Es ist schwarz, es ist glänzend, und es spaltet die Nation (und die Welt) wie kaum eine andere Süßigkeit: Lakritz. Die einen können nicht genug davon bekommen, naschen es in allen Variationen – von süß bis salzig, von weich bis hart. Die anderen rümpfen die Nase und fliehen beim bloßen Geruch. Warum löst dieses „schwarze Gold“ so extreme Reaktionen aus? Tauchen wir ein in die faszinierende und polarisierende Welt der Lakritze.
Die Geschichte einer Süßigkeit mit Wurzeln in der Medizin
Die Geschichte der Lakritze ist überraschend alt und eng mit der Medizin verbunden. Die Süßholzwurzel, aus der Lakritz gewonnen wird, wurde schon in der Antike von Ägyptern, Griechen und Römern für ihre heilenden Eigenschaften geschätzt. Sie galt als Hustenmittel, zur Linderung von Magenbeschwerden und sogar als Stimmungsaufheller.
Die Verwendung von Süßholz verbreitete sich über den Mittelmeerraum hinaus, und im Mittelalter gelangte sie auch nach Europa. Klöster spielten eine wichtige Rolle bei der Kultivierung und Verbreitung der Süßholzwurzel, und Apotheker nutzten sie fleißig für ihre Rezepturen. Erst später, im 18. und 19. Jahrhundert, begann man, Lakritz als Süßigkeit zu produzieren und zu verkaufen, oft noch mit einem deutlichen medizinischen Beigeschmack.
Die Chemie hinter dem Geschmack: Glycyrrhizin und mehr
Der charakteristische Geschmack der Lakritze ist hauptsächlich auf die enthaltene Glycyrrhizinsäure zurückzuführen. Diese Substanz ist um ein Vielfaches süßer als Zucker und verleiht der Lakritze ihre Süße. Gleichzeitig hat sie aber auch einen leicht bitteren und medizinischen Unterton, der für viele den entscheidenden Unterschied macht.
Aber Lakritz ist mehr als nur Glycyrrhizin. Je nach Rezeptur und Herstellungsweise kommen noch andere Zutaten hinzu, die den Geschmack maßgeblich beeinflussen. Dazu gehören Zucker, Melasse, Stärke, Aromen (wie Anis oder Lorbeer) und – besonders wichtig für die salzige Variante – Salmiak (Ammoniumchlorid). Salmiak verleiht der Lakritze eine salzig-scharfe Note, die vor allem in Skandinavien und den Niederlanden sehr beliebt ist.
Warum wir Lakritz entweder lieben oder hassen: Die Psychologie des Geschmacks
Die Frage, warum Lakritz so polarisiert, ist komplex und hat mehrere Ursachen. Ein wichtiger Faktor ist die genetische Veranlagung. Studien haben gezeigt, dass Menschen unterschiedliche Anzahl von Geschmacksrezeptoren auf der Zunge haben, was ihre Wahrnehmung von bitteren und süßen Geschmäckern beeinflusst. Wer von Natur aus empfindlicher auf Bitterstoffe reagiert, wird wahrscheinlich weniger Freude an Lakritz finden.
Aber auch die kulturelle Prägung spielt eine große Rolle. In Ländern, in denen Lakritz traditionell konsumiert wird, wie in den Niederlanden, Skandinavien oder Norddeutschland, ist man schon als Kind an den Geschmack gewöhnt. Die positiven Assoziationen, die mit Kindheitserinnerungen und kultureller Identität verbunden sind, können dazu führen, dass man auch als Erwachsener Lakritz mag. In anderen Kulturen, in denen Lakritz weniger verbreitet ist, fehlt diese Gewöhnung, und der ungewöhnliche Geschmack wird oft als unangenehm empfunden.
Ein weiterer psychologischer Aspekt ist die Neuheitssuche. Manche Menschen sind von Natur aus offener für neue und ungewöhnliche Geschmackserlebnisse, während andere eher konservativ sind und Bekanntes bevorzugen. Lakritz mit seinem komplexen und ungewöhnlichen Geschmacksprofil ist für Neuheitssucher eher attraktiv als für konservative Esser.
Lakritzvielfalt: Eine Welt für sich
Wer sich auf die Welt der Lakritze einlässt, entdeckt eine erstaunliche Vielfalt. Es gibt süße Lakritz, salzige Lakritz, harte Lakritz, weiche Lakritz, Lakritzstangen, Lakritzschnecken, Lakritzkonfekt und vieles mehr. Jede Region und jeder Hersteller hat seine eigenen Spezialitäten und Geheimrezepte.
Besonders beliebt ist in Skandinavien die Salmiaklakritze, die durch den Zusatz von Salmiak eine besonders intensive salzig-scharfe Note erhält. In den Niederlanden gibt es eine riesige Auswahl an Lakritzsorten, von mild-süß bis extrem salzig und aromatisch. Auch in Deutschland gibt es eine lange Tradition der Lakritzherstellung, und viele Hersteller bieten eine breite Palette an Produkten an.
In den letzten Jahren hat sich auch die Gourmet-Lakritze immer mehr etabliert. Hier werden hochwertige Zutaten und innovative Rezepturen verwendet, um einzigartige Geschmackserlebnisse zu kreieren. So gibt es beispielsweise Lakritz mit Schokolade, Chili, Kaffee oder sogar Gin.
Gesundheitliche Aspekte: Lakritz mit Vorsicht genießen
Obwohl Lakritz aus einer Heilpflanze gewonnen wird, sollte man sie nicht in großen Mengen konsumieren. Der Hauptgrund dafür ist die enthaltene Glycyrrhizinsäure, die bei übermäßigem Verzehr den Blutdruck erhöhen und zu Wassereinlagerungen im Körper führen kann. Menschen mit Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Nierenerkrankungen sollten daher besonders vorsichtig sein.
Auch Schwangere sollten Lakritz nur in Maßen genießen, da Glycyrrhizinsäure die Entwicklung des Kindes beeinträchtigen könnte. In der Europäischen Union gibt es Höchstgrenzen für den Gehalt an Glycyrrhizinsäure in Lakritzprodukten, und es gibt Warnhinweise auf der Verpackung für Produkte mit einem hohen Gehalt.
In geringen Mengen kann Lakritz jedoch durchaus positive Effekte haben. Sie kann bei Husten und Halsschmerzen helfen, die Verdauung fördern und die Stimmung aufhellen. Wie bei allen Dingen gilt auch hier: Die Dosis macht das Gift.
Fazit: Lakritz – eine Süßigkeit mit Charakter
Lakritz ist mehr als nur eine Süßigkeit. Sie ist ein Kulturgut, ein Geschmackserlebnis und ein Gesprächsstoff. Ihre polarisierende Wirkung macht sie einzigartig und faszinierend. Ob man sie liebt oder hasst, eines ist sicher: Lakritz lässt niemanden kalt. Wer sich auf das Abenteuer einlässt und die Vielfalt der Lakritze entdeckt, kann eine überraschend vielschichtige und spannende Welt kennenlernen. Und wer weiß, vielleicht findet man ja doch noch seine ganz persönliche Lieblingslakritz.