Wer kennt ihn nicht, den charmanten Wackeldackel, der auf der hinteren Ablage vieler Autos Generationen lang die Köpfe nicken ließ? Oder das obligatorische Warndreieck, das dort „schnell griffbereit“ platziert wurde? Was auf den ersten Blick harmlos oder praktisch erscheinen mag, birgt bei genauerer Betrachtung erhebliche Risiken und wirft wichtige Fragen bezüglich der Sicherheit im Straßenverkehr und der gesetzlichen Vorschriften auf. Die hintere Ablage, oft auch Heckablage oder Hutablage genannt, scheint ein idealer Ort für allerlei Utensilien zu sein – doch ist sie das wirklich?
Dieser Artikel taucht tief in die Materie ein und beleuchtet umfassend, was man legal und sicher auf der hinteren Ablage seines Pkw deponieren darf. Wir nehmen nicht nur den geliebten Wackeldackel und das Warndreieck unter die Lupe, sondern klären auch über die Gefahren, die rechtlichen Rahmenbedingungen und die besten Praktiken zur Ladungssicherung auf, um Sie und Ihre Mitfahrer optimal zu schützen.
Der Wackeldackel als mahnendes Beispiel: Wenn das Harmloseste zur Gefahr wird
Beginnen wir mit dem Klassiker: dem Wackeldackel. Er ist Kult, ein Symbol für eine Ära des Autofahrens und hat Generationen von Beifahrern mit seinem ständigen Nicken erfreut. Doch selbst dieses kleine, scheinbar harmlose Stück Plastik oder Plüsch kann im Ernstfall zu einem gefährlichen Geschoss werden. Stellen Sie sich vor, Sie müssen eine Vollbremsung bei 50 km/h machen. Die auf Ihr Fahrzeug wirkenden Kräfte sind enorm. Ein Gegenstand, der auf der Hutablage liegt, wird durch die Trägheitskraft mit hoher Geschwindigkeit nach vorne geschleudert. Selbst ein leichter Wackeldackel kann dann die Wucht eines kleinen Ziegels entwickeln. Bei einem Unfall oder einer Notbremsung verwandeln sich lose Gegenstände in unkontrollierbare Projektile, die Insassen schwer verletzen können.
Diese einfache Erkenntnis ist der Kern der Problematik: Jeder Gegenstand, der nicht fest fixiert ist, stellt ein Sicherheitsrisiko dar. Das gilt für den Wackeldackel genauso wie für die Einkaufstüte, das Notizbuch oder die Sonnenbrille. Die hintere Ablage ist in den meisten Pkw nicht dafür konzipiert, Gegenstände sicher zu halten, sondern dient primär als Abdeckung des Kofferraums und als Resonanzkörper für die Lautsprecher.
Rechtliche Grundlagen: Was sagt der Gesetzgeber zur Ladungssicherung?
In Deutschland regelt die Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) die Vorschriften zur Ladungssicherung. Der entscheidende Paragraph ist hierbei § 22 StVO „Ladung”. Dieser Paragraph ist eindeutig:
„Die Ladung einschließlich Geräte zur Ladungssicherung sowie Ladeeinrichtungen sind so zu verstauen und zu sichern, dass sie selbst bei einer Vollbremsung oder plötzlichen Ausweichbewegung nicht verrutschen, umfallen, hin- und herrollen, herabfallen oder vermeidbaren Lärm erzeugen können. Dabei sind die anerkannten Regeln der Technik zu beachten.“
Diese Formulierung lässt wenig Interpretationsspielraum. „Ladung“ ist dabei weit auszulegen und umfasst praktisch alles, was im Fahrzeug transportiert wird und nicht fest mit ihm verbunden ist. Ob es sich um einen einzelnen Bleistift oder einen ganzen Koffer handelt, spielt rechtlich keine Rolle: Alles muss so gesichert sein, dass es bei extremen Fahrmanövern nicht zur Gefahr wird.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Sichtbehinderung. Die hintere Ablage befindet sich direkt unter der Heckscheibe. Wenn Gegenstände dort platziert werden, können sie die Sicht nach hinten erheblich einschränken. Auch hierzu gibt es klare Regeln in der StVO, die eine ausreichende Sicht des Fahrzeugführers vorschreiben. Eine eingeschränkte Sicht kann nicht nur zu gefährlichen Situationen beim Rückwärtsfahren oder Spurwechsel führen, sondern wird ebenfalls geahndet.
