Die Welt der deutschen Kennzeichen ist geprägt von klaren Regeln, die eine schnelle und eindeutige Identifizierung von Fahrzeugen ermöglichen sollen. Doch immer wieder tauchen Gerüchte oder Fragen auf, die das System auf den Kopf zu stellen scheinen. Eine solche Frage, die in den letzten Monaten vermehrt für Gesprächsstoff sorgt, betrifft die Möglichkeit, das Kürzel „HH” – bekannt als das offizielle Kreiskürzel der Hansestadt Hamburg – nicht am Anfang, sondern an zweiter Stelle eines Nummernschilds zu führen. Ist dies eine stille Revolution im deutschen Straßenverkehr oder lediglich ein hartnäckiger Mythos? Tauchen wir ein in die Tiefen der Fahrzeug-Zulassungsverordnung, um dieser spannenden Frage auf den Grund zu gehen.
Die Faszination des Individuellen: Woher kommt die Frage nach „HH” an zweiter Stelle?
Bevor wir uns der rechtlichen Lage widmen, lohnt es sich, die Ursprünge dieser Frage zu beleuchten. Menschen wünschen sich oft Individualität und Personalisierung, auch bei ihrem Fahrzeug. Ein Wunschkennzeichen, das Initialen, ein wichtiges Datum oder eine bestimmte Buchstabenkombination enthält, ist daher sehr beliebt. Die Idee, ein „HH” an zweiter Stelle zu führen – beispielsweise auf einem Kennzeichen wie „B-HH 123” für ein in Berlin zugelassenes Fahrzeug – könnte aus dem Wunsch heraus entstehen, eine Verbindung zu Hamburg auszudrücken, ohne das Fahrzeug dort zulassen zu müssen. Vielleicht assoziieren einige das Kürzel auch mit „Hanseatisch Hehr” oder ähnlichen individuellen Bedeutungen, die über die reine Herkunftsbezeichnung hinausgehen. Die Neugier, ob solch eine ungewöhnliche Kombination rechtlich durchsetzbar ist, ist also nachvollziehbar, wenn auch meist auf einer falschen Annahme über die Flexibilität des Systems basierend.
Das deutsche Kennzeichensystem: Aufbau und Logik
Um die Frage zu beantworten, müssen wir zunächst das grundlegende System deutscher Nummernschilder verstehen. Jedes deutsche Kennzeichen folgt einer strengen Struktur, die in der Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV) und ihren Anlagen festgelegt ist. Ein typisches Kennzeichen gliedert sich wie folgt:
- Das Unterscheidungszeichen (Kreiskürzel): Dies ist der erste Teil des Kennzeichens und besteht aus einem bis drei Buchstaben. Es bezeichnet den Verwaltungsbezirk (Stadt oder Landkreis), in dem das Fahrzeug zugelassen ist. Beispiele hierfür sind „B” für Berlin, „M” für München oder eben „HH” für Hamburg. Dieses Kürzel ist der entscheidende Identifikator für die Herkunft des Fahrzeugs und somit für die zuständige Zulassungsstelle.
- Die Erkennungsnummer: Dieser Teil folgt auf das Unterscheidungszeichen und besteht aus weiteren Buchstaben und Zahlen.
- Die Unterscheidungsbuchstaben: In der Regel ein oder zwei Buchstaben, die vom Fahrzeughalter im Rahmen der Verfügbarkeit gewählt werden können (Stichwort Wunschkennzeichen).
- Die Zahlenkombination: Eine Folge von bis zu vier Ziffern.
Die gesamte Kombination aus Unterscheidungszeichen und Erkennungsnummer muss eindeutig sein und darf innerhalb des Zulassungsbezirks nicht doppelt vergeben werden. Diese Systematik gewährleistet nicht nur die Identifizierbarkeit, sondern auch die klare Zuordnung der Verantwortung im Straßenverkehr.
„HH” an zweiter Stelle: Der Mythos im Realitäts-Check
Kommen wir nun zum Kern der Frage: Sind Kennzeichen mit „HH” an zweiter Stelle, also als Teil der Unterscheidungsbuchstaben nach dem initialen Kreiskürzel, in Deutschland erlaubt? Die kurze und klare Antwort lautet: Nein, das ist nicht der Fall.
