Der Raspberry Pi hat sich von einem kleinen, kostengünstigen Bastelcomputer zu einer ernstzunehmenden Alternative für bestimmte Anwendungsbereiche entwickelt. Insbesondere der Raspberry Pi 4, mit seiner verbesserten Leistung und Konnektivität, wirft die Frage auf: Kann er wirklich einen herkömmlichen Desktop-PC ersetzen? In diesem Artikel nehmen wir den Raspberry Pi 4 genauer unter die Lupe und prüfen, ob er im Alltag wirklich alltagstauglich ist.
Was macht den Raspberry Pi 4 so besonders?
Bevor wir uns dem Test stellen, werfen wir einen Blick auf die Spezifikationen des Raspberry Pi 4. Der wichtigste Unterschied zu seinen Vorgängern liegt in der deutlich verbesserten Leistung. Hier die wichtigsten Merkmale:
- Prozessor: Broadcom BCM2711, Quad-Core Cortex-A72 (ARM v8) 64-bit SoC, 1.5GHz
- RAM: Erhältlich mit 1GB, 2GB, 4GB oder 8GB LPDDR4 SDRAM
- Anschlüsse: 2 × USB 3.0 Ports, 2 × USB 2.0 Ports, Gigabit Ethernet, 2 × Micro-HDMI Ports (4Kp60 unterstützt), 3.5mm Audio Jack, CSI Kamera Port, DSI Display Port, microSD Card Slot
- Drahtlos: 2.4 GHz und 5.0 GHz IEEE 802.11ac Wireless, Bluetooth 5.0, BLE
- Stromversorgung: 5V DC via USB-C Anschluss
Besonders die USB 3.0 Ports und die Möglichkeit, zwei 4K-Monitore anzuschließen, machen den Raspberry Pi 4 zu einer interessanten Option für den Desktop-Einsatz. Die verschiedenen RAM-Optionen ermöglichen es, das Gerät an die eigenen Bedürfnisse anzupassen.
Der Test: Alltagstaugliche Anwendungen
Um zu beurteilen, ob der Raspberry Pi 4 als Desktop-Ersatz taugt, haben wir ihn verschiedenen Alltagsszenarien unterzogen. Folgende Aufgaben wurden getestet:
1. Büroarbeit und Textverarbeitung
Für Büroarbeiten wie das Schreiben von Texten, das Erstellen von Tabellen und Präsentationen ist der Raspberry Pi 4 durchaus geeignet. LibreOffice, eine kostenlose und quelloffene Office-Suite, läuft auf dem Raspberry Pi 4 flüssig. Auch das Öffnen und Bearbeiten von komplexeren Dokumenten stellt in der Regel kein Problem dar, insbesondere bei Modellen mit 4GB oder 8GB RAM. Allerdings kann es bei sehr großen Tabellenkalkulationen zu leichten Verzögerungen kommen. Für einfache Büroarbeiten ist der Raspberry Pi 4 jedoch eine absolut brauchbare Lösung.
2. Surfen im Internet
Das Surfen im Internet stellt dank der schnellen Netzwerkverbindung (Gigabit Ethernet oder schnelles WLAN) und optimierten Browsern wie Chromium in der Regel kein Problem dar. Selbst das Ansehen von Videos auf YouTube oder anderen Streaming-Plattformen ist in akzeptabler Qualität möglich, auch wenn es bei 4K-Videos je nach Website zu Rucklern kommen kann. Allerdings sollte man sich bewusst sein, dass der Raspberry Pi 4 nicht die gleiche Leistung wie ein High-End-PC bietet. Das Öffnen vieler Tabs gleichzeitig kann zu Leistungseinbußen führen.
3. Bildbearbeitung
Die Bildbearbeitung ist eine anspruchsvollere Aufgabe. Für einfache Bearbeitungen wie das Zuschneiden, Drehen oder Anpassen von Farben ist der Raspberry Pi 4 mit Programmen wie GIMP durchaus geeignet. Allerdings sollte man bei komplexeren Bearbeitungen mit vielen Ebenen oder Filtern keine Wunder erwarten. Die Bearbeitung großer Bilddateien kann zeitaufwendig sein. Für professionelle Bildbearbeiter ist der Raspberry Pi 4 wahrscheinlich keine ideale Lösung, für Hobby-Fotografen mit geringen Ansprüchen jedoch durchaus eine Option.
