Sie haben die Welt der 3D-Modellierung mit Polycam entdeckt und atemberaubende Scans erstellt. Aber nun stehen Sie vor einem Hindernis: Sie möchten Ihr Modell exportieren, um es in einer anderen Software zu verwenden, zu drucken oder einfach nur zu teilen, und Polycam verlangt ein Pro-Abo für den Export. Frustrierend, oder? Keine Sorge, es gibt Hoffnung! Dieser Artikel zeigt Ihnen einen möglichen Workaround, mit dem Sie Ihre Polycam-Modelle ohne ein kostenpflichtiges Abo exportieren können. Bitte beachten Sie, dass diese Methode möglicherweise nicht für jeden Anwendungsfall perfekt ist und Einschränkungen haben kann. Wir werden all dies im Detail besprechen.
Polycam: Eine kurze Einführung
Bevor wir uns dem Workaround widmen, werfen wir einen kurzen Blick auf Polycam selbst. Polycam ist eine unglaublich benutzerfreundliche App, die Ihr Smartphone oder Tablet in einen 3D-Scanner verwandelt. Mit der Kombination aus Photogrammetrie (der Rekonstruktion von 3D-Objekten aus Fotos) und LiDAR-Technologie (falls Ihr Gerät diese unterstützt), können Sie relativ einfach detaillierte 3D-Modelle von Objekten, Räumen und sogar ganzen Umgebungen erstellen. Die App ist ideal für Anfänger, bietet aber auch fortgeschrittene Funktionen für erfahrene Benutzer.
Das Problem: Export-Beschränkungen
Der Kern des Problems liegt in der Beschränkung der kostenlosen Version von Polycam. Während Sie mit der kostenlosen Version scannen und Ihre Modelle in der App betrachten können, ist der Export in gängige 3D-Formate (wie .obj, .stl, .fbx oder .glb) nur Abonnenten vorbehalten. Das bedeutet, dass Sie Ihre Scans nicht ohne Weiteres in Software wie Blender, Maya, 3ds Max oder andere 3D-Modellierungs- und Druckprogramme importieren können. Dies schränkt die Flexibilität und den Nutzen der App erheblich ein, besonders wenn Sie die erstellten Modelle für professionelle Zwecke oder für kreative Projekte nutzen möchten.
Der Workaround: Bildschirmaufnahme und Photogrammetrie
Die hier vorgestellte Methode ist ein indirekter Weg, um ein brauchbares 3D-Modell ohne direkten Export zu erhalten. Sie basiert auf der Bildschirmaufnahme und anschließender Photogrammetrie. Hier ist eine detaillierte Schritt-für-Schritt-Anleitung:
Schritt 1: Das Modell vorbereiten
Öffnen Sie Ihr Modell in Polycam. Sorgen Sie für gute Lichtverhältnisse und stellen Sie sicher, dass das Modell gut im Bild ist. Reinigen Sie das Modell innerhalb von Polycam so gut es geht von ungewollten Bereichen (artefakten) und Löchern.
Schritt 2: Bildschirmaufnahme starten
Starten Sie eine Bildschirmaufnahme Ihres Geräts. Die meisten Smartphones und Tablets verfügen über eine integrierte Funktion zur Bildschirmaufnahme. Stellen Sie sicher, dass die Aufnahme in hoher Auflösung (mindestens 1080p) erfolgt, um eine gute Qualität zu erzielen. Alternativ können Sie eine externe App für die Bildschirmaufnahme verwenden, falls die integrierte Funktion nicht Ihren Anforderungen entspricht.
Schritt 3: Das Modell rotieren und aufnehmen
Langsam und gleichmäßig rotieren Sie das 3D-Modell in Polycam während der Bildschirmaufnahme. Versuchen Sie, das Modell aus allen Blickwinkeln zu erfassen. Es ist wichtig, dass sich das Modell vollständig dreht und Sie genügend Überschneidungen zwischen den einzelnen Frames haben. Dies ist entscheidend für den Erfolg der nachfolgenden Photogrammetrie.
Schritt 4: Bildschirmaufnahme beenden
Sobald Sie das Modell vollständig erfasst haben, beenden Sie die Bildschirmaufnahme. Überprüfen Sie die Aufnahme, um sicherzustellen, dass sie vollständig und klar ist.
Schritt 5: Einzelbilder extrahieren
Importieren Sie die Bildschirmaufnahme in ein Videobearbeitungsprogramm (z.B. DaVinci Resolve, Adobe Premiere Pro oder auch kostenlose Alternativen wie OpenShot oder Shotcut). Exportieren Sie aus dem Video eine Reihe von Einzelbildern. Je mehr Bilder Sie extrahieren, desto besser ist in der Regel die Qualität des resultierenden 3D-Modells. Ein Intervall von 1 Bild pro Sekunde könnte ein guter Startpunkt sein. Speichern Sie die Einzelbilder in einem Ordner.
Schritt 6: Photogrammetrie-Software wählen
Wählen Sie eine Photogrammetrie-Software. Es gibt verschiedene Optionen, sowohl kostenpflichtige als auch kostenlose. Einige beliebte Optionen sind:
- Meshroom (kostenlos und Open Source): Eine sehr leistungsfähige und beliebte Option.
- RealityCapture (kostenpflichtig, bietet aber eine kostenlose Version mit Einschränkungen): Bekannt für seine hohe Genauigkeit und Geschwindigkeit.
