Die Frage, wann man wirklich betrunken ist, ist komplexer als man denkt. Es ist keine simple Ja/Nein-Antwort, sondern ein Kontinuum verschiedener Rauschstadien, die von Person zu Person unterschiedlich erlebt werden. Was für den einen ein leichtes „angeheitert sein” bedeutet, kann für den anderen bereits ein Kontrollverlust sein. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Phasen des Alkoholrauschs, die beeinflussenden Faktoren und gibt dir eine Einschätzung, wann du dich in welchem Stadium befindest.
Was passiert im Körper, wenn wir Alkohol trinken?
Bevor wir uns den einzelnen Rauschstadien widmen, ist es wichtig zu verstehen, was Alkohol im Körper anrichtet. Alkohol (Ethanol) wird im Magen und Dünndarm aufgenommen und gelangt ins Blut. Von dort aus verteilt er sich im gesamten Körper, einschließlich des Gehirns. Im Gehirn beeinflusst Alkohol die Funktion von Neurotransmittern, den Botenstoffen, die für die Kommunikation zwischen Nervenzellen zuständig sind. Er verstärkt die Wirkung von GABA, einem hemmenden Neurotransmitter, was zu einer Verlangsamung der Gehirnaktivität führt. Gleichzeitig hemmt er die Wirkung von Glutamat, einem erregenden Neurotransmitter. Diese Kombination führt zu den typischen Effekten des Rausches: Entspannung, Enthemmung und Beeinträchtigung der Koordination.
Der Körper versucht, den Alkohol so schnell wie möglich abzubauen. Hauptsächlich geschieht dies in der Leber durch das Enzym Alkoholdehydrogenase (ADH). Die Abbaugeschwindigkeit ist jedoch begrenzt und hängt von verschiedenen Faktoren ab, die wir später noch genauer betrachten werden.
Faktoren, die den Alkoholrausch beeinflussen
Die Wirkung von Alkohol ist individuell sehr unterschiedlich. Folgende Faktoren spielen eine entscheidende Rolle:
- Körpergewicht und Größe: Menschen mit höherem Körpergewicht haben in der Regel ein größeres Blutvolumen und somit eine geringere Alkoholkonzentration im Blut bei gleicher Menge konsumierten Alkohols.
- Geschlecht: Frauen haben im Vergleich zu Männern einen geringeren Wasseranteil im Körper und produzieren weniger ADH, weshalb sie Alkohol langsamer abbauen und somit schneller betrunken werden.
- Alter: Ältere Menschen haben oft einen geringeren Wasseranteil im Körper und eine verminderte Leberfunktion, was den Alkoholabbau verlangsamen kann.
- Nahrungsaufnahme: Ein voller Magen, insbesondere mit fetthaltigen Speisen, verlangsamt die Alkoholaufnahme ins Blut.
- Trinkgeschwindigkeit: Wer schnell viel Alkohol trinkt, erreicht schneller einen höheren Blutalkoholspiegel (BAK).
- Gewöhnung: Menschen, die regelmäßig Alkohol konsumieren, entwickeln oft eine gewisse Toleranz. Das bedeutet, dass sie mehr Alkohol vertragen, bevor sie die gleichen Effekte spüren. Das bedeutet aber nicht, dass der Alkohol weniger schädlich ist.
- Medikamente: Bestimmte Medikamente können die Wirkung von Alkohol verstärken oder unerwünschte Wechselwirkungen verursachen.
- Psychische Verfassung: Stress, Müdigkeit oder eine negative Stimmung können die Wirkung von Alkohol verstärken.
Die verschiedenen Rauschstadien im Detail
Wir können den Alkoholrausch in verschiedene Stadien einteilen, die sich durch unterschiedliche Symptome und Verhaltensweisen auszeichnen:
1. Die Anflutungsphase (bis ca. 0,3 Promille)
In dieser Phase beginnt der Alkohol, seine Wirkung zu entfalten. Du fühlst dich vielleicht entspannter, geselliger und redseliger. Hemmungen sinken, und du bist möglicherweise offener für Gespräche und Unternehmungen. Die Konzentration ist noch nicht beeinträchtigt, und die Koordination ist weitestgehend normal. Viele beschreiben dieses Stadium als angenehm und stimmungsaufhellend. In dieser Phase ist man üblicherweise noch nicht betrunken im eigentlichen Sinne, sondern eher „angeheitert” oder „locker”.
