Wer kennt das nicht? Ein schneller Griff zur Tasche, der kurze Schockmoment, wenn der Führerschein nicht am gewohnten Platz ist, gefolgt von der Erleichterung, ihn doch noch zu finden. Oder aber der Frust, wenn man mal wieder vergessen hat, ihn aus der Geldbörse des Vortages zu nehmen. Aus diesem Dilemma heraus entsteht bei vielen die scheinbar geniale Idee: „Warum lasse ich meinen Führerschein nicht einfach für immer im Auto? Dann habe ich ihn immer dabei, wenn ich ihn brauche!“ Eine so simple Lösung, die doch so verlockend klingt. Doch was auf den ersten Blick nach purer Bequemlichkeit aussieht, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als ein gigantisches Risiko mit potenziell verheerenden Folgen. Dieser Artikel beleuchtet umfassend, warum du diese Gewohnheit dringend ändern solltest und welche Gefahren wirklich lauern.
Das Bequemlichkeits-Paradoxon: Warum wir dazu neigen
Die Versuchung ist groß: Warum sollte man den Führerschein ständig mit sich herumtragen, wenn er doch sowieso nur im Auto gebraucht wird? Für viele ist die Ablage im Handschuhfach, der Mittelkonsole oder in einem Seitenfach des Fahrzeugs eine logische Konsequenz aus dem Wunsch nach Effizienz. Man erspart sich das Umpacken zwischen verschiedenen Taschen, das Suchen am Morgen und hat immer die Gewissheit: Er ist da. Dieses Gefühl der Sicherheit, dass das wichtige Dokument jederzeit griffbereit ist, wenn die Polizei eine Kontrolle durchführt oder man spontan ein Mietwagen benötigt, ist trügerisch. Es schafft eine falsche Behaglichkeit, die das Risiko, das man damit eingeht, vollkommen in den Hintergrund rückt.
Rechtliche Konsequenzen: Mehr als nur ein Bußgeld
Zunächst zu den offensichtlichsten Aspekten: den rechtlichen Folgen. In Deutschland ist jeder Fahrzeugführer gesetzlich dazu verpflichtet, seinen Führerschein während der Fahrt mitzuführen und auf Verlangen vorzuzeigen (§ 4 Abs. 2 S. 1 Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV). Wer dieser Pflicht nicht nachkommt, begeht eine Ordnungswidrigkeit, die in der Regel mit einem Verwarngeld von 10 Euro geahndet wird. Dies mag zwar überschaubar erscheinen, ist aber nur die Spitze des Eisbergs.
Was passiert jedoch, wenn dein Auto aufgebrochen wird oder gar gestohlen wird – und dein Führerschein ist darin? Dann stehst du nicht nur ohne Fahrzeug da, sondern auch ohne das wichtigste Dokument, das deine Fahrberechtigung nachweist. Das bedeutet, du kannst bis zur Ausstellung eines Ersatzdokuments kein Fahrzeug führen, ohne erneut eine Ordnungswidrigkeit zu begehen oder im Falle eines Unfalls sogar versicherungsrechtliche Probleme zu bekommen. Die Beantragung eines neuen Führerscheins ist zeitaufwendig, kostet Gebühren und erfordert oft das Vorlegen weiterer Identifikationsdokumente. Die Unannehmlichkeiten sind hier bereits deutlich größer als das anfängliche „Plus“ an Bequemlichkeit.
Identitätsdiebstahl – Eine unterschätzte Gefahr für deine Existenz
Hier kommen wir zum wohl gravierendsten Risiko: dem Identitätsdiebstahl. Dein Führerschein ist weit mehr als nur ein Stück Plastik, das deine Fahrberechtigung beweist. Er ist ein zentrales Dokument für deine Identität. Er enthält deinen vollständigen Namen, dein Geburtsdatum, dein Geburtsort, deine Adresse und oft sogar ein Foto von dir. Diese Informationen sind für Kriminelle Gold wert. Wenn dein Führerschein aus deinem unbewachten Auto gestohlen wird, haben die Diebe damit ein nahezu perfektes Werkzeug in der Hand, um in deinem Namen zu handeln.
Was können Kriminelle mit deinem gestohlenen Führerschein anstellen? Die Liste ist lang und beängstigend:
- Kontoeröffnung und Kreditaufnahme: Mit deinen Daten und einem gefälschten Dokument können Betrüger Bankkonten eröffnen, Kredite aufnehmen oder Handyverträge abschließen, alles auf deinen Namen. Die Rechnungen und Mahnungen landen dann bei dir, während die Täter längst über alle Berge sind.
- Warenbestellung und Betrug: Online-Bestellungen auf Rechnung, Mietwagenbuchungen, das Anmieten von Wohnungen oder sogar die Begehung von Straftaten – all das kann unter deiner Identität geschehen. Du bist derjenige, der die unangenehmen Folgen zu tragen hat, der sich bei Behörden und Gläubigern rechtfertigen muss.
- Verkehrsdelikte: Ein gestohlener Führerschein kann auch dazu genutzt werden, um Verkehrsdelikte zu begehen. Stell dir vor, jemand wird mit deinem Führerschein bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung erwischt und die Punkte oder Bußgelder landen bei dir. Die Beweisführung, dass du es nicht warst, kann langwierig und kompliziert sein.
Der Aufwand, der betrieben werden muss, um einen Identitätsdiebstahl aufzuklären und den eigenen Namen reinzuwaschen, ist immens. Er kann Monate oder sogar Jahre dauern, erfordert zahlreiche Behördengänge, Korrespondenz mit Banken und Anwälten und ist eine enorme psychische Belastung. Die finanziellen Schäden können erheblich sein, ganz abgesehen vom Schaden an der eigenen Kreditwürdigkeit.
