Der boomende Online-Handel hat einen wachsenden Bedarf an Lieferfahrern geschaffen. Viele Menschen sehen darin eine attraktive Möglichkeit, sich etwas dazuzuverdienen oder sogar ihren Lebensunterhalt zu bestreiten – insbesondere mit dem eigenen Auto. Ein beliebtes Modell ist dabei der Ford Mondeo, bekannt für seine Zuverlässigkeit und seinen Komfort. Doch rechnen sich Angebote, die 10 Euro netto pro Stunde und 20 Cent pro Kilometer versprechen, wirklich? Dieser Frage wollen wir in diesem Artikel umfassend auf den Grund gehen.
Das Lockangebot: 10€ Netto und 20 Cent pro Kilometer – Was bedeutet das?
Auf den ersten Blick mag das Angebot verlockend klingen. 10 Euro netto pro Stunde sind mehr als der Mindestlohn und 20 Cent pro Kilometer scheinen die Benzinkosten zu decken. Aber Vorsicht: Der Teufel steckt im Detail. Bevor Sie sich Hals über Kopf in einen Lieferjob stürzen, sollten Sie alle Kostenfaktoren berücksichtigen und eine realistische Kalkulation erstellen.
Stundenlohn: Mehr als nur der reine Verdienst
Die 10 Euro netto sind zwar ein guter Anfang, aber sie decken nicht alle Aspekte ab. Bedenken Sie folgende Punkte:
- Arbeitszeit: Wird die Zeit für die Auftragsannahme, Routenplanung, Parkplatzsuche, Be- und Entladen sowie die Kommunikation mit Kunden bezahlt? Oftmals ist die reine Fahrzeit die einzige, die vergütet wird.
- Pausen: Haben Sie Anspruch auf bezahlte Pausen? Wenn Sie lange Schichten fahren, sind Pausen unerlässlich.
- Krankheit und Urlaub: Sind Sie als freiberuflicher Fahrer tätig, haben Sie in der Regel keinen Anspruch auf bezahlten Urlaub oder Krankengeld. Diese Ausfälle müssen Sie selbst kompensieren.
- Steuern und Sozialabgaben: Da es sich um einen Nettolohn handelt, müssen Sie die Einkommenssteuer und gegebenenfalls Sozialabgaben selbst abführen. Planen Sie hierfür ausreichend Rücklagen ein.
Kilometerpauschale: Mehr als nur Sprit
Die 20 Cent pro Kilometer sollen angeblich die Fahrzeugkosten decken. Doch auch hier ist Vorsicht geboten. Die tatsächlichen Kosten für den Betrieb eines Ford Mondeo sind deutlich höher als nur der reine Spritverbrauch. Berücksichtigen Sie folgende Aspekte:
- Kraftstoff: Der Spritverbrauch eines Ford Mondeo variiert je nach Modell, Fahrweise und Streckenprofil. Berechnen Sie Ihren tatsächlichen Verbrauch, um die tatsächlichen Spritkosten zu ermitteln.
- Verschleiß: Durch die hohe Kilometerleistung im Lieferdienst erhöht sich der Verschleiß an Reifen, Bremsen, Stoßdämpfern und anderen Teilen. Diese Kosten sollten Sie unbedingt einkalkulieren.
- Reparaturen und Wartung: Regelmäßige Wartungsarbeiten sind unerlässlich, um die Zuverlässigkeit Ihres Ford Mondeo zu gewährleisten. Planen Sie auch unvorhergesehene Reparaturen ein.
- Versicherung: Ihre normale Kfz-Versicherung deckt möglicherweise keine gewerbliche Nutzung ab. Informieren Sie sich bei Ihrer Versicherung über die notwendigen Anpassungen und die damit verbundenen Kosten.
- Kfz-Steuer: Die Kfz-Steuer ist eine weitere feste Kostenposition, die Sie berücksichtigen müssen.
- Wertverlust: Durch die hohe Laufleistung sinkt der Wert Ihres Ford Mondeo schneller. Dieser Wertverlust ist ein nicht zu unterschätzender Kostenfaktor.