- 3DF Zephyr Free (kostenlos mit Einschränkungen): Eine weitere gute Option für den Einstieg.
Für dieses Beispiel nehmen wir an, Sie verwenden Meshroom.
Schritt 7: Bilder in die Photogrammetrie-Software importieren
Öffnen Sie Meshroom und importieren Sie alle extrahierten Einzelbilder in das Programm. Stellen Sie sicher, dass die Bilder in der richtigen Reihenfolge importiert werden. In Meshroom ziehen Sie einfach den Ordner mit den Bildern in den dafür vorgesehenen Bereich.
Schritt 8: Den Photogrammetrie-Prozess starten
Starten Sie den Photogrammetrie-Prozess. In Meshroom ist dies ein einfacher Klick auf den „Start”-Button. Die Software analysiert die Bilder, identifiziert übereinstimmende Punkte und rekonstruiert daraus ein 3D-Modell. Dieser Prozess kann je nach Anzahl der Bilder, der Qualität der Bilder und der Leistungsfähigkeit Ihres Computers einige Zeit dauern.
Schritt 9: Das 3D-Modell exportieren
Sobald der Prozess abgeschlossen ist, können Sie das resultierende 3D-Modell exportieren. Meshroom unterstützt verschiedene Dateiformate, wie z.B. .obj, .fbx und .ply. Wählen Sie das Format, das für Ihre Zwecke am besten geeignet ist.
Schritt 10: Das Modell optimieren und bearbeiten
Das exportierte Modell ist wahrscheinlich nicht perfekt. Es kann unerwünschte Artefakte enthalten, eine hohe Polygonanzahl aufweisen oder Texturprobleme haben. Importieren Sie das Modell in eine 3D-Modellierungssoftware (z.B. Blender) und führen Sie dort die notwendigen Optimierungen und Bearbeitungen durch. Dies kann das Entfernen von Artefakten, das Reduzieren der Polygonanzahl (Decimierung), das Glätten der Oberfläche oder das Erstellen/Anpassen von Texturen umfassen.
Vor- und Nachteile dieses Workarounds
Wie jeder Workaround hat auch diese Methode ihre Vor- und Nachteile. Es ist wichtig, diese abzuwägen, bevor Sie sich für diesen Ansatz entscheiden.
Vorteile:
- Kostenlos: Sie vermeiden die Kosten für ein Polycam Pro-Abo.
- Flexibilität: Sie haben die volle Kontrolle über den Rekonstruktionsprozess und können verschiedene Photogrammetrie-Software verwenden.
- Lernchance: Sie lernen etwas über Photogrammetrie und 3D-Modellierung.
Nachteile:
- Zeitaufwendig: Der gesamte Prozess ist deutlich zeitaufwendiger als der direkte Export.
- Qualitätsverlust: Das resultierende Modell kann qualitativ schlechter sein als ein direkt exportiertes Modell, insbesondere wenn die Bildschirmaufnahme nicht optimal ist oder die Photogrammetrie-Software nicht richtig konfiguriert ist.
- Komplexität: Der Prozess erfordert ein gewisses Maß an technischem Verständnis und Erfahrung mit Videobearbeitung und Photogrammetrie-Software.
- Nicht ideal für komplexe Geometrien: Bei sehr komplexen oder detailreichen Modellen kann dieser Workaround zu schlechten Ergebnissen führen.
Alternativen zum Workaround
Bevor Sie sich für den Workaround entscheiden, sollten Sie auch andere Alternativen in Betracht ziehen:
- Polycam Pro abonnieren: Wenn Sie regelmäßig 3D-Modelle exportieren müssen, ist ein Polycam Pro-Abo möglicherweise die beste Option. Es bietet den direkten Export in hoher Qualität und spart Ihnen Zeit und Mühe.
- Andere 3D-Scanning-Apps: Es gibt andere 3D-Scanning-Apps, die möglicherweise kostenlose Exportfunktionen anbieten. Recherchieren Sie, welche Apps Ihren Anforderungen am besten entsprechen.
- Manuelle 3D-Modellierung: In manchen Fällen ist es möglicherweise einfacher und schneller, das Objekt manuell in einer 3D-Modellierungssoftware zu erstellen, anstatt es zu scannen und zu bearbeiten.
Fazit
Der hier beschriebene Workaround bietet eine Möglichkeit, Polycam-Modelle ohne ein Pro-Abo zu exportieren. Er ist jedoch mit einem gewissen Aufwand und potenziellen Qualitätsverlusten verbunden. Wägen Sie die Vor- und Nachteile sorgfältig ab und prüfen Sie, ob er für Ihren spezifischen Anwendungsfall geeignet ist. Wenn Sie regelmäßig hochwertige 3D-Modelle benötigen, ist ein Polycam Pro-Abo oder die Verwendung einer anderen 3D-Scanning-App mit kostenlosen Exportfunktionen möglicherweise die bessere Wahl. Trotzdem kann dieser Ansatz nützlich sein, um die grundlegenden Schritte zur Erstellung eines 3D-Modells kennenzulernen oder um gelegentlich ein Modell ohne zusätzliche Kosten zu erhalten. Wir hoffen, dass Ihnen dieser Guide dabei geholfen hat, eine informierte Entscheidung zu treffen!