Darf man vor der Bewerbung schon nach den Arbeitszeiten fragen, ohne unprofessionell zu wirken?

Die Suche nach dem perfekten Job ist oft ein Balanceakt. Man möchte sich von seiner besten Seite zeigen, gleichzeitig aber auch sicherstellen, dass die Stelle wirklich zu den eigenen Bedürfnissen und Lebensumständen passt. Eine Frage, die dabei immer wieder aufkommt, ist: Darf man vor der eigentlichen Bewerbung schon nach den Arbeitszeiten fragen, ohne unprofessionell zu wirken? Die Antwort ist nicht ganz einfach und hängt von verschiedenen Faktoren ab. Dieser Artikel beleuchtet die Vor- und Nachteile dieser Frage, gibt Tipps zur Formulierung und zeigt auf, wann und wie du sie am besten stellst.

Warum die Frage nach den Arbeitszeiten so wichtig ist

Bevor wir uns damit beschäftigen, ob man diese Frage stellen sollte, ist es wichtig zu verstehen, warum sie für viele Bewerber so relevant ist. Die Arbeitszeit ist ein entscheidender Faktor für die Work-Life-Balance. Sie beeinflusst, wie viel Zeit man für Familie, Freunde, Hobbys und andere wichtige Aspekte des Lebens hat. Gerade in Zeiten, in denen Flexibilität und Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben immer wichtiger werden, ist es verständlich, dass man sich frühzeitig informieren möchte.

Weitere Gründe, warum die Frage nach den Arbeitszeiten vor der Bewerbung relevant sein kann:

• Kinderbetreuung: Eltern müssen sicherstellen, dass die Arbeitszeiten mit der Kinderbetreuung vereinbar sind.
• Pflege von Angehörigen: Die Pflege von Familienmitgliedern erfordert oft flexible Arbeitszeiten.
• Pendelzeiten: Lange Pendelwege können die verfügbare Freizeit erheblich reduzieren.
• Gesundheitliche Einschränkungen: Manche Menschen benötigen aufgrund gesundheitlicher Probleme angepasste Arbeitszeiten.
• Persönliche Präferenzen: Manche bevorzugen Frühschichten, andere Spätschichten.

Das Risiko der Unprofessionalität

Obwohl die Frage nach den Arbeitszeiten berechtigt ist, birgt sie auch das Risiko, unprofessionell zu wirken. Dies liegt daran, dass sie den Eindruck erwecken könnte, dass man sich mehr für die Bequemlichkeit als für die eigentliche Arbeit interessiert. Unternehmen suchen in der Regel motivierte und engagierte Mitarbeiter, die bereit sind, sich für den Job einzusetzen. Wenn die erste Frage direkt nach den Arbeitszeiten kommt, könnte dies den Eindruck erwecken, dass man eher nach einem „easy ride” sucht.

Zudem könnte die Frage als Misstrauen gegenüber dem Unternehmen interpretiert werden. Es könnte den Eindruck erwecken, als ob man davon ausgeht, dass das Unternehmen unfaire oder ungünstige Arbeitsbedingungen bietet. Dies ist besonders problematisch, wenn die Arbeitszeiten branchenüblich oder im Stellenangebot bereits erwähnt werden.

Wann es angebracht ist, vor der Bewerbung nach den Arbeitszeiten zu fragen

Es gibt Situationen, in denen es durchaus legitim und sogar empfehlenswert ist, vor der Bewerbung nach den Arbeitszeiten zu fragen:

• Wenn die Information nirgendwo zu finden ist: Wenn weder in der Stellenanzeige noch auf der Unternehmenswebsite Informationen zu den Arbeitszeiten zu finden sind, ist es verständlich, wenn man sich vorab erkundigt.
• Wenn es sich um eine spezifische Situation handelt: Wenn man aufgrund besonderer Umstände (z.B. Pflege von Angehörigen, gesundheitliche Einschränkungen) bestimmte Arbeitszeiten benötigt, ist es ratsam, dies frühzeitig zu klären.
• Wenn es sich um eine Initiativbewerbung handelt: Bei einer Initiativbewerbung, bei der keine konkrete Stelle ausgeschrieben ist, kann man im Vorfeld abklären, ob die eigenen Vorstellungen bezüglich der Arbeitszeiten überhaupt mit den Möglichkeiten des Unternehmens übereinstimmen.