4. Programmierung
Der Raspberry Pi war von Anfang an für Bildungszwecke und Programmierung gedacht. Das Schreiben und Ausführen von Code in verschiedenen Programmiersprachen wie Python, C++ oder Java funktioniert problemlos. Dank der großen Community und der vielen verfügbaren Bibliotheken und Tools ist der Raspberry Pi 4 eine ideale Plattform für angehende Programmierer und Hobby-Entwickler. Auch die Entwicklung von IoT-Anwendungen ist dank der GPIO-Pins und der Unterstützung verschiedener Protokolle problemlos möglich.
5. Medienwiedergabe
Der Raspberry Pi 4 eignet sich hervorragend als Media Center. Mit Programmen wie Kodi lassen sich Filme, Serien und Musik problemlos wiedergeben. Die Unterstützung von 4K-Videos und die Möglichkeit, das Gerät an einen Fernseher anzuschließen, machen den Raspberry Pi 4 zu einer kostengünstigen Alternative zu herkömmlichen Media-Playern. Auch das Streamen von Inhalten von Diensten wie Netflix oder Amazon Prime Video ist möglich, allerdings kann es hier je nach DRM-Schutz zu Einschränkungen kommen.
Vor- und Nachteile des Raspberry Pi 4 als Desktop-Ersatz
Nach dem Test lassen sich die Vor- und Nachteile des Raspberry Pi 4 als Desktop-Ersatz gut zusammenfassen:
Vorteile:
- Geringer Preis: Der Raspberry Pi 4 ist deutlich günstiger als ein herkömmlicher Desktop-PC.
- Geringer Stromverbrauch: Der Raspberry Pi 4 verbraucht nur wenige Watt, was sich positiv auf die Stromrechnung auswirkt.
- Kompakte Bauweise: Der Raspberry Pi 4 ist sehr klein und platzsparend.
- Vielseitigkeit: Der Raspberry Pi 4 kann für verschiedene Aufgaben eingesetzt werden, von Büroarbeit über Programmierung bis hin zur Medienwiedergabe.
- Große Community: Die große Community bietet viel Unterstützung und zahlreiche Tutorials und Anleitungen.
Nachteile:
- Leistung: Die Leistung des Raspberry Pi 4 ist nicht mit der eines High-End-PCs vergleichbar.
- Kompatibilität: Nicht alle Software ist für den Raspberry Pi 4 verfügbar.
- Einrichtung: Die Einrichtung des Raspberry Pi 4 kann für Anfänger etwas komplizierter sein.
- Erweiterbarkeit: Die Erweiterbarkeit des Raspberry Pi 4 ist begrenzt.
Für wen ist der Raspberry Pi 4 als Desktop-Ersatz geeignet?
Der Raspberry Pi 4 ist nicht für jeden die ideale Lösung als Desktop-Ersatz. Er eignet sich besonders gut für:
- Benutzer mit geringen Ansprüchen an die Leistung.
- Schüler, Studenten und Hobby-Programmierer.
- Benutzer, die einen kostengünstigen Media Center suchen.
- Benutzer, die ein Zweitgerät für einfache Aufgaben benötigen.
- Benutzer, die ein energieeffizientes System suchen.
Für anspruchsvolle Aufgaben wie Videobearbeitung, Gaming oder professionelle Softwareentwicklung ist ein herkömmlicher Desktop-PC weiterhin die bessere Wahl.
Fazit: Alltagstauglich ja, aber mit Einschränkungen
Der Raspberry Pi 4 ist ein beeindruckendes Gerät, das in vielen Alltagsszenarien durchaus als Desktop-Ersatz dienen kann. Er ist günstig, energieeffizient und vielseitig. Allerdings sollte man sich bewusst sein, dass er nicht die gleiche Leistung wie ein High-End-PC bietet. Für Benutzer mit geringen Ansprüchen an die Leistung und für bestimmte Anwendungsbereiche ist der Raspberry Pi 4 jedoch eine interessante und kostengünstige Alternative.
Letztendlich hängt es von den individuellen Bedürfnissen und Anforderungen ab, ob der Raspberry Pi 4 als Desktop-Ersatz in Frage kommt. Wer bereit ist, Kompromisse bei der Leistung einzugehen und sich mit der Einrichtung und Konfiguration auseinanderzusetzen, kann mit dem Raspberry Pi 4 eine Menge Spaß haben und eine Menge Geld sparen.