versicherung erhalten Sie eine kleine, selbstklebende Versicherungsplakette (ähnlich einem Kennzeichen). Diese muss gut sichtbar am hinteren Teil Ihres E-Scooters angebracht werden.
- Gültigkeit prüfen: Die Versicherungsplaketten sind jeweils für ein Jahr gültig (meist von März bis Februar des Folgejahres). Achten Sie darauf, rechtzeitig eine neue Plakette zu beantragen und die alte zu ersetzen, um nicht versehentlich ohne Versicherungsschutz zu fahren.
- Gebrauchtkauf: Kaufen Sie einen gebrauchten E-Scooter, ist es unerlässlich, eine neue Versicherung abzuschließen und eine neue Plakette zu besorgen. Die Versicherung des Vorbesitzers ist nicht übertragbar.
- Miet-E-Scooter: Bei gemieteten E-Scootern (Sharing-Dienste) ist die Haftpflichtversicherung in der Regel in den Mietgebühren enthalten. Prüfen Sie jedoch immer die AGB des Anbieters, um auf der sicheren Seite zu sein.
Fazit: Verantwortung trägt man selbst
Das Fahren eines E-Scooters ohne Versicherungsschutz ist ein vermeidbares Risiko mit extrem hohen Konsequenzen. Es ist keine Lappalie, sondern eine Straftat, die nicht nur empfindliche Geldstrafen, Punkte und den Entzug der Fahrerlaubnis nach sich ziehen kann, sondern im schlimmsten Fall auch zu lebenslanger finanzieller Belastung durch Regressforderungen führt. Die jährlichen Kosten für eine E-Scooter-Versicherung sind minimal im Vergleich zu dem, was auf Sie zukommen kann, wenn Sie ohne Schutz unterwegs sind.
Seien Sie ein verantwortungsbewusster Teilnehmer am Straßenverkehr. Informieren Sie sich über die Regeln, schließen Sie die notwendige Versicherung ab und bringen Sie die Plakette an. Nur so können Sie unbeschwert die Vorteile Ihres E-Scooters genießen und sich vor den drastischen Folgen eines Verstoßes schützen. Ignoranz schützt vor Strafe nicht – und Unwissenheit kann Sie sehr teuer zu stehen kommen.