Wie man die Frage professionell formuliert

Wenn man sich entscheidet, vor der Bewerbung nach den Arbeitszeiten zu fragen, ist die Formulierung entscheidend. Hier sind einige Tipps, wie man die Frage professionell und respektvoll stellt:

1. Kontext schaffen: Erkläre kurz, warum die Frage für dich wichtig ist. Zum Beispiel: „Ich bin sehr an der Position als [Positionsbezeichnung] interessiert. Da ich [Grund für die Frage, z.B. die Betreuung meiner Kinder] sicherstellen muss, wollte ich mich erkundigen, ob es Spielraum bezüglich der Arbeitszeiten gibt.”
2. Interesse am Unternehmen betonen: Zeige, dass du dich mit dem Unternehmen auseinandergesetzt hast und wirklich an der Stelle interessiert bist. Zum Beispiel: „Ich habe mich intensiv mit [Name des Unternehmens] beschäftigt und bin sehr beeindruckt von [Leistung/Produkt/Unternehmenskultur]. Bevor ich meine Bewerbung einreiche, wollte ich mich jedoch noch nach den üblichen Arbeitszeiten erkundigen.”
3. Offenheit signalisieren: Zeige, dass du bereit bist, Kompromisse einzugehen. Zum Beispiel: „Ich bin flexibel und bereit, mich an die Bedürfnisse des Unternehmens anzupassen. Allerdings wäre es für mich wichtig zu wissen, ob es Möglichkeiten für [z.B. Gleitzeit, Teilzeit, Homeoffice] gibt.”
4. Frage indirekt stellen: Anstatt direkt nach den Arbeitszeiten zu fragen, kann man auch indirekt fragen, z.B. nach der Unternehmenskultur in Bezug auf Work-Life-Balance oder nach flexiblen Arbeitsmodellen.
5. Höflichkeit bewahren: Bedanke dich im Voraus für die Informationen und zeige Wertschätzung für die Zeit des Ansprechpartners.

Beispiele für professionelle Formulierungen:

• „Guten Tag, ich interessiere mich sehr für die Stelle als [Positionsbezeichnung] auf Ihrer Website. Könnten Sie mir bitte mitteilen, ob es bezüglich der Arbeitszeiten flexible Modelle wie Gleitzeit oder Teilzeit gibt? Vielen Dank im Voraus.”
• „Sehr geehrte Damen und Herren, ich plane, mich auf die Position [Positionsbezeichnung] zu bewerben und wollte vorab in Erfahrung bringen, ob die Möglichkeit besteht, die Arbeitszeiten an meine familiäre Situation anzupassen. Über eine kurze Rückmeldung würde ich mich sehr freuen.”
• „Hallo, ich bin sehr an der Stelle als [Positionsbezeichnung] interessiert und recherchiere gerade über [Name des Unternehmens]. Ich konnte leider keine Informationen zu den üblichen Arbeitszeiten finden. Könnten Sie mir hier weiterhelfen?”

Alternativen zur direkten Frage

Wenn man Bedenken hat, direkt nach den Arbeitszeiten zu fragen, gibt es einige Alternativen, um an die gewünschten Informationen zu gelangen:

• Unternehmenswebsite und Social Media: Viele Unternehmen veröffentlichen Informationen über ihre Arbeitskultur und flexible Arbeitsmodelle auf ihrer Website oder in sozialen Medien.
• Bewertungsportale: Auf Plattformen wie Glassdoor oder Kununu können Mitarbeiter ihre Erfahrungen mit dem Unternehmen teilen, oft auch in Bezug auf Work-Life-Balance und Arbeitszeiten.
• Netzwerken: Sprich mit Bekannten oder Kontakten, die möglicherweise bei dem Unternehmen arbeiten oder gearbeitet haben. Sie können dir aus erster Hand Informationen geben.
• Informationen im Vorstellungsgespräch erfragen: Die beste Möglichkeit, detaillierte Informationen zu den Arbeitszeiten zu erhalten, ist im Vorstellungsgespräch. Hier kann man die Frage offen und ehrlich ansprechen, nachdem man bereits sein Interesse und seine Qualifikation unter Beweis gestellt hat.

Fazit

Ob man vor der Bewerbung nach den Arbeitszeiten fragen sollte, hängt von der Situation ab. Generell ist es ratsam, zuerst alle verfügbaren Informationsquellen zu nutzen. Wenn die Frage jedoch unerlässlich ist, sollte sie professionell, respektvoll und mit Kontext gestellt werden. Zeige dein Interesse am Unternehmen und deine Bereitschaft zur Flexibilität. Alternativ kann man versuchen, die Informationen über andere Kanäle zu erhalten oder die Frage im Vorstellungsgespräch zu stellen. Mit der richtigen Herangehensweise vermeidet man den Eindruck der Unprofessionalität und erhöht die Chancen auf den Traumjob.