2. Die Enthemmungsphase (ca. 0,3 bis 0,8 Promille)
Die Wirkung des Alkohols wird deutlicher. Das Urteilsvermögen lässt nach, und du neigst möglicherweise zu risikoreichem Verhalten. Die Reaktionszeit verlängert sich, und die Koordination wird leicht beeinträchtigt. Du könntest Schwierigkeiten haben, dich zu konzentrieren, und deine Sprache kann undeutlicher werden. Die Stimmung kann schwanken – von Euphorie bis zu Gereiztheit. Ab diesem Stadium kann man von einem leichten Rausch sprechen. Einige würden sagen, man ist „leicht betrunken„.
3. Die Intoxikationsphase (ca. 0,8 bis 1,5 Promille)
Jetzt bist du deutlich betrunken. Die Koordination ist stark beeinträchtigt, und du hast Schwierigkeiten, dich gerade zu halten. Die Sprache ist verwaschen, und das Denken ist verlangsamt. Das Urteilsvermögen ist stark eingeschränkt, und du triffst möglicherweise dumme oder gefährliche Entscheidungen. Übelkeit und Erbrechen können auftreten. In diesem Stadium ist die Gefahr von Unfällen und Verletzungen deutlich erhöht.
4. Die Betäubungsphase (ca. 1,5 bis 3,0 Promille)
Der Alkohol wirkt jetzt betäubend. Du bist desorientiert, verwirrt und hast Schwierigkeiten, dich zu erinnern. Die Koordination ist fast vollständig aufgehoben, und du kannst kaum noch stehen oder gehen. Die Atmung kann verlangsamt und flach werden. Bewusstlosigkeit ist möglich. Dies ist ein gefährlicher Zustand, der medizinische Hilfe erfordert.
5. Die Koma-Phase (über 3,0 Promille)
Dies ist ein lebensbedrohlicher Zustand. Das Bewusstsein ist vollständig ausgeschaltet, und die Atmung und der Herzschlag können aussetzen. Es besteht die Gefahr von Erstickung durch Erbrochenes. Unverzügliche medizinische Hilfe ist unbedingt erforderlich.
Wann bin ich wirklich betrunken? Die subjektive Wahrnehmung
Wie bereits erwähnt, ist die Frage, ab wann man wirklich betrunken ist, subjektiv. Es hängt von den individuellen Faktoren und der persönlichen Wahrnehmung ab. Während der eine sich bereits bei 0,5 Promille stark beeinträchtigt fühlt, merkt der andere bei 0,8 Promille kaum etwas. Wichtig ist, auf die eigenen Körpersignale zu achten und sich nicht zu überschätzen. Anzeichen für einen beginnenden Rausch sind:
- Entspannung und Gelöstheit
- Gesteigerte Redseligkeit
- Sinkende Hemmungen
- Verlängerte Reaktionszeit
- Leichte Koordinationsschwierigkeiten
Sobald du eines oder mehrere dieser Symptome bemerkst, solltest du langsamer machen oder aufhören zu trinken. Es ist besser, vorsichtig zu sein, als die Kontrolle zu verlieren und sich oder andere in Gefahr zu bringen.
Fazit: Verantwortungsvoller Umgang mit Alkohol
Der Konsum von Alkohol ist in vielen Kulturen ein fester Bestandteil des sozialen Lebens. Wichtig ist jedoch, verantwortungsvoll damit umzugehen und die eigenen Grenzen zu kennen. Die Rauschstadien sind fließend, und die Wirkung von Alkohol ist von vielen Faktoren abhängig. Achte auf deinen Körper, trinke langsam und in Maßen und lass dich nicht von anderen unter Druck setzen. Denke daran: Alkohol ist eine Droge, die bei übermäßigem Konsum erhebliche gesundheitliche Schäden verursachen kann.