Die Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV) ist hier eindeutig. Das Unterscheidungszeichen – also das Kreiskürzel am Anfang – ist fest an den Zulassungsbezirk gebunden. „HH” steht exklusiv für Hamburg. Es ist undenkbar, dass ein Fahrzeug, das beispielsweise in Berlin (Unterscheidungszeichen „B”) zugelassen ist, die Buchstabenkombination „HH” als Teil seiner Erkennungsnummer tragen dürfte. Dies würde dem gesamten System der geografischen Zuordnung fundamental widersprechen und zu erheblicher Verwirrung führen.
Stellen Sie sich vor, ein Polizeibeamter oder eine Mautstation müsste auf den ersten Blick erkennen, wo ein Fahrzeug zugelassen ist. Ein Kennzeichen „B-HH 123” würde intuitiv als Hamburger Kennzeichen fehlinterpretiert werden. Die FZV wurde gerade geschaffen, um solche Mehrdeutigkeiten zu vermeiden und eine schnelle, fehlerfreie Identifikation zu ermöglichen. Die Unterscheidungsbuchstaben dienen lediglich der Individualisierung innerhalb des Zulassungsbezirks und dürfen keine geografische Herkunftsbezeichnung eines anderen Bezirks imitieren oder gar direkt übernehmen.
Warum die Verwirrung so hartnäckig ist: Keine „Revolution” in Sicht
Der Gedanke an eine „Revolution auf dem Nummernschild” ist verlockend, aber in diesem spezifischen Punkt nicht zutreffend. Woher rührt die Hartnäckigkeit dieses Gerüchts? Es gibt einige Faktoren, die dazu beitragen könnten:
- Verwechslung mit der Wiedereinführung alter Kennzeichen: Vor einigen Jahren wurde es wieder möglich, bestimmte alte, vor der Gebietsreform von 1972 abgeschaffte Kreiskürzel zu verwenden (z.B. „MON” für Monschau). Dies führte zu einer erhöhten Flexibilität bei der Auswahl des Unterscheidungszeichens, jedoch immer nur innerhalb des jeweiligen Landkreises oder einer zugehörigen Stadt, die die Wiedereinführung beantragt hat. Ein Fahrzeug, das beispielsweise im heutigen Kreis Düren zugelassen ist, kann „DN” oder „JÜL” (für Jülich) tragen, aber niemals „AC” (für Aachen). Diese Liberalisierung betrifft also die ersten Buchstaben des Kennzeichens, nicht die nachfolgenden Buchstaben.
- Wunsch nach mehr Personalisierung: Der Wunsch, bestimmte Buchstabenkombinationen zu führen, ist groß. Wenn eine bevorzugte Kombination im eigenen Zulassungsbezirk nicht verfügbar ist oder eine spezielle Bedeutung hat (wie „HH”), suchen Menschen nach Wegen, diese doch noch zu realisieren.
- Unkenntnis der genauen Rechtslage: Viele Menschen kennen die Feinheiten der FZV nicht und gehen von einer größeren Flexibilität aus, als sie tatsächlich besteht. Die Annahme, dass nach dem initialen Kreiskürzel fast alles erlaubt sei, ist weit verbreitet, aber falsch. Bestimmte Buchstabenkombinationen (wie SA, SS, KZ, NS, HJ) sind ohnehin verboten, da sie politisch inkorrekt sind oder an verbotene Organisationen erinnern.
Die Rolle der Zulassungsstellen und die Durchsetzung der Regeln
Die Zulassungsstellen in Deutschland sind die Hüter der Kennzeichenregeln. Sie sind dafür verantwortlich, die Bestimmungen der FZV und ihrer Ausführungsbestimmungen umzusetzen. Bei der Beantragung eines Wunschkennzeichens prüft die Zulassungsstelle nicht nur die Verfügbarkeit der gewünschten Kombination, sondern auch deren Konformität mit allen gesetzlichen Vorgaben. Ein Antrag für ein Kennzeichen wie „B-HH 123” würde daher umgehend abgelehnt werden, da es gegen das Prinzip der eindeutigen Kennzeichnung verstößt, dass das Kreiskürzel einzigartig dem Zulassungsbezirk zugeordnet ist.