Konsequenzen bei Nichteinhaltung
Die Missachtung dieser Vorschriften ist kein Kavaliersdelikt. Bei mangelhafter Ladungssicherung oder Sichtbehinderung können folgende Konsequenzen drohen:
- Bußgelder: Je nach Schwere des Verstoßes und ob eine Gefährdung oder Sachbeschädigung vorlag, können Bußgelder von 35 Euro bis zu 75 Euro plus Punkte in Flensburg verhängt werden.
- Punkte in Flensburg: Bei einer Gefährdung oder einem Unfall durch mangelnde Ladungssicherung drohen Punkte in Flensburg.
- Unfallfolgen: Im Falle eines Unfalls kann die mangelnde Ladungssicherung als Mitursache gewertet werden. Dies kann zu einer Teilschuld führen und den Versicherungsschutz erheblich beeinflussen. Versicherungen können Leistungen kürzen oder sogar ganz verweigern, wenn grobe Fahrlässigkeit festgestellt wird.
- Strafrechtliche Folgen: Kommt es durch ungesicherte Ladung zu Personenschäden, kann dies sogar strafrechtliche Konsequenzen wegen fahrlässiger Körperverletzung oder Tötung nach sich ziehen.
Es ist also nicht nur eine Frage der eigenen Sicherheit, sondern auch eine rechtliche Notwendigkeit, Gegenstände auf der hinteren Ablage korrekt zu behandeln.
Sicherheitsaspekte: Warum die hintere Ablage kein guter Lagerort ist
Die Risiken, die von ungesicherten Gegenständen auf der hinteren Ablage ausgehen, sind vielfältig und schwerwiegend. Hier sind die wichtigsten Punkte, die verdeutlichen, warum dieser Bereich des Autos als Stauraum problematisch ist:
1. Die Geschoss-Gefahr bei Notbremsung oder Unfall
Wie bereits beim Wackeldackel erwähnt, verwandeln sich lose Gegenstände bei plötzlichen Bremsmanövern oder Kollisionen in gefährliche Projektile. Die auf sie wirkenden Kräfte sind exponentiell zur Geschwindigkeit. Bei einem Aufprall mit 50 km/h kann ein Objekt sein Gewicht um das 30- bis 50-fache vervielfachen. Das bedeutet, ein Gegenstand von nur 1 Kilogramm kann die Wucht von 30 bis 50 Kilogramm entwickeln. Eine Wasserflasche, ein Regenschirm, ein Buch oder gar ein Laptop – all diese Gegenstände werden zu potenziell tödlichen Geschossen, die Kopf, Nacken und andere Körperteile der Insassen schwer verletzen können. Die Heckablage liegt zudem ideal positioniert, um solche Projektile direkt in den Kopf- oder Nackenbereich der vorderen Insassen zu schleudern.
2. Beeinträchtigung der Sicht
Die freie Sicht nach hinten ist essenziell für die Sicherheit. Gegenstände auf der Hutablage, selbst kleine, können das Sichtfeld durch die Heckscheibe einschränken. Das erschwert das Beobachten des nachfolgenden Verkehrs, den Blick in den Innenspiegel und das sichere Rückwärtsfahren. Besonders bei Fahrzeugen ohne Parksensoren oder Rückfahrkamera ist eine ungehinderte Sicht unerlässlich. Aber auch die Außenspiegel können die gesamte Situation nicht vollständig abbilden, weshalb der Blick durch die Heckscheibe unverzichtbar bleibt. Eine eingeschränkte Sicht erhöht das Unfallrisiko erheblich.
3. Ablenkung des Fahrers
Bewegliche Gegenstände auf der Hutablage können den Fahrer ablenken. Das ständige Wackeln eines Wackeldackels, das Glänzen einer CD-Hülle oder das Verrutschen eines Tuches kann die Aufmerksamkeit vom Verkehrsgeschehen abziehen. Selbst kleine, unbewusste Ablenkungen können in kritischen Situationen entscheidend sein und zu Fehlreaktionen führen.
