Die Ausbildung ist ein wichtiger Schritt in die berufliche Zukunft. Doch was, wenn Sie merken, dass der gewählte Beruf doch nicht der richtige ist? Oder unüberbrückbare Probleme mit dem Ausbildungsbetrieb entstehen? Dann kann die Kündigung der Ausbildung die richtige Entscheidung sein. Dieser Schritt sollte aber gut überlegt und vorbereitet sein, um spätere Nachteile zu vermeiden. In diesem Artikel erfahren Sie alles Wichtige rund um das Thema Ausbildung kündigen.
Wann ist eine Kündigung der Ausbildung möglich?
Nicht jede Unzufriedenheit rechtfertigt eine Kündigung der Ausbildung. Das Berufsbildungsgesetz (BBiG) regelt die Kündigungsfristen und -gründe. Grundsätzlich gibt es zwei Phasen, in denen eine Kündigung möglich ist:
- Während der Probezeit: Innerhalb der Probezeit, die in der Regel zwischen einem und vier Monaten dauert, können sowohl Auszubildender als auch Ausbilder das Ausbildungsverhältnis ohne Angabe von Gründen fristlos kündigen. Die Kündigung muss schriftlich erfolgen.
- Nach der Probezeit: Nach der Probezeit wird es komplizierter. Eine ordentliche Kündigung, also eine Kündigung ohne wichtigen Grund, ist durch den Auszubildenden nicht mehr möglich. Der Auszubildende kann das Ausbildungsverhältnis nach der Probezeit nur noch aus wichtigem Grund kündigen. Der Ausbilder kann nach der Probezeit überhaupt nicht mehr ordentlich kündigen.
Was gilt als „wichtiger Grund” für eine Kündigung nach der Probezeit?
Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn es dem Auszubildenden oder dem Ausbilder unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsparteien nicht mehr zuzumuten ist, das Ausbildungsverhältnis bis zum regulären Ausbildungsende fortzusetzen. Solche Gründe können sehr vielfältig sein und müssen im Einzelfall geprüft werden. Einige Beispiele sind:
- Gesundheitliche Probleme: Wenn die Ausbildung die Gesundheit des Auszubildenden gefährdet, beispielsweise durch schwere körperliche Belastung oder psychische Belastung. Hierfür ist oft ein ärztliches Attest erforderlich.
- Schwere Verstöße des Ausbilders: Beispielsweise, wenn der Ausbilder seine Pflichten verletzt, den Auszubildenden nicht ordnungsgemäß ausbildet, ihn mobbt oder sexuell belästigt.
- Lange Abwesenheit des Ausbilders: Wenn der Ausbilder über längere Zeit ausfällt und keine geeignete Vertretung vorhanden ist, sodass die Ausbildung nicht ordnungsgemäß weitergeführt werden kann.
- Existenzbedrohende Umstände: Wenn der Ausbildungsbetrieb in finanzielle Schwierigkeiten gerät und die Fortführung der Ausbildung gefährdet ist.
- Berufliche Neuorientierung: Dieser Grund ist umstritten. Gerichte erkennen ihn nur in Ausnahmefällen an, wenn der Auszubildende nachweisen kann, dass er sich intensiv mit dem gewählten Beruf auseinandergesetzt hat und feststellen musste, dass dieser nicht seinen Neigungen und Fähigkeiten entspricht. Es ist ratsam, vorab das Gespräch mit dem Ausbildungsberater zu suchen.
Wichtig ist, dass der wichtige Grund nachweisbar ist. Sammeln Sie Beweise, sprechen Sie mit Zeugen und dokumentieren Sie Vorfälle. Im Zweifelsfall sollten Sie sich rechtlichen Rat einholen.
Die Kündigungserklärung: Form und Inhalt
Die Kündigung der Ausbildung muss immer schriftlich erfolgen. Eine mündliche Kündigung ist unwirksam. Achten Sie auf folgende Punkte:
- Form: Die Kündigung muss als Brief verfasst sein und eigenhändig unterschrieben werden. Eine E-Mail oder SMS reicht nicht aus.
- Adresse: Richten Sie die Kündigung an den richtigen Ansprechpartner im Ausbildungsbetrieb, in der Regel den Ausbilder oder die Personalabteilung.
- Betreff: Nennen Sie im Betreff deutlich, dass es sich um eine Kündigung des Ausbildungsverhältnisses handelt.
- Kündigungsgrund: Geben Sie den Grund für die Kündigung an. Schildern Sie die Situation ausführlich und nachvollziehbar. Bei einer Kündigung nach der Probezeit ist die Angabe des wichtigen Grundes unerlässlich.
- Kündigungstermin: Nennen Sie das Datum, zu dem das Ausbildungsverhältnis beendet werden soll. Bei einer fristlosen Kündigung aufgrund eines wichtigen Grundes ist dies in der Regel der Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung.
- Dank und Zukunftswünsche: Auch wenn die Situation schwierig ist, können Sie sich für die Zeit im Ausbildungsbetrieb bedanken und dem Unternehmen alles Gute für die Zukunft wünschen.