Die Realität: Eine Beispielrechnung für den Ford Mondeo
Um die Rentabilität des Angebots besser einschätzen zu können, wollen wir eine Beispielrechnung erstellen. Dabei gehen wir von folgenden Annahmen aus:
- Fahrzeug: Ford Mondeo (Diesel, Baujahr 2015)
- Durchschnittlicher Verbrauch: 6 Liter Diesel pro 100 Kilometer
- Dieselpreis: 1,80 Euro pro Liter
- Jährliche Fahrleistung (Lieferdienst): 30.000 Kilometer
- Stundenlohn: 10 Euro netto
- Kilometerpauschale: 20 Cent pro Kilometer
Einnahmen:
- Stundenlohn (angenommen 20 Stunden pro Woche): 20 Stunden x 10 Euro x 52 Wochen = 10.400 Euro
- Kilometerpauschale: 30.000 Kilometer x 0,20 Euro = 6.000 Euro
- Gesamteinnahmen: 10.400 Euro + 6.000 Euro = 16.400 Euro
Ausgaben:
- Kraftstoffkosten: 30.000 Kilometer / 100 Kilometer x 6 Liter x 1,80 Euro = 3.240 Euro
- Verschleiß (Reifen, Bremsen, etc.): Geschätzt 1.000 Euro (je nach Zustand des Fahrzeugs und Fahrweise)
- Reparaturen und Wartung: Geschätzt 800 Euro (regelmäßige Inspektionen und kleinere Reparaturen)
- Versicherung (angepasst für gewerbliche Nutzung): Geschätzt 500 Euro (je nach Anbieter und Versicherungsumfang)
- Kfz-Steuer: Geschätzt 400 Euro (je nach Hubraum und Emissionsklasse)
- Wertverlust: Geschätzt 1.500 Euro (abhängig vom Alter und Zustand des Fahrzeugs)
- Steuern und Sozialabgaben: Geschätzt 20% der Einnahmen (individuell unterschiedlich) = 3.280 Euro
Gesamtausgaben: 3.240 Euro + 1.000 Euro + 800 Euro + 500 Euro + 400 Euro + 1.500 Euro + 3.280 Euro = 10.720 Euro
Reingewinn: 16.400 Euro (Einnahmen) – 10.720 Euro (Ausgaben) = 5.680 Euro
Diese Beispielrechnung zeigt, dass bei den genannten Annahmen ein Reingewinn von 5.680 Euro pro Jahr übrig bleibt. Das entspricht einem monatlichen Verdienst von ca. 473 Euro. Ob sich das lohnt, muss jeder selbst entscheiden. Bedenken Sie, dass diese Rechnung auf Schätzungen basiert und die tatsächlichen Zahlen abweichen können.
Weitere wichtige Aspekte:
Neben den finanziellen Aspekten sollten Sie auch folgende Punkte berücksichtigen:
- Arbeitsbedingungen: Der Lieferjob kann körperlich anstrengend sein und erfordert Flexibilität.
- Verkehrsrisiko: Sie sind viel im Straßenverkehr unterwegs und setzen sich einem erhöhten Unfallrisiko aus.
- Zeitdruck: Oftmals herrscht hoher Zeitdruck, um die Lieferungen pünktlich zu erledigen.
- Kundenkontakt: Sie haben direkten Kontakt zu Kunden, was sowohl positiv als auch negativ sein kann.
- Vertragliche Bedingungen: Lesen Sie den Vertrag genau durch und achten Sie auf Klauseln zu Haftung, Versicherung und Kündigung.
Alternativen und Verhandlungsmöglichkeiten
Wenn Ihnen das Angebot von 10 Euro netto pro Stunde und 20 Cent pro Kilometer nicht zusagt, sollten Sie nach Alternativen suchen oder versuchen, bessere Konditionen auszuhandeln. Folgende Optionen könnten in Frage kommen:
- Höherer Stundenlohn: Versuchen Sie, einen höheren Stundenlohn auszuhandeln, insbesondere wenn Sie viel Erfahrung im Lieferdienst haben.
- Höhere Kilometerpauschale: Argumentieren Sie mit den tatsächlichen Kosten für den Betrieb Ihres Ford Mondeo und versuchen Sie, eine höhere Kilometerpauschale zu erzielen.
- Bonus für besonders lange Strecken oder schwierige Aufträge: Vereinbaren Sie einen Bonus für besonders lange Strecken oder für Aufträge, die mit besonderen Herausforderungen verbunden sind.
- Festanstellung: Eine Festanstellung bietet in der Regel mehr Sicherheit und soziale Absicherung.
- Andere Lieferdienste: Vergleichen Sie die Angebote verschiedener Lieferdienste und wählen Sie das beste Angebot für Ihre Bedürfnisse.
Fazit: Eine individuelle Entscheidung
Ob sich ein Lieferjob mit dem eigenen Ford Mondeo für 10 Euro netto pro Stunde und 20 Cent pro Kilometer lohnt, ist eine individuelle Entscheidung. Es hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie z.B. Ihrem Fahrzeug, Ihrer Fahrweise, Ihren persönlichen Umständen und Ihren Erwartungen. Eine sorgfältige Kalkulation aller Kosten und Einnahmen ist unerlässlich, um eine fundierte Entscheidung zu treffen. Vergessen Sie nicht, auch die Arbeitsbedingungen und die Risiken des Lieferdienstes zu berücksichtigen. Nur wenn Sie alle Aspekte in Ihre Überlegungen einbeziehen, können Sie entscheiden, ob sich das Angebot für Sie wirklich lohnt.