4. Beschädigung des Fahrzeugs
Abgesehen von Personenschäden können lose Gegenstände auch das Fahrzeug selbst beschädigen. Kratzer an der Heckscheibe, Dellen an den Verkleidungen oder Beschädigungen an der Hutablage selbst sind nur einige der möglichen Folgen, wenn Objekte unkontrolliert durch den Innenraum fliegen.
Was darf *definitiv nicht* auf die hintere Ablage?
Basierend auf den genannten rechtlichen und sicherheitstechnischen Aspekten ist die Liste der Dinge, die nicht auf die hintere Ablage gehören, ziemlich lang. Im Grunde genommen sollte dort gar nichts lose platziert werden. Hier eine Auswahl von Gegenständen, die besonders problematisch sind:
- Schwere Gegenstände: Bücher, Laptops, Werkzeuge, Einkaufstaschen – alles, was Gewicht hat, wird im Falle eines Aufpralls zur tödlichen Gefahr.
- Scharfkantige Gegenstände: Regenschirme, Flaschen, Dosen, aber auch Spielzeug mit harten Kanten können bei einem Aufprall schwere Schnitt- oder Stichverletzungen verursachen.
- Lose Alltagsgegenstände: Sonnenbrillen, Taschentücher, Zeitungen, Kopfhörer, Handys – auch diese leichten Gegenstände können bei einem Aufprall oder einer Notbremsung zu Ablenkung oder Verklemmung von Steuerungselementen führen.
- Gegenstände, die die Sicht behindern: Größere Dekoartikel, Kleidung auf Kleiderbügeln, die über die Ablage ragen, oder eine Ansammlung kleinerer Gegenstände, die das Sichtfeld blockieren.
- Gegenstände, die reflektieren: CD-Hüllen, glänzende Dekoartikel oder verchromte Gegenstände können bei Sonneneinstrahlung blenden und so die Sicht des Fahrers zusätzlich beeinträchtigen.
Was ist mit dem Warndreieck und dem Verbandkasten?
Dies ist eine häufige Frage, da diese Gegenstände gesetzlich vorgeschrieben sind und oft „griffbereit“ sein sollen. Das Warndreieck und der Verbandkasten gehören in Deutschland zur vorgeschriebenen Ausstattung in jedem Pkw. Sie müssen im Falle einer Panne oder eines Unfalls schnell zugänglich sein.
Die gängige Praxis, das Warndreieck auf die hintere Ablage zu legen, um es schnell greifen zu können, ist jedoch höchst problematisch. Auch wenn es in einer Tasche oder Hülle steckt, ist es in den meisten Fällen nicht ausreichend gesichert. Bei einem Aufprall wird auch das Warndreieck zum Geschoss. Dasselbe gilt für den Verbandkasten.
Die sichere und empfohlene Lösung: Diese wichtigen Utensilien sollten fest im Kofferraum verstaut sein, idealerweise in den dafür vorgesehenen Fächern, Netzen oder mit Klettverschlüssen fixiert. Viele Fahrzeuge bieten spezielle Halterungen für Warndreieck und Verbandkasten, oft unter dem Kofferraumboden, an der Seitenverkleidung oder in einer Halterung an der Heckklappe. Auch unter dem Beifahrersitz oder in der seitlichen Fußraumverkleidung sind oft entsprechende Fächer zu finden, die einen schnellen Zugriff ermöglichen, ohne die Sicherheit zu gefährden.
Wenn keine andere Möglichkeit besteht und sie *unbedingt* im Fahrgastraum sein müssen, dann nur fest verzurrt oder mit einem Netz gesichert auf dem Rücksitz, nicht auf der Hutablage. Hier gilt: Zugänglichkeit ist wichtig, aber Sicherheit geht vor!
Kann man überhaupt etwas auf der hinteren Ablage deponieren?
Ganz ehrlich gesagt: Im Idealfall sollte die hintere Ablage leer bleiben. Wenn Sie dennoch etwas dort platzieren möchten, müssen die folgenden Kriterien zu 100% erfüllt sein:
- Der Gegenstand muss extrem leicht sein.
- Er darf absolut nicht verrutschen können – auch nicht bei Vollbremsung oder Ausweichmanöver.
- Er darf die Sicht in keiner Weise behindern oder reflektieren.
