Der Kauf eines Gebrauchtwagens ist Vertrauenssache. Niemand möchte die Katze im Sack kaufen und später feststellen, dass der vermeintliche Traumwagen eine unschöne Vergangenheit hat. Eine der häufigsten Fragen, die sich Käufer stellen, ist: Wurde das Fahrzeug nachlackiert? Eine Nachlackierung muss nicht zwangsläufig schlecht sein, kann aber auf einen Unfall oder größere Beschädigungen hindeuten. Wir zeigen Dir, wie Du mit einfachen Tricks und professionellen Methoden selbst zum Experten wirst und Nachlackierungen erkennst – ganz ohne teures Equipment.
Warum ist es wichtig, Nachlackierungen zu erkennen?
Es gibt mehrere Gründe, warum es für Dich als Gebrauchtwagenkäufer wichtig ist, zu erkennen, ob ein Fahrzeug nachlackiert wurde:
- Unfallschäden: Eine Nachlackierung kann ein Hinweis auf einen Unfallschaden sein. Auch wenn der Schaden fachgerecht repariert wurde, kann er den Wert des Fahrzeugs mindern.
- Wertminderung: Ein nachlackiertes Fahrzeug ist in der Regel weniger wert als ein unlackiertes Fahrzeug im Originalzustand.
- Qualitätsunterschiede: Nicht jede Nachlackierung ist gleich gut. Eine schlecht durchgeführte Lackierung kann zu Farbabweichungen, Lacknasen oder einer geringeren Haltbarkeit führen.
- Verhandlungsgrundlage: Das Wissen um eine Nachlackierung verschafft Dir eine bessere Verhandlungsposition beim Preis.
Die visuellen Anzeichen: Dein erster Blick zählt!
Bevor Du zu Hilfsmitteln greifst, solltest Du das Fahrzeug genau in Augenschein nehmen. Das menschliche Auge ist oft ein sehr gutes Werkzeug. Achte auf folgende Details:
Farbunterschiede
Farbunterschiede sind oft das offensichtlichste Anzeichen einer Nachlackierung. Betrachte das Fahrzeug bei gutem Tageslicht, idealerweise im Freien. Vergleiche die Farbe verschiedener Karosserieteile, insbesondere Übergänge zwischen Kotflügeln, Türen und Stoßstangen. Achte auch auf Unterschiede in der Helligkeit oder dem Farbton. Manchmal sind die Unterschiede nur minimal, aber ein geübtes Auge erkennt sie dennoch. Versuche, das Auto aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten, um subtile Farbabweichungen besser wahrzunehmen. Eine Digitalkamera kann helfen, die Unterschiede aufzunehmen und später zu vergleichen.
Lacknebel
Lacknebel entsteht, wenn beim Lackieren Farbe auf Bereiche gelangt, die eigentlich nicht lackiert werden sollten. Dies kann an Gummis, Dichtungen, Scheiben oder Chromteilen sichtbar sein. Lacknebel fühlt sich rau an und sieht oft wie ein feiner Sprühnebel aus. Untersuche diese Bereiche besonders gründlich, da sie oft vernachlässigt werden.
Übergänge und Kanten
Achte auf die Übergänge zwischen den lackierten und unlackierten Bereichen. Bei einer professionellen Lackierung sind diese Übergänge sauber und kaum sichtbar. Bei einer weniger professionellen Lackierung können die Übergänge rau oder ungleichmäßig sein. Untersuche auch die Kanten von Türen, Motorhaube und Kofferraumklappe. Hier kann sich überschüssiger Lack ansammeln oder abplatzen.
Staub- und Lackeinschlüsse
Lackierfehler wie Staubeinschlüsse oder Lackeinschlüsse sind ein weiteres Indiz für eine Nachlackierung. Diese kleinen Unebenheiten entstehen, wenn sich während des Lackierens Staub oder andere Partikel auf der Oberfläche absetzen. Sie können als kleine Erhebungen oder Vertiefungen im Lack sichtbar sein.