- Datum und Unterschrift: Vergessen Sie nicht, die Kündigung zu datieren und eigenhändig zu unterschreiben.
Es ist ratsam, die Kündigung per Einschreiben mit Rückschein zu versenden, um einen Nachweis über den Zugang zu haben. Bewahren Sie eine Kopie der Kündigung und den Rückschein sorgfältig auf.
Musterkündigung für die Ausbildung
Im Internet finden Sie zahlreiche Muster für eine Kündigung der Ausbildung. Diese können Ihnen als Vorlage dienen, sollten aber immer individuell an Ihre Situation angepasst werden. Achten Sie darauf, dass das Muster rechtlich korrekt ist und alle wichtigen Angaben enthält. Sie können sich auch bei der zuständigen Industrie- und Handelskammer (IHK) oder Handwerkskammer (HWK) beraten lassen.
Was passiert nach der Kündigung?
Nach der Kündigung gibt es einige wichtige Dinge zu beachten:
- Freistellung: In der Regel werden Sie nach der Kündigung von der Arbeit freigestellt. Klären Sie mit Ihrem Ausbilder, ob Sie bis zum Ende des Ausbildungsverhältnisses noch arbeiten müssen oder können.
- Auszahlung: Sie haben Anspruch auf die anteilige Ausbildungsvergütung bis zum Tag der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses.
- Urlaubsanspruch: Nicht genommener Urlaub muss ausbezahlt werden.
- Ausbildungszeugnis: Sie haben Anspruch auf ein qualifiziertes Ausbildungszeugnis, das Ihre Leistungen und Fähigkeiten während der Ausbildung bewertet.
- Arbeitslosmeldung: Melden Sie sich rechtzeitig, am besten sofort nach der Kündigung, bei der Agentur für Arbeit arbeitslos, um keine finanziellen Nachteile zu erleiden.
- Neue Perspektiven: Nutzen Sie die Zeit nach der Kündigung, um sich neu zu orientieren. Informieren Sie sich über andere Ausbildungsberufe oder Studienmöglichkeiten. Suchen Sie das Gespräch mit Berufsberatern und nutzen Sie Angebote zur beruflichen Weiterbildung.
Alternativen zur Kündigung
Bevor Sie die Ausbildung kündigen, sollten Sie prüfen, ob es alternative Lösungen gibt. Oftmals lassen sich Probleme durch ein offenes Gespräch mit dem Ausbilder, der Personalabteilung oder dem Ausbildungsberater aus dem Weg räumen. Mögliche Alternativen sind:
- Gespräch mit dem Ausbilder: Schildern Sie Ihre Probleme und versuchen Sie, gemeinsam Lösungen zu finden. Vielleicht kann der Ausbildungsplan angepasst werden oder Sie können in einen anderen Bereich des Unternehmens wechseln.
- Vermittlung durch die IHK oder HWK: Die Industrie- und Handelskammer (IHK) oder Handwerkskammer (HWK) bieten eine kostenlose Vermittlung bei Konflikten im Ausbildungsverhältnis an.
- Wechsel des Ausbildungsbetriebs: Wenn die Probleme im Ausbildungsbetrieb unüberwindbar sind, kann ein Wechsel des Ausbildungsbetriebs eine Lösung sein. Sprechen Sie mit Ihrem Ausbilder oder der IHK/HWK über diese Möglichkeit. Die bereits geleistete Ausbildungszeit wird in der Regel angerechnet.
- Ausbildungszeitverkürzung: Unter bestimmten Voraussetzungen ist eine Verkürzung der Ausbildungszeit möglich. Dies kann eine Option sein, wenn Sie das Gefühl haben, dass Ihnen die Ausbildung zu lange dauert.
Eine Kündigung der Ausbildung sollte immer die letzte Option sein. Bevor Sie diesen Schritt gehen, sollten Sie alle anderen Möglichkeiten ausschöpfen. Bedenken Sie, dass eine abgebrochene Ausbildung im Lebenslauf nicht gut aussieht und es schwieriger machen kann, eine neue Ausbildungsstelle zu finden.
Fazit: Die Kündigung der Ausbildung wohlüberlegt angehen
Die Kündigung der Ausbildung ist ein einschneidender Schritt, der gut überlegt sein sollte. Informieren Sie sich gründlich über Ihre Rechte und Pflichten, suchen Sie das Gespräch mit Ihrem Ausbilder und der IHK/HWK und prüfen Sie alternative Lösungen. Wenn die Kündigung unvermeidlich ist, achten Sie auf die richtige Form und den Inhalt der Kündigungserklärung. Mit einer guten Vorbereitung und einem klaren Kopf können Sie den Übergang in eine neue berufliche Zukunft meistern. Bedenken Sie, dass es nach der Kündigung wichtig ist, sich umgehend arbeitssuchend zu melden und sich aktiv um eine neue Perspektive zu kümmern. Eine neue Ausbildung oder ein Studium können gute Alternativen sein.