- Er darf keine Gefahr darstellen, selbst wenn er sich *doch* lösen sollte (z.B. ein Stück Stoff, das aber auch die Sicht nicht behindern darf).
In der Praxis bedeutet das, dass kaum ein Gegenstand diese Kriterien erfüllt. Selbst der kleine, fest geklebte Wackeldackel, der kaum Gewicht hat, kann bei einem Aufprall abreißen und unkontrolliert umherfliegen. Die Aufprallkräfte können Klebeverbindungen oder Saugnäpfe leicht lösen.
Wenn überhaupt, dann nur speziell für diesen Bereich konzipierte, sehr leichte und fest integrierte Lösungen, die vom Fahrzeughersteller zugelassen sind und keinerlei Spielraum für Bewegung lassen. Diese sind jedoch selten und sollten immer kritisch hinterfragt werden.
Die besten Alternativen: Wo gehört die Ladung hin?
Glücklicherweise gibt es zahlreiche sichere und effektive Alternativen zur hinteren Ablage, um Gegenstände im Auto zu verstauen:
- Der Kofferraum: Dies ist der primäre und sicherste Ort für die meisten Gegenstände. Nutzen Sie ihn!
- Ladenetze und Gepäckraumgitter: Im Kofferraum können Ladenetze und Gepäckraumgitter helfen, auch kleinere Gegenstände oder Einkäufe zu sichern. Ein Gepäckraumgitter, das den Fahrgastraum vom Kofferraum trennt, ist besonders bei größeren oder schweren Ladungen Gold wert, da es verhindert, dass Gegenstände in den Innenraum geschleudert werden.
- Verzurrgurte und Antirutschmatten: Für schwerere oder empfindliche Gegenstände im Kofferraum sind Verzurrgurte in Kombination mit Antirutschmatten unerlässlich, um ein Verrutschen zu verhindern.
- Ablagefächer im Innenraum: Für kleine persönliche Gegenstände wie Handy, Schlüssel oder Sonnenbrille sind die dafür vorgesehenen Ablagefächer in der Mittelkonsole, Handschuhfach oder Türtaschen die bessere Wahl.
- Rücksitzbank: Müssen größere Gegenstände im Fahrgastraum transportiert werden, sollten sie auf der Rücksitzbank platziert und wenn möglich mit den Sicherheitsgurten festgeschnallt werden. Auch hier können Antirutschmatten und Decken helfen, ein Verrutschen zu minimieren.
- Dachboxen: Für zusätzlichen Stauraum, insbesondere bei Reisen, bieten Dachboxen eine sichere und effektive Lösung.
Fazit: Sicherheit geht vor – die hintere Ablage bleibt am besten leer
Die Gewohnheit, die hintere Ablage als bequemen Stauraum zu nutzen, ist tief verwurzelt, doch die Risiken sind zu groß, um sie zu ignorieren. Von der kleinen Gefahr durch den geliebten Wackeldackel bis zur potenziell tödlichen Wucht eines Warndreiecks oder einer Wasserflasche: ungesicherte Ladung auf der Hutablage ist eine tickende Zeitbombe.
Der Gesetzgeber ist hier eindeutig: Alles, was nicht fest gesichert ist und zur Gefahr werden könnte oder die Sicht behindert, ist unzulässig. Die Konsequenzen reichen von Bußgeldern und Punkten bis hin zum Verlust des Versicherungsschutzes und strafrechtlichen Verfolgungen im Falle von Unfällen und Personenschäden.
Machen Sie Ihre hintere Ablage zu einer sicherheitsrelevanten „No-Go-Zone” für lose Gegenstände. Nutzen Sie stattdessen den Kofferraum und die dafür vorgesehenen Sicherungsmöglichkeiten. Investieren Sie in Ladenetze, Antirutschmatten und Gurte. Die paar Sekunden, die Sie für die ordnungsgemäße Ladungssicherung investieren, können im Ernstfall Leben retten – Ihr eigenes und das Ihrer Mitfahrer.
Bleiben Sie aufmerksam, fahren Sie sicher und halten Sie Ihr Fahrzeug so, dass es Ihnen und anderen zu jedem Zeitpunkt maximalen Schutz bietet. Denn die Sicherheit im Straßenverkehr beginnt schon bei den kleinen Dingen im Innenraum.