Orangenhaut-Effekt
Der sogenannte Orangenhaut-Effekt beschreibt eine unebene Lackoberfläche, die an die Oberfläche einer Orange erinnert. Dieser Effekt entsteht, wenn der Lack nicht richtig verläuft oder zu schnell trocknet. Er ist oft ein Zeichen für eine unsachgemäße Lackierung.
Die Profi-Tricks: So entlarvst Du jede Nachlackierung!
Neben der visuellen Inspektion gibt es auch einige Profi-Tricks, mit denen Du Nachlackierungen noch besser erkennen kannst:
Der Magnettest
Der Magnettest ist eine einfache, aber effektive Methode, um Spachtelarbeiten unter dem Lack zu erkennen. Nimm einen kleinen Magneten und halte ihn an verschiedene Stellen der Karosserie. Wenn der Magnet nicht haftet oder nur schwach haftet, kann dies ein Hinweis auf Spachtelmasse sein, die zum Ausgleichen von Unebenheiten verwendet wurde. Vorsicht: Achte darauf, den Lack nicht zu zerkratzen. Lege eventuell ein dünnes Tuch zwischen Magnet und Lack.
Das Lackschichtdickenmessgerät
Ein Lackschichtdickenmessgerät ist ein professionelles Werkzeug, mit dem Du die Dicke des Lacks messen kannst. Serienmäßig lackierte Fahrzeuge haben in der Regel eine Lackschichtdicke von etwa 100 bis 150 Mikrometern. Eine Nachlackierung kann die Lackschichtdicke deutlich erhöhen. Ein Lackschichtdickenmessgerät ist nicht teuer und kann sich bei der Beurteilung von Gebrauchtwagen schnell bezahlt machen. Achte darauf, das Gerät richtig zu kalibrieren, bevor Du mit den Messungen beginnst. Messe an verschiedenen Stellen des Fahrzeugs und vergleiche die Werte. Auffällige Abweichungen deuten auf eine Nachlackierung hin. Viele Geräte können auch den Unterschied zwischen verschiedenen Materialschichten erkennen, also Grundierung, Farbe und Klarlack.
Die Licht-Reflexionsmethode
Diese Methode erfordert etwas Übung, ist aber sehr effektiv. Halte eine Lampe oder ein Smartphone mit eingeschalteter Taschenlampe im flachen Winkel an die Lackoberfläche. Beobachte die Reflexion des Lichts. Bei einer originalen Lackierung ist die Reflexion gleichmäßig und klar. Bei einer Nachlackierung kann die Reflexion verzerrt oder ungleichmäßig sein. Dies liegt daran, dass die Oberfläche der Nachlackierung oft nicht so glatt ist wie die Originallackierung.
Die UV-Licht-Methode
Einige Werkstätten verwenden UV-Lacke. Leuchte mit einer UV-Lampe auf die vermutete Stelle. UV-Lacke leuchten unter UV-Licht. Dies ist besonders hilfreich, um Smart Repair Stellen zu identifizieren.
Was tun, wenn Du eine Nachlackierung gefunden hast?
Wenn Du eine Nachlackierung entdeckt hast, solltest Du nicht sofort vom Kauf absehen. Sprich mit dem Verkäufer und frage nach dem Grund für die Nachlackierung. Wenn der Verkäufer ehrlich ist und den Grund nachvollziehbar erklären kann, kann die Nachlackierung kein Problem darstellen. Wenn Du jedoch den Verdacht hast, dass der Verkäufer etwas verheimlicht oder die Nachlackierung auf einen Unfallschaden hindeutet, solltest Du das Fahrzeug von einem unabhängigen Gutachter überprüfen lassen.
Fazit: Wissen ist Macht beim Gebrauchtwagenkauf!
Die Erkennung von Nachlackierungen ist ein wichtiger Bestandteil der Gebrauchtwagenprüfung. Mit den hier genannten Tipps und Tricks kannst Du Dich vor unliebsamen Überraschungen schützen und den Wert des Fahrzeugs besser einschätzen. Nutze Dein Wissen als Verhandlungsgrundlage und kaufe mit einem guten Gefühl. Denke daran: Ein kritischer Blick und die richtige Ausrüstung können Dir viel Geld sparen!