Versicherungsprobleme und Haftung im Schadensfall
Auch im Falle eines Unfalls kann ein fehlender oder gestohlener Führerschein zu erheblichen Problemen führen. Normalerweise ist die Vorlage des Dokuments unproblematisch. Doch wenn der Führerschein nach einem Diebstahl nicht vorzeigbar ist oder im gestohlenen Fahrzeug war, kann dies zu Verzögerungen bei der Schadensregulierung oder sogar zu Schwierigkeiten mit der Versicherung führen. Zwar wird die Fahrberechtigung nicht aufgehoben, nur weil das Dokument physisch nicht vorhanden ist, aber der Nachweis kann sich verkomplizieren.
Ein noch ernsteres Szenario: Dein Auto wird gestohlen, und der Dieb, der nun deinen Führerschein besitzt, verursacht einen Unfall. Es könnte Argumente geben, dass du eine Mitschuld an der potenziellen Nutzung deines Fahrzeugs und deiner Dokumente hast, indem du den Führerschein im Fahrzeug gelassen hast. Zwar ist das rechtlich komplex, aber es ist ein unnötiges Risiko, das man vermeiden sollte. Versicherungen könnten Fragen stellen, warum ein so wichtiges Dokument im ungesicherten Fahrzeug aufbewahrt wurde, was im schlimmsten Fall zu Problemen bei der Kostenübernahme führen könnte.
Praktische Nachteile im Alltag: Mehr als nur Fahren
Dein Führerschein ist nicht nur ein Dokument, das du zum Fahren benötigst. Er dient auch häufig als offizieller Identitätsnachweis in vielen anderen Situationen. Stell dir vor, du möchtest:
- Ein Fahrzeug mieten: Egal ob Auto, Roller oder Wohnmobil – ohne physischen Führerschein geht das nicht.
- Deine Identität bestätigen: Bei Postfilialen, Banken, Ämtern oder manchmal sogar bei Hotel-Check-ins.
- Ein Altersnachweis: Im Supermarkt beim Kauf von Alkohol oder Zigaretten, in Bars oder Clubs.
- Reisen: Bei manchen Bahnfahrten oder Inlandsflügen kann der Führerschein als Identifikation verlangt werden, wenn du keinen Personalausweis dabei hast.
In all diesen Situationen stehst du ohne deinen Führerschein im Auto vor einem Problem. Die vermeintliche Bequemlichkeit verwandelt sich schnell in pure Unannehmlichkeiten und Einschränkungen deiner Flexibilität. Du bist abhängig von deinem Fahrzeug, um auf dein wichtiges Dokument zugreifen zu können, was in vielen Alltagssituationen einfach unpraktisch ist.
Sichere Alternativen: Das kleine Umdenken, das Großes bewirkt
Die Lösung für all diese potenziellen Probleme ist so einfach wie effektiv: Trage deinen Führerschein immer bei dir, so wie du es mit deinem Personalausweis oder deiner Bankkarte tun solltest. Dein Portemonnaie oder deine Handtasche sind die sichersten und vorgesehenen Orte dafür.
- Im Portemonnaie: Dies ist der klassische und sicherste Ort. Dein Portemonnaie hast du fast immer bei dir, und es ist in der Regel nah an deinem Körper, wo du es am besten schützen kannst.
- In einer sicheren Tasche: Wenn du kein Portemonnaie nutzt, bewahre den Führerschein in einem separaten, gut zugänglichen und sicheren Fach deiner Handtasche oder deines Rucksacks auf, den du immer bei dir trägst.
- Zu Hause sicher aufbewahren: Wenn du dein Auto nicht nutzt und den Führerschein nicht benötigst (z.B. im Urlaub ohne Fahrzeug), bewahre ihn an einem sicheren Ort zu Hause auf, fern von unbefugtem Zugriff.
Manche Länder experimentieren zwar mit digitalen Führerscheinen auf dem Smartphone, doch diese sind in Deutschland und vielen anderen Regionen noch nicht als alleiniger und vollwertiger Ersatz für das physische Dokument anerkannt. Verlasse dich also nicht auf solche Apps, solange die Gesetzgebung dies nicht eindeutig vorsieht.
Fazit: Eine kleine Gewohnheitsänderung mit großer Wirkung
Die Idee, den Führerschein für immer im Auto zu lassen, mag auf den ersten Blick eine brillante Lösung für ein kleines Alltagsärgernis sein. Doch die Liste der Nachteile und Gefahren, die damit einhergehen, ist lang und schwerwiegend. Von geringfügigen Bußgeldern über enorme Unannehmlichkeiten im Alltag bis hin zum verheerenden Identitätsdiebstahl – die potenziellen Risiken überwiegen die vermeintliche Bequemlichkeit bei Weitem.
Dein Führerschein ist ein wichtiges Dokument, das deine Identität schützt und dir erst das Privileg ermöglicht, am Straßenverkehr teilzunehmen. Behandle ihn mit der entsprechenden Sorgfalt und Verantwortung. Eine kleine Gewohnheitsänderung – nämlich das bewusste Mitführen des Dokuments am Körper – kann dich vor einem Berg von Ärger, Bürokratie und finanziellen Schäden bewahren. Das kleine Stück Plastik in deinem Portemonnaie mag eine winzige Last sein, aber die potenzielle Last, die es dir erspart, ist gigantisch. Triff die kluge Entscheidung: Dein Führerschein gehört immer in deine Tasche, nicht dauerhaft ins Auto.