Die Mitarbeiter der Zulassungsstellen sind geschult, solche Anträge zu erkennen und die Antragsteller über die Gründe der Ablehnung aufzuklären. Es gibt hier keinen Ermessensspielraum, da es sich um eine klare gesetzliche Vorgabe handelt, die die Integrität des gesamten Kennzeichensystems sichert.
Was ist stattdessen möglich? Legale Wege zur Individualisierung
Auch wenn die „HH”-Revolution ausbleibt, gibt es zahlreiche legale Wege, sein Nummernschild zu personalisieren und dem Wunsch nach Individualität nachzukommen:
- Wunschkennzeichen: Die gängigste Methode ist die Beantragung eines Wunschkennzeichens, bei dem man die Unterscheidungsbuchstaben und die Ziffern frei wählen kann, sofern sie verfügbar sind und keine verbotenen Kombinationen darstellen. Viele Zulassungsstellen bieten hierfür Online-Reservierungssysteme an.
- Kurzzeitkennzeichen oder Saisonkennzeichen: Diese speziellen Kennzeichenarten bieten zwar keine zusätzliche Personalisierung, ermöglichen aber eine flexible Nutzung des Fahrzeugs, ohne die ganzjährige Zulassungspflicht.
- Oldtimer-Kennzeichen (H-Kennzeichen) und E-Kennzeichen: Diese sind zwar nicht in erster Linie personalisierbar, zeigen aber eine besondere Eigenschaft des Fahrzeugs an (Historie oder Elektroantrieb) und können somit auch ein gewisses Statement sein.
- Ummeldung des Wohnsitzes: Die einzig legitime Möglichkeit, ein Kennzeichen mit „HH” als Kreiskürzel zu führen, ist die Zulassung des Fahrzeugs in Hamburg. Dies erfordert jedoch, dass der Fahrzeughalter seinen Hauptwohnsitz oder Firmensitz auch in Hamburg hat. Eine Scheinwohnsitznahme ausschließlich zum Zweck des Kennzeichens ist nicht erlaubt und kann rechtliche Konsequenzen haben.
Fazit: Keine „HH”-Revolution, sondern bewährte Ordnung
Zusammenfassend lässt sich festhalten: Die Annahme, dass Kennzeichen mit „HH” an zweiter Stelle in Deutschland erlaubt seien, ist ein Mythos. Das deutsche Kennzeichensystem ist auf Eindeutigkeit und klare geografische Zuordnung ausgelegt. Das Kreiskürzel am Anfang des Nummernschilds ist untrennbar mit dem Zulassungsbezirk verbunden, und ein solches Kürzel eines anderen Bezirks darf nicht als Teil der nachfolgenden Erkennungsnummer geführt werden. Dies gilt nicht nur für „HH”, sondern für alle Unterscheidungszeichen.
Die „Revolution auf dem Nummernschild” findet eher in kleineren Schritten statt, etwa durch die Wiedereinführung alter Kennzeichen oder die verstärkte Nachfrage nach Wunschkennzeichen, die im Rahmen der bestehenden Regeln möglich sind. Die grundlegende Systematik, die eine schnelle und unmissverständliche Identifikation eines Fahrzeugs und seines Herkunftsortes ermöglicht, bleibt jedoch unangetastet. Und das ist auch gut so, denn sie trägt wesentlich zur Sicherheit und Ordnung im deutschen Straßenverkehr bei. Wer also eine besondere Verbindung zu Hamburg zum Ausdruck bringen möchte, muss dies entweder über die Wahl seines Wohnsitzes tun oder kreative Wege finden, die nicht die Integrität des Kennzeichensystems untergraben.
Bei Fragen zu spezifischen Wunschkennzeichen-Optionen oder zur Auslegung der FZV ist die lokale Zulassungsstelle stets die erste und verlässlichste Anlaufstelle. Dort erhalten Sie präzise Informationen über die für Ihren Bezirk geltenden Regeln und Möglichkeiten der Personalisierung Ihres Nummernschilds.