In einer Welt, in der die Autohersteller sich oft in einem Wettrennen um die höchsten PS-Zahlen, die schnellsten Beschleunigungszeiten und die beeindruckendsten Spitzengeschwindigkeiten befinden, vergessen wir manchmal die andere Seite des Spektrums: die PS-Zwerge. Diese Fahrzeuge wurden nicht gebaut, um Rekorde aufzustellen oder Herzen mit roher Kraft zu erobern. Ihr Charme liegt in ihrer Einfachheit, ihrer Effizienz und oft auch in ihrer schieren Einzigartigkeit. Doch welches unter ihnen ist das schwächste Auto aller Zeiten, wenn es um die reine Leistung geht?
Die Frage nach dem schwächsten Auto ist nicht so einfach zu beantworten, wie es scheint. Es erfordert eine tiefgehende Betrachtung der Automobilgeschichte, der technischen Entwicklung und sogar eine Definition dessen, was wir unter einem „Auto” verstehen. Geht es um den absoluten PS-Wert eines Prototyps, der nie in Serie ging? Oder um das schwächste Serienfahrzeug, das jemals die Werkshallen verlassen hat? Tauchen wir ein in die faszinierende Welt der automobilen Minimalisten.
Die Geburt des Automobils: Wo alles begann
Um die Frage nach dem schwächsten Auto zu beantworten, müssen wir ganz am Anfang beginnen – bei der Geburtsstunde des Automobils. Der erste funktionierende Verbrennungsmotor-Wagen, der Benz Patent-Motorwagen von Carl Benz aus dem Jahr 1886, ist ein natürlicher Ausgangspunkt. Mit seinen bescheidenen 0,75 PS (genauer gesagt 0,55 kW) aus einem liegenden Einzylinder-Viertaktmotor, der einen Hubraum von 954 cm³ hatte, war dieses dreirädrige Gefährt revolutionär, aber alles andere als leistungsstark nach heutigen Maßstäben. Seine Höchstgeschwindigkeit betrug etwa 16 km/h. Ohne den Benz Patent-Motorwagen gäbe es keine moderne Automobilindustrie, und doch war er im Grunde der ultimative PS-Zwerg. Allerdings war er kein Serienfahrzeug im heutigen Sinne, sondern ein Pionier und Prototyp.
Die frühen Jahre der Automobilentwicklung waren geprägt von niedrigen PS-Zahlen. Fahrzeuge wie der Ford Model T (ab 1908) kamen mit etwa 20 PS auf den Markt, was zu seiner Zeit eine beachtliche Leistung für die Massen war. Doch die Suche nach dem absoluten Minimalisten führt uns oft in die Zeit nach den Weltkriegen, als Mobilität kostengünstig und sparsam sein musste.
Nachkriegszeit und die Ära der Kleinwagen: Not macht erfinderisch
Die Mitte des 20. Jahrhunderts brachte eine Flut von Klein- und Kleinstwagen hervor, die oft mit Motorradmotoren oder stark vereinfachten Aggregaten angetrieben wurden. Der Bedarf an erschwinglichen Transportmitteln in wirtschaftlich angespannten Zeiten war immens. Hier finden wir einige der stärksten Kandidaten für den Titel des schwächsten Serienautos.
Der Fiat 500 „Topolino” und sein Erbe
Der ursprüngliche Fiat 500 „Topolino” (1936-1955) war mit 13 PS ebenfalls ein Vorreiter in Sachen Kompaktheit und Sparsamkeit. Sein Nachfolger, der „Nuova 500” von 1957, startete mit ähnlichen Werten. Der 479 cm³ große Zweizylinder-Motor des ersten Nuova 500 lieferte ebenfalls nur 13 PS. Spätere Modelle steigerten die Leistung geringfügig, doch die Philosophie blieb die eines effizienten Stadtflitzers mit minimaler Leistung.
Die Ente, der Käfer und ihre Verwandten: Pragmatismus auf Rädern
Der Citroën 2CV, liebevoll „Ente” genannt, ist ein Paradebeispiel für ein Fahrzeug, das für die breite Masse konzipiert wurde – robust, sparsam und einfach zu reparieren. Als er 1948 vorgestellt wurde, leistete sein luftgekühlter Zweizylinder-Boxermotor gerade einmal 9 PS aus 375 cm³ Hubraum. Später wurde die Leistung auf bis zu 29 PS gesteigert, aber die frühen Modelle waren wahre PS-Zwerge. Die Ente war so konzipiert, dass sie einen Korb voll Eier über ein frisch gepflügtes Feld transportieren konnte, ohne dass diese zerbrachen – eine Anforderung, die keine große Leistung, sondern eine extrem weiche Federung und Zuverlässigkeit erforderte.
Auch der Volkswagen Käfer, obwohl später viel leistungsstärker, begann 1938 mit etwa 25 PS, was für seine Zeit und sein Gewicht eher am unteren Ende der Skala lag. Doch der wahre Fokus lag auf der Praktikabilität, nicht auf der Brachialgewalt.
Die Bubble Cars: Minimalismus extrem
Die 1950er Jahre sahen auch den Aufstieg der „Bubble Cars” – winzige, oft tropfenförmige Fahrzeuge, die noch radikaler im Design waren. Die bekannteste von ihnen ist die BMW Isetta (ab 1955), die von der italienischen Iso Rivolta Lizenz gefertigt wurde. Ihre ersten Modelle, angetrieben von einem Einzylinder-Motorradmotor, leisteten 12 PS aus 250 cm³. Spätere Versionen kamen auf 13 PS (298 cm³). Mit ihrer einzigen Fronttür und der minimalistischen Bauweise war die Isetta ein Symbol für sparsame Mobilität. Ähnliche Fahrzeuge wie der Goggomobil (13-20 PS) oder das Fuldamobil (9,5-10,2 PS) fielen in dieselbe Kategorie des extremen Minimalismus.
Der Trabant: Leistung als Notwendigkeit
Der Trabant, oft als Symbol für die DDR-Automobilproduktion zitiert, begann 1957 mit einem Zweitaktmotor, der 18 PS lieferte. Spätere Modelle erreichten bis zu 26 PS. Obwohl der Trabant in puncto Leistung oft belächelt wird, war er im Vergleich zu einigen der oben genannten Fahrzeuge nicht der absolute Leistungstiefpunkt. Seine Wahrnehmung als „schwach” rührt oft von seinem geringen Hubraum (500-600 cm³), dem Zweitaktmotor mit seinem charakteristischen Klang und der begrenzten Beschleunigung im modernen Straßenverkehr her.
Der ultimative PS-Zwerg: Der Peel P50
Doch es gibt ein Fahrzeug, das alle bisherigen Kandidaten in den Schatten stellt, wenn es um die absolute Leistungsschwäche bei gleichzeitigem Status als „Serienfahrzeug” geht: der Peel P50. Dieser dreirädrige Mikro-Zwerg, gebaut von der Peel Engineering Company auf der Isle of Man zwischen 1962 und 1965, ist der Inbegriff des Minimalismus.
Der Peel P50 hält den Guinness-Weltrekord als das kleinste Serienautomobil der Welt. Und seine Leistung? Sein Einzylinder-Zweitaktmotor, ein 49-cm³-DKW-Aggregat, generierte lächerliche 3,5 PS (2,6 kW). Mit einem Gewicht von nur 59 kg und einer Länge von 134 cm war dieses Fahrzeug kaum mehr als ein motorisierter Roller mit einer Karosserie. Es gab keine Rückwärtsgang – stattdessen hob der Fahrer das Heck des Wagens an einem speziellen Griff an und zog es manuell zurück.
Der P50 war als Ein-Personen-Fahrzeug für den Stadtverkehr konzipiert. Sein Slogan „Fast so günstig wie zu Fuß gehen” bringt seine Philosophie auf den Punkt. Obwohl nur etwa 50 Einheiten in der Originalzeit gebaut wurden (und heute moderne Repliken existieren), qualifiziert ihn seine Serienproduktion und Verkauf als echtes „Auto” in der Definition der meisten Menschen.
Die Definition von „Auto” und „Leistung”: Eine Differenzierung
An dieser Stelle müssen wir unsere Kriterien schärfen. Wenn wir von „Auto” sprechen, meinen wir in der Regel ein mehrspuriges Fahrzeug mit vier Rädern, das für den Transport von Personen oder Gütern konzipiert ist. Der Peel P50 mit seinen drei Rädern und seiner extremen Kleinheit verschiebt die Grenzen dieser Definition. Dennoch wird er allgemein als „Auto” anerkannt, wenn auch als „Mikroauto”.
Die „Leistung” wird hier in PS gemessen. Man könnte argumentieren, dass das Leistungsgewicht entscheidender ist. Doch selbst hier wäre der Peel P50 mit 3,5 PS bei 59 kg (was etwa 0,059 PS/kg entspricht) im Vergleich zu einem Benz Patent-Motorwagen mit 0,75 PS bei 260 kg (ca. 0,0028 PS/kg) in absoluten Zahlen immer noch überlegen. Aber der Benz war auch der Erste, ein Experiment, kein für den Verkauf bestimmtes Serienfahrzeug.
Fazit: Wer ist der schwächste PS-Zwerg?
Die Antwort auf die Frage nach dem schwächsten Auto aller Zeiten hängt von der Definition ab:
- Wenn wir das absolut erste, funktionierende Automobil überhaupt betrachten, das jemals das Licht der Welt erblickte, dann ist der Benz Patent-Motorwagen mit 0,75 PS unangefochten der Leistungstiefpunkt. Er war die Wiege des Automobils, ein Meisterwerk seiner Zeit, aber in Sachen reiner Leistung unübertroffen schwach.
- Wenn wir jedoch von einem Serienfahrzeug sprechen, das für den Verkauf an die Öffentlichkeit bestimmt war, und die Kriterien für ein „Auto” etwas erweitern, um auch dreirädrige Mikrofahrzeuge einzuschließen, dann ist der Peel P50 mit sensationellen 3,5 PS der unbestrittene Sieger im Wettbewerb um die geringste Leistung. Sein puristischer Ansatz und seine extreme Kompaktheit machten ihn zu einem einzigartigen Phänomen der Automobilgeschichte.
Der Reiz dieser historischen Fahrzeuge und Oldtimer liegt nicht in ihrer Geschwindigkeit, sondern in ihrer Geschichte, ihrer Ingenieurskunst und ihrer Fähigkeit, mit minimalsten Mitteln maximale Wirkung zu erzielen – sei es als revolutionärer Prototyp oder als skurriles Kleinserienfahrzeug. Die PS-Zwerge erinnern uns daran, dass Leistung nicht alles ist und dass die Faszination des Automobils viele Facetten hat, auch die der zarten Motorisierung.
Ob Benz Patent-Motorwagen, Peel P50, Citroën 2CV oder BMW Isetta – sie alle sind auf ihre Weise ikonisch und erzählen eine Geschichte von Pragmatismus, Innovation und dem ewigen Wunsch nach individueller Mobilität, egal wie gering die Leistung auch sein mag. Sie verdienen unseren Respekt und unsere Bewunderung, nicht trotz, sondern gerade wegen ihrer bescheidenen